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Die Kirchner Viscacharatte Tympanoctomys kirchnerorum ist eine in Sudamerika lebende Nagetierart aus der Familie der Trugratten Octodontidae Sie ist nur von der Typuslokalitat im Departament Gastre in der sudargentinischen Provinz Chubut sowie durch holozane Fossilien von vier Orten am mittleren und unteren Rio Chubut bekannt Die Art wurde erst 2014 beschrieben und ist der zweite rezente Vertreter der Gattung Tympanoctomys Sie bewohnt wie ihre Schwesterart trockene Landschaften uber ihre Lebensweise ist aber nur wenig bekannt Der Bestand wird als bedroht angesehen Kirchner ViscacharatteSystematikUnterordnung Stachelschweinverwandte Hystricomorpha Teilordnung Hystricognathiohne Rang Meerschweinchenverwandte Caviomorpha Familie Trugratten Octodontidae Gattung TympanoctomysArt Kirchner ViscacharatteWissenschaftlicher NameTympanoctomys kirchnerorumTeta Pardinas Sauthier amp Gallardo 2014 Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 1 1 Habitus 1 2 Schadel und Gebissmerkmale 1 3 Genetik und Sonstiges 2 Lebensweise 3 Systematik 4 Entdeckungsgeschichte 5 Gefahrdung 6 Literatur 7 EinzelnachweiseMerkmale BearbeitenHabitus Bearbeiten Die Kirchner Viscacharatte hat eine ausserlich rattenahnliche Gestalt die Gesamtlange der Tiere betragt rund 22 2 bis 25 6 cm der Schwanz wird etwa 11 1 bis 11 4 cm lang das Gewicht liegt bei 50 bis 74 g Sie sind damit etwas kleiner als ihre Schwesterart die Rote Viscacharatte Tympanoctomys barrerae ihr Schwanz ist im Verhaltnis zur Kopf Rumpf Lange kurzer Das Fell zeigt auf dem Rucken eine gelblich braune Farbung die meisten Haare haben hier eine Lange von etwa 13 mm und besitzen eine graue Haarbasis und gelblich braune Spitzen Dazwischen stehen schwarzliche etwa 20 mm lange Haare Die Korperseiten sind heller Auf der Bauchseite an der Kehle und an den Vorder und Hinterbeinen dominiert eine cremefarbene bis weissliche Tonung die Haare werden hier nur rund 10 mm lang und sind teilweise an der Basis grau gefarbt an der Spitze dagegen cremefarben Das obere Kopfprofil ist gebogen die Ohren sind mit einer Lange von 14 bis 15 mm relativ kurz An der Basis der Ohren tritt ein Buschel rauer weisslicher Haare auf Die Kirchner Viscacharatte hat auf jeder Schnauzenseite etwa 30 Tasthaare darunter etwa 35 mm lange die eine schwarzliche Farbung aufweisen und etwa 60 mm lange die dicker und schwarzlich oder weisslich beziehungsweise an der Basis schwarzlich und an der Spitze weisslich sind Oberhalb der Augen treten auf jeder Seite zwei oder drei Tasthaare auf jeweils eines davon erreicht den ausseren Rand der Ohren Zudem kommen an den Wangen jeweils vier Tasthaare vor die jeweils bis zur Ohrbasis reichen Die fur Tympanoctomys typischen Borsten am Gaumen sind gut entwickelt und bestehen aus dicken weisslichen Haaren Der Schwanz ist zweifarbig gestaltet oberseits dunkler und unterseits heller er weist ein weniger dichtes Haarkleid auf als bei der Roten Viscacharatte Die letzten 2 5 cm sind vollstandig schwarzlich das am Ende ausgebildete pinselartige dunkle Haarbuschel ist nicht ganz so deutlich ausgepragt wie bei der Roten Viscacharatte Die Vorder und Hinterfusse zeigen auf der Ruckenseite ein weisslich gefarbtes kurzehaariges Fell vorn uberdecken langere Haare die gut entwickelten Krallen Die Lange des Hinterfusses variiert zwischen 29 und 33 mm 1 2 Schadel und Gebissmerkmale Bearbeiten Der Schadel ist breit gebaut und nahezu birnenformig in der Aufsicht Die Lange betragt 27 2 bis 34 2 mm die Breite zwischen den Jochbogen 16 7 bis 18 5 mm Wie auch bei der Roten Viscacharatte liegt die grosste Breite des Schadels aber am Hinterkopf hier misst er zwischen 17 3 und 20 8 mm Der breite Hirnschadel entsteht hauptsachlich durch die aufgeblahten Paukenblasen ein typisches Kennzeichen fur Arten die an Wustenklimate angepasst sind Die Paukenblasen nehmen mit jeweils 13 3 bis 17 6 mm Lange auch gut die Halfte der gesamten Schadellange ein Hier erreicht der Schadel mit bis zu 16 4 mm auch seine grosste Hohe Das Nasenbein ist kurz und auf der Oberflache glatt es lauft nach hinten hin spitz zu Das Stirnbein nimmt im hinteren Teil an Breite zu Das Gebiss setzt sich aus 20 Zahnen mit folgender Zahnformel zusammen 1 0 1 3 1 0 1 3 displaystyle frac 1 0 1 3 1 0 1 3 nbsp Die Schneidezahne sind breit gebaut jeweils uber 1 5 mm im Oberkiefer zeigen sie nach hinten orthodont Der Zahnschmelz besitzt eine orange Farbung Ein langes Diastema trennt die hintere Bezahnung vom jeweiligen Schneidezahn Die Backenzahne sind hochkronig und im Umriss 8 formig Dies trifft auch fur den dritten Molar im Unterkiefer zu wahrend dieser bei der Roten Viscacharatte und der ausgestorbenen Art Tympanoctomys cordubensis komma formig ist Die gesamte obere Zahnreihe wird zwischen 5 0 und 5 7 mm lang die untere ist nur wenig kurzer 1 2 Genetik und Sonstiges Bearbeiten Wie die Rote und die Goldene Viscacharatte Pipanacoctomys aureus besitzt auch die Kirchner Viscacharatte wahrscheinlich einen tetraploiden Chromosomensatz das heisst das Tier verfugt uber vier Chromosomensatze statt der ublichen zwei Das bewirkt auch dass die Spermien durchschnittlich grosser sind als bei anderen diploiden Saugetieren Sie haben einen paddelartigen etwas abgeschnittenen Kopf von 11 8 mm Lange und 9 6 mm Breite der Schwanz erreicht 55 5 mm Lange Die Rippe die das Akrosom vom restlichen Kopf trennt liegt bei Tympanoctomys kirchnerorum von der Kopfbasis aus gemessen bei 18 bis 22 der Kopflange und damit auffallend tiefer als bei der Roten Viscacharatte 3 1 2 Lebensweise BearbeitenUber die Lebensweise der Kirchner Viscacharatte ist bisher kaum etwas bekannt Das Verbreitungsgebiet der Art beschrankt sich auf das zentrale Patagonien wo sie Steppenlandschaften mit sandigem Untergrund und Badlands bewohnt Die durchschnittliche Jahrestemperatur liegt bei 8 bis 9 C der jahrliche Niederschlag bei 150 mm 3 Der Pflanzenbewuchs ist sparlich die Typuslokalitat ist mit Chuquiraga Bestanden aus der Gruppe der Korbblutler bewachsen in denen aber auch Prosopis Prosopidastrum und Schinus Gewachse vorkommen Die Kirchner Viscacharatte lebt teils unterirdisch die Baue besitzen charakteristische halbkreisformige Eingange von durchschnittlich 10 cm Hohe mit einem gebogenen Oberteil und flachem Boden Sie befinden sich haufig unter Gebuschen vorrangig von Melden die in Senken der Region vorkommen Einzelne Individuen der Art wurden in Gewollen von Eulen gefunden 1 Systematik BearbeitenDie Kirchner Viscacharatte ist eine Art aus der Gattung Tympanoctomys Dieser werden zwei weitere Arten zugewiesen von denen aber nur die Rote Viscacharatte Tympanoctomys barrerae noch rezent im zentral westlichen Argentinien rund 550 km nordlich des Auftretens von Tympanoctomys kirchnerorum vorkommt Tympanoctomys gehort zur Familie der Trugratten Octodontidae ihre nachsten Verwandten bilden die Goldene Viscacharatte Pipanacoctomys und die Viscacharatte Octomys Mit Hilfe von molekulargenetischen Untersuchungen konnten innerhalb von Tympanoctomys drei Linien ausgemacht werden Eine davon umfasst die Art Tympanoctomys kirchnerorum die sich im Unterpleistozan vor etwa 1 47 Millionen Jahren abspaltete Die beiden anderen Linien werden zur Roten Viscacharatte gestellt sie bildete sich offensichtlich vor rund 1 02 Millionen Jahren heraus 1 4 Entdeckungsgeschichte BearbeitenErste Hinweise auf einen neben der Roten Viscacharatte weiteren im Holozan vorkommenden Vertreter der Gattung Tympanoctomys in Patagonien erbrachten Anfang des 21 Jahrhunderts Ausgrabungen an Abris und Hohlen nahe dem Rio Chubut Dabei kamen zahlreiche Unterkieferfragmente zum Vorschein deren Alter radiometrisch auf eine Zeitspanne von 5400 Jahren vor heute bis zur fruhen Neuzeit datieren und die als Hinterlassenschaften von Eulen gedeutet werden Die Funde wurden der Roten Viscacharatte zugewiesen die Ergebnisse wurden im Jahr 2009 veroffentlicht 5 Ein Jahr zuvor im Marz 2008 konnte eine erste frei lebende Population ebenfalls am Rio Chubut bei Estancia La Porfia rund 20 km nordnordostlich von Los Adobes im Departamento Gastre der argentinischen Provinz Chubut beobachtet werden Dabei wurden drei Individuen ein Weibchen und zwei Mannchen gefangen und prapariert Die Publikation hierzu erschien ebenfalls im Jahr 2009 und brachte die Tiere mit der Roten Viscacharatte in Verbindung 3 Weitere Untersuchungen vor Ort fuhrten im Jahr 2014 zur Erstbeschreibung der neuen Art durch Pablo Teta und Forscherkollegen Als Holotyp gilt dabei eines der gefangenen Mannchen vom Marz 2008 Exemplarnummer CNP 1862 Der Artname kirchnerorum ehrt einerseits Nestor Kirchner der Prasident Argentiniens und im Jahr 2010 Generalsekretar der Union Sudamerikanischer Nationen war sowie seine Ehefrau Cristina Fernandez de Kirchner die ihrem Ehemann im Prasidentenamt nachfolgte Die Ehrung erfolgte da unter den Amtszeiten der Kirchners die Wissenschaften durch Budgeterhohungen Ruckholung von Wissenschaftlern aus dem Ausland und der Schaffung des Ministerio de Ciencia Tecnologia e Innovacion Productiva aktiv gefordert wurden 1 Gefahrdung BearbeitenDas bekannte Verbreitungsgebiet der Kirchner Viscacharatte ist sehr klein Nachweise von lebenden Tieren gab es bisher nur in einem Radius von 3 km um die Typuslokalitat der Erstbeobachtung Im mittleren und unteren Tal des Rio Chubut ist die Art hochstwahrscheinlich ausgestorben was moglicherweise mit der Einfuhrung der Schafzucht im Ubergang vom 19 zum 20 Jahrhundert in dieser Region und der damit verbundenen Ubergrasung und Verdichtung der Boden zusammenhangt Da im Verbreitungsgebiet zudem ein Uranabbau geplant ist wird der Bestand von Tympanoctomys kirchnerorum als bedroht angesehen 6 1 Literatur BearbeitenM Monica Diaz Ruben M Barquez und Diego H Verzi Genus Tympanoctomys Yepes 1942 In James L Patton Ulyses F J Pardinas und Guillermo D Elia Hrsg Mammals of South America Volume 2 Rodents University of Chicago Press 2015 S 1047 1048 Pablo Teta Ulyses F J Pardinas Daniel E Udrizar Sauthier und Milton H Gallardo A new species of the tetraploid vizcacha rat Tympanoctomys Caviomorpha Octodontidae from central Patagonia Argentina Journal of Mammalogy 95 1 2014 S 60 71 doi 10 1644 13 MAMM A 160Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g Pablo Teta Ulyses F J Pardinas Daniel E Udrizar Sauthier und Milton H Gallardo A new species of the tetraploid vizcacha rat Tympanoctomys Caviomorpha Octodontidae from central Patagonia Argentina Journal of Mammalogy 95 1 2014 S 60 71 a b c M Monica Diaz Ruben M Barquez und Diego H Verzi Genus Tympanoctomys Yepes 1942 In James L Patton Ulyses F J Pardinas und Guillermo D Elia Hrsg Mammals of South America Volume 2 Rodents University of Chicago Press 2015 S 1043 1048 a b c Milton H Gallardo Daniel E Udrizar Sauthier Agustina A Ojeda und Ulyses F J Pardinas Discovery of desert adapted Tympanoctomys barrerae in Central Patagonia Argentina Mammalia 73 2009 S 158 161 Milton H Gallardo Elkin Y Suarez Villota Jose J Nunez Rodrigo A Vargas Ronie Haro und Nelida Kohler Phylogenetic analysis and phylogeography of the tetraploid rodent Tympanoctomys barrerae Octodontidae insights on its origin and the impact of Quaternary climate changes on population dynamics Biological Journal of the Linnean Society 108 2013 S 453 469 doi 10 1111 j 1095 8312 2012 02016 x Daniel E Udrizar Sauthier Ulyses F J Pardinas und Eduardo P Tonni Tympanoctomys Mammalia Rodentia en el Holoceno de Patagonia Argentina Ameghiniana 46 2009 S 203 207 Ulyses F J Pardinas Daniel E Udrizar Sauthier und Pablo Teta Micromammal diversity loss in central eastern Patagonia over the last 400 years Journal of Arid Environments 85 2012 S 71 75 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kirchner Viscacharatte amp oldid 175324727