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Die Mikwe in Worms stammt aus dem Hochmittelalter Moderner Zugang zum VorraumFenster zwischen Vorraum und Badeschacht rechts sudwestliche Saule des Vorraums Fenster und Saule wurden im Zuge der Wiederherstellung 1958 bis 1961 eingebracht Zugang zur unteren Treppe aus dem Vorraum Die rechte Saule ist ein bauzeitliches Original die linke eine Erganzung aus Museumsbestanden Tauchbecken rechts das Ende der unteren Treppe Inhaltsverzeichnis 1 Geografische Lage 2 Geschichte 3 Bauwerkbeschreibung 3 1 Obere Treppe und Eingangssituation 3 2 Vorraum 3 3 Untere Treppe 3 4 Badeschacht 4 Aktuelle Lage 5 Literatur 6 Weblinks 7 Anmerkungen 8 EinzelnachweiseGeografische Lage BearbeitenDie Mikwe liegt inmitten des ehemaligen judischen Viertels wo die Synagoge Worms den Mittelpunkt eines Ensembles judischer Kultbauten bildet Sudlich der Synagoge erstreckt sich der Synagogengarten in dem sich heute der Eingang zur Mikwe befindet 1 Geschichte BearbeitenDie Mikwe war eine Stiftung aus privater Hand 1185 86 wurde sie fertiggestellt Die Stifterinschrift ist erhalten wenn auch nicht an der ursprunglichen Stelle 2 Die Inschrift besteht aus zwei Tafeln die vermutlich an der Tur des Badehauses angebracht waren von dem der Abstieg ins Bad erfolgte Bei baulichen Veranderungen im Jahr 1876 wurden die beiden Tafeln in die Mauer des Synagogenhofes eingelassen 3 Nach der Zerstorung der Synagoge und der Beschadigung der Mikwe wahrend des Nationalsozialismus wurden sie 1946 in die Obhut des Stadtischen Museums gegeben 3 Mit der Rekonstruktion des Synagogenkomplexes bis 1961 wurden die Tafeln der Stifterinschrift wieder in die Mauer des Synagogenhofes eingemauert Das Badehaus bestand Mitte des 19 Jahrhunderts noch als Ruine 4 Bis zum Anfang des 18 Jahrhunderts wurde die Mikwe von Mannern und Frauen benutzt als eine zweite heute nicht mehr vorhandene Anlage nur fur Manner errichtet wurde Bis ins 19 Jahrhundert wurde die mittelalterliche Anlage von den Frauen weiter genutzt 5 und nach 750 Jahren von der judischen Gemeinde als Kultbad aufgegeben Sie drohte zu verfallen Ende des 19 Jahrhunderts wurde sie als Sehenswurdigkeit in Stand gesetzt und stand Besuchern seit 1895 offen Bei dem Novemberpogrom 1938 wurde die Fensterwand zwischen Vorraum und Badeschacht zerschlagen und in den Schacht gesturzt Anm 1 In den spaten 1950er Jahren wurde die Anlage wieder hergestellt 1 Der Lichtschacht war danach zunachst mit Glasbausteinen abgedeckt was 2007 aus klimatischen Grunden durch eine offene Abdeckung ersetzt wurde 6 Bauwerkbeschreibung BearbeitenDie unterirdische Anlage reicht knapp neun Meter tief bis auf das dort anstehende Grundwasser Baumaterial ist uberwiegend roter Buntsandstein einige wenige Partien die wohl am Ende der Bauarbeiten gemauert wurden bestehen aus Kalksinter Die Bauformen der Anlage sind romanisch Aufgrund geringer Bauwerksunterhaltung sind zahlreiche Befunde aus der Bauzeit erhalten so etwa auch Putzreste Die geringe Bauwerksunterhaltung hat allerdings auch dazu gefuhrt dass der Zustand des Bauwerks es seit einiger Zeit und heute 2018 nicht mehr zulasst es offentlich zuganglich zu halten 7 Obere Treppe und Eingangssituation Bearbeiten Der heutige Einstieg aus dem Synagogengarten fuhrt uber eine Treppe in den Vorraum Diese Eingangssituation entspricht nicht der mittelalterlichen Die heutige Treppe wurde erst nach den Zerstorungen in der ersten Halfte des 20 Jahrhunderts eingebaut als das Bauwerk anschliessend wieder hergerichtet wurde 8 Die neue Treppe mundet direkt in den Vorraum Der historische mittelalterliche Treppenabgang in den Vorraum erfolgte vermutlich von Osten her aus einem unmittelbar an die Synagoge angrenzenden Gebaude das in der Mitte des 19 Jahrhunderts abgerissen wurde 9 Vorraum Bearbeiten Der Vorraum hat einen trapezoiden Grundriss und ist mit einem Tonnengewolbe gedeckt Ursprunglich wurden alle vier Ecken des Raumes durch je eine Saulenstellung betont 10 Dies existiert aber nur noch an der Westwand An den entsprechenden Stellen der Ostwand wurden spater Pfeiler hochgemauert Von den beiden Saulen der Ostwand ist nur die rechte mit doppeltem Halsring ein Original die andere wurde nach den Zerstorungen unter den Nationalsozialisten bei der Restaurierung in den 1950er Jahren aus Bestanden des Museums der Stadt Worms ersetzt 11 Die Saulen tragen Wurfelkapitelle In der Ostwand befindet sich der Durchgang zur unteren Treppe Die Sudwand wird durch ein zweiteiliges Fenster mit Oberlicht dominiert Diese Fensteraufteilung ist eine freie Neufassung aus den 1950er Jahren nachdem bei den Zerstorungen 1938 die damals bestehende Fensterwand in den Badeschacht gestossen wurden Die zerstorten Fenster waren kleinteiliger 12 aber ebenfalls schon ein nachtraglicher Einbau Wie dieser Durchbruch zur Bauzeit gestaltet war ist nicht bekannt An der ostlichen Schmalseite des Raumes befindet sich eine eingewolbte Nische Haufig als Kleiderablage 1 oder Umkleideraum bezeichnet gibt es aber keinen Beleg fur diese Funktion ja sie wird als nicht plausibel bewertet 13 Die Umkleide befand sich vermutlich in dem oberirdischen Mitte des 19 Jahrhunderts abgerissenen Zugangsgebaude Eventuell war in der Nische zeitweilig ein Kohlebecken als Heizung aufgestellt massive Russspuren deuten darauf hin und zu anderen Zeiten war der kleine Raum durch eine heute nicht mehr vorhandene Tur vom Vorraum abgetrennt 14 Untere Treppe Bearbeiten Vorraum und Kultbad sind durch eine weitere Treppe verbunden Sie ist ebenfalls mit einem Tonnengewolbe gedeckt und fuhrt ubergangslos ins Tauchbad Im unteren Teil verlauft die Treppe halbkreisformig im oberen eher gradlinig und diagonal zur Geometrie des Vorraums Anm 2 Bauuntersuchungen konnten hier einen Planungsfehler in der Grundrissgeometrie nachweisen der wahrend des Baugeschehens pragmatisch ausgeglichen wurde 15 Ein zweiter bauzeitlicher Messfehler konnte anlasslich der Bauuntersuchung im Bereich des Gewolbes uber dem Zentralschacht nachgewiesen werden 16 Badeschacht Bearbeiten Das Tauchbad am Boden des Badeschachts ist an drei Seiten von Stufen umgeben Der Badeschacht misst im Querschnitt 2 85 2 85 cm Anm 3 Da hier im Grundwasser gearbeitet werden musste kam es schon zur Bauzeit zu Setzungen die ausgeglichen wurden aber ein unregelmassiges Bild an den Stufen und dem aufgehenden Mauerwerk hinterliessen 17 Die unteren Lagen des Badeschachts sind analog einem Schachtbrunnen aus grossen aber nicht sehr gleichmassigen Quadern gemauert Dies spricht gegen die gelegentlich erwogene Beteiligung der Bauhutte des Wormser Doms beim Bau der Mikwe 18 Die unteren Lagen sind Trockenmauerwerk also ohne Mortel ausgefuhrt auch wenn die Anlage hier im Wasser steht und alles andere als trocken ist Das dient zum einen dazu den Durchfluss des rituell erforderlichen Grundwassers zu verbessern und verhindert auch dass Mortel ausgeschwemmt wird Nach den Bauuntersuchungen ist dieses Sockelmauerwerk etwa 1 2 bis 1 3 m dick und besteht aus drei hintereinander gesetzten Steinlagen 19 Die Mauerlagen oberhalb des Grundwasserbereichs zeigen dagegen kleinteiligere Hausteine im Mortelverband Hier haben die Bauuntersuchungen ein Schalenmauerwerk ergeben Die Schalen haben eine Starke von etwa 30 cm die dazwischen liegende Verfullschicht ist etwa 70 cm stark 20 Der etwa acht Meter hohe Schacht wird von einem Tonnengewolbe gedeckt das nur knapp unter der Erdoberflache liegt Hier gibt es einen an die Oberflache fuhrenden Schacht mit dem zusatzlich Regenwasser in die Mikwe geleitet wurde 1 Aktuelle Lage BearbeitenDie Mikwe in Worms ist neben der Mikwe in Speyer die bedeutendste aus romanischer Zeit im deutschen Sprachraum 1 und wird auch als eines der kulturhistorisch bedeutendsten Bauwerke des Rheinlandes eingestuft 21 Wahrend die Mikwe in Speyer etwas alter ist und der Wormser wohl auch baulich als Vorbild diente sind die bauzeitlichen Befunde in Worms besser erhalten So gibt es hier was sehr selten ist sogar noch romanische Putzreste 22 Die Wormser Synagoge ist ein Kulturdenkmal aufgrund des Rheinland Pfalzischen Denkmalschutzgesetzes 23 24 Der Synagogenkomplex Worms ist zentraler Bestandteil des Vorhabens die historischen Denkmaler der judischen Kultur in den SchUM Stadten durch die UNESCO als Welterbe anerkennen zu lassen 25 Dazu zahlt auch die Mikwe Seit der Restaurierung in den 1950er Jahren ist die Mikwe neben der Synagoge und dem mittelalterlichen Friedhof Heiliger Sand eine der herausragenden Sehenswurdigkeiten in Worms Orthodoxe Juden nutzen vereinzelt die Mikwe fur rituelles Untertauchen Seit 2004 gilt der bauliche Zustand der Anlage als bedenklich 26 Seit 2018 ist sie fur den Besucherverkehr gesperrt da die Standsicherheit nicht mehr gewahrleistet ist 27 Um Interessierten und Besuchern dennoch einen Einblick in das mittelalterliche Monument zu geben wurde am Eingang zur Mikwe eine Stele mit Informationen und einem QR Code installiert der auf die Webseite zur Mikwe fuhrt Literatur Bearbeitennach Autoren Herausgebern alphabetisch geordnet Otto Bocher Die Alte Synagoge zu Worms In Der Wormsgau Beiheft 18 1960 Dissertation an der Universitat Mainz Margrit Bormann Moglichkeiten und Grenzen der Putzerhaltung in der mittelalterlichen Mikwe zu Worms In Der Wormsgau 28 2010 2011 S 61 74 Hans Caspary Rheinland Pfalz Saarland In Georg Dehio Handbuch der deutschen Kunstdenkmaler Rheinland Pfalz Saarland Deutscher Kunstverlag Berlin 1984 ISBN 3 422 00382 7 S 1179 Stefanie Fuchs Die Mikwen in Worms und Speyer Aktueller Forschungsstand In Landeshauptstadt Erfurt Hrsg Die judische Gemeinde von Erfurt und die SchUM Gemeinden kulturelles Erbe und Vernetzung Erfurter Schriften zur Judischen Geschichte Band 1 Bussert amp Stadeler Jena Quedlinburg 2012 ISBN 978 3 942115 17 9 Volltext online Christian Kayser Einen Brunnen grub er fuhrte auf das Gewolbe Bauforschung an der Mikwe von Worms In Der Wormsgau 33 2017 ISSN 0084 2613 ISBN 978 3 88462 380 0 S 7 28 Irene Spille Stadt Worms Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland Kulturdenkmaler in Rheinland Pfalz Band 10 Wernersche Verlagsgesellschaft Worms 1992 ISBN 978 3 88462 084 7 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Mikwe in Worms Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Sanierung der Mikwe in Worms daher zurzeit nur dieser virtuelle Besuch moglich Anmerkungen Bearbeiten Caspary behauptet die Mikwe sei 1938 unbeschadigt geblieben was nicht zutrifft Altere Reproduktionen des Grundrisses stellen die Treppe tatsachlich als Halbkreis dar vgl Bocher Die Alte Synagoge Abb 26 Tatsachlich ist sie gegenuber einem geometrisch exakten Halbkreis in ihrer oberen Halfte jedoch in die Lange gezogen Ebenso ist der Grundriss des Vorraums im Gegensatz zu diesen Reproduktionen nicht rechteckig sondern trapezoid verzogen Dies weist auf ein Mass von 10 10 Fuss hin Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e Spille Denkmaltopographie S 68 Wiedergegeben und ins Deutsche ubersetzt bei Bocher Die Alte Synagoge S 103 f und bei Kayser S 10f a b Otto Bocher Die alte Synagoge zu Worms Worms 1961 S 104 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Otto Bocher Wohnflugel und romanisches Badehaus Zwei verschwundene Gebaude des Wormser Synagogenbezirks In Der Wormsgau 6 1963 64 S 80 f Bormann Moglichkeiten S 61 Kayser Einen Brunnen S 12 Kayser Einen Brunnen S 7 Kayser Einen Brunnen S 14 Kayser Einen Brunnen S 15 Bocher Die Alte Synagoge S 49 Caspary Kayser Einen Brunnen S 17 f Vgl Kayser Einen Brunnen S 18 Kayser Einen Brunnen S 18 f Kayser Einen Brunnen S 20 Kayser Einen Brunnen S 27 Kayser Einen Brunnen S 23 Kayser Einen Brunnen S 24 Kayser Einen Brunnen S 22 Kayser Einen Brunnen S 22 f Bormann Moglichkeiten S 61 Bormann Moglichkeiten S 64 ff Spille Denkmaltopographie S 68 f Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland Pfalz Hrsg Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmaler Kreisfreie Stadt Worms Memento vom 30 April 2022 im Internet Archive Mainz 2022 Version 2022 liegt vor S 4 PDF 5 0 MB Eintrag der SchUM Stadte in der Tentativliste der UNESCO Bormann Moglichkeiten S 63 Kayser Einen Brunnen S 7 SchUM Statten von Speyer Worms und Mainz Speyer JudenhofWorms Synagoge Mikwe Raschi Haus Heiliger SandMainz Judensand 49 633629 8 366336 Koordinaten 49 38 1 1 N 8 21 58 8 O Normdaten Geografikum GND 1051303494 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mikwe Worms amp oldid 232917482