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Eine Kohlebogenlampe kurz auch Bogenlampe genannt ist eine elektrische Lichtquelle mit einem in Luft brennenden Lichtbogen zwischen zwei Elektroden aus Graphit Es war die erste elektrische Lampe die uber langere Zeitraume helles Licht abgeben konnte und somit die erste in Serie produzierte elektrische Lampe Die Elektroden einer Bogenlampe im Betrieb Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Aufbau und Funktionsweise 2 1 Nachstellen der Kohlen 3 Anwendung 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Bogenlampen Nachstellmechanismus nach Staite und Petrie nbsp Ein Kohlebogenscheinwerfer bei Filmaufnahmen 1964Die erste Kohlenbogenlampe wurde von dem Briten Humphry Davy um 1802 entwickelt Die Elektroden waren horizontal ausgerichtet und der sich bildende Lichtbogen wurde durch die aufsteigende heisse Luft nach oben hin gebogen Auf dieser Beobachtung basiert die Bezeichnung Lichtbogen und die im englischen ubliche Bezeichnung arc lamp 1 Da Anfang des 19 Jahrhunderts noch keine leistungsfahigen elektrischen Generatoren verfugbar waren und der Abbrand der Kohlestabe nur einen kurzen Betrieb im Bereich weniger Minuten erlaubte blieb die Kohlenbogenlampe in den folgenden Jahrzehnten ohne wesentliche praktische Bedeutung Wird die Lampe mit Wechselstrom betrieben so brennen beide Kohlen gleichmassig ab Bei Betrieb mit Gleichstrom erfolgt jedoch der Abbrand der positiven Kohle etwa doppelt so schnell wie derjenige der negativen zum Ausgleich wies die positive Kohle ublicherweise den doppelten Querschnitt auf 2 In den 1840er Jahren entwickelten William Edwards Staite und William Petrie eine Reihe von verbesserten Bogenlampen Unter anderem wurde der Abbrand der Kohleelektroden durch eine mechanische Konstruktion welche den Kohlestab kontinuierlich nachschob kompensiert Damit konnte die Betriebsdauer von nur wenigen Minuten durch entsprechend lange Kohlestabe deutlich gesteigert werden Um die Nachschiebung zu erleichtern wurden die Elektroden in vertikaler Richtung montiert Wegen des komplexen Aufbaus der Nachfuhrung beschrankte sich der praktische Einsatz auf wenige Installationen in England 3 Die erste kommerziell erfolgreiche Kohlebogenlampe die Jablotschkowsche Kerze wurde von dem Russen Pawel Jablotschkow entwickelt Die Lampe war so ausgefuhrt dass die komplizierte Mechanik zur Nachfuhrung der Kohleelektroden entfiel Jablotschkow verwendete fur die Stromversorgung einen damals neuartigen Generator von Gramme welcher gemeinsam mit der Bogenlampe auf der Weltausstellung Paris 1878 vorgestellt und von Zenobe Gramme vermarktet wurde 4 Am 1 Marz 1879 verwendete Werner Siemens ab 1888 von Siemens eine von ihm entwickelte elektrische Bogenlampe erstmals zum Zwecke der Strassenbeleuchtung an seinem Haus Bei dieser Differential Bogenlampe konnten die Kohlestabe zwischen denen der Lichtbogen brannte automatisch nachreguliert und mehrere Lampen an einen Generator angeschlossen werden 5 Die Stadt Berlin liess kurze Zeit spater im Zentrum an der Kreuzung Unter den Linden und Friedrichstrasse die Gasbeleuchtung durch Kohlebogenlampen ersetzen 6 Der neu errichtete Munchner Centralbahnhof erhielt 1879 eine damals neuartige Beleuchtungsanlage mit Differential Bogenlampen von Siemens amp Halske Er gilt somit als der erste elektrisch beleuchtete Bahnhof in Deutschland 7 In den folgenden Jahren ersetzten die helleren Kohlebogenlampen die Gaslampen an ausgewahlten Strassen wie zum Beispiel im Jahr 1882 am Potsdamer Platz und der Leipziger Strasse sowie im Jahr 1888 am Pariser Platz und Unter den Linden in Berlin 8 Mit der Entwicklung der Intensivflammenbogenlampen konnte die Helligkeit weiter gesteigert werden um zentrale Platze ausleuchten zu konnen Im Jahr 1905 wurden die Bogenlampen Kandelaber vom Potsdamer Platz mit einer Lichtpunkthohe von 18 m errichtet ahnlich hohe Kandelaber wurden am Brandenburger Tor aufgestellt 9 Im Auftrag der AEG entwarf Peter Behrens im Jahr 1907 die schlichte rein von der Funktion bestimmte Gestaltung der Sparbogenlampe die in den folgenden Jahren weiter entwickelt wurde 10 Heinrich Beck erfand 1906 die regelwerklose Bogenlampe was zur Grundung der Deutschen Beck Bogenlampengesellschaft in Frankfurt am Main fuhrte Nachdem sich Beck bereits 1909 aus dem operativen Geschaft zuruckgezogen hatte und sich seinen Anteil hatte auszahlen lassen gelang ihm 1912 im neu gegrundeten Physikalisch technischen Laboratorium in Meiningen die Konstruktion des seinerzeit leistungsstarksten Marine Scheinwerfers siehe auch Suchscheinwerfer Nachdem sich die deutsche Marine nicht zu einem Einsatz dieser Technologie hatte entschliessen konnen wurde der Beckscheinwerfer im August 1914 in New York im Beisein des Erfinders getestet Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs versuchte Heinrich Beck nach Deutschland zuruckzukehren wurde jedoch im Armelkanal von der Royal Navy gefangen genommen und bei Liverpool interniert Vor die Wahl gestellt entweder als Kriegsgefangener in Grossbritannien zu bleiben oder in die damals noch neutralen USA zuruckzukehren entschied er sich fur letzteres und verkaufte seine Patente schliesslich an General Electric GE nachdem entsprechende Verkaufsverhandlungen mit Sperry Gyroscope gescheitert waren Zwischen 1917 und 1919 musste er sich zusammen mit GE in einem aufwandigen Patentverletzungsprozess gegen ein offensichtliches Plagiat von Elmer Ambrose Sperry zu Wehr setzen das 1917 als angebliche Eigenentwicklung auf den Markt gekommen war Der GE Beckscheinwerfer wurde ab 1917 auf allen Kriegsschiffen der US Marine eingesetzt Aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrages war es nach dem Ersten Weltkrieg in Deutschland nur noch Siemens Schuckert und der AEG erlaubt Scheinwerfer herzustellen Das Institut in Meiningen wurde nach der Ruckkehr von Heinrich Beck und seiner Familie im Jahr 1921 in die AEG eingegliedert Dort arbeitete Heinrich Beck dann zusammen mit seinen beiden Sohnen bis zu seinem Tod 1937 an einer Verbesserung seiner Erfindung die schliesslich wahrend des Zweiten Weltkriegs als Flak Scheinwerfer zum Einsatz kam Der Beck oder Hochintensitat Kohlenbogen war weltweit die Lichtquelle in Kinoprojektoren bis in die 1960er Jahre hinein Die leuchtenden Farben von Technicolor hangen damit zusammen Aufbau und Funktionsweise Bearbeiten nbsp Abgebrannte kupferummantelte Kohlen aus der Lampe eines Kinofilmprojektors nbsp Nachgluhende Elektroden in einer Kohlebogenlampe eines FilmprojektorsIn einer Kohlebogenlampe befinden sich zwei stabformige justierbare Elektroden aus Graphit im ublichen Sprachgebrauch Kohlen genannt Hergestellt werden sie durch Sintern bei 1200 C aus Kohle und Bindemitteln Um den elektrischen Widerstand zu reduzieren und Warme von der Brennzone besser abzuleiten werden sie auch mit Metall beispielsweise Kupfer umhullt Gezundet wird die Kohlebogenlampe durch kurzzeitiges Zusammenfuhren der Elektroden Durch Widerstandsheizung in der kleinen Kontaktstelle und die hohe Feldstarke beim Trennen bildet sich ein Lichtbogen der die Elektroden auf etwa 3000 C erhitzt Bis in die 1920er Jahre gab es nur Reinkohlelampen bei denen die Elektroden den Grossteil des Lichtes liefern Das Plasma des Bogens ist zwar mit etwa 10 000 C viel heisser aber nahezu transparent Eine solche Kohlebogenlampe ist daher im Wesentlichen ein thermischer Strahler der ein leicht gelbliches Licht abgab Die Lichtausbeute und Farbtemperatur wurden mit der Entwicklung der Beck Kohlen deutlich erhoht Seltene Erden Yttrium Cer Fluorid u a entweder als Docht in der Mitte der positiven Kohle oder feinverteilt dem gesamten Elektrodenmaterial zugesetzt emittieren im Plasma sichtbares Licht Das dichte Linienspektrum besitzt ausserdem einen erheblichen Ultraviolettanteil Kohlebogenlampen lassen sich sowohl fur Gleichspannung als auch fur Wechselspannung auslegen Als Brennspannung genugen 25 bis 50 Volt so dass die Gerate in den damals ublichen 110 Volt Gleichstromnetzen verwendbar waren Die Spannungsdifferenz wird fur den notwendigen Vorwiderstand bei Wechselspannung eine Vorschaltdrossel benotigt Bei Gleichspannung brennt der Lichtbogen gleichmassiger allerdings brennen die Elektroden dann unterschiedlich schnell ab Elektronenbeschuss erzeugt auf der Anode positiven Elektrode einen Krater wahrend die positiven Ionen die Kathode kegelformig abtragen Die Anode heizt sich auch starker auf als die Kathode Wegen dieser erhohten Belastung ist sie oft massiver ausgefuhrt als die Kathode Fur grosstmogliche Helligkeit sollte die Anode im Brennpunkt des Reflektors der Lampe angeordnet sein Bogenlampen erfordern wie jede Entladungslampe eine Strombegrenzung Bei Gleichspannungsbetrieb wurde dies durch einen Widerstand und bei Wechselspannung durch eine Drossel realisiert Nachstellen der Kohlen Bearbeiten nbsp Schematische Darstellung einer Differential Bogenlampe nach Hefner Alteneck Im oberen Teil ist der Nachstellmechanismus zu erkennen Weil die Kohlen wahrend des Betriebs abbrennen ist das Nachschieben der beiden Kohlestifte erforderlich Ist dieses bei so genannter Reinkohle Kohlematerial mit relativ wenigen Beimischungen von die Leuchtkraft verstarkenden Salzen dem Bediener noch von Hand moglich etwa zweimal pro Minute muss bei Einsatz von so genannter Effektkohle Kohlematerial mit relativ hohen Anteilen leuchtkraftverstarkender Salze der Kohlevorschub automatisiert werden Ein Uhrwerk oder Schrittmotor bewegt die beiden Kohlestifte wahrend des Lampenbetriebs kontinuierlich aufeinander zu In FlaK Scheinwerfern wurde die automatische Nachstellung uber einen Bimetallschalter realisiert auf den mit einer Linse das Leuchtzentrum abgebildet wurde Bei fortschreitendem Abbrand aktivierte dieser einen Stellmotor Um eine gleichmassige Ausleuchtung der Kinobildwand zu erreichen muss der Vorfuhrer die genaue Brennlage wahrend der Vorfuhrung uberprufen und nachregeln Durch unterschiedliche Zugverhaltnisse des Abzugkamins der die entstehenden Rauchgase ins Freie leitet Sommer Winter konnen die Kohlen schief abbrennen was durch die Lageregelung der Achse der Minuskohle auszugleichen ist Ungleichmassig schneller Abbrand der Kohlestifte beispielsweise durch unterschiedliche Restfeuchte beim Lagern lasst den Kohleabstand bei kontinuierlicher Nachsteuerung grosser oder kleiner werden bzw den Pluskrater aus dem Spiegelbrennpunkt auswandern was ebenfalls von Hand nachgeregelt werden muss Zum Zunden des Lichtbogens fuhrt der Vorfuhrer die Kohlestifte per Handrad auf Beruhrung zusammen und wieder auseinander Nach 30 bis 60 Sekunden brennt der Kohlenbogen lichttechnisch stabil Anwendung BearbeitenKohlebogenlampen waren lange Zeit die intensivsten kunstlichen Lichtquellen mit elektrischen Leistungen uber 10 Kilowatt Sie wurden in Scheinwerfern zum Beispiel als Projektionslampen auch als Flak Scheinwerfer und Show Anwendungen Lichtdom in der Spektroskopie und der Mikroskopie insbesondere der Mikrophotographie eingesetzt Im Regelfall ist ein Warmeschutzfilter notwendig um die sehr intensive UV und Infrarotstrahlung zu reduzieren Die sehr kleine Lichtquelle der Elektrode hilft den bestmoglichen Abbildungsstrahlengang herzustellen siehe Kohlersche Beleuchtung Heutzutage werden Kohlebogenlampen in jeder Hinsicht von Xenon Gasentladungslampen ubertroffen die keinen Abbrand zeigen Kohlebogenlampen waren in vielen Stadten die erste elektrische Beleuchtung Die Leipziger Firma Korting amp Mathiesen entwickelte und produzierte ab 1889 Bogenlampen fur Strassen und Saalbeleuchtung bevor sie ab 1897 auch Bogenlampen Scheinwerfer baute Wegen des Abbrands der Elektroden und der dadurch notwendigen mechanischen Abstandsregulierung sind Kohlebogenlampen wartungsintensiv und werden trotz ihrer einfachen Konstruktion nur noch fur Sonderaufgaben eingesetzt Noch heute werden Kohlebogenlampen aufgrund ihrer optischen Eigenschaften beispielsweise in Experimentalvorlesungen zur Herstellung von Schattenprojektionen verwendet In der quantitativen Spektroskopie hat der Kohlebogen daruber hinaus lange Zeit fur einen grossen Wellenlangenbereich Infrarot bis Ultraviolett als Strahlungsstandard gedient Literatur BearbeitenJohannes Abele Die Lichtbogenlampe Deutsches Museum Munchen 1995 ISBN 3 924183 31 7 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Kohlebogenlampe Album mit Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten William Slingo Arthur Brooker Electrical Engineering for Electric Light Artisans Longmans Green and Co London 1900 S 607 OCLC 264936769 Otto Lueger Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften 2 Auflage Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart und Leipzig 1920 zeno org abgerufen am 4 November 2019 Lexikoneintrag Bogenlampen Ian McNeil An Encyclopedia of the History of Technology Routledge London 1990 ISBN 978 0 415 01306 2 S 360 365 David O Woddbury A Measure for Greatness Edward Weston McGraw Hill Book Company 1949 S 83 Online Siemens AG Pressebilder Meilensteine der Elektrotechnik in Bayern bis 1924 PDF Ruckblick Vor 130 Jahren Berlin elektrisch beleuchtet In Markische Allgemeine 28 Februar 2009 archiviert vom Original am 21 November 2009 abgerufen am 24 Juli 2014 Wilhelm Fussl Andrea Lucas Matthias Roschner Galerie der Schonheiten in Kultur amp Technik Zeitschrift des Deutschen Museums Munchen 4 2016 ISSN 0344 5690 Josef Stubben Der Stadtebau In Handbuch der Architektur 9 Halbband Darmstadt 1890 S 355 359 diglib tugraz at abgerufen am 31 Dezember 2019 Herbert Liman Mehr Licht Haude amp Spener Berlin 2000 ISBN 3 7759 0429 8 S 34 ff AEG Die kleine Chronologie PDF abgerufen am 9 Marz 2020 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kohlebogenlampe amp oldid 234739553