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Ein Mobelstil ist das fur eine bestimmte Epoche ein Gebiet einen Tischler oder Ebenisten beziehungsweise eine Werkstatt charakteristische durch einheitliche ahnliche oder vergleichbare Merkmale in der Beschaffenheit oder der Formgebung gekennzeichnete Geprage von Mobeln Aachen Lutticher Vitrinenschrank im Rokoko oder Louis quinze StilMobelstile stehen in enger Beziehung zur allgemeinen Kulturentwicklung zu dem jeweiligen Zeitgeist und zu den Architektur und Kunststilen ihrer Epoche sind mit Letzteren aber nicht identisch So wie diese sind sie den Stromungen der Mode unterworfen Inhaltsverzeichnis 1 Bestimmung 2 Zeitliche Einordnung der Mobelstile im europaischen Raum 3 Bauernmobel 4 Siehe auch 5 Literatur 5 1 Allgemein 5 2 Bauernmobel 5 3 Frankreich 6 WeblinksBestimmung BearbeitenDie zur Bestimmung eines Stils herangezogenen Kriterien sind die verwendeten Werkstoffe und die Art ihrer Verarbeitung oder Behandlung die Form des Mobelkorpus und der Beine sowie die Beschaffenheit und Ornamentik der Schnitzereien Furniere Intarsien und Inkrustationen Fassungen der Polsterung der Mobelbezuge und der Beschlage Wahrend sich die konstruktiven Elemente Holz und Metallarbeit der Architektur der Bauwerke und den dort herrschenden Stilen anlehnen und im Allgemeinen dieser zeitlich nachlaufen folgen die dekorativen Elemente insbesondere Bemalungen und Bezuge der Innenarchitektur Interieurmalerei Wandbehang oder schalung und sind wie diese den schnellen Anderungen der Bekleidungsmode unterworfen typischerweise werden etwa Sitzmobel in dieser Hinsicht ofter umgestaltet so dass sich hier verschiedene Stilformen mischen konnen Funktionale Mobel wie Tafelmobel Truhen oder Schranke Kastenmobel sind ihrer Erscheinung konservativer als etwa Leuchten Paravents und Ahnliches So umfasst die Mobelstilkunde zum einen hochinnovative Elemente die innerhalb weniger Jahre wechseln aber auch streng konservative Elemente die teilweise weit uber die der anderen bildenden Kunste hinausreichend tradiert werden Dabei sind Zeitpunkt und Geschwindigkeit des Wechsels allerdings regional und sogar lokal verschieden Mobel lassen sich haufig durch Vergleiche bestimmten Regionen oder Stadten zuordnen auch die Handschrift mancher Entwerfer und Schreiner ist oftmals erkennbar anders als z B Gemalde tragen Mobel jedoch meist keine Signatur mit dem Namen des Herstellers Zeitliche Einordnung der Mobelstile im europaischen Raum BearbeitenDie nachstehende Tabelle gibt einen Uberblick uber die zeitliche Einordnung verschiedener Kunst und Mobelstile Die Jahreszahlen sind lediglich als Anhaltspunkte zu betrachten da Stile einer fliessenden Entwicklung unterworfen sind Des Weiteren ist zu beachten dass Mobelstile teilweise nach den Herrschern benannt werden die in der Zeit regierten als sie aufkamen deren Regierungszeit aber nicht oder nur selten zeitgleich zu der Einfuhrung und dem Ausklang eines Mobelstils verlauft Die nachstehenden Jahreszahlen beziehen sich auf die Datierung der Stile Allgemeine kunst geschichtliche Epochen Deutschland Osterreich Frankreich England1000 1250 Romanik 1020 1030 1250 Romanik 1000 1200 Romanik 1066 1170 Romanik1150 1550 Gotik 1220 1520 Gotik 1140 1500 Gotik 1170 1550 Gotik1500 1650 Renaissance 1520 1650 Renaissance 1490 1589 Renaissance 1550 1650 Renaissance1520 1610 Manierismus 1589 1643 Louis treize1600 1750 Barock 1620 1770 Barock 1643 1715 Louis quatorze 1702 1714 Queen Anne Style1714 1727 Early Georgian Georg I 1720 1770 Spatbarock Rokoko 1730 40 1770 Rokoko Osterr Theresianisch 1715 1723 Regence 1720 1770 Mid Georgian English rococo Georg II 1735 1750 1760 Louis quinze 1750 1805 Chippendale1750 1830 Klassizismus 1760 1790 burgerl Zopfstil 1750 1760 1792 Louis seize inkl Transition 1760 1790 Adam Style1770 1790 Osterr Josephinisch 1770 18111785 1790 Late Georgian Georg III Hepplewhite Style1792 1804 Directoire inkl Consulat 1790 18301790 1806 Regency Style kunftiger Georg IV Sheraton1805 1815 Empire 1804 1815 Empire1815 1830 48 Restauration 1815 1848 Biedermeier 1815 1830 Restauration1830 1852 Louis Philippe 1830 1850 Early Victorian1850 1910 Historismus Eklektizismus 1850 1910 Altdeutscher Stil 1852 1870 Second Empire Napoleon III 1850 1875 High Victorian1880 Moderne 1896 1897 1903 1920 Jugendstil Osterr Secession Wiener Werkstatte nach 1914 vom Expressionismus beeinflusst 1895 1900 Art Nouveau Style Metro Ecole de Nancy 1870 19201890 1910 Arts and CraftsGlasgow School1920 1940 Art deco 1920 1940 Art decoAb Mitte des 19 Jahrhunderts beginnt die Internationalisierung der Kunststile und im gesamten europaisch nordamerikanischen Raum wie auch in den durch die Kolonisierung kulturell verbundenen Weltregionen finden sich stilahnliche Mobel Zum andern fliessen aber auch vermehrt Stilelemente aussereuropaischer Hochkulturen und ethnischer Stile ein Hier datiert man meist seit dem Ersten Weltkrieg mit 1920er 1930er 1940er 1950er und 1960er Seit Mitte des 20 Jahrhunderts wird auch das Mobel in seiner stilistischen Gestaltung zunehmend von globalerer Formensprache bestimmt Die sich zumindest im urbanen Raum weltweit annahernden Wohngewohnheiten lassen ahnliche formale Losungen entstehen Dieser eklektizistische Stilmix ist kennzeichnend fur die Postmoderne nbsp Um 1720 wurde diese Kommode im hofischen Stil des Rokoko in Paris gefertigt Intarsien feuervergoldete Beschlage und Montierungen dienten als Vorbild fur aufgemalte Verzierungen von BauernmobelnBauernmobel Bearbeiten nbsp Hirschbacher Bauernmobel im Muhlviertler Schlossmuseum in FreistadtBauernmobel ist eine Sammelbezeichnung fur die Stilsprache landlicher Regionen die teils uber mehrere Generationen hinweg unverandert bleibt Ihre Formgebung lehnt sich oft etwas zeitversetzt an die jeweilige Stilepoche an Gotische barocke oder klassizistische Formen werden in Suddeutschland und dem Alpenraum meist mit Bauernmalerei versehen in anderen Regionen aus sichtbar belassenen Hartholzern hergestellt Dabei entwickelten die einzelnen Regionen Stilelemente die heute die Herkunft eines Bauernmobels erkennen lassen Die Verzogerung in der Stilentwicklung konnte einige Jahrzehnte umfassen Noch Anfang des 19 Jahrhunderts entstanden in landlichen Gebieten Mobel in barocken Formen wahrend sich in den Stadten bereits das Biedermeier durchgesetzt hatte Der spatere Entstehungszeitpunkt ist dann nur an Details etwa der Bemalung oder an den Beschlagen erkennbar da diese von anderen Handwerkern gefertigt wurden Die Produktion erfolgte in kleinen Familienbetrieben In Suddeutschland und der Alpenregion wurden die Mobel ausschliesslich aus Nadelholzern gefertigt Um diesen Umstand zu kaschieren wurden sie reich bemalt Prachtige Ornamente Marmorierungstechnik und Scheinintarsien wurden aufgemalt Besonders prunkvolle Exemplare sind zusatzlich mit Vergoldungen bzw Versilberungen verziert die luxurios eingerichtete Innenraume von Schlossern Kirchen und Klostern zum Vorbild hatten Insbesondere in dieser aufwendigen Art verzierte Schranke wurden haufig von Brauteltern aus dem wohlhabenden bauerlichen Bereich erworben Mit Aussteuertextilien gefullt wurden sie prestigetrachtig auf den Brautwagen mit geoffneten Turen durchs Dorf gezogen und so zur Schau gestellt Solche anlasslich einer Hochzeit beschaffte Mobel sind oft mit den Namen der Brautleute und dem Jahr der Hochzeit versehen Jenseits des landlichen Raums dienten Bauernmobel auch in grosseren Stadten wie Munchen zur Ausstattung der Kammern von Dienstboten Zu Beginn des 19 Jahrhunderts erreichte diese Art der Mobelproduktion ihren Hohepunkt In Oberbayern entwickelte sich auf Betreiben des bayerischen Konigs Maximilian II insbesondere in der Gegend um Bad Tolz eine Herstellung in grossen Stuckzahlen Als sogenannte Tolzer Waaren wurden sie uber die Isar per Floss bis nach Linz Wien und Budapest verschifft In anderen Regionen beispielsweise in der Pfalz oder der Eifel aber auch in grossen Teilen Norddeutschlands verwendete man dagegen meist Hartholz vornehmlich Eiche aber auch Nussbaum oder Kirschbaum Bemalungen waren hier unublich Manche dieser Mobel wurden auch mit Schnitzereien und Intarsien verziert Ahnlich wie bei den Suddeutschen Mobeln ist es auch hier fur den Kenner moglich die regionale Herkunft eines Stuckes an bestimmten Besonderheiten zu erkennen Die Anzahl der Mobeltypen ist im bauerlichen Bereich grundsatzlich geringer als bei stadtischem Mobiliar Hauptsachlich findet man Schranke und Truhen Betten Tische Stuhle und Banke in manchen Regionen waren auch Standuhren beliebt ebenfalls anzutreffen sind in einigen Gegenden Einbaumobel die einen festen Bestandteil des Hauses darstellten und oft mit Wandvertafelungen verbunden waren Bauernmobel wie Truhen Kasten Tische Banke und Betten sind heute begehrte Sammlerobjekte Sie zu besitzen galt bereits in der Zeit um 1900 bei Kunstlern wie Gabriele Munter und Wassili Kandinsky als schick und wurde von Architekten wie Gabriel von Seidl propagiert Der Heimatstil steht in diesem Zusammenhang Andererseits begann in dieser Zeit die industrielle Fertigung von Mobeln und erreichte auch die landlichen Haushalte Die seit Generationen weitervererbten Bauernmobel galten nun als altmodisch und wurden auf Dachboden oder in Scheunen abgestellt Der Antiquitatenhandel begann zudem das Interesse von Sammlern zu befriedigen und diese Mobel aufzukaufen Gleichzeitig entstanden die ersten Heimatmuseum die neben Trachten und bauerlichen Geraten auch Bauernmobel sammelten Wahrend des Dritten Reiches wurde bauerliches Kulturgut ideologisch ausgeschlachtet und gerne als volkisch instrumentalisiert In der Zeit des Zweiten Weltkrieges und der unmittelbaren Nachkriegsjahre wurden oftmals alte Bauernmobel eher aus der Not heraus weiterbenutzt da viele Menschen ihr Hab und Gut eingebusst hatten und neue Mobel nicht erhaltlich waren Manche Bauernmobel wurden mit steigendem Wohlstand auch durch Anstriche Entfernen von Ornamenten oder Bekleben mit glatten Sperrholzplatten modernisiert Andere Stucke fanden auf Dachboden oder in Schuppen eine untergeordnete Zweitverwendung zur Aufbewahrung von Werkzeug o A In den 1960er 70er und 80er Jahren wiederholte sich die rege Nachfrage von Sammlern nach alten Stucken In dieser Zeit wurden viele Bauernmobel im grossen Stil von fahrenden Handlern aufgekauft da man auf dem Land nun endgultig nicht mehr viel fur sie ubrig hatte und sich durch das Wirtschaftswunder wohlhabend geworden lieber neue Mobelstucke anschaffte wie man sie aus Katalogen oder der Fernsehwerbung kannte In der Stadt dagegen zahlten Sammler sehr hohe Preise fur die alten Stucke und wollten sie als Reprasentationsobjekte erwerben Von ihnen wurden viele Mobel nicht mehr im ursprunglichen Sinne genutzt sondern in die modernen stadtischen Wohnungen integriert z B wurden Kleiderschranke die ihren Platz traditionell in der Schlafstube hatten im Wohnzimmer aufgestellt Truhen dienten zum Aufstellen des Fernsehers usw Viele originale und kulturhistorisch wertvolle Bemalungen fielen damals diesem allgemeinen Antiquitatenboom zum Opfer Die Bemalung wurde nicht restauriert sondern abgebeizt um das verdeckte Holz sichtbar zu machen oder weil man zu ihrer fachgerechten Wiederherstellung nicht in der Lage war Ausser an evtl noch sichtbaren Resten der Bemalung kann man solche Mobel an Kittstellen grob geflickten Holzfehlern und ahnlichen Spuren erkennen die ursprunglich durch die Bemalung verdeckt waren Die abgebeizten und meist ubermassig stark restaurierten Mobel wurden bereits in den 1970er Jahren teilweise von geubten Kunsthandwerkern mit neuen Malereien unterschiedlicher Qualitat und oft nicht passenden Motiven neu gefasst um einen hoheren Wiederverkaufswert zu erzielen Dabei sind die allermeisten Stucke mit Patinierungen und manchmal mit fiktiven Jahreszahlen versehen worden was den Eindruck eines wurdevoll gealterten historischen Mobels hervorrufen sollte Auch Mobel aus Hartholzern die ursprunglich nicht bemalt waren fielen haufig unsachgemassen Restaurierungen zum Opfer Auch Umbauten gehoren dazu beispielsweise wurden Beine von Tischen abgesagt um einen niedrigen Couchtisch zu erhalten alte Betten wurden zu Banken umgebaut usw Durch die grosse Nachfrage kam es insgesamt auch sonst zu fragwurdigen Praktiken etwa wurden aus alten Mobel Einzelteilen neue Stucke zusammengefugt haufig auch unter Verwendung von anderen Objekten aus altem Holz etwa Zimmerturen Wandvertafelungen oder Bodendielen Solche Marriagen wurden und werden leider nicht immer als solche deklariert sondern aus Unwissenheit oder auch bewusst als vermeintliche Originale angeboten Allerdings ist die Grenze zwischen einer legitimen Restaurierung bzw Erganzung eines alten Stuckes und dem lediglich aus altem Material neu gebauten Objekt fliessend und nicht immer leicht nachzuweisen Mit der Wende wiederholte sich kurzfristig der Antiquitatenboom Viele Bewohner aus den bisherigen Einflussbereichen der UdSSR wollten nun am westlichen Lebensstil teilhaben und verkauften ihre Antiquitaten zu gunstigen Preisen Heute werden holzrohe Nachbauten als bauerlich empfunden und als Landhausstil angeboten Dazu gehoren auch Mobeltypen wie z B Fernsehschranke CD Regale Einbaukuchen usw die es fruher in dieser Form nicht gab Keine Bauernmobel im eigentlichen Sinn sind die ebenfalls haufig abgebeizten bereits industriell hergestellten Weichholzmobel der Grunderzeit Sie besitzen keine regionalen Merkmale mehr sondern wurden als Industrieprodukte in ganz Deutschland sowohl auf dem Land wie in der Stadt verkauft Generell sind die Preise fur originale Bauernmobel in den letzten Jahren eher gesunken abgesehen von besonders schonen und gut erhaltenen Stucken Da zudem viele wahrend der Antiquitatenwelle in den 1960er bis 80er Jahren entstandene Sammlungen aus Altersgrunden von ihren Besitzern oder deren Erben derzeit aufgelost werden ist das Angebot verhaltnismassig gross Typischerweise klassifiziert man Bauernmobel nach Zentren der Nebenerwerbstischlerei etwa Bunder Stil der Ostschweiz Antholzer Mobel in Sudtirol die sehr wertvollen grunen Tirolermobel Alpbacher und Zillertaler Bauernkasten oder die oft blaugrundigen oberbayrischen Mobel In diesem Kontext ist auch der Shakerstil Amerikas zu sehen der als autochthone Stilentwicklung auf die Wurzeln europaischer Einwanderer zuruckgeht Neuaufgelegt oft in Kombination mit Rattan und Eisen erfahren Bauernmobel wahrend der Corona Krise eine Art Revival Im Sinne des Cocooning der gelebten Gemutlichkeit findet man rustikale Mobel wieder vermehrt in modernen Einrichtungen Siehe auch BearbeitenStilmobel Stilkunde Raumausstatter EinrichtungsberaterLiteratur BearbeitenAllgemein Bearbeiten Renate Dolz Mobelstilkunde Schone Mobel und Einrichtungsgegenstande aus Mittelalter Renaissance Barock Rokoko Empire Biedermeier und Jugendstil 11 Auflage Heyne Munchen 1976 ISBN 3 453 41012 2 Bauernmobel Bearbeiten Monatsschrift des Historischen Vereins Oberbayern 1898 Franz Zell Bauernmobel aus dem Bayerischen Hochland Keller Frankfurt am Main 1899 Bernward Deneke Bauernmobel Ein Handbuch fur Sammler und Liebhaber Keyser Munchen 1979 ISBN 3 87405 010 6 Barbel Kleindorfer Marx Volkskunst als Stil Entwurfe von Franz Zell fur die Chamer Mobelfabrik Schoyerer Roderer Regensburg 1996 ISBN 3 89073 909 1 Frankreich Bearbeiten Lydia L Dewiel Franzosische Mobel 2 Auflage Heyne Munchen 1983 ISBN 3 453 41262 1 Christophe Renault Christophe Laze Les styles de l architecture et du mobilier Gisserot Paris 2006 ISBN 2 87747 465 8 Francine Thieffry de Witte Le mobilier des chateaux de la Renaissance a l Empire Ouest France Rennes 1999 ISBN 2 7373 2411 4 Weblinks BearbeitenStilkunde Mobel tischlereivalta com mit Beispielen Lexikon und Zeitleiste Sogenannter Thron Dagoberts I BnF Paris Frankreich Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mobelstil amp oldid 236639165