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La Ferrassie ist eine archaologische Fundstatte im Departement Dordogne in Frankreich und gehort zum Umkreis der Frankokantabrischen Hohlenkunst Unter dem Felsdach des Abris wurden Schichten mit Artefakten des Micoquien Mousterien Aurignacien und Gravettien gefunden Von grosser Bedeutung fur die Erforschung des Neandertalers ist insbesondere das sehr gut erhaltene Fossil La Ferrassie 1 das Skelett eines rund 50 Jahre alten Mannes der hier vor annahernd 50 000 Jahren bestattet wurde ferner Hinweise auf Begrabnisrituale Referenzprofil von La Ferrassie im Jahr 2005Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Lagebeschreibung 3 Stratigraphie 4 Funde 5 Geologie 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie Fundstatte wurde gegen Ausgang des 19 Jahrhunderts beim Ausbau der D 32 zufallig entdeckt Sie zog sehr schnell das Augenmerk von Liebhabern der Ur und Fruhgeschichte auf sich so beispielsweise Denis Peyrony der seit August 1896 hier zusammen mit Louis Capitan Grabungen unternahm Zwischen 1909 und 1921 stiess Peyrony auf mehrere Grabmaler mit Neandertalern Capitan erwarb dann 1923 die Fundstatte um sie spater dem franzosischen Staat zu vermachen Zur Verfeinerung der stratigraphischen Abfolge unterzog Henri Delporte La Ferrassie zwischen 1968 und 1973 einer minutiosen Nachuntersuchung Lagebeschreibung BearbeitenLa Ferrassie gehort zur Gemeinde Savignac de Miremont und liegt in einem kleinen rechtsseitigen Seitental des Vezere etwa 5 Kilometer nordlich von Le Bugue Die Statte weist drei verschiedene Fundplatze auf eine Hohle einen kleinen Abri und den grossen beruhmt gewordenen Abri Der grosse Abri ist nach Suden ausgerichtet und befindet sich direkt neben der D 32 Zu Beginn der Grabungen war der grosse Abri mit einer 10 Meter dicken Sedimentfolge vollkommen verfullt Gegen Ende der Arbeiten hatte Peyrony 100 Quadratmeter freigelegt und die Felswand erreicht Er liess fur spatere Untersuchungen zwei Referenzprofile stehen eines senkrecht und eines parallel zur Wand Stratigraphie Bearbeiten nbsp In einen Felsblock geritzte Vulva La FerrassieDie etwa 10 Meter machtige Abfolge enthalt Lagen aus dem Mittelpalaolithikum und dem Jungpalaolithikum Sie war von entscheidender Bedeutung fur die Definition der einzelnen Steinwerkzeugsindustrien des Jungpalaolithikums Chatelperronien Aurignacien und Gravettien Die an der Basis entdeckten Industrien wurden zur Typlokalitat fur das Mousterien des Ferrassie Typs einer Fazies des Mittelpalaolithikums charakterisiert durch relativ dunne Abschlage in Levalloistechnik zahlreiche Schaber und Spitzen relativ seltene gezahnte Klingen und das Fehlen von Faustkeilen In diesen Lagen des Mousteriens fanden sich die Neandertaler siehe unten Auf das Mousterien folgen einige Lagen die bereits dem Chatelperronien zugeschrieben werden uberdeckt von einem bedeutenden Niveau aus dem Aurignacien das wie folgt unterteilt werden kann von oben nach unten Aurignacien II rautenformige Pfeilspitzen gekrummte Bohrer und erstmaliges Auftreten von Ritzzeichnungen auf Steinblocken mit vorrangiger Darstellung weiblicher Geschlechtsorgane Aurignacien I Pfeilspitzen mit gespaltener Basis kielformige Kratzer und abgeschnurte Klingen Aurignacien 0 Gekront wird die Abfolge von mehreren Lagen aus dem Gravettien Funde Bearbeiten nbsp Schadel des Neandertalers La Ferrassie 1Ursprunglich sieben Skelette von Neandertalern 1 Mann 1 Frau 4 Kinder und ein Fotus in der Schicht des Mousterien bilden das prahistorische Geprage dieses Platzes da sie die altesten Neandertalerbestattungen in Europa darstellen Die Erwachsenen ein rund 50 Jahre alter Mann aus der Epoche vor 54 000 bis 40 000 Jahren 1 und eine 25 bis 35 Jahre alte Frau lagen in Ost West orientierten Graben Kopf an Kopf am Westende Etwas weiter rechts lagen ein etwa zehnjahriges Kind sowie ein Fotus und ein vielleicht 15 Tage altes Neugeborenes ebenfalls in Graben beigesetzt Am Vorderrand der Grotte befanden sich drei leere Graben dahinter acht Tumuli Unter einem dieser Hugel war ein etwa sieben Monate altes Kleinkind begraben Im rechten Teil des Abris wurden sechs grosse Vertiefungen entdeckt in einer befanden sich die Uberreste eines dreijahrigen Kindes Den Schadel dieses Kindes hatte man abgetrennt unter einer Steinplatte mit Schalchen deponiert Er gilt daher als altester Schalenstein 2 und moglicher Beleg fur Menschenopfer bei den Neandertalern Henri Delporte schliesslich brachte wahrend seiner Arbeiten hinter den Erdhugeln noch ein weiteres zweijahriges Kleinkind ans Tageslicht Neben den Skelettfunden wurden ferner die bereits angesprochenen Gravierungen sowie Reste von Malereien entdeckt Im oberen Teil der Schichtenfolge stiess man dann auf kulturelle Hinterlassenschaften und Menschenreste des Cro Magnon Menschen Die Stratigraphie von La Ferrassie war daher gleichsam bedeutend fur die Stufengliederung des Aurignacien 1979 wurde im Bereich der Fundstatte La Roche a Pierrot bei Saint Cesaire in Westfrankreich der Bestattungsfund eines Neandertalers Saint Cesaire 1 gemacht mit aus Muscheln hergestellten Perlen als Beigabe Bereits langer bekannte Bestattungen samtlich unter Abris stammen von La Chapelle aux Saints Le Moustier und Le Regourdou Geologie BearbeitenDie sedimentare Abfolge in La Ferrassie lieferte neue Hinweise fur die in Sudwestfrankreich wahrend des Ausgangs des Marinen Isotopenstadium MIS3 und des Beginns von MIS2 herrschenden kontinentalen Umweltbedingungen Es lassen sich zyklische Sedimentfolgen unterbrochen von Bodenhorizonten erkennen die moglicherweise Dansgaard Oeschger Klimazyklen zuzuordnen sind Generell verlieren die Bodenhorizonte zum Hangenden an Machtigkeit dafur gewinnen anorganische Sedimentation und Frostphanomene zusehends an Bedeutung Zwischen 38 129 und 32 322 Jahren v Chr 35 000 bis 30 000 Radiokohlenstoffjahre entstanden im Liegenden Cambisole die mit bedeutenden Tonverwitterungsprozessen und Dekalzifizierung zu assoziieren sind Die Cambisole werden dann im Zeitraum 32 322 bis 30 524 v Chr 30 000 bis 28 000 Radiokohlenstoffjahre durch einfache karbonatreiche Humuslagen abgelost Zu Beginn von MIS2 um 25 600 v Chr kommt es zu einem fundamentalen Wechsel in der Hangschuttbildung die vormaligen Schuttakkumulationen verursacht durch eine intensive Lessivierung aufgrund von Schneefall weichen jetzt mit Steinschutt umgurteten Solifluktionsloben wie sie fur halbwustenartige periglaziale Bedingungen bezeichnend sind 3 Literatur BearbeitenDenis Peyrony La Ferrassie Mousterien Perigordien Aurignacien In Prehistoire 1934 S 1 143 Le grand abri de la Ferrassie Fouilles 1968 1973 In Henri Delporte u a Hrsg Etudes quaternaires Geologie paleontologie prehistoire 7 Laboratoire de paleontologie humaine et de prehistoire Paris 1984 ISBN 2 85399 034 6 B Maureille Les premieres sepultures Le Pommier Cite des sciences et de l industrie 2004 ISBN 2 7465 0203 8 Michael M Rind Menschenopfer Vom Kult der Grausamkeit 2 Auflage In Kultur und Geschichte Universitats Verlag Regensburg 1998 ISBN 3 930480 64 6 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons La Ferrassie Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Asier Gomez Olivencia et al La Ferrassie 1 New perspectives on a classic Neandertal In Journal of Human Evolution Band 117 2018 S 13 32 doi 10 1016 j jhevol 2017 12 004 New technology reveals secrets of famous Neandertal skeleton La Ferrassie 1 Auf eurekalert org vom 27 Marz 2018 Karl Luckan Wanderungen in die Vorzeit Kultstatten Felsbilder und Opfersteine in Osterreich Jugend amp Volk Wien 1989 ISBN 3 224 17605 9 S 64 P Bertran u a Continental palaeoenvironments during MIS 2 and 3 in southwestern France the La Ferrassie rockshelter record In Quaternary Science Reviews Band 27 21 22 2008 S 2048 2063 44 951805555556 0 93805555555556 Koordinaten 44 57 6 5 N 0 56 17 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title La Ferrassie amp oldid 225469141