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Judisches Leben in Hohenems hatte 1617 mit der Ansiedlung der ersten Juden durch die ortliche Reichsgrafenfamilie seinen Anfang und endete 1942 mit der Deportation der letzten Judin aus Hohenems ins Konzentrationslager Theresienstadt Noch heute sind viele Spuren der judischen Geschichte in der Stadt vorhanden Zum Beispiel der noch benutzte Friedhof im Suden die ehemalige Synagoge die ehemalige judische Schule das ehemalige Versorgungsheim fur die Alten und Armen der judischen Gemeinde sowie zahlreiche Burgerhauser und Fabrikantenvillen Hauserreihe im judischen Viertel an der Jakob Hannibal StrasseBereits 1905 hat der Hohenemser Rabbiner Aron Tanzer mit seiner umfangreichen Geschichte der Juden in Hohenems die Basis fur eine Erforschung dieser Geschichte gelegt Inzwischen sind zur Judischen Geschichte von Hohenems zu Antisemitismus und Zeit des Nationalsozialismus in Vorarlberg oder zur Frage des Umgangs mit dem ehemaligen judischen Viertel in Hohenems zahlreiche Publikationen und ein Video Film erschienen die unter anderem im Judischen Museum Hohenems erhaltlich sind Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Judisches Viertel 2 1 Architektur und Wohnverhaltnisse 3 Exemplarische Biografien 3 1 Salomon Sulzer 3 2 Aron Tanzer 4 Synagoge 4 1 Ehemalige Synagoge in Hohenems 4 2 Beschlagnahmung und Zerstorung 4 3 Rekonstruktion und neue Perspektiven 5 Siehe auch 6 Einzelnachweise 7 LiteraturGeschichte Bearbeiten1617 legte ein Schutzbrief des Reichsgrafen Kaspar von Hohenems die rechtliche Grundlage fur die Ansiedelung von judischen Familien und den Aufbau einer judischen Gemeinde Der Reichsgraf erhoffte sich dadurch wirtschaftliche Impulse fur seinen Markt Im 17 Jahrhundert kam es zu Vertreibungen nachdem aber den judischen Familien die Ruckkehr gestattet wurde florierte die judische Gemeinde Es erfolgten der Bau einer Synagoge eines Ritualbads Mikwe eines Armenheims und ein judischer Friedhof wurde angelegt nbsp Kitzinger Haus1797 grundete der aus Augsburg stammende Herz Jakob Kitzinger das erste Kaffeehaus Vorarlbergs Das Kaffeehaus Kitzinger war bald Treffpunkt fur die verschiedensten israelitischen Geselligkeitsvereine So grundeten judische Burger 1813 in diesem Haus die Lesegesellschaft Bis in die erste Halfte des 19 Jahrhunderts wuchs die Gemeinde kontinuierlich den Hohepunkt erreichte die Zahl der judischen Einwohner 1862 mit 564 Die Staatsgrundgesetze von 1867 und die damit verbundene freie Wahl des Wohnorts fur Juden fuhrten dann zu einer starken Abwanderung in umliegende Stadte sodass 1890 nur noch 118 Juden in der Stadt lebten 1 1935 zahlte die judische Gemeinde 35 Mitglieder 1938 nach dem Anschluss Osterreichs wurde judisches Eigentum durch die Gemeinde Hohenems arisiert Dem folgten die Zwangsauflosung der Kultusgemeinde 1940 und die Deportation verbliebener Gemeindemitglieder in Konzentrations und Vernichtungslager Als letzte Judin wurde Frieda Nagelberg am 25 Februar 1942 aus dem Gebiet Vorarlberg deportiert Nach Kriegsende 1945 wurden vorubergehend judische DPs angesiedelt Von den ehemaligen Gemeindemitgliedern kehrte niemand zuruck Judisches Viertel BearbeitenDas judische Viertel in Hohenems gilt weit uber Vorarlberg hinaus als eines der wenigen so luckenlos erhalten gebliebenen Ensembles mit judischer Geschichte Im Jahr 1996 erfolgte dementsprechend die Unterschutzstellung der wesentlichsten Teile des Judischen Viertels durch das Bundesdenkmalamt Zusammen mit der ehemaligen Christengasse heute Marktstrasse bildet das ehemalige judische Viertel den urbanen Kern von Hohenems Der historische Baubestand des Stadtzentrums ist ein kulturhistorisches Zeugnis fur die jahrhundertelange Koexistenz von zwei Traditionsgemeinschaften der christlichen und der judischen in diesem Ort Der heutige Baubestand des judischen Viertels geht auf das ausgehende 18 und das 19 Jahrhundert zuruck Erhalten sind neben den Wohnhausern der judischen Familien auch noch alle Gebaude die ehemals religiosen oder sozialen Gemeindefunktionen dienten die Synagoge die Mikwe Ritualbad das Schulhaus sowie das Armen und Altenhaus Das judische Viertel spiegelt die soziale Situation der judischen Hohenemser Sie waren fur Handel und Geldverleih zustandig stadtische Funktionen die sie in den landlichen Gebieten ausubten Fur diese Aufgaben hatte Graf Kaspar die Juden in seine Grafschaft geholt Sie waren burgerlich orientiert und unterstutzten die Entwicklung einer burgerlichen Gesellschaft die mit der Industriellen Revolution ab der Mitte des 18 Jahrhunderts stadtische Lebensformen auch auf dem Land etablierte Architektur und Wohnverhaltnisse Bearbeiten nbsp Hauserreihe im judischen Viertel von HohenemsDer Platz vor der ehemaligen Synagoge im Zentrum des Judischen Viertels wird auf einer Seite von machtigen stadtischen Burgerhausern umrahmt die Ende des ausgehenden 18 Jahrhunderts erbaut worden sind Um die ehemalige Synagoge selbst stehen bis heute die vielen kleinen und auch weniger reprasentativ ausgestatteten Wohnhauser der judischen Handwerker und Hausierer Die architektonisch herausragenden Gebaude des Viertels bilden die drei im klassizistischen Stil errichteten Villen der judischen Fabrikantenfamilie Rosenthal die zwischen 1848 und 1889 erbaut worden sind Schon im 19 Jahrhundert zogen christliche Familien in ehemalige judische Hauser wie auch in der vormaligen Christengasse ab spatestens 1810 judische Familien in Christenhausern wohnten In vielen Gebauden lebten jahrzehntelang christliche und judische Familien unter einem Dach Ab der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts wanderten viele Mitglieder der judischen Gemeinde aus Hohenems in die wirtschaftlichen Zentren der nahegelegenen Schweiz die Stadte der k u k Donaumonarchie oder nach Ubersee aus 1938 waren nur mehr wenige Hauser des judischen Viertels in judischem Besitz Die offentlichen Gebaude wurden von der NS Gemeindeverwaltung beschlagnahmt und nach 1945 wieder ruckgestellt Nach 1945 konnte sich kein judisches Gemeindeleben mehr in Hohenems etablieren Exemplarische Biografien BearbeitenSalomon Sulzer Bearbeiten Hauptartikel Salomon Sulzer Salomon Sulzer 1804 1890 wurde 1804 in Hohenems geboren Nach Studienaufenthalten in Karlsruhe und Frankreich erhielt der erst Sechzehnjahrige die Kantorenstelle an der Hohenemser Synagoge ubertragen 1826 wurde Sulzer an den im Jahr zuvor neu errichteten Wiener Stadttempel als Kantor berufen wo er gemeinsam mit Prediger Isaak Noah Mannheimer den Wiener Ritus begrundete eine gemassigte Art der Reform die sowohl von Erneuerern als auch von Traditionalisten angenommen wurde Sulzer galt bald auch ausserhalb des Wiener Judentums als markante Personlichkeit Salomon Sulzers wunderbarer Bariton war weit uber die Stadtgrenzen bekannt Zu seinen begeisterten Bewunderern und Freunden zahlten die Komponisten Franz Schubert Franz Liszt Giacomo Meyerbeer Robert Schumann und Niccolo Paganini die des Ofteren den Wiener Stadttempel besuchten um Sulzer zu horen Das kompositorische Hauptwerk Sulzers das auch seinen Ruf als Reformator des Synagogengesangs begrundete ist das in zwei Teilen erschienene Schir Zion Gesang Zions mit zum uberwiegenden Teil selbst komponierten Werken fur den gottesdienstlichen Gebrauch Die neuen Kompositionen wurden zum ersten Mal mit vierstimmiger Chorbegleitung geschrieben und beeinflussten den Gebetsstil in vielen Synagogen Er verfasste die beiden Bande von Schir Zion in dem alle Gebete des Jahres gesammelt sind Diese pragt den Synagogengesang bis in die heutige Zeit Daneben war Sulzer als Komponist weltlicher Lieder tatig Neben Revolutionsliedern vertonte er unter anderem Gedichte von Goethe Sulzer starb im Jahre 1890 und wurde in Wien begraben Seine synagogale Musik umrahmt auch heute noch die Gottesdienste am Wiener Stadttempel und im angelsachsischen Sprachraum gehort sie zum festen Repertoire zahlreicher Synagogen Aron Tanzer Bearbeiten Hauptartikel Aron TanzerSynagoge Bearbeiten nbsp Die ehemalige Synagoge der heutige Salomon Sulzer SaalEhemalige Synagoge in Hohenems Bearbeiten Die 1771 1772 nach Planen des Bregenzerwalder Barockbaumeisters Peter Bein erbaute Synagoge die 1954 1955 in ein Feuerwehrhaus umgebaut wurde nimmt eine zentrale Stellung innerhalb des Judischen Viertels in Hohenems und in der Diskussion um den Umgang mit dieser Geschichte ein Der imposante tonnengewolbte Saalbau stellte ein fruhes und in weitem Umkreis einzigartiges Beispiel fur eine spatbarock klassizistische Landsynagoge dar Die Einrichtung im Inneren entsprach den allgemeinen Richtlinien fur Synagogen zu dieser Zeit wies aber eine Besonderheit auf Die Deckengemalde waren nicht wie in Synagogen ublich ornamental abstrakte Malereien etwa ein blauer Sternenhimmel sondern figurative Darstellungen Themen waren die Schopfung des Lichtes uber dem Vorbeterpult im Osten in der Mitte die Offenbarung am Berg Sinai und ein Wolkenmeer mit zuckenden Blitzen An den Nord und Sudwanden befanden sich funf Medaillons mit Darstellungen aus dem Synagogenkultus Ein erster Umbau der Synagoge erfolgte zwischen 1863 und 1867 nach Planen des Schweizer Architekten Felix Wilhelm Kubly Die Veranderungen umfassten die Errichtung eines neuen Heiligen Schreines und einer Kanzel neue Sitze fur den Rabbiner den Kantor und den Gemeindediener ausserdem die Verlegung des Vorlesepults von der Raummitte auf ein Podest vor dem Thoraschrein Fur den Chor und das von Salomon Sulzer gestiftete Harmonium wurde eine neue Galerie eingebaut Beschlagnahmung und Zerstorung Bearbeiten Zwar blieb die Synagoge in der Reichspogromnacht des 9 November 1938 vor Ubergriffen verschont aber nach der Zwangsauflosung der Judischen Gemeinde gelang der Gemeinde Hohenems im September 1940 die lange betriebene Ubernahme des Gebaudes Die Plane zum Umbau der Synagoge wurden wahrend der Zeit des Nationalsozialismus nicht ausgefuhrt Bereits am 17 November 1938 waren allerdings die Ritualgegenstande in der Synagoge beschlagnahmt worden Eine detaillierte Inventarliste gibt Auskunft uber die seither verschwundenen Objekte Nach Kriegsende wurden 1945 judische Displaced Persons DPs vorubergehend untergebracht was seitens der einheimischen Bevolkerung zu Beschwerden fuhrte die sich uber Larmbelastigungen an judischen Feiertagen beklagte Nach der Ruckstellung des Gebaudes durch die franzosische Verwaltung in den Nachkriegsjahren beschloss die Gemeinde Hohenems in den 1950er Jahren das ehemalige Synagogengebaude von der Kultusgemeinde Innsbruck anzukaufen und in ein Feuerwehrhaus umzubauen Mit diesem Umbau 1954 1955 wurden schliesslich alle Elemente zerstort die an die Funktion des Gebaudes als Synagoge erinnert hatten Der fruhere Betraum wurde in zwei Geschosse unterteilt Die Deckengemalde und Gewolbeteile wurden ebenso entfernt wie alle sakralen Elemente der Aussenfassade Die Rundbogenfenster und die daruber liegenden ovalen Fenster wurden durch eckige ersetzt Drei Garagentore dominierten die Ostfassade an der einst eine Apsis auf den Thoraschrein im Inneren hingewiesen hat Statt des Glockenturms wurde ein Schlauchturm eingebaut Bis 2001 wurde das Gebaude als Feuerwehrhaus genutzt Rekonstruktion und neue Perspektiven Bearbeiten 50 Jahre nach dem Umbau in ein Feuerwehrhaus wurde an der Hohenemser Synagoge eine neue Art des Umgangs mit der Geschichte sichtbar Nach dem Auszug der Feuerwehr wurde das Gebaude unter der Leitung der Architekten Ada und Reinhard Rinderer einer umfassenden Teilrekonstruktion unterzogen die alte Fensterordnung mit ihren hohen Bogen und Ochsenaugen die Kubatur des Betraums und die ehemalige Frauen spater Chorgalerie wiederhergestellt Seit 2004 dient das Gebaude nun als Sitz der Musikschule tonart Der Saal wird seit Mai 2006 als Salomon Sulzer Saal fur kulturelle und andere Veranstaltungen genutzt im Bewusstsein seiner Geschichte und als Ort interkultureller Begegnung Siehe auch BearbeitenIsraelitische Kultusgemeinde fur Tirol und Vorarlberg Judischer Friedhof Hohenems Judisches Museum Hohenems Geschichte der Juden in Lindau Bodensee Einzelnachweise Bearbeiten www jewishencyclopedia com abgerufen am 11 November 2012Literatur BearbeitenAron Tanzer Die Geschichte der Juden in Hohenems Unveranderter Nachdruck der Erstausgabe von F W Ellmenreich s Verlag Meran 1905 Verlagsbuchhandlung H Lingenhole Bregenz 1982 Karl Heinz Burmeister Alois Niederstatter Hrsg Dokumente zur Geschichte der Juden in Vorarlberg vom 17 bis 19 Jahrhundert Vorarlberger Landesarchiv Hrsg Forschungen zur Geschichte Vorarlbergs Band 9 A F Vorarlberger Verlagsanstalt Dornbirn 1988 Judisches Viertel Website Judisches Museum Hohenems Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Judisches Leben in Hohenems amp oldid 232920773