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Kontrolle ist die Uberwachung oder Uberprufung eines Sachverhalts oder einer Person und somit ein Mittel zur Herrschaft oder Gewalt uber jemanden oder etwas 1 Eine andere herrschafts und gewaltfreie Definition von Kontrolle findet sich beispielsweise im betriebswirtschaftlichen Controlling oder in der handlungspsychologischen Kontrolle siehe unten eines Individuums uber sein eigenes Leben Inhaltsverzeichnis 1 Etymologie 2 Kontrolle aus kognitionspsychologischer Sicht 2 1 Kontrolluberzeugung 2 2 Attributionstheorie 2 2 1 Erlernte Hilflosigkeit 2 2 2 Attributeinteilung beim Menschen 3 Kontrolle aus handlungspsychologischer Sicht 4 Kontrolle aus wirtschaftssoziologischer Sicht 5 Weblinks 6 Siehe auch 7 EinzelnachweiseEtymologie BearbeitenEtymologisch stammt das Wort von franzosisch controle in alterer Schreibweise contrerolle zu franzosisch contre gegen und franzosisch role Rolle Register das ursprunglich ein Gegenregister zur Nachprufung von Angaben eines Originalregisters bezeichnete Gotthold Ephraim Lessing ubernahm das franzosische Wort ersichtlich erstmals im Jahre 1767 als er davon sprach dass Voltaire mit seiner historischen Kontrolle ganz unleidlich sei 2 Das Wort kam in seiner heutigen Bedeutung erst im 19 Jahrhundert in Gebrauch Kontrolle aus kognitionspsychologischer Sicht BearbeitenKontrolluberzeugung Bearbeiten Als Julian Rotter mit seinem Locus of Control 1966 erstmals den Kontrollbegriff in die Psychologie einfuhrte ging es ihm darum eine Skala einzufuhren an deren positivem Pol sich die Leistungsmotivation internal Locus of Control und an deren negativem Pol sich die soziale Fremdgesteuertheit external Locus of Control befand 3 Wenn ein bekraftigendes Ereignis reinforcement von einer Person wahrgenommen wird als Folge des eigenen Handelns jedoch nicht als vollstandig von dem eigenen Handeln abhangig wird dies in unserer Kultur ublicherweise wahrgenommen als das Ergebnis von Gluck Zufall Schicksal oder als unter der Kontrolle machtiger anderer Personen stehend oder als unvorhersehbar wegen der grossen Komplexitat der Einflusse aus der Umgebung Wenn das Ergebnis von einem Individuum in dieser Weise interpretiert wird bezeichnet Rotter dies als eine externe Kontroll Meinung belief in external control Wenn die Person das Ereignis als abhangig vom eigenen Handeln oder abhangig von personlichen relativ uberdauernden Charaktermerkmalen wahrnimmt bezeichnet Rotter dies als interne Kontroll Meinung belief in internal control Rotter nimmt an dass diese Variable von hoher Bedeutung fur das Verstandnis von Lernprozessen in unterschiedlichen Lernsituationen ist und dass es grundlegende Unterschiede zwischen Individuen gibt die sich auf das Ausmass ihrer Bereitschaft beziehen Belohnungen als unter der eigenen Kontrolle stehend zu erleben auch wenn die Situation die gleiche ist Nach Rotter kommt es darauf an ob das Individuum meint oder glaubt belief externale oder internale Kontrolle zu haben Sein Locus of Control entfaltete eine bis heute andauernde machtige Wirkung Attributionstheorie Bearbeiten Bernard Weiner griff diese Kontrolltheorie 1971 auf und differenzierte die Attribuierung der Kontrolle in Richtung personlicher Erfolg Besonders gunstige emotionale Konsequenzen z B Stolz haben Individuen die Misserfolge external z B Zufall Umstande und Erfolge internal z B Ausdauer Fahigkeit attribuieren weil dies negative selbstwertbezogene Affekte verhindere Ein solches Attributionsmuster fuhrt zu hohen positiven und zu geringen negativen Anreizen fur Leistungshandeln und sollte das Individuum dazu bewegen leistungsbezogene Tatigkeiten aufzunehmen 4 Weiterhin differenziert Weiner die beiden Stufen der Attribuierung von Leistungsmotivation auf der ersten Stufe der externalen Misserfolgsattribution sei es ungunstig den Misserfolg stabil hingegen gunstig ihn variabel zu attribuieren wahrend auf der zweiten Stufe der internalen Erfolgsattribution genau das Umgekehrte gilt es ist also dort ungunstig den Erfolg variabel und gunstig den Erfolg stabil internal zu attribuieren Erlernte Hilflosigkeit Bearbeiten Bereits ein Jahr nach dem Locus of Control 1967 leistete Martin Seligman mit der erlernten Hilflosigkeit einen indirekten aber ausserst folgenreichen Beitrag zur Kontrolltheorie Hilflosigkeit ist nach Seligman der psychische Zustand der haufig hervorgerufen wird wenn Ereignisse unkontrollierbar sind Die entscheidenden noch vom behavioristischen Denken gepragten Begriffe sind willentliche Reaktionen voluntary response und Unabhangigkeit von Reaktion und Konsequenz response outcome independence 5 Damit wird Kontrolle als das Gegenteil von erlernter Hilflosigkeit definiert Attributeinteilung beim Menschen Bearbeiten Da Seligman seine Forschungsergebnisse an Hunden gewann die beispielsweise mit der Schnauze Stromstosse je nach Versuchsbedingung abschalten konnten oder auch nicht veranderten Abramson Seligman und Teasdale 1978 die Theorie unter der Massgabe ihrer besseren Anwendbarkeit beim Menschen Das Ergebnis ist ein attributionstheoretischer Ansatz bei dem eine Differenzierung nach universeller versus personlicher allgemeiner versus spezifischer und chronischer versus vorubergehender Hilflosigkeit vorgenommen wird Universell hilflos mache beispielsweise die unheilbare Leukamie seines Kindes einen Vater der vergeblich alle Hebel in Bewegung setze das Leben seines Kindes zu retten und von anderen retten zu lassen der Vater glaube der Krankheitsverlauf sei vollig unabhangig von all seinen und auch den Bemuhungen anderer Personlich hilflos mache beispielsweise der ausbleibende Lernerfolg einen Schuler der all seine Hausaufgaben mache den prufungsrelevanten Stoff pauke und einen Nachhilfelehrer engagiere und trotzdem in allen Prufungen durchfalle Dieser Schuler gelange zur Uberzeugung er sei eben dumm und gebe auf die Prufungen bestehen zu wollen Diese Situation gilt den Autoren als unkontrollierbar insofern als die Person zunachst glaubte es wurden Handlungsalternativen zum Status quo existieren die bei konsequenter Durchfuhrung einen Prufungserfolg ermoglichen wurden auch wenn er sie derzeit noch nicht praktiziere aber sie dann glaubt unabhangig von jeglicher Willensanstrengung die sie unternehme konne sie die Wahrscheinlichkeit guter Noten durch ihre Bemuhungen dennoch nicht steigern Allgemein hilflos mache beispielsweise ein breites Spektrum von Situationen beispielsweise ein Prufungsversagen in allen wichtigen Schulfachern oder Panikstorungen wohingegen wenn dies nur in einem eng abgrenzbaren Bereich beispielsweise ein Prufungsversagen in einem wichtigen Schulfach oder eine Agoraphobie auftrete dieses Verhalten als spezifisch unkontrollierbar gelte Chronisch hilflos sei beispielsweise eine depressive Person wenn sie von jahrelanger Hilflosigkeit gezeichnet sei wahrend als vorubergehend unkontrollierbar ein kurz anhaltender beispielsweise minutenlanger und auch nicht immer wiederkehrender depressiver Zustand gelte 6 Indem jeweils einem hilflosmachenden Zustand 1 ein eher kontrollierbarer Zustand 2 universell personlich unkontrollierbar allgemein spezifisch unkontrollierbar und chronisch vorubergehend unkontrollierbar zur Seite gestellt wird vermenschlichen die Autoren die Kontrolltheorie und machen sie damit padagogisch klinisch und entwicklungspsychologisch anwendbar Kontrolle aus handlungspsychologischer Sicht BearbeitenBei Rainer Oesterreich ruckt der Kontrollbegriff 1981 erstmals ins Zentrum einer psychologischen Theorie Die Konzeption von Seligman fuhre zu unplausiblen Folgerungen nach denen eine Person uber Kontrolle verfuge obwohl dem gesunden Menschenverstand folgend die Situation das genaue Gegenteil offenbare Die 1 Situation soll verdeutlichen dass in einer angemessenen Definition von Kontrolle die Zielgerichtetheit des Handelns einer Person berucksichtigt werden muss die 2 Situation dass zusatzlich die Kenntnisse einer Person die Oesterreich Kontrollkompetenz nennt zu beachten sind In Situation 1 sind alle Ereignisse abhangig von den Handlungen einer Person alle moglichen Ereignisse sind jedoch unerwunscht oder beenden gar die Existenz der Person Ein Flugzeug hat uber dem Atlantik die Orientierung verloren Als der Pilot seine geographische Lage wieder ermittelt hat stellt er fest dass kein Festland geschweige denn ein Flugplatz nahe genug ist um mit dem verbliebenen Treibstoffvorrat erreichbar zu sein lediglich eine felsige Insel auf der das Flugzeug zerschellen wurde Der Pilot hat Handlungsalternativen mit verschiedenen Konsequenzen die ihm auch alle bekannt sind Im Konzept von Seligman verfugt der Pilot daher uber Kontrolle nicht aber nach Oesterreich Der Fehler liege darin dass von dem Handlungsziel des Subjektes Pilot abstrahiert wird im Beispiel von seinem Ziel das Flugzeug sicher zu landen In Situation 2 sind Ereignisse ebenfalls abhangig von den Handlungen einer Person die Person weiss jedoch nicht in welcher Weise Eine Person die noch nie ein Flugzeug gesteuert hat wird in einem Sportflugzeug mitgenommen Der Pilot erleidet wahrend des Fluges einen Herzinfarkt die Person muss die Steuerung des Flugzeugs ubernehmen Dieser Person stehen eine Reihe von Handlungen Betatigungen bestimmter Hebel usw zur Verfugung die alle unter Umstanden sogar sehr deutliche Ergebnisse haben die Person weiss nur nicht welche Im Konzept von Seligman verfugt auch diese Person uber Kontrolle wieder aber nicht nach Oesterreich weil es ihr an Kontrollkompetenz mangelt Das Oesterreichsche Konzept der Kontrolle im Handeln betrifft das Verhaltnis zwischen einem zielgerichtet Handelnden und Ereignissen in einer objektiven Situation in der der Handelnde handelt Kontrolle bezieht sich darauf in welchem Mass das vom Handelnden zielgerichtet angestrebte Ereignis von seinen Handlungen abhangig oder unabhangig ist Der Handelnde verfugt uber eine Kontrollkompetenz die bestimmt ist durch seine Kenntnisse uber die Abhangigkeit des angestrebten Ereignisses von den eigenen Handlungen 7 Indem Oesterreich Wirkwahrscheinlichkeiten in sein mathematisches Modell des Handlungsfeldes einfuhrt widerspricht er der kognitionspsychologischen Annahme dass im Handlungsfeld jene Strukturen abgebildet seien die sich im Kopf des Handelnden befanden vielmehr bilde sein Modell des Handlungsfeldes objektive Strukturen ab d h ein Netz von moglichen Handlungen Konsequenzen und Wirkwahrscheinlichkeiten die dem Handelnden unabhangig von seinen Kenntnissen und Meinungen gegeben sind Sein mathematisches Modell des Handlungsfeldes soll also Strukturen abbilden die der optimal Handelnde berucksichtigen musste wenn er Handlungsmoglichkeiten antizipiert und seinen Handlungsweg plant also sein Handlungsprogramm entwirft In Abhangigkeit von den interindividuell unterschiedlichen Handlungsfertigkeiten gibt es unterschiedliche Wirkwahrscheinlichkeiten der Handlungen D h es kann z B sein dass eine Handlung bei einer entsprechend geschickten Person mit einer Wirkwahrscheinlichkeit von 1 eine bestimmte Konsequenz erreicht wahrend fur eine ganzlich ungeschickte Person dagegen die Wirkwahrscheinlichkeit 0 ist Damit konnen sich bei gleichen materiellen Grundlagen eines Handlungsfeldes fur verschiedene Handelnde verschiedene Strukturen des Handlungsfeldes ergeben 8 Oesterreich nimmt an dass Wirkwahrscheinlichkeiten von Handlungen zum grossen Teil in der Form von Gefuhlen wirksam sind 8 Das Oesterreichsche Motivationskonzept ist ebenfalls um den Kontrollbegriff zentriert indem er ein anthropologisches Kontrollstreben annimmt gemass dem um des zukunftigen Handelns willen gehandelt wird also zielgerecht gehandelt werde um auch in Zukunft weiterhin zielgerecht handeln zu konnen Das Kontrollstreben bestehe in dem Streben nach Erhaltung und Ausweitung der Kontrolle und Kontrollkompetenz die Dietrich Dorner in eine epistemische und eine heuristische Kontrollkompetenz differenziert und damit den zentralen Unterschied zwischen der Kontrolle des Vorhandenen einerseits und des Neuen andrerseits bestimmt 9 Da auch eine Erhohung der Handlungsfertigkeit die Kontrolle erhoht bezieht sich das Kontrollstreben auch auf den Erwerb von Handlungsfertigkeit In seiner allgemeinsten Form versteht Oesterreich unter Kontrolle die Regulierbarkeit von Handlungsbereichen und unter Kontrollkompetenz die Angemessenheit der inneren Reprasentation von Handlungsbereichen Oesterreich nimmt an dass Menschen sich von Anfang an auf der Basis des in ihnen angelegten Kontrollstrebens regulieren ohne sich zu dieser Strategie aufgrund kultureller Pragungen oder normativer Erwagungen bewusst entschlossen zu haben 10 Kontrolle aus wirtschaftssoziologischer Sicht BearbeitenIn der Wirtschaftssoziologie werden verschiedene Formen der Kontrolle unterschieden z B die formelle und die informelle Kontrolle letztere im Englischen als clan control bezeichnet Die formelle Kontrolle ist durch das Aufstellen und Uberwachen von explizit vorgegebenen Regeln und Prozeduren Leistungsuntersuchungen von Mitarbeitern und von Sanktionen gekennzeichnet Dadurch wird das Verhalten der Mitarbeiter direkt durch die Organisation und ihre Strukturen gelenkt Wird das auf die Arbeit bezogene Verhalten und das Ergebnis nicht durch die Organisation spezifiziert sondern von deren Mitgliedern selbst generiert spricht man von informeller Kontrolle Gemeinsam geteilte Werte Uberzeugungen und Zielsetzungen werden dann auch von den Mitarbeitern selbst kontrolliert wobei angemessenes Verhalten verstarkt und belohnt wird Informelle Kontrolle bzw clan control fuhrt laut den Wissenschaftlern T K Das und B Teng zu hoherem interpersonalen Respekt und weniger Misstrauen zwischen den Mitgliedern einer Organisation als formelle Kontrolle 11 12 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikiquote Kontrolle Zitate nbsp Wiktionary Kontrolle Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenSiehe auch BearbeitenControlEinzelnachweise Bearbeiten Duden Stichwort Kontrolle Gotthold Ephraim Lessing Franz Bornmuller Hamburgische Dramaturgie 1767 1769 Nachtragliches 1884 S 140 J B Rotter Generalised expectancies for internal vs external control of reinforcement In Psychological Monographes 80 1966 S 300 ff J Schultz Gambard Angewandte Sozialpsychologie Munchen Psychologie Verlags Union 1987 S 325 Martin E P Seligman Erlernte Hilflosigkeit Urban und Schwarzenberg Munchen 1983 S 8 f L Y Abramson M E P Seligman und J D Teasdale Critique and Reformulation In Journal of Abnormal Psychology 87 1978 S 49 74 Rainer Oesterreich Handlungsregulation und Kontrolle Munchen Urban amp Schwarzenberg 1981 S 24 ff a b Rainer Oesterreich Handlungsregulation und Kontrolle Munchen Urban amp Schwarzenberg 1981 S 44 Dietrich Dorner et al Hrsg Lohhausen Vom Umgang mit Unbestimmtheit und Komplexitat Huber Bern 1983 Rainer Oesterreich Handlungsregulation und Kontrolle Munchen Urban amp Schwarzenberg 1981 S 210 f T K Das B Teng Between trust and control Developing confidence in partner cooperation in alliance In Academy of Management 1998 Rev 23 3 S 491 515 V Perrone A Zaheer B McEvily Free to Be Trusted Organizational Constraints on Trust in Boundary Spanners In Organization Science 2003 Band 14 Nr 4 S 422 439 ff Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kontrolle amp oldid 218711332