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Marc Roger Ferro 24 Dezember 1924 in Paris 1 21 April 2021 in Maisons Laffitte 2 war ein franzosischer Historiker Er wurde zusammen mit Jacques Le Goff Emmanuel Le Roy Ladurie und Pierre Nora der dritten Generation der Annales Schule zugerechnet Er lehrte an der Ecole des Hautes Etudes en Sciences Sociales Zu den Schwerpunkten seiner Forschung gehorten die Geschichte Russlands und der UdSSR sowie die Geschichte des Films Marc Ferro 2012 Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Werk 2 Ehrungen und Mitgliedschaften 3 Werke Auswahl 4 Literatur 5 Film 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben und Werk BearbeitenMarc Ferro wurde 1924 als Kind von Einwanderern im wohlhabenden 8 Arrondissement von Paris geboren Sein Vater war Jacques Ferro ein auf Korfu geborener Kaufmann griechisch italienischer Abstammung und seine Mutter war Oudia Fridmann Modellzeichnerin eines grossen Modehauses und ukrainisch judischer Herkunft Sein Vater starb als er funf Jahre alt war sodass er die meiste Zeit bei seiner Mutter und deren zweitem Ehemann aufwuchs Als Schuler auf dem Lycee Carnot wurde er wahrend der Besetzung Frankreichs im Zweiten Weltkrieg seiner judischen Mutter wegen von den antisemitischen Gesetzen des Vichy Regimes bedroht Sein Philosophielehrer Maurice Merleau Ponty riet ihm daher so schnell wie moglich das besetzte Nordfrankreich zu verlassen sodass er seine schulische Ausbildung in Grenoble im Suden Frankreichs fortsetzte Seine Mutter wurde 1943 verhaftet in das KZ Auschwitz Birkenau deportiert und dort ermordet Ferro begann in Grenoble ein Studium in Geschichte und Geographie 1944 schloss er sich um der Einberufung zur Zwangsarbeit in Deutschland dem Service du travail obligatoire zu entgehen einer von der Kommunistin Annie Kriegel angefuhrten Widerstandsgruppe an wo er wegen seiner Deutschkenntnisse nutzliche Funktionen ubernehmen konnte Nachdem diese von der Polizei aufgedeckt worden war floh er aus der Stadt und schloss sich einer bewaffneten Gruppe des Maquis an die in den Bergen des Vercors im Rahmen der Resistance gegen das Vichy Regime und die deutschen Besatzer kampfte Auch diese Gruppe wurde im Juli 1944 nur wenige Tage nach Ferros Ankunft und wenige Monate vor Ankunft der alliierten Truppen aufgedeckt Ferro nahm schliesslich im September 1944 an der Befreiung von Lyon teil Ferro setzte danach sein Studium fort und wurde Geschichtslehrer Im Juli 1948 heiratete er Yvonne France Blondel 1920 2021 Von 1948 bis 1956 unterrichtete er am Lycee Lamoriciere in Oran im damals franzosischen Algerien Aufgrund des verbreiteten Rassismus unter der europaischen Bevolkerung und der brutalen Unterdruckung der Unabhangigkeitsbewegung durch die Kolonialmacht etwa im Rahmen des Toussaint rouge 1954 stand er dem Kolonialismus zunehmend kritisch gegenuber und grundete mit Kollegen die Fraternite algerienne die vergeblich eine Kompromisslosung zwischen der Kolonialherrschaft und dem gewaltsamen Unabhangigkeitskrieg der FLN suchte 1956 verliess er Algerien um Gymnasiallehrer in Paris zu werden Danach unterrichtete er an der renommierten Ecole polytechnique um schliesslich directeur d etudes an der Ecole des Hautes Etudes en Sciences Sociales EHESS zu werden Marc Ferro sah sich zeitlebens als politisch links ohne jedoch einer Partei beizutreten und wahrte im Gegensatz zu vielen Fachkollegen immer Distanz zur Kommunistischen Partei Frankreichs Im Rahmen der franzosischen Prasidentschaftswahl 2002 rief er zur Wahl von Jean Pierre Chevenement 2007 zur Wahl von Segolene Royal auf Er bekampfte zusammen mit seinen Kollegen Leon Poliakov und Pierre Vidal Naquet die Thesen von Holocaustleugnern wie Robert Faurisson verwahrte sich aber gleichzeitig gegen die politische Instrumentalisierung der Geschichte im Namen von Gesetzen zur Erinnerung loi memorielles und war deshalb Mitglied der Initiative Liberte pour l histoire Freiheit fur die Geschichte Als einer der ersten Historiker beschaftigte er sich in Frankreich mit dem von der Geschichtswissenschaft lange Zeit vernachlassigten Medium Film Ausloser war 1964 seine Mitarbeit bei einem aufwandigen Filmprojekt uber den Ersten Weltkrieg La Grande Guerre 1914 1918 Der Erste Weltkrieg das gemeinsam von deutschen und franzosischen Historikern betreut und am selben Tag in den Landern der beiden ehemaligen Kriegsgegner im Fernsehen ausgestrahlt wurde Zwischen 1989 und 2001 war er zunachst auf dem franzosischen Sender La Sept und ab 1992 auf Arte Prasentator der Fernsehsendung Histoire parallele deutscher Titel Die Woche vor 50 Jahren Zusammen mit einem oft prominenten Zeitzeugen oder einem Historiker als Gast analysierte er in 630 Folgen die Berichte der Wochenschau der jeweiligen Woche vor 50 Jahren Ferro starb im April 2021 im Alter von 96 Jahren an den Folgen von COVID 19 3 Ehrungen und Mitgliedschaften Bearbeiten1998 Ehrendoktor der Lomonossow Universitat Moskau 2003 Ehrendoktor der Universitat Bordeaux 2006 Ehrendoktor der Universidad de Chile 2009 Ordentliches Mitglied der Academia Europaea 4 2011 Prix Saint SimonWerke Auswahl Bearbeitenals Autor La Revolution de 1917 Paris 1967 La Grande Guerre 1914 1918 Paris 1968 deutsche Ubersetzung Der grosse Krieg 1914 1918 Frankfurt M 1988 Cinema et Histoire Paris 1976 L Occident devant la revolution sovietique Brussel 1980 Suez Brussel 1981 Comment on raconte l histoire aux enfants a travers le monde Paris 1983 deutsche Ubersetzung Geschichtsbilder Wie die Vergangenheit vermittelt wird Beispiele aus aller Welt Frankfurt M 1991 Petain Paris 1987 neu aufgelegt 1993 und 1994 Les origines de la Perestroika Paris 1990 Nicolas II Paris 1991 deutsche Ubersetzung Nikolaus II der letzte Zar Eine Biographie Zurich 1991 Le choc de l Islam Paris 2003 Le Cinema une vision de l histoire Paris 2003 als Herausgeber Le livre noir du colonialisme Paris 2003 Literatur BearbeitenMatthias Steinle ARTE vor seiner Zeit Deutsch franzosisches Geschichtsfernsehen im Zuge des Elysee Vertrags La Grande Guerre 1914 1918 Der Erste Weltkrieg eine WDR ORTF Koproduktion 1964 In Rundfunk und Geschichte Jg 31 2006 Nr 2 S 35 48 Film BearbeitenMarc Ferro Die Geschichte seines Lebens Regie Michel Vuillermet Autor Ilios Yannakakis Frankreich Arte 1999Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Marc Ferro im Katalog der Deutschen NationalbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten Qui est qui en France Lafitte Paris 1997 S 693 Eintrag zu Marc Ferro in Fichier des personnes decedees Bekannter franzosischer Historiker Marc Ferro gestorben deutschlandfunkkultur de erschienen und abgerufen am 22 April 2021 Mitgliederverzeichnis Marc Ferro Academia Europaea abgerufen am 2 September 2017 englisch mit biographischen und anderen Informationen Normdaten Person GND 119538709 lobid OGND AKS LCCN n50001238 NDL 00439434 VIAF 108487509 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Ferro MarcALTERNATIVNAMEN Ferro Marc Roger vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG franzosischer HistorikerGEBURTSDATUM 24 Dezember 1924GEBURTSORT ParisSTERBEDATUM 21 April 2021STERBEORT Maisons Laffitte Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Marc Ferro amp oldid 232754105