www.wikidata.de-de.nina.az
Lisa Fittko geboren als Elizabeth Ekstein 23 August 1909 in Ungvar Komitat Ung Osterreich Ungarn 12 Marz 2005 in Chicago Illinois Vereinigte Staaten war eine osterreichische Widerstandskampferin gegen die nationalsozialistische Diktatur in Deutschland und im Zweiten Weltkrieg Fluchthelferin uber die Pyrenaen zwischen Frankreich und Spanien Sie kam als Tochter des Ignaz Isak Ekstein und der Julie Schalek als zweites Kind ihrer Eltern zur Welt ihr alterer Bruder hiess Hans Ekstein 1908 1984 1 Bekannt wurde sie ab 1985 als Schriftstellerin durch ihre autobiografischen Veroffentlichungen uber die Zeit des Zweiten Weltkrieges Besonders die erste Mein Weg uber die Pyrenaen Erinnerungen 1940 41 Hanser Munchen 1985 wurde haufig besprochen und in viele Sprachen ubersetzt Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Gedenken 3 Ehrungen 4 Werke 5 Literatur 6 Filme 7 Weblinks 8 AnmerkungenLeben BearbeitenLisa Ekstein wuchs in Budapest und in Wien auf wo ihr Vater Ignaz Isak Ekstein ein judischer Journalist seit 1916 Mitherausgeber spater Eigentumer der linksstehenden kulturpolitischen Zeitschrift Die Waage war fur die er unter dem Pseudonym E K Stein wichtige Beitrage verfasste Zu den Autoren des Blattes gehorten Israel Zangwill Olive Schreiner und Oskar Baum Ihre Mutter Julie Teriko Ekstein war die Schwester der Wiener Malerin Malva Schalek Im Jahre 1922 zog die Familie nach Berlin Hier war Lisa Ekstein Mitglied im Sozialistischen Schulerbund und im Kommunistischen Jugendverband Deutschlands Wegen Teilnahme an illegalen Demonstrationen von Abschiebung bedroht heiratete sie 1932 den Kommunisten Gabriel Gabo Lewin und erhielt dadurch die deutsche Staatsburgerschaft Kurz nach Hitlers Amtsantritt wurde ihr der deutsche Pass von der Polizei wieder abgenommen Sie verlor ihre Stellung bei einer Berliner Bank und musste im Untergrund leben Ihre Eltern verliessen Deutschland im Marz 1933 und begaben sich zunachst in die Tschechoslowakei wo sie Verwandte hatten Lisa Ekstein folgte ihnen im April nachdem sie wegen Herstellung und Verbreitung antinazistischer Flugblatter denunziert worden war Sie floh zunachst nach Leitmeritz dann nach Prag wo sie sich dem Kreis um Wieland Herzfelde und John Heartfield anschloss Anfang 1934 lernte sie ihren spateren Ehemann Hans Fittko kennen einen ebenfalls aus Berlin kommenden politischen Fluchtling und Journalisten der im deutsch tschechischen Grenzgebiet als Fluchthelfer tatig war und illegale politische Schriften nach Deutschland schmuggelte Da er aus der Tschechoslowakei ausgewiesen wurde liessen sie sich zum Schein durch einen Rabbiner trauen und gingen im Herbst 1934 gemeinsam nach Basel wo Fittko unter dem Decknamen Stephan als Leiter der Grenzstelle der KPD eingesetzt wurde Von dort gingen sie Anfang 1936 nach Amsterdam wo sie ihre Arbeit fur die KPD fortsetzten 1938 fluchteten sie nach Paris wo sich bereits die Eltern und der Bruder von Lisa Fittko aufhielten 1940 war sie als unerwunschte Auslanderin im Camp de Gurs interniert Nachdem ihr die Flucht aus dem Lager gelungen war lebte sie in Marseille sowie in der Nahe des Kustenortes Banyuls am Fusse der Pyrenaen wo ihr der dortige Burgermeister Vincent Azema falsche Papiere ausstellte 2 Mit Hans Fittko organisierte sie in Zusammenarbeit mit der Fluchthilfeorganisation Emergency Rescue Committee und dessen Reprasentanten in Marseille Varian M Fry die Flucht von Menschen die durch die deutsche Besatzung und das Vichy Regime bedroht waren Diesen Abschnitt ihres Lebens beschrieb sie in dem Werk Mein Weg uber die Pyrenaen Mit der Fuhrung von Walter Benjamin im September 1940 uber die Grenze nach Spanien begann ihre Tatigkeit als Fluchthelferin In Benjamins Begleitung befanden sich die aus Aachen stammende Fotografin Henny Gurland geb Meyer und deren Sohn Joseph Jose Gurland Spater fuhrte sie noch viele weitere Menschen uber die Pyrenaen z B den Journalisten und Herausgeber des Pariser Tageblatt s Georg Bernhard die Witwe des sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten Otto Wels oder den sozialistischen Historiker Henry M Pachter Eine umfassende Wurdigung ihrer politischen Arbeit steht noch aus da sie fast nur als Fluchthelferin Walter Benjamins erinnert wird 1941 gelang ihr die eigene Flucht nach Kuba wo sie in Havanna an einer Ausbildungsstatte fur judische Fluchtlinge arbeitete Aus dieser Zeit stammen verschiedene grosstenteils unveroffentlichte Kurzgeschichten Zu ihrem Freundeskreis in Havanna gehorten unter anderem Fritz Lamm und Emma Kann die hier ebenfalls im Exil lebten 3 1948 siedelte Lisa Fittko mit ihrem Mann Hans den sie inzwischen offiziell geheiratet hatte in die USA nach Chicago uber wo sie als Fremdsprachenkorrespondentin und Angestellte der University of Chicago arbeitete und die amerikanische Staatsburgerschaft erlangte Politisch engagierte sie sich in der amerikanischen Friedensbewegung Hans Fittko starb 1960 er wurde 2000 mit der Yad Vashem Medaille und der Ehrenurkunde fur die Gerechten unter den Volkern ausgezeichnet Lisa Fittko nahm diese Auszeichnungen stellvertretend fur ihn in Israel entgegen 4 Sie starb 2005 in Chicago Gedenken BearbeitenAn der Stelle wo der durch die Fittkos zur Fluchthilfe verwendete Fluchtweg in Banyuls sur Mer auf der franzosischen Grenzseite beginnt wurde fur Hans und Lisa Fittko im Januar 2001 eine Gedenkstatte errichtet Diese erinnert daran dass sie unter Lebensgefahr vielen von den Nazis verfolgten Menschen die Flucht nach Spanien ermoglichten Am Fusse dieser Gedenkstatte beginnt ein Wanderweg auf dem man in etwa sechs Stunden den alten Fluchtweg nachgehen kann die ehemals nach den Fittkos benannte F Route von Banyuls uber Cerbere in das spanische Portbou Seit dem 24 Juni 2007 ist dieser Weg offiziell Chemin Walter Benjamin benannt und als historischer Wanderweg markiert 5 6 7 Diesen Weg beschritt Walter Benjamin unter dramatischen Umstanden auf der Flucht vor den Nationalsozialisten am 25 und 26 September 1940 Die spanischen Behorden liessen den Fluchtenden wegen eines neuen Dekrets nicht einreisen sondern wollten ihn zuruck nach Frankreich schicken worauf sich Benjamin in der Nacht vom 26 auf den 27 September 1940 im Hotel Francia de Portbou das Leben nahm um seiner Auslieferung zu entgehen Daran erinnert die in Portbou errichtete begehbare Landschaftsskulptur Passagen des israelischen Kunstlers Dani Karavan Auch befindet sich auf dem Friedhof von Portbou ein Gedenkstein zur Erinnerung an Walter Benjamin Musikalisch wie szenisch wurde Benjamins Tod in der Oper Shadowtime von Charles Bernstein Libretto und Brian Ferneyhough Komposition verarbeitet Die Historikerin Catherine Stodolsky war eine Nichte von Lisa Fittko und hat mit ihren Veroffentlichungen uber ihre Tante und uber die Malerin Malva Schalek die ebenfalls ihre Tante war viel zur Sichtbarkeit beider beigetragen 8 Uber die Fittkos wurden mehrere Dokumentarfilme gedreht darunter 1998 Doch wir sagten wir wir ergeben uns nicht In ihrem 2012 erschienenen mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichneten Werk Landgericht 9 setzte die Schriftstellerin Ursula Krechel dem Ehepaar Hans und Lisa Fittko ein literarisches Denkmal Ehrungen Bearbeiten1986 wurde Lisa Fittko mit dem Bundesverdienstkreuz 1 Klasse ausgezeichnet 10 1999 rief der Burgermeister von Chicago am 30 August den Lisa Fittko Tag anlasslich Fittkos 90 Geburtstag aus 4 Werke BearbeitenMein Weg uber die Pyrenaen Erinnerungen 1940 41 dtv Munchen 1989 ISBN 3 423 62189 3 Solidaritat unerwunscht Meine Flucht durch Europa Erinnerungen 1933 1940 Carl Hanser Verlag Munchen 1992 ISBN 3 446 15188 5 Interviews Brian Britt mit Lisa Fittko The Aura of Benjamin s Death Als Appendix in Brian Britt Walter Benjamin amp the Bible Continuum New York 1996 Hanne und Hubert Eckart mit Lisa Fittko Meine Biographie liegt in der Weltgeschichte Abacus Medien 2006 Horbuch 3 CDs Literatur BearbeitenSiglinde Bolbecher Konstantin Kaiser Hrsg Lisa Fittko In Lexikon der osterreichischen Exilliteratur Deuticke Verlagsgesellschaft Wien amp Munchen 2000 S 198 199 ISBN 3 216 30548 1 Hans Jorgen Gerlach Der Engel der Geschichte Zum Tod der Widerstandskampferin Lisa Fittko In Zwischenwelt Zeitschrift fur Kultur des Exils und des Widerstands 22 Jg Nr 1 2 Wien August 2005 S 7 9 ISSN 1606 4321 Stiftung Judisches Museum Berlin und Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland Hrsg Heimat und Exil Emigration der deutschen Juden nach 1933 Katalog zur gleichnamigen Ausstellung im Judischen Museum Berlin Judischer Verlag im Suhrkamp Verlag Frankfurt M 2006 ISBN 3 633 54222 1 Ursula Krechel Landgericht Jung und Jung Salzburg Wien 2012 ISBN 978 3 99027 024 0 Filme BearbeitenDas letzte Visum Passage unbekannt Varian Fry und das Emergency Rescue Committee Karin Alles Hessischer Rundfunk 1987 Doch wir sagten wir wir ergeben uns nicht Constanze Zahn 1998 4 Erlebte Geschichten mit Lisa Fittko Tanja Busse WDR 2003 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Lisa Fittko im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Lisa Fittko In John M Spalek Konrad Feilchenfeldt Sandra H Hawrylchak Hrsg Deutschsprachige Exilliteratur seit 1933 Band 3 USA Teil 2 Saur Verlag Bern Munchen 2001 S 115 129 lrz muenchen de Interview mit Lisa Fittko in Englisch 8 Stunden USC Shoah Foundation Hans Fittko Yad Vashem Ehrung als Righteous Among the Nations Lisa Fittko Chicago 2000 O Ton Collage mit Erinnerungen von Lisa Fittko realisiert von Michael Farin und Katrin Seybold Podcast des Bayerischen Rundfunks mp3 Datei 37 6 MB Nachlass Lisa und Hans Fittko im Deutschen Exilarchiv der Deutschen Nationalbibliothek Interview von Harald Freiherr von Troschke mit Lisa Fittko aus dem Jahr 1984 veroffentlicht auf troschke archiv de Die Schaleks Zwischen den Fronten Kurzfilm von Ralf Pasch Zur Wanderausstellung Die Schaleks eine mitteleuropaische Familie Lisa Fittko in der Deutschen BiographieAnmerkungen Bearbeiten https gw geneanet org pfdm lang en amp n schalek amp oc 0 amp p julie abgerufen am 19 Juli 2020 Gesten der Menschlichkeit Wahrend des Zweiten Weltkriegs betreuten in Sudfrankreich viele Helfer die Fluchtlinge In Neue Zurcher Zeitung 27 Oktober 2018 nzz ch Ursula Krechel Landgericht S 305 ff a b c Catherine Stodolsky LISA FITTKO Abgerufen am 9 April 2023 Claudia Diemar Passagen in die Freiheit Der Chemin Walter Benjamin erinnert an die Flucht des Philosophen uber die Pyrenaen vor genau siebzig Jahren Nicht mehr online verfugbar In Berliner Zeitung berliner zeitung de 4 September 2010 archiviert vom Original am 14 August 2014 abgerufen am 13 August 2014 Chemin Walter Benjamin der F Weg uebersmeer at 19 Mai 2012 abgerufen am 13 August 2014 Die Webseite historia viva net zum Walter Benjamin Weg bietet eine multimediale App an s Beschreibung der App die die Bedeutung von Lisa Fittko fur die Flucht vor dem Nationalsozialismus erlautert und sie selbst zu Wort kommen lasst abgerufen 11 Dezember 2015 Redaktion Catherine Stodolsky Prabook abgerufen am 9 April 2023 englisch Ursula Krechel Landgericht 2012 Wolfgang Stenke Vor 15 Jahren Widerstandskampferin Lisa Fittko gestorben Deutschland Funk Kultur 12 Marz 2020 abgerufen am 9 April 2023 Normdaten Person GND 118800035 lobid OGND AKS LCCN n85381458 VIAF 46780127 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Fittko LisaALTERNATIVNAMEN Ekstein Elizabeth Geburtsname KURZBESCHREIBUNG osterreichische Schriftstellerin und Widerstandskampferin im Zweiten WeltkriegGEBURTSDATUM 23 August 1909GEBURTSORT Ungvar Osterreich UngarnSTERBEDATUM 12 Marz 2005STERBEORT Chicago Illinois Vereinigte Staaten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Lisa Fittko amp oldid 237533048