www.wikidata.de-de.nina.az
Das Decretum Gratiani um 1140 hatte die kirchliche Rechtsmaterie unter Heranziehung der Autoritaten des 4 bis 11 Jahrhunderts zusammengefasst Damit konnte aber nicht jedes im 12 Jahrhundert auftretende Rechtsproblem gelost werden Nach der Gregorianischen Reform im 11 Jahrhundert kam es zu einer Zentralisierung der kirchlichen Verwaltung und Rechtsprechung Dies fuhrte zu Anfragen an den Papst die dieser mit Dekretalen beantwortete Die kanonistischen Schulen begannen bald diese Entscheide auszulegen Daraus entstand die Dekretalisik Auf diese Weise entstand neues kirchliches Recht ius novum Es war eine Verschmelzung des von den Dekretisten auf der Grundlage des Decretum Gratiani geschaffenen Rechtssystems mit dem gegen Ende des 12 Jahrhunderts immer starker rezipierten romischen Recht Die Dekretalistik wurde zu einem neuen Zweig der Kanonistik die das papstliche ius novum in das Zentrum ihrer Analyse stellte Alle Kanonisten nach 1234 konnen daher als Dekretalisten bezeichnet werden Unter Papst Alexander III 1159 1181 nahm die Zahl der Dekretalen stark zu Sie wurden von den Dekretisten zunachst zusammen mit alteren Rechtsquellen den Abschriften des Decretum Gratiani als Extravagantes angehangt In den 1170er Jahren entstanden immer mehr Textsammlungen die ihren Schwerpunkt zunehmend auf die nachgratianischen Quellen legten Von der fruhen Dekretalisik sind besonders die Quinque Compilationes Antiquae zu nennen Die Compilatio prima des Bernhard von Pavia Sein wichtigstes Werk war das Breviarium extravagantium eine Dekretalensammlung die zwischen 1189 und 1193 entstand Sie wurde in ihrem Aufbau Modell fur die spateren Dekretalensammlungen Sie wurde zwar nicht offiziell gebilligt approbiert aber im Lehrbetrieb spater als Compilatio prima herangezogen Zwischen 1192 und 1198 verfasste Bernhard noch eine Summa decretalium in welcher der Rechtsstoff knapp zusammengefasst wurde Die Compilatio secunda war eine Zusammenstellung alteren Dekretalenrechts durch den Waliser Johannes Galensis der sie zwischen 1210 und 1212 in Bologna verfasste Die Compilatio tertia wurde im Auftrag Innozenz III 1198 1216 von Petrus Beneventanus 1219 1220 zusammengestellt vom Papst anschliessend approbiert und mit papstlicher Bulle an die Universitat von Bologna gesandt Die Compilatio quarta ist eine vom deutschen Kanonisten Johannes Teutonicus Zemeke um 1216 geschriebene Zusammenstellung Die Compilatio quinta wurde von einem der fuhrenden Dekretalisten der Zeit Tankred 1 verfasst und von Papst Honorius III im Jahre 1226 approbiert Er schrieb damit den Schulen und Gerichten deren Gebrauch vor Die Quinque Compilationes Antiquae wurden alsbald glossiert und einige Kommentare setzten sich als Standard durch Bekannt sind die Kommentare zur Compilatio prima vom Kanonisten Petrus Hispanus in den 1190er Jahren und von Vincentius Hispanus verfasst zwischen 1210 und 1215 Wichtig wurden der Apparat des Ricardus Anglicus zur Compilatio prima den dieser aus seiner Lehrtatigkeit heraus zwischen 1196 und 1198 schrieb die Glossa ordinaria des Tankred zur Compilatio prima und der Apparat des Jacobus de Albenga zur Compilatio quinta Die Quinque Compilationes Antiquae waren nicht die einzigen in Wissenschaft und Praxis verwendeten Sammlungen wenn auch die einflussreichsten Es gab zahlreiche andere Kompilationen aus Bologna und anderen Rechtsschulen vor allem aus dem anglo normannischen Raum Hin und wieder widersprachen sie einander Daher beauftragte Papst Gregor IX 1227 1241 den spanischen Kanonisten Raimund von Penyafort um 1180 1275 mit der Verfassung einer neuen Dekretalensammlung mit einer tiefgreifenden Neuordnung des Stoffes Am 5 September 1234 veroffentlichte der Papst das Werk mit der Bulle Rex pacificus und schrieb sie den Schulen und Gerichten zwingend vor Damit verloren alle fruheren Sammlungen ihre Gultigkeit Die Kanonisten nannten dieses Werk das die klassische Dekretalistik einleitete Liber decretalium extra decretum vagantium oder kurz Liber Extra Der Liber Extra blieb als zweiter Teil nach den Decretum Gratiani im Corpus Iuris Canonici bis 1917 gultig Spater kamen noch weitere Dekretalensammlungen hinzu Der Liber Sextus die Clementinae die Extravagantes Johannis XXII und die Extravagantes Communes Sie bildeten schliesslich das sechsteilige Corpus Iuris Canonici Dieser Liber Extra wurde alsbald ebenfalls kommentiert Bekannt ist die Glossa ordinaria des Bernhard von Parma Bernardus de Botone zum Liber Extra Er schuf zwischen 1234 und 1266 vier Fassungen Aber auch andere Dekretalisten schufen bedeutende juristische Kommentierungen so Goffredus de Trano Gottfried von Trani seine Summa super titulis decretalium Papst Innozenz IV 1243 1254 die Commentaria apparatus in V libros decretalium Henricus de Segusio genannt Hostiensis um 1200 1271 die Summa aurea die als bedeutendste dekretalistische Summe gilt sowie die Commentaria in primum quintum decretalium librum zum Liber Extra und schliesslich Johannes Andreae um 1270 1348 die Novella oder Commentaria in quinque Decretalium libros Er war der letzte und beruhmteste Dekretalist der klassischen Kanonistik Einzelnachweise Bearbeiten So Hersperger Van de Wouw nennt Johannes de Albenga als Verfasser Literatur BearbeitenPatrick Hersperger Kirche Magie und Aberglaube Superstitio in der Kanonistik des 12 und 13 Jahrhunderts Forschungen zur kirchlichen Rechtsgeschichte und zum Kirchenrecht Band 31 Bohlau Koln 2010 ISBN 978 3 412 20397 9 Hans van de Wouw Dekretalisten Dekretalistik In Lexikon des Mittelalters Band 3 Artemis 1986 Sp 638 661 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dekretalistik amp oldid 174669042