www.wikidata.de-de.nina.az
Die Kolner Klagemauer auch Klagemauer fur Frieden Palastinawand und Antiwand 1 war eine Dauerkundgebung in Koln Sie bestand aus schriftlichen Meinungsausserungen und Wunschen auf Pappschildern im A4 Format die in wetterfesten Hullen an gespannten Leinen befestigt wurden So entstanden sprechende Wande die je nach Thematik durch Infotafeln seitens des Projekts erganzt wurden Der Standort wurde zusatzlich mit Grunpflanzen und Dekorationsobjekten ausgestattet Klagemauer 1994Klagemaueraktion gegen atomare Rustung 2006Die Aktion entstand Ende der 1980er Jahre auf Initiative von Walter Herrmann und widmete sich zunachst verschiedenen sozialen Themen fokussierte sich aber 1991 unter dem Eindruck des Zweiten Golfkrieges auf Frieden Nach vorubergehender Pause verengte sich ab 2004 das Themenfeld auf den Nahostkonflikt Das Projekt wurde dabei zunehmend als antisemitisch verzerrend und einseitig wahrgenommen Es war Gegenstand zahlreicher juristischer Auseinandersetzungen bis es aufgrund gesundheitlicher Probleme Herrmanns 2015 eingestellt wurde Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Kritik an der Darstellung des Nahostkonflikts 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie Dauerkundgebung begann am Bierbrunnen der Schildergasse Zunachst wurden die Wohnungsnot und das Leid von Obdachlosen angeprangert 1991 entstand daraus die Klagemauer fur Frieden auf der Domplatte vor dem Sudturm des Kolner Doms unterstutzt von der Mahnwache gegen den Zweiten Golfkrieg und bekampft von Domkirche und Ordnungsamt die das Projekt mittels Gerichtsverfahren Beschlagnahmungen und Raumungen zu beenden versuchten Rund 50 000 Passanten und Unterstutzer nutzten bis 1997 die Form der freien Kommunikation per Pappschild Auch Prominente wie der Dalai Lama Ernesto Cardenal Lew Kopelew oder Klaus Staeck notierten ihre handschriftlichen Friedenswunsche Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit oder Anti Kriegsproteste auf Papptafeln 1997 wurde die Dauerausstellung auf Betreiben der Stadt Koln von der Domplatte entfernt Das Oberlandesgericht Koln stellte fest dass auf fremdem Grundstuck widerrechtlich in die Eigentumerrechte der Stadt Koln 2 eingegriffen worden sei und dass das Eigentumsrecht hier vor das Recht auf freie Meinungsausserung ginge Danach wurde die Klagemauer in verkleinerter mobiler Form auf und wieder abgebaut 3 1998 erhielt das Projekt den Aachener Friedenspreis Eine Neuauflage der Klagemauer auf der Domplatte widmete sich ab 2004 inhaltlich 4 einer Darstellung des palastinensisch israelischen Konflikts welche mehrfach als antisemitisch verzerrend und einseitig bewertet wurde Vertreter der Synagogen Gemeinde Koln forderten ab 2005 nachdrucklich ein Verbot der Mauer nbsp Klagemauer im Jahr 2011 In der Nacht wurden die mobilen schwarzen Bakenfusse auf einem Gelande des WDR in der Nahe gelagert 3 5 Sie wurde rechtlich fortan als Dauerdemonstration und nicht als Informationsstand gewertet Damit das Versammlungsgesetz erfullt wurde waren immer mindestens zwei Personen anwesend Die auf Papptafeln niedergeschriebenen Kommentare der Passanten die an einer der drei Stellwande befestigt wurden galten als Redebeitrage auf einer Demonstration Diese Rechtsauffassung wurde Walter Herrmann zuletzt 2007 vom Bundesverwaltungsgericht bestatigt nachdem das Land Berlin 2003 eine von ihm geplante Aktion in Berlin Gegen die Militarintervention im Irak und anderswo verboten hatte 6 Am 10 April 2015 befand das Amtsgericht Koln Herrmann fur schuldig durch das Zeigen von 15 Bildern toter und schwer verletzter Kinder an der Klagemauer gegen das Jugendschutzgesetz verstossen zu haben Er wurde zu einer Geldstrafe auf Bewahrung verurteilt Herrmann kundigte Berufung an und wertete das Urteil als unzulassigen Eingriff in die Demonstrationsfreiheit 7 Der Tragerverein des selbstverwalteten Burgerzentrums Alte Feuerwache in dem Herrmann den Grossteil seiner Installationen uber Nacht lagerte kundigte ihm im Oktober 2015 unter anderen wegen Beleidigung einiger seiner Mitglieder und eines Mitarbeiters die Nutzung seiner Raume 8 Ab 2016 trat Herrmann nicht mehr mit seiner Installation vor dem Kolner Dom auf Er verstarb am 26 Juni 2016 nbsp Podiumsdiskussion zum Umgang mit dem Nachlass Walter Herrmanns im November 2016 in der Karl Rahner AkademieVor seinem Tod uberschrieb Herrmann das Archiv der Klagemauer bestehend aus mehr als 100 000 Pappschildern und Karten dem Kolnischen Stadtmuseum und dem Kolner Stadtarchiv 9 Um die Annahme dieses Nachlasses durch das Stadtmuseum entspann sich eine Auseinandersetzung in der erneut der Vorwurf des Antisemitismus diskutiert wurde Forderungen die Pappschilder gar nicht oder lediglich solche aus den Jahren vor 2004 anzunehmen wurden erhoben Zuletzt einigte man sich auf die Ubernahme von 150 der Pappschilder durch das historische Archiv der Stadt Koln und das Kolnische Stadtmuseum darunter auch solche die Antisemitismus und Antizionismus der letzten Jahre in der Klagemauer dokumentieren sollen 10 Kritik an der Darstellung des Nahostkonflikts Bearbeiten nbsp Zwei Schilder aus dem Januar 2011 Links die Gegenuberstellung von Adolf Hitler und Israel rechts eine Kritik an der KlagemauerKritiker darunter Vertreter der Synagogen Gemeinde Koln 11 Henryk M Broder 12 und Gerd Buurmann 13 warfen den Verantwortlichen vor durch eine einseitige Darstellung des Leides der Palastinenser und der Darstellung israelischer Politiker als Kriegsverbrecher den Nahostkonflikt verzerrt darzustellen und so antisemitische Ressentiments zu schuren Israel werde durchgehend als Aggressor dargestellt von Terroranschlagen durch palastinensische Organisationen hingegen geschwiegen oder diese als verzweifelte Taten von Hoffnungslosen dargestellt Von den Zielen der palastinensischen Hamas oder auch der libanesischen Hisbollah erfuhre man an der Klagemauer nichts deren Antisemitismus werde nicht thematisiert Die Kritiker warfen den Verantwortlichen somit auch einen Verstoss gegen die eigenen Anspruche vor namlich gegen Krieg und Gewalt zu sein So toleriere man antisemitisch motivierte Gewalt der Krieg gegen Israel falle nicht unter die eigene Kriegsgegnerschaft Ein von der Synagogen Gemeinde im Jahr 2005 gefordertes Verbot der Mauer 14 wurde unter Berufung auf die Versammlungs und Demonstrationsfreiheit von der Stadt abgelehnt 11 Herrmann beschreibt in einer Stellungnahme den Vorwurf der Einseitigkeit als eine Kampagne die darauf abzielt der Klagemauer zu Palastina ein antisemitisches Image zu verpassen Weiter erklart er Im Fall des Nah Ost Konflikts solidarisiert sich die Klagemauer mit den Palastinensern die seit mehr als zwei Generationen ein Besatzungsregime zu ertragen haben das die Normen des Volkerrechts grob missachtet 15 Im Januar 2010 wurde an der Klagemauer das Foto einer Karikatur von einer Frau in den Handen gehalten angebracht Darauf war eine Person mit einem Davidstern zu erkennen die ein Glas mit roter Flussigkeit vor sich hatte und sich anschickte ein palastinensisches Kind mit Messer und Gabel zu zerstuckeln und zu verspeisen 16 Gegen diese Darstellung stellten der Kolner Theatermacher Gerd Buurmann und weitere Personen Strafanzeige wegen des Verdachts der Volksverhetzung 17 Buurmann kritisierte die Karikatur benutze die Symbolik der Nazis und Antisemiten wodurch die Grenze legitimer Kritik am Staat Israel uberschritten worden sei 13 Distanzierte bis ablehnende Reaktionen gab es in einer Petition Kolner Burger an den Rat der Stadt 18 in einer kritischen Auseinandersetzung der Ratsfraktionen 19 in der israelischen Presse 20 21 aber auch vom Vorsitzenden des Aachener Friedenspreises Karl Heinz Otten 22 Die Staatsanwaltschaft sah jedoch keinen hinreichenden Tatverdacht unter anderem wegen des Fehlens einer fur antijudische Abbildungen typischen Bildsprache und stellte das Verfahren ein 23 Nach einer Pause von Februar bis September 2010 24 wurde die Klagemauer Palastina wieder gezeigt Im Dezember 2010 verabschiedeten Oberburgermeister Burgermeister sechs Ratsfraktionen Vertreter der Kirchen und der Synagogengemeinde sowie die Vereine zur Pflege der Stadtepartnerschaften mit Betlehem und Tel Aviv eine Resolution gegen die als einseitig und antisemitisch empfundenen Darstellungen der Klagemauer 25 Zeitgleich am 19 Dezember 2010 erschien beim judischen Internetmagazin haGalil ein Themenschwerpunkt mit Beitragen prominenter Kolner Autoren in denen sie die Klagemauer als antisemitisch verurteilen 26 27 Volker Beck kritisierte die Aufstellung eines Teils der Klagemauer anlasslich der Trauerfeier fur Herrmann in der Kirche St Theodor in Koln Vingst und bezeichnete sie als unertragliches Signal an die judischen Burgerinnen und Burger unserer Stadt 28 Pfarrer Franz Meurer der Herrmann in seinen letzten Tagen begleitet hatte entgegnete lediglich Tafeln aus der Anfangszeit der Klagemauer wurden in der Kirche ausgestellt Wenn Walter Herrmann zu Lebzeiten mit seinen Anti Israel Parolen vor meiner Kirche gestanden hatte hatte ich ihn dort weggejagt 29 Literatur BearbeitenDie Kolner Klagemauer fur Frieden und Volkerverstandigung Hg von der Heinrich Boll Stiftung Koln 1997 ISBN 3 89502 065 6 Roland Kaufhold Ein Uberzeugungstater Ein Kolner Dauerdemonstrant entdeckt den Antisemitismus in Die Tribune H 194 Nr 2 2010 S 40 42 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Cologne Wailing Wall Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Die Kolner Klagemauer im Internet Kirsten Serup Bilfeldt Der Hass im Herzen der Stadt Chronik eines antisemitischen Skandals Die Klagemauer vor dem Kolner Dom in Deutschlandradio Kultur Pascal Beucker Mahner mit Hang zur Egomanie taz Artikel vom 12 April 2007 Roland Kaufhold Weiter Streit um die Kolner Klagemauer Eine politische Initiative der Kolner Piraten haGalil 27 November 2016 Kolner Klagemauer vereint mit Neonazis Kolner Klagemauer Erbe Reza Begi tritt in Dresden gemeinsam mit Hardcore Shoahleugnern der Naziszene auf haGalil 14 Februar 2017Einzelnachweise Bearbeiten Uri Degania Antisemitismus ist unser aller Problem In haGalil 21 Februar 2010 abgerufen am 2 Juli 2022 deutsch OLG Koln Urteil vom 26 05 1997 8 U 107 96 In oj is openJur gUG abgerufen am 2 Juli 2022 a b Tuvia Tenenbom dokumentierte das nachtliche Lagern der mobilen schwarzen Fussplatten auf einem Gelande des WDR in der Nahe in seinem Buch von 2012 Tuvia Tenenbom Allein unter Deutschen eine Entdeckungsreise 1 Auflage Suhrkamp Berlin 2012 ISBN 3 518 46374 8 Pascal Beucker Mahner mit Hang zur Egomanie In Die Tageszeitung taz 12 April 2007 ISSN 0931 9085 S 3 Online abgerufen am 2 Juli 2022 Sebastian Loschert Die Deutschen sind so neurotisch wie ich In hagalil com haGalil com abgerufen am 12 Dezember 2014 BVerwG 6 C 22 06 Urteil vom 22 August 2007 Bundesverwaltungsgericht In www bverwg bund de Archiviert vom Original nicht mehr online verfugbar am 24 Januar 2016 abgerufen am 23 November 2022 Roland Kaufhold Urteil gegen Klagemauer in Koln Verstoss gegen den Jugendschutz In Die Tageszeitung taz 12 April 2015 ISSN 0931 9085 Online abgerufen am 2 Juli 2022 Uli Kreikebaum Burgerzentrum im Agnesviertel Alte Feuerwache kundigt Klagemauer Aktivist Walter Herrmann 9 Oktober 2015 abgerufen am 2 Juli 2022 deutsch Kolner Stadt Anzeiger Klagemauer am Kolner Dom Aktivist Walter Herrmann gestorben Abgerufen am 27 Juni 2016 Uli Kreikebaum Walter Herrmann Beschimpfungen und Buhrufe bei Diskussion um Kolner Klagemauer In Kolner Stadt Anzeiger Online abgerufen am 16 November 2016 a b Gemeindeblatt der Synagogen Gemeinde Koln Juli 2005 Memento vom 28 September 2007 im Internet Archive Mit Hatz un Siel jejen Israel 13 Oktober 2008 abgerufen am 23 November 2022 a b Diese Klagemauer muss weg In ksta de 24 Februar 2010 archiviert vom Original nicht mehr online verfugbar am 31 Dezember 2012 abgerufen am 2 Juli 2022 Stellungnahme der Synagogen Gemeinde Koln Memento vom 28 September 2007 im Internet Archive PDF Datei 304 kB Walter Herrmann Erklarung zum Antisemitismus Vorwurf gegen die Kolner Klagemauer 8 August 2011 archiviert vom Original nicht mehr online verfugbar am 13 Februar 2015 abgerufen am 14 April 2015 Alan Posener Skandal an der Klagemauer Anti israelische Hetze bleibt in Koln straffrei In DIE WELT 26 Februar 2010 Online abgerufen am 2 Juli 2022 Juden fressen palastinensische Kinder In haGalil 21 Februar 2010 abgerufen am 2 Juli 2022 deutsch Gegen Antisemitismus in Koln Archiviert vom Original nicht mehr online verfugbar am 9 Mai 2010 abgerufen am 28 November 2011 Reaktionen mehrerer politischer Parteien und Einzelpersonen aus Koln Archiviert vom Original nicht mehr online verfugbar am 26 August 2011 abgerufen am 28 November 2011 Benjamin Weinthal Germany starting to grasp nature of modern anti Semitism In jpost com 24 Februar 2010 abgerufen am 2 Juli 2022 amerikanisches Englisch Benjamin Weinthal Cologne tolerates anti Semitic exhibit In jpost com 2 Marz 2010 abgerufen am 2 Juli 2022 amerikanisches Englisch Aachener Nachrichten Online vom 24 Februar 2010 Memento vom 13 Marz 2010 im Internet Archive Kirsten Serup Bilfeldt Der Hass im Herzen der Stadt In deutschlandfunkkultur de 10 Dezember 2010 abgerufen am 2 Juli 2022 Helmut Frangenberg Klagemauer am Dom abgehangt in Kolner Stadt Anzeiger am 23 Februar 2010 online Memento vom 26 Februar 2010 im Internet Archive Die Klagemauer Resolution im Wortlaut in Kolner Stadt Anzeiger online Memento vom 24 Dezember 2010 im Internet Archive abgerufen am 18 Dezember 2010 Resolution gegen die Kolner Klagemauer In haGalil 19 Dezember 2010 abgerufen am 2 Juli 2022 deutsch Keine Menschenfeindlichkeit in Koln auch nicht an der Klagemauer In haGalil 19 Dezember 2010 abgerufen am 2 Juli 2022 deutsch Roland Kaufhold Koln Rubrik Schandfleck Judische Allgemeine In www juedische allgemeine de Abgerufen am 27 November 2016 Michael Kohler Uli Kreikebaum Stadtmuseum oder nicht Streit um die Zukunft der Kolner Klagemauer Abgerufen am 15 Juli 2016 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kolner Klagemauer amp oldid 228239673