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Emma Kann 25 Mai 1914 in Frankfurt am Main 19 Januar 2009 in Konstanz war eine deutsche Lyrikerin und Essayistin Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Uber das Schreiben 3 Werke 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenKann wuchs in Frankfurt am Main auf Sie stammte aus einem liberalen judischen Elternhaus ohne enge religiose Bindungen und bezeichnete sich noch im hohen Alter als eher okumenisch orientiert 1 Aufgrund ihrer judischen Religionszugehorigkeit wurde ihr 1933 die Aufnahme eines Studiums verweigert was sie zur Auswanderung nach England veranlasste 1 Ihr erstes Gedicht uberhaupt das 1933 verfasste Heimatlos reflektiert das Erlebnis Deutschland verlassen zu mussen 2 Emma Kann lebte zweieinhalb Jahre in England zunachst als Au pair Schulerin spater als Sprachlehrerin und gelegentlich als Haushaltshilfe Ende 1935 besuchte sie ihre Schwester in Holland bevor sie im Fruhjahr 1936 nach Belgien ging in Antwerpen lebte und dort als Sekretarin arbeitete Von hier aus versuchte sie zu Weihnachten 1936 noch einmal ihre Mutter und ihre Grossmutter in Frankfurt zu besuchen Obwohl sie noch immer einen gultigen deutschen Reisepass besass wurde ihr an der belgisch deutschen Grenze die Einreise nach Deutschland verweigert 1937 wurde ihr Pass endgultig nicht mehr verlangert und 1938 erschien ihr Name auf einer im Deutschen Reichsanzeiger veroffentlichten Liste der ausgeburgerten Personen 3 Sie besass zwischenzeitlich einen belgischen Staatenlosenpass nbsp Passfoto um 1939 4 Als im Mai 1940 die deutsche Armee in das neutrale Belgien eindrang konnte Emma Kann am 12 Mai 1940 uber Brussel nach Frankreich fliehen Der Zug den sie ab Brussel nehmen konnte fuhr jedoch nicht wie erhofft nach Paris sondern endete in einem kleinen Dorf bei Toulouse Mit einigen Tagen Verzogerung gelangte sie anschliessend von hier aus ins Lager Gurs Emma Kann die in Gurs in einer Baracke untergebracht war in der zur selben Zeit auch Adrienne Thomas und Hannah Arendt vorubergehend lebten empfand die Lagerverhaltnisse zwar als primitiv attestierte aber den franzosischen Wachmannschaften und der Lagerverwaltung ein korrektes Verhalten 5 Als Alleinstehende erlebte sie das Lagerleben wesentlich entspannter als die meisten anderen Internierten oder als die etwa einen Monat spater dort internierte Lisa Fittko der Emma Kann erstmals in Kuba begegnete 6 Emma Kann konnte das Lager Gurs nach kurzer Zeit verlassen bevor sich nach dem Waffenstillstand zwischen Deutschland und Frankreich die Situation im Lager drastisch veranderte und hierher viele Juden aus Sudwestdeutschland deportiert wurden fur die Gurs dann oft zur Zwischenstation vor den Vernichtungslagern im Osten des Deutschen Reiches wurde Sie lebte noch bis 1942 in Frankreich und emigrierte dann uber Casablanca nach Kuba In Havanna fand sie als Lehrerin fur Englisch Beschaftigung und gehorte zu dem Kreis um Fritz Lamm und Hans und Lisa Fittko In diesem Zusammenhang widmete Ursula Krechel ihr ein kleines Portrat in ihrem Buch Landgericht 7 Wahrend ihrer Zeit in Kuba musste sie sich zweimal an den Augen operieren lassen was ihr nicht nur fur ein Jahr das Lesen nahezu unmoglich machte sondern ihr auch den Zugang zur spanisch lateinamerikanischen Literatur erschwerte 8 Mit Rucksicht auf ihre Schwester die das Konzentrationslager Bergen Belsen uberlebt hatte und eine Ruckkehr nach Deutschland nicht verstanden hatte ging Emma Kann nach dem Kriegsende 1945 von Kuba aus in die Vereinigten Staaten und lebte bis 1981 in New York Dort widmete sie sich aktiv dem Schreiben von Gedichten und belegte Kurse am Poetry Center Bis 1948 schrieb sie weiterhin auf Deutsch bevor sie ab 1950 auf Englisch zu schreiben begann Mitte der sechziger Jahre musste sie vorubergehend das Schreiben einstellen da sie immer weniger sehen konnte Ab Ende der sechziger Jahre diktierte sie ihre Gedichte auf Kassettenrekorder nachdem sie 1969 vollig erblindet war 9 Bis zu ihrer Erblindung rezensierte sie fur die zeitweilig von Ernst Erich Noth herausgegebenen Zeitschrift Books Abroad der University of Oklahoma deutsche Literatur vor allem Gedichtbande was ihr vor allem die Moglichkeit bot mit der deutschen Sprache und Literatur in Kontakt zu bleiben 9 Emma Kann die wahrend ihrer New Yorker Zeit gelegentlich wieder Deutschland besuchte und nach ihrer Erblindung ihre Sommer zunachst in Osterreich und in der Schweiz verbrachte kehrte 1981 endgultig nach Deutschland zuruck Ausschlaggebend dafur war eine Nichte von ihr die bereits in Konstanz lebte und sie zur Ubersiedelung drangte aber auch der Wunsch wieder auf Deutsch zu schreiben 8 Sie lebte bis zu ihrem Tod im Jahr 2009 in Konstanz 1991 hatte sie damit begonnen ihren Vorlass an das Deutsche Exilarchiv 1933 1945 der Deutschen Nationalbibliothek zu ubergeben wo heute ihr Nachlass verwahrt wird Uber das Schreiben BearbeitenEmma Kann wurde von ihrer Mutter die das Lehrerinnenseminar in Heidelberg besucht hatte fruh mit Literatur bekanntgemacht Kontinuierlich zu schreiben begann sie jedoch erst 1933 Das Gedicht Heimatlos ist ihr erstes Gedicht und reflektiert wie viele andere auch ihre Erfahrungen in der Fremde und den Verlust der Heimat Dennoch hat die Fremde fur Emma Kann nicht nur mit Verlust und Entsagung zu tun Stets ist ihr auch eine intensive Lebenslust zu eigen selbst inmitten von Trauer und Tod Aussern Bedrohungen setzt sie ein trotziges Beharren auf der Lust am eigenen Ich und seinem Leben seiner eigenen Logik seinem Eigen Sinn entgegen 10 Noch in ihren 1995 erschienenen Erinnerungen an das Lager Gurs 45 Jahre spater also betont sie immer wieder die Freundlichkeit der Menschen die ihr auf ihrer Flucht durch Frankreich begegnet sind Ihre Weiterreise von Gurs nach Marseille benutzte sie eher touristisch orientiert als sich auf der Flucht befindend nicht nur fur einen Besuch von Lourdes sondern liess sich auch von der Schonheit der franzosischen Landschaft am Rande der Pyrenaen beeindrucken 11 So ist es wenig verwunderlich dass Ursula Krechel aus Emma Kanns Zeit in Kuba einzig ein Pyrenaen Gedicht von ihr erwahnt in dem sie die Schonheit und Freiheit dieser Landschaft feiert 12 Ihr sei eine Freude an der Sprache an der Sinnlichkeit jeder Erfahrung und an der Schonheit der Landschaft zu eigen Daraus resultiert auch ein durchaus positiv gestimmter Ruckblick auf die Zeit in der Fremde den Emma Kann in ihrem Gedicht Entfernungen so beschreibt Auf funf Inseln meines Lebens liess ich Gesichter zuruck die ich liebte 13 Diese funf Inseln sind die funf Lebensstationen ausserhalb Deutschlands in der Zeit zwischen 1933 und 1981 England Belgien Frankreich Kuba USA 14 Nachdem Emma Kann 1950 in New York damit begonnen hatte in englischer Sprache zu schreiben behielt sie das bei bis zu ihrer Ruckkehr nach Deutschland im Jahre 1981 Sie reflektierte auch aufgrund ihrer Rezensionen fur Book Abroad die Veranderungen der deutschen Sprache wahrend der Zeit in der sie selbst die englische gebrauchte weshalb ihr das Schreiben in der deutschen Sprache nach ihrer Ruckkehr 1981 nicht schwergefallen sei 9 Auch ihre Erblindung habe keinen wesentlichen Einfluss auf ihr Schreiben gehabt das dadurch ja zum Sprechen auf einen Rekorder nicht zum Diktat geworden sei Sie habe haufig einen bildhaften Ausgangspunkt fur ihr Schreiben gewahlt sei immer schon vom Visuellen ausgegangen von einer Vorstellung oder Erinnerung 9 Das ist offenbar das was auch Ursula Krechel stark an ihr beeindruckt hat Fur Emma Kann ist ihr Schreiben der Versuch komplizierte Sachverhalte oder symbolische Bedeutungen in einer einfachen Sprache zum Ausdruck zu bringen Wichtig ist ihr Sprache verwendete Begriffe immer wieder in Zweifel zu ziehen um dann doch wieder zu einfachen Worten zuruckzufinden Das bedeutet auch Worte Begriffe die ihr aus ihrer Jugend vertraut sind stets vor dem Hintergrund der zwischen 1933 und 1981 verstrichenen Zeit zu reflektieren und trotzdem die fur sie essentielle Bedeutung einzelner Begriffe herauszuarbeiten und beizubehalten Religiositat im engeren Sinne ist ihr fremd Sie bekennt sich zu Spinoza und zu einer Form von Pantheismus der in ihren spateren Jahren auch unter dem Einfluss von Emmanuel Levinas stand Dazu kommen Einflusse von Martin Buber dessen Vorlesungen sie noch in ihrer Frankfurter Zeit gehort hat 15 Sich selbst sieht sie nicht in erster Linie als Judin ihre judische Herkunft ist fur sie nur insoweit von Bedeutung als sie Teil ihrer Erfahrungen ist die ihren Lebensweg ohne eigenes Dazutun beeinflusst haben 16 Schreiben in deutscher Sprache Schreiben als Versuch Kommunikation mit den Lesern herzustellen Neugierde auf neuste technisch naturwissenschaftliche Erkenntnisse die es gilt zu verstehen und in einer poetischen Sprache zu gestalten das Erlebte in Worte fassen und weitergeben Fur Emma Kann ist das Gedicht nur halb vom Schreibenden gemacht der Leser erst wird es kraft seiner Projektionen vervollstandigen 17 Werke BearbeitenIm weiten Raum Gedichte 1992 1996 Hartung Gorre Konstanz 1998 ISBN 3 89649 250 0 Meine Erinnerungen an das Lager Gurs In Exil XV 2 1995 S 25 28 Strom und Gegenstrom Gedichte Hartung Gorre Konstanz 1993 ISBN 3 89191 660 4 Im Anblick des Anderen Gedichte 1989 Hartung Gorre Konstanz 1990 ISBN 3 89191 315 X Zeitwechsel Gedichte 1981 1985 Hartung Gorre Konstanz 1987 ISBN 3 89191 109 2 Autobiographisches Mosaik 4 Literatur BearbeitenOttmar Ette In Emma Kanns Garten Vom Erlebens und Uberlebenswissen der Literatur Im memoriam Emma Kann 1914 2009 In Exil Nr 1 2009 S 87 95 Ottmar Ette Was uber die Zeit hinausgeht Interview mit der Lyrikerin Emma Kann In Exil VIII 1993 2 S 34 40 Ursula Krechel Landgericht Jung und Jung Salzburg Wien 2012 ISBN 978 3 99027 024 0 Lisa Fittko Mein Weg uber die Pyrenaen dtv Deutscher Taschenbuch Verlag Munchen 1989 ISBN 3 446 13948 6 Hans Riebsamen Ausstellung Fremd ist der Fremde nur in der Fremde In Frankfurter Allgemeine Zeitung faz net Emma Kanns Gedicht als Titel einer Ausstellung uber Exilliteratur Annika Maier Erinnerung an eine besondere Frau In Sudkurier 2014 Zum hundertsten Geburtstag von Emma Kann 1 Carola Hilmes Hg Emma Kann Autobiographisches Mosaik Betrachtungen und Erlebnisse Hentrich amp Hentrich Leipzig 2022 ISBN 978 3 95565 560 0 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Emma Kann im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Ottmar Ette Unterwegs zu Weltbewusstsein Emma Kanns Antwort auf Hans Kung Dokumente und eine Fotografie von Emma Kann Heimatlos Zur Geschichte des Lagers Gurs Die Deportation der badischen pfalzer und saarlandischen Juden in das Lager Gurs Pyrenaen amp Das Camp de Gurs Nachlass Emma Kann im Deutschen Exilarchiv der Deutschen NationalbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten a b Ottmar Ette Was uber die Zeit hinausgeht S 34 Ottmar Ette Was uber die Zeit hinausgeht S 35 Emma Kann Meine Erinnerungen an das Lager Gurs S 25 a b Nachlass Emma Kann im Deutschen Exilarchiv der Deutschen Nationalbibliothek Signatur EB 91 053 Emma Kann Meine Erinnerungen an das Lager Gurs S 26 Gurs Mai und Juni 1940 In Lisa Fittko Mein Weg uber die Pyrenaen S 26 ff Ursula Krechel Landgericht S 317 ff a b Ottmar Ette Was uber die Zeit hinausgeht S 38 a b c d Ottmar Ette Was uber die Zeit hinausgeht S 36 Ottmar Ette In Emma Kanns Garten S 89 90 Emma Kann Meine Erinnerungen an das Lager Gurs S 27 Ursula Krechel Landgericht S 318 Emma Kann Zeitwechsel Gedichte 1981 1985 S 26 Ottmar Ette Was uber die Zeit hinausgeht S 34 35 Ottmar Ette Was uber die Zeit hinausgeht S 37 ff Ottmar Ette Was uber die Zeit hinausgeht S 39 Ottmar Ette Was uber die Zeit hinausgeht S 39 40 Normdaten Person GND 116044519 lobid OGND AKS VIAF 15510045 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Kann EmmaKURZBESCHREIBUNG deutsche Lyrikerin und EssayistinGEBURTSDATUM 25 Mai 1914GEBURTSORT Frankfurt am MainSTERBEDATUM 19 Januar 2009STERBEORT Konstanz Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Emma Kann amp oldid 235241219