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Als Kammerknechtschaft lat servitudo Judaeorum bezeichnet man den im 12 Jahrhundert im Heiligen Romischen Reich ausgebildeten und im 13 Jahrhundert formalisierten Rechtsstatus der Juden die unter der besonderen Schutzgewalt des Konigs standen und dafur dem Konig ein Schutzgeld zahlten 1 Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Geschichte 3 Bewertung 4 Literatur 5 Weblinks 6 AnmerkungenInhalt BearbeitenDie Kammerknechtschaft als Rechtsstatus fur die im Heiligen Romischen Reich ansassigen Juden wurde erstmals von Kaiser Heinrich IV 1050 1106 im Landfrieden von 1103 verkundet 2 und ging zuruck auf das Wormser Privileg von 1090 In diesem Privileg hatte Heinrich IV den in Worms ansassigen Juden 1090 ihre Rechte verbrieft Mit dem Wormser Privileg war ein Rechtsstatut eine Sammlung von Rechtsnormen geschaffen worden die im Positiven wie im Negativen fur Jahrhunderte das Verhaltnis zwischen Juden und Christen pragen sollte und sich auf folgende Rechte erstreckte Schutz von Leben und Eigentum Freiheit der wirtschaftlichen Betatigung Freiheit der Religionsausubung Recht zur Beschaftigung christlichen Hauspersonals Autonomie der Judischen Gemeinde in innerjudischen Rechtsangelegenheiten Festlegung einer verbindlichen Verfahrensordnung fur Streitigkeiten zwischen Juden und Christen Geschichte BearbeitenFriedrich II 1194 1250 dehnte das Wormser Privileg im Jahre 1236 auf alle Juden seines Jurisdiktionsbereichs aus und fuhrte damit die Kammerknechtschaft als geldwerte Schutzpflicht fur alle im alten Reich ansassigen Juden ein 3 Friedrich II bezeichnete die Juden als Kammerknechte servi camerae nostri und verwendete damit den von der Kirche gepragten Ausdruck der Judenknechtschaft perpetua servitus iudaeorum der von Papst Innozenz III auf dem IV Laterankonzil 1215 gepragt und von Gregor IX 1234 im Liber Extra in das Kanonische Recht aufgenommen wurde Im Privileg von 1236 wird den Juden der Schutz ihres Eigentums und Freiheit im Handel vor allem in Bezug auf Finanzgeschafte zugesichert Sie waren von den offentlichen Gerichten ausgenommen und hatten eine eigene Gerichtsbarkeit Dadurch war es den Juden in Teilbereichen moglich judisches Recht anzuwenden Im Interregnum einer kaiserlosen Periode des Mittelalters die mit dem Tode Friedrichs II im Jahre 1250 begann und erst 1273 mit der Wahl Rudolfs I zum romisch deutschen Konig endete ging die Kammerknechtschaft infolge des Zusammenbruchs der kaiserlichen Zentralgewalt mehr und mehr auf die Territorialfursten uber Der Rechtsstatus der Kammerknechtschaft musste teuer erkauft werden 4 Kaiser Sigismund 1368 1437 verlangte im 15 Jahrhundert von jedem Juden ein Drittel seines Einkommens Ausserdem war die Rechtsfahigkeit der Juden eingeschrankt Sie hatten beispielsweise kein Waffenrecht Solche Beschrankungen der Rechtsfahigkeit waren im Mittelalter Aussenstehenden gegenuber ublich Dieselben Grundsatze wurden uber das Haus Habsburg im weltlichen Judenrecht von Bohmen Polen Schlesien und Ungarn uberliefert wo sie teilweise noch bis ins 18 Jahrhundert wirksam waren Dabei stand der kaiserlich legitimierte Geltungsanspruch der Privilegien stets in Konkurrenz zu kirchlichen und territorialherrschaftlichen Bemuhungen um eine rechtliche Schlechterstellung der Juden Bewertung BearbeitenZum Teil wird vertreten dass die Kammerknechtschaft letztlich die Anwendung des antiken Sklavenrechts auf den Rechtszustand der Juden bedeutete der sie de facto zum wirtschaftlichen Besitz Kammergut derer machte die uber das Judenregal verfugten 5 6 Das Kammerknechtsparadigma habe wesentlich zur Verschlechterung der Rechtslage der Juden bis zum Ende des Mittelalters beigetragen 7 und sei im Lauf der Zeit zu einem Instrument unverblumter Ausbeutung verkommen 8 Literatur BearbeitenZur Geschichte der Kammerknechtschaft Mitteilungen des Gesamtarchivs der deutschen Juden 1913 S 45 58 186 Friedrich Battenberg Kammerknechtschaft In Lexikon des Mittelalters LexMA Band 5 Artemis amp Winkler Munchen Zurich 1991 ISBN 3 7608 8905 0 Sp 891 Friedrich Battenberg Das Europaische Zeitalter der Juden Zur Entwicklung einer Minderheit in der nichtjudischen Umwelt Europas Band 1 Von den Anfangen bis 1650 Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1990 ISBN 3 534 11381 0 S 101 110 Friedrich Battenberg Des Kaisers Kammerknechte Gedanken zur rechtlich sozialen Situation der Juden in Spatmittelalter und fruher Neuzeit Historische Zeitschrift 1987 Dietmar Willoweit Vom Konigsschutz zur Kammerknechtschaft In Karlheinz Muller Hrsg Geschichte und Kultur des Judentums Eine Vorlesungsreihe an der Julius Maximilians Universitat Wurzburg Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Wurzburg Band 38 Schoningh Wurzburg 1988 ISBN 3 87717 041 2 S 71 90 Weblinks BearbeitenRegesta Imperii V 2 4 n 14727 Stefan Lessmann Die Entstehung der Kammerknechtschaft der Juden 1997Anmerkungen Bearbeiten E Gotzinger Juden Reallexicon der Deutschen Altertumer Leipzig 1885 S 459 465 zeno org abgerufen am 3 Juni 2020 Peter C A Schels Kammerknechtschaft Mittelalterlexikon abgerufen am 3 Juni 2020 Michael Buhlmann Privileg und Kammerknechtschaft der Juden in Deutschland Juli 1236 Abgerufen am 3 Juni 2020 vgl Peter Rauscher Barbara Staudinger Widerspenstige Kammerknechte Die kaiserlichen Massnahmen zur Erhebung von Kronsteuer und Goldenem Opferpfennig in der Fruhen Neuzeit Aschkenas 2004 S 313 363 Kurt Schubert Judische Geschichte Beck sche Reihe 2018 Beck Munchen 1995 ISBN 3 406 39175 3 S 49 Eveline Brugger Birgit Wiedl Zwischen Privilegierung und Verfolgung Judisches Leben im Mittelalter in Niederosterreich In David david juden at abgerufen am 3 Juni 2020 Kurt Schubert Judische Geschichte Beck sche Reihe 2018 Beck Munchen 1995 ISBN 3 406 39175 3 S 50 Peter C A Schels Kammerknechtschaft Mittelalterlexikon abgerufen am 3 Juni 2020 Normdaten Sachbegriff GND 4311960 8 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kammerknechtschaft amp oldid 236252059