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Menschenfett auch als Humanfett bezeichnet auch als Bezeichnung fur Menschenschmalz ist ein in historischen Arzneibuchern seit dem 16 Jahrhundert erwahnter wichtiger Bestandteil als hochwertig erachteter Salben und anderer fetthaltiger Arzneiformen In den alten Rezepturen wird das menschliche Fett lateinisch als naturbelassenes Pinguedo hominis oder ausgelassen als Schmalz als Axungia hominis 3 bezeichnet wo es neben anderen tierischen Fetten von Baren Axung ursi Vipern Axung viperarum Bibern Axung castoris Katzen Axung Cati sylvestris Geiern 4 und Murmeltieren sowie vielen anderen aufgefuhrt wird 5 Johann Agricola 1496 1570 beschreibt die Gewinnung von Menschenfett und seine Anwendungsgebiete Zwei Apothekengefasse mit Beschriftung AXUNG IA HOMINIS fur Menschenschmalz 1 Humanol Steril der Kreuz Apotheke Leipzig vermutlich fruhes 20 Jh 1 Reagenzglas mit Inhalt und Aufschrift Adeps Humani 2 Inhaltsverzeichnis 1 Verwendung in der fruhen Neuzeit 2 Verwendung im 19 und 20 Jahrhundert 3 Trivia 4 Literatur 5 Siehe auch 6 Einzelnachweise 7 WeblinksVerwendung in der fruhen Neuzeit BearbeitenMit heilmagischer Bedeutung wurde es als sogenanntes Armsunderfett Armesunderfett oder Armsunderschmalz in der Volksmedizin bis in das 19 Jahrhundert von Scharfrichtern aus den Korpern von Hingerichteten hergestellt und verkauft 6 Wie vielen anderen Teilen von Hingerichteten wurde auch ihrem Fett eine besondere Wirkkraft zugesprochen was sich aus einem heidnischen Opferglauben heraus entwickelte Fur die Henker war der Verkauf von Menschenfett eine wichtige Einnahmequelle 7 Armsunderfett wurde zur Herstellung von verschiedenen Salben gegen Knochenschmerzen Zahnschmerzen und Gicht verwendet Es galt auch als Allheilmittel insbesondere bei Erkrankungen die mit einer Kachexie verbunden waren beispielsweise Tuberkulose 8 Auch eine schmerzlindernde Wirkung bei Rheuma und Arthritis wurde dem Menschenfett zugesprochen 9 Der Scharfrichter von Hall in Tirol Sebastian Waldl ersuchte die Tiroler Regierung ganz offiziell bei Hingerichteten das Armesunderfett nehmen zu durfen was mit Schreiben vom 10 Oktober 1705 als unbedenklich angesehen wurde 10 Zwischen der Innsbrucker Universitat und dem Haller Scharfrichter kam es wegen der Leichen von Hingerichteten zu Differenzen Wahrend der Scharfrichter der Ansicht war die Leichen und alle daraus gewonnenen Vorteile wurden ihm gehoren war die Universitat der Ansicht diese hatten fur ihn keinen Zweck und mussten der Universitat kostenlos zur Verfugung stehen 1715 wurde von der Tiroler Regierung dann der Anspruch des Scharfrichters auf die Leiche anerkannt wenn er darauf verzichte und den Korper der Anatomie der Universitat ubergebe wurde ihm das Menschenfett und was er weiters pro publico Nutzbares hievon verwenden konnte entzogen und solle daher entsprechend fur die Uberlassung entlohnt werden Aufgrund einer Beschwerde aus dem Jahr 1737 durch den Haller Scharfrichter weil er fur eine Leiche von der Anatomie nur vier Gulden anstelle von acht Gulden inklusive des Transports erhalten habe kann auch der Wert einer Leiche festgestellt werden wobei 1738 hierzu eine endgultige Regelung getroffen wurde so dass der Haller Scharfrichter fur eine Leiche sechs Gulden erhielt wenn diese aus dem Hochgericht in der Nahe von Innsbruck stammte und sonst acht Gulden 11 Verwendung im 19 und 20 Jahrhundert BearbeitenSeit dem spaten 19 Jahrhundert wurde Menschenfett unter dem Handelsnamen Humanol ausgelassenes Menschenfett in steriler verflussigter Zubereitung fur Injektionszwecke angeboten und 1909 in die chirurgische Therapie bei Narbenbehandlung Wundrevisionen und Wunddesinfektionen eingefuhrt Geringe Heilungserfolge und das Auftreten von Fettembolien liess die Anwendung in den 1920er Jahren wieder aus der Mode kommen 12 Zur ausseren Anwendung enthielten vorgebliche Faltencremes verschiedener Hersteller Placentubex C und Placenta Serol von Merz Pharma 13 noch bis in die 1980er Jahre menschliches Fett aus Plazenten 14 das neben dem vorgeblich gut in die menschliche Haut eindringenden Fettbestandteil des Mutterkuchens auch Hormone und Vitamine enthalten solle Die embryonale Herkunft sollte einen verjungenden Effekt evozieren Mit der Verwendung dieser naturlichen Substanzen wurde offen geworben was sich auch am Namen der Produkte nachvollziehen liess Die Placenten wurden von Hebammen und geburtshilflichen Abteilungen fur industrielle Zwecke gesammelt Die Verwendung menschlicher Placenten wurde nach der Entdeckung des HI Virus in den 1980er Jahren zugunsten tierischer Produkte beendet obwohl aufgrund des Verarbeitungsprozesses zu keiner Zeit eine Infektionsgefahrdung bestand jedoch generell Produkte mit Inhaltsstoffen menschlichen Ursprungs nicht mehr positiv besetzt waren In Peru wurde 2009 eine als Pishtacos bezeichnete Bande bezichtigt Menschenfett hergestellt und vertrieben zu haben der Fall stellte sich als freie Erfindung der Ermittler heraus 15 16 Grundlage hierfur war die Quechua Legende vom Pishtaku oder Nak aq Schlachter einem weissen Morder der den ermordeten Indigenen das Fett aussaugt 17 Trivia BearbeitenAus dem Fett einer Fettabsaugung bei dem italienischen Politiker Silvio Berlusconi wurde angeblich Seife hergestellt und im Migros Museum fur Gegenwartskunst ausgestellt 18 Literatur BearbeitenHeinz Moser Die Scharfrichter von Tirol Innsbruck 1982 Steiger Verlag ISBN 3 85423 011 7 Siehe auch BearbeitenCranium humanum Mumia TotenhandEinzelnachweise Bearbeiten a b Aus dem Bestand des Deutschen Apothekenmuseums Heidelberg Aus dem Bestand des Museum fur Hamburgische Geschichte Hamburg Thomas Gleinser Anna von Diesbachs Berner Arzneibuchlein in der Erlacher Fassung Daniel von Werdts 1658 Teil II Glossar Medizinische Dissertation Wurzburg jetzt bei Konigshausen amp Neumann Wurzburg 1989 Wurzburger medizinhistorische Forschungen 46 S 198 Menschenschmalz Rainer Mohler Epistula de vulture Untersuchungen zu einer organotherapeutischen Drogenmonographie des Fruhmittelalters Horst Wellm Pattensen Han 1990 jetzt bei Konigshausen amp Neumann Wurzburg ISBN 3 921456 85 1 S 348 f Ferdinand Giese Chemie der Pflanzen und Thierkorper in pharmazeutischer Rucksicht Verlag Hartmann Leipzig 1811 S 337 Christiane Wagner Jutta Failing Vielmals auf den Kopf gehacket Galgen und Scharfrichter in Hessen Naumann Nidderau 2008 ISBN 978 3 940168 17 7 Menschenfett war fruher ein begehrter Rohstoff In Die Welt vom 20 November 2009 ISSN 0173 8437 Adolf Wuttke Detlef Weigt Hrsg Der deutsche Volksaberglaube der Gegenwart Superbia Leipzig 2006 ISBN 978 3 937554 19 8 Nachdr der Erstausgabe Hamburg 1860 bei Agentur des Rauhen Hauses in Hamburg Philip Bethge Die Heilkraft des Todes In Der Spiegel Jg 63 2009 Nr 5 vom 26 Januar 2009 ISSN 0038 7452 Josef Moser Die Scharfrichter von Tirol S 43 Josef Moser Die Scharfrichter von Tirol S 47 f H Koch Fettembolie durch Humanolinfektion In Deutsche Zeitschrift fur Chirurgie Bd 186 1924 S 273 278 doi 10 1007 BF02797752 Edmund Schrumpf Lehrbuch der Kosmetik Wien Bonn 1957 S 238 Rolf Muller Die kommerzielle Nutzung menschlicher Korpersubstanzen rechtliche Grundlagen und Grenzen Band 191 von Schriften zum Burgerlichen Recht ISSN 0720 7387 Duncker amp Humblot 1997 S 105 Die Legende vom Menschenfett In TAZ Jg 32 2009 vom 2 Dezember 2009 ISSN 0931 9085 Menschenfett Verkauf war eine Ente In Mitteldeutsche Zeitung vom 2 Dezember 2009 Beispiele der Legende Ancash Quechua mit spanischer Ubersetzung auf S Hernan AGUILAR Kichwa kwintukuna patsaatsinan Memento vom 20 Juli 2011 im Internet Archive AMERINDIA n 25 2000 Pishtaku 1 Pishtaku 2 auf Ankash Quechua mit spanischer Ubersetzung sowie auf http www runasimi de nakaq htm nur Chanka Quechua Angeblich Seife aus Berlusconis Korperfett gefertigt in www welt de 8 Oktober 2010Weblinks BearbeitenApothekengefass fur Axung hominis Memento vom 26 Januar 2013 im Webarchiv archive today Plazentaprodukte Medizinhistorisches Museum on line Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Menschenfett amp oldid 236554543