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Mittelhessisch oder Zentralhessisch von vielen Sprechern traditionell als Platt z B Hinterlander Platt bezeichnet wird gesprochen in einem Gebiet Mittelhessens das den grossten Teil der Landkreise Wetteraukreis Hochtaunuskreis Limburg Weilburg Lahn Dill Kreis Giessen und Marburg Biedenkopf sowie Teile der Landkreise Main Kinzig Kreis Rheingau Taunus Kreis und Vogelsbergkreis umfasst Das Wittgensteiner Platt das im sudlichen Nordrhein Westfalen gesprochen wird weist grosse Ubereinstimmungen mit dem mittelhessischen Dialekt auf Die Mundart der meisten Stadte steht allerdings den Stadtmundarten des Rhein Main Gebiets naher als dem Mittelhessischen Im sudlichen mittelhessischen Sprachraum wird der Dialekt durch die stadtischen Mundarten des Rhein Main Gebiets umgeformt und verdrangt Mittelhessisch ZentralhessischGesprochen in HessenLinguistischeKlassifikation Indogermanisch GermanischWestgermanischHochdeutschMitteldeutschWestmitteldeutschHessisch dd dd dd Mittelhessisch dd dd Inhaltsverzeichnis 1 Entwicklung 2 Merkmale 2 1 Lautung 3 Sprachbeispiele 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseEntwicklung BearbeitenHessisch ist nicht Fernsehhessisch Die mediale Darstellung des in der Kritik als Fernsehhessisch auch Abbelwoihessisch bezeichneten Neuhessisch hat indes mit den unterschiedlichen hessischen Dialekten wenig gemein Zur Popularisierung des Neuhessischen trugen viel gesehene Fernseh Unterhaltungssendungen bei wie Familie Hesselbach oder Zum Blauen Bock sowie nicht zuletzt die Ubertragungen der Mainzer Fastnacht Mainz bleibt Mainz wie es singt und lacht Aufgrund der Dominanz dieses Wirtschaftsraumes ist in den 1950er und 1960er Jahren der Eindruck entstanden das Frankfurterische sei das Hessische schlechthin Mittelhessische DialekteDie mittelhessischen Dialekte in ihren jeweiligen ortsgebundenen Lautgestalten und Pragungen Topolekte wurden bis etwa 1970 vom uberwiegenden Teil der landlichen Bevolkerung gesprochen Der Einfluss der modernen Massenmedien heute der Sprache des Internets wie auch die sich seit den spateren 1960er Jahren entwickelnde Mobilitat und die historischen Veranderungen der Lebens und Arbeitswirklichkeiten fuhrten dazu dass die Dialekte immer weniger gesprochen werden weil diese sprachgeschichtlich ihren aktuellen Verkehrswert verloren haben Die alten Formen der mittelhessischen wie oberhessischen Dialekte werden heute meist nur noch von Angehorigen der alteren ortsgebundenen Generationen gesprochen oder in der Traditionspflege heimischen Brauchtums beibehalten Im November 1984 ergab eine Umfrage Hessischer Dialektzensus der Arbeitsstelle Sprache in Hessen der Universitat Marburg folgendes Bild In der mittelhessischen Region gaben von den 48 bis 75 Jahrigen Befragten 62 an dass sie einen oder mehrere Dialekte sprechen unter den 31 bis 47 Jahrigen 65 bei den 16 bis 30 Jahrigen aber nur noch 52 Da gerade seit den 1980er Jahren das Hochdeutsche in allen Lebensbereichen massiv an Einfluss gewonnen hat mussen die empirischen Befunde des Dialektzensus als uberholt angesehen werden Am Sudrand des mittelhessischen Sprachgebietes beispielsweise in der sudlichen Wetterau und in den mittelhessischen stadtischen Zentren Wetzlar Giessen und Marburg Friedberg und Bad Nauheim sind diese Dialekte bereits verschwunden bzw im Verschwinden begriffen An ihrer Stelle haben sich in stadtischen Raumen neue Formen des Sprachgebrauchs herausgebildet die in der modernen Dialektologie als Neuhessisch bezeichnet werden und der Standardsprache nahestehen wenn auch in eigenstandigen sprachgeschichtlich verwobenen Lautformen Von einem Aussterben der mittelhessischen Dialekte kann entgegen allen Prognosen zwar nicht gesprochen werden wohl aber von einer Hinwendung zu regionalen Ausgleichsformen im offentlichen Leben zu neuen dialektalen Sprachformen mit dem Phanomen dass die originaren Dialektsprecher sich je nach Kommunikationserfordernis zwei oder dreisprachig bewegen und im Sinne eines Code Switching ausgebildet sind wenn auch mit denselben Zungenschlagen Bilinguismus Es trifft auch keinesfalls zu dass die Jungeren den Dialekt ablehnen Lediglich werden Dialekte mit kleinraumiger Geltung zugunsten von neu entstehenden allgemeineren Sprachformen mit grosserer kommunikativer Reichweite Regiolekt aufgegeben Sie verzichten dabei auf dialektale Formen von denen sie wissen dass sie schon wenige Kilometer weiter nicht oder kaum verstanden werden Das ist u a auch eine Folge der zunehmenden Mobilitat durch Beruf und Freizeit Eine weitere Sprache Mittelhessens ist das fast ausgestorbene Manisch das fruher im Raum Marburg Richtsberg und Waldtal Giessen Gummiinsel Eulenkopf und Margarethenhutte und Wetzlar Finsterloh von sogenannten sozialen Randgruppen benutzt wurde Merkmale BearbeitenLautung Bearbeiten Im Folgenden sollen ausgewahlte phonetische und phonologische Merkmale beschrieben werden die insofern typisch fur den mittelhessischen Dialekt sind als sie den meisten Ortsmundarten gemeinsam sind Die Lautungen der Mundarten sind grundsatzlich nicht als Abweichungen von der Standardsprache erklarlich sondern sie stellen eigenstandige Weiterentwicklungen mittelhochdeutscher Dialekte dar Dennoch sollen hier der Verstandlichkeit halber standarddeutsche mit mundartlichen Formen kontrastiert werden Besonders charakteristisch ist das mit zuruckgebogener Zunge retroflex und mit relativ gleichmassig ausgeatmeter Luft ohne Reibung oder Explosion Approximant gerollte r ɻ Stimmhafter retroflexer Approximant das dem amerikanischen r gleicht und nicht zu den drei Realisierungen r ʀ ʁ des r in der hochdeutschen Standardlautung zahlt In vielen Dialekten bleibt es auch am Wortende und vor Konsonant deutlich horbar z B in Wasser oder Ort Vokal standarddeutsch mittelhessischlanges a Strasse Struusslanges a Hase Hoaslanges e Schnee Schnailanges e Leben Laawelanges i lieb laiblanges o gross gruusslanges o schon schiilanges u Bruder Brourerlanges u Kuhe Koikurzes i ist eskurzes u Pfund Pondai aus mhd ei zwei zwie zwu zwaai aus mhd i drei dreiau aus mhd ou Baum Baamau aus mhd u Haus Hausoi Gaule Goiloi Feuer Faueroi Baume Baampf Pfeife Paifp Puppe Boppb zwischen Vokalen oben owwet d zwischen Vokalen Futter Fourers nach r Wurst Wirsing Worscht Woscht WerschingAndere kennzeichnende Merkmale der meisten mittelhessischen Dialekte sind z B hd ich habe gt aich hu n hd ich bin gt aich sei n hd nicht gt nai bzw nee hd nichts gt nautEine Besonderheit ist auch die dreigeschlechtige Verwendung des Zahlwortes zwei Sie richtet sich nach dem Geschlecht des Substantivs Dabei steht zwie fur mannlich zwu fur weiblich und zwa fur sachlich Beispiele zwie Menner Manner zwu Frae Frauen zwa Kenn Kinder zwie Honn Hunde zwu Koih Kuhe zwa Huinger Huhner zwie Beme Baume zwu Blemme Blumen zwa Vajilcher Veilchen zwie Handkees Handkase zwu Tomade Tomaten zwa Aijer Eier Lautmalerische Unterschiede der dreigeschlechtlichen Laute existieren oftmals von Dorf zu Dorf So heisst es im unteren Vogelsberg zwee Menner Manner zwu Weiwer Weiber Frauen zwoi Kinn Kinder zwee Honde Hunde zwu Koih Kuhe zwoi Hinkel Huhner zwee Beem Baume zwu Blumme Blumen zwoi Vajilche Veilchen zwee Handkees Handkase zwu Tomade Tomaten zwoi Aijer Eier Sprachbeispiele BearbeitenTextbeispiel aus dem Giessener Raum Mir kenne also virlaufich folgendes feststelle Mittelhessen muss mer als e Gejend verstieh dai vo stadtische Enklave wai z B Gaisse oawwer Wetzler durchlechert eas wai en Schweizer Kees Nur halt met winger Lecher Un wann en Mittelhesse ean so e fremd Loch kimmt dann fremdelt er 1 Textbeispiel aus dem Hinterland Hinterlander Platt 2 Wann s raant gieh ma heem Wann s nit raant blaiwe ma hai Raants nit un ma hu ke Lost gieh ma aach heem Raants breache ma suwisu nit ze blaiwe Gieh ma da heem un wesse nit woas ma da mache sinn Kinnte ma jo aach glaisch haiblaiwe Feraasgesast es raant nit Kurt W Sanger Gruppe Odermennig aus Gemorje Hinnerlaand 1984 Der Klein Karber Dichter Peter Geibel 1841 1901 verfasste einen Gedichtband mit Namen Mein schinste Gruss d r Wearreraa in dem alle Texte in Mundart Schreibung zu finden sind Ein Auszug 3 Di Wearreraa su schih gelahje Meat Wiss ean Wahld meat Doahl ean Hih Die Wearreraa meat all ihrm Sahje Meat Frucht ean Obst meat Mensch ean Vieh Dai laiw ich uwer alle Moasse Meat ihrer Luoft ean meat ihrm Wih Si eass m r su ohs Herz gewoase Wai uf d r ganze Welt nix mih Blues aus Friedberg sudliches Mittelhessen Ean Friddbersch ean de Wearrera Ihr Leut do eas was luus Do spielt e dicke Dickworzfraa Ean dicke dicke Dickworzblues De Laandroat dear kimmt aach vorbei He freet woas eas da luus Ei do do spielt e Dickworzfraa Ean dicke dicke Dickworzblues Quelle spontanifax in a dur Kurt W Sanger OdermennigSprichworter und Redensarten Beispiele 4 Wann s Brai raant hu dai d n Laffel fageaesse Wai de Mann es so krire die Worscht gebrore Wann de Kripp leer is schmaisse sisch de Gaul Wer die Howwer verdaint kritt se net Wann s Schof plarrt schoads eam ean MuffelSiehe auch BearbeitenHessische Dialekte Hinterlander Platt Wittgensteiner PlattLiteratur BearbeitenHeinrich Bastian Alles fur mei Hesselaad 150 Gedichte im Dialekt des Marburg Giessener Raumes Dr W Hitzeroth Verlag Marburg 1988 ISBN 3 925944 43 5 Magnus Breder Birkenes Jurg Fleischer Zentral Nord und Osthessisch In Joachim Herrgen Jurgen Erich Schmidt Sprache und Raum Ein internationales Handbuch der Sprachvariation Band 4 Deutsch Handbucher zur Sprach und Kommunikationswissenschaft Band 30 4 De Gruyter Mouton Berlin Boston 2019 ISBN 978 3 11 018003 9 S 435 478 Heinrich J Dingeldein Das Mittelhessische In Hessisches Schriften der Universitatsbibliothek Marburg Nr 46 Marburg 1989 ISBN 3 8185 0039 8 Hans Friebertshauser Das hessische Dialektbuch C H Beck Munchen 1987 ISBN 3 406 32317 0 Hans Friebertshauser und Heinrich J Dingeldein Hessischer Dialektzensus Statistischer Atlas zum Sprachgebrauch Hergestellt mit Software Systemen von Harald Handler und Wolfgang Putschke Tubingen 1989 ISBN 3 7720 1812 2 Hans Friebertshauser Kleines hessisches Worterbuch C H Beck Munchen 1990 ISBN 3 406 34192 6 Hans Friebertshauser Land und Stadt im Wandel Mundart und bauerliche Arbeitswelt im Landkreis Marburg Biedenkopf Sparkasse Marburg Biedenkopf Wenzel Marburg 1991 Christian Heger Waller Platt Geschichte Grammatik und Wortschatz des Westerwalder Dialekts Husum Druck und Verlagsgesellschaft Husum 2016 ISBN 978 3 89876 813 9 Regina Klein In der Zwischenzeit Tiefenhermeneutische Fallstudien zur weiblichen Verortung im Modernisierungsprozess Psychosozial Verlag Giessen 2003 ISBN 3 89806 194 9 Ulrike Koppchen Bembelsanger Dippegucker Ossenkoppe Dialekte in Hessen und regionale Identitat Sendemanuskript Hessischer Rundfunk Redaktion Volker Bernius Frankfurt 2004 Siegward Roth Knotterbock Grondlejendes zoum mittelhessische Charakter o sich Wolfram Schleenbecker Verlag Wettenberg etwa 2001 ISBN 3 9803797 1 X Bernd Strauch Dialekt in Mittelhessen Oberhessisches Taschenworterbuch Eigenverlag Giessen 2005 ISBN 3 935584 02 4 Emil Winter Mittelhessisches Worterbuch E Winter Heuchelheim 1985 ISBN 3 9801058 0 6 Emil Winter Du Hulabber und weitere 699 Schimpf Spott und Uznamen D m Owwerhess off s Maul geguckt E Winter Heuchelheim 1986 ISBN 3 9801058 2 2 Weblinks BearbeitenBernd Strauch Erganztes und neu sortiertes Dialektworterbuch inkl Tonaufnahmen Dialekte in Hessen inkl Sprachproben In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Mittelhessisches Worterbuch A G H P Q Z Verein zur Erhaltung der mittelhessischen Mundart und Kultur e V VEMuK http www vemuk de Andreas Stahl Horproben und Texte http www abc hero de mundart html ois Platt Worter und Satze aus dem Huttenberger Land von Joachim Pausch http jaypeeservices homepage t online de 19 htmEinzelnachweise Bearbeiten Siegward Roth Der Knotterbock Grondlejendes zoum mittelhessische Charakter o sich Wolfram Schleenbecker Verlag Wettenberg ISBN 3 9803797 1 X Kurt Werner Sanger schwortswaise raabooche Jonas Verlag Marburg 1987 ISBN 3 922561 53 5 Emerich Reeck Hrsg Mein schinste Gruss d r Wearreraa Gedichte von Peter Geibel Verlag Hessische Volksbucher Darmstadt 1951 fur den Buchhandel Carl Bindernagel Friedberg Hessen Hans Friebertshauser Land und Stadt im Wandel Mundart und bauerliche Arbeitswelt im Landkreis Marburg Biedenkopf Sparkasse Marburg Biedenkopf Wenzel Marburg 1991Normdaten Sachbegriff GND 4214772 4 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mittelhessische Dialekte amp oldid 238120108