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Der Judische Friedhof Windecken war der Friedhof fur die Einwohner judischen Glaubens in Windecken Stadt Nidderau im Main Kinzig Kreis in Hessen Ansicht des Gelandes von Sudwesten Inhaltsverzeichnis 1 Geografische Lage 2 Geschichte 2 1 Grundung 2 2 Fruhe Neuzeit 2 3 Zerstorung 2 4 Nachkriegszeit 3 Anlage 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeografische Lage BearbeitenDer judische Friedhof befindet sich an der Ecke der Eugen Kaiser Strasse ehemalige B 45 westlich des historischen Ortskerns von Windecken Gegenuber liegt das Evangelische Gemeindezentrum an dessen Stelle sich zuvor der alte christliche Friedhof Windeckens befand Unterhalb verlauft die Nidder bzw der Muhlgraben Geschichte BearbeitenGrundung Bearbeiten Einwohner judischen Glaubens sind seit dem 14 Jahrhundert in Windecken nachweisbar 1 Bis zum Jahr 1497 bestatteten die Windecker Juden ihre Toten auf dem Judischen Friedhof Battonnstrasse in Frankfurt Es sind 47 Windecker Juden namentlich bekannt die in Frankfurt beerdigt wurden Im Jahr 1482 beschloss der Frankfurter Rat eine drastische Erhohung der Bestattungsgebuhren nachdem bereits 1438 1444 das Recht auswartiger Juden auf eine Bestattung in Frankfurt in Frage gestellt wurde Verschiedene schriftliche Vermittlungsversuche des Grafen Philipp des Jungeren von Hanau Munzenberg zu dessen Territorium auch Windecken gehorte schlugen fehl Die Auseinandersetzung zog sich uber mehrere Jahre hin 1494 wurde die Not offensichtlich als bei einem Grossbrand in Niederrodenbach sieben Juden ums Leben kamen deren Angehorige zum Teil aufgrund der Beerdigungskosten in Frankfurt gepfandet wurden 2 Schliesslich zog der Graf im Jahr 1497 die Konsequenz und wies den Juden der Grafschaft Hanau Munzenberg ein Gelande in Windecken als Friedhof zu Am 4 November 1497 wird beurkundet dass Philipp Graf von Hanau mit Billigung des Mainzer Vikars Wolf von Bicken der Judenschaft gestattet hat ihre doden corper in der Windecker Terminei zu begraben und ihnen dazu einen Garten vor dem Steder Tore neben dem Rhaitshoffe dem Schafhof gelegen zugewiesen hat 3 Fruhe Neuzeit Bearbeiten Auch die Bestattung auswartiger Juden vorwiegend aus der Grafschaft wurde bereits 1497 geregelt So bestatteten die Hanauer Juden bis zur Errichtung des zweiten Hanauer Judenfriedhofs 1603 1608 in Windecken die Einwohner Bockenheims judischen Glaubens bis 1714 aus Heldenbergen bis 1818 sowie diejenigen aus Markobel bis 1824 Der Friedhof wurde somit zu einer Art Zentralfriedhof fur die Juden in der Grafschaft Hanau Munzenberg 4 Dank einer eigenen Synagoge Judengasse und eigenem Friedhof war Windecken der Vorort fur die judischen Bewohner der Grafschaft Hanau Munzenberg bis zur erneuten Ansiedlung einer judischen Gemeinde in Hanau im Jahr 1603 5 Erweiterungen des Friedhofes sind durch Urkunden meist Grundstuckskauf in den Jahren 1715 1835 und 1884 nachweisbar Seit 1824 waren die Gemeindealtesten verpflichtet ein Synagogenbuch in deutscher Sprache zu fuhren Das Buch der Windecker Gemeinde wurde im November 1938 beschlagnahmt und im Reichssippenamt auf Mikrofilm verfilmt Die Filmrolle gelangte nach 1945 an das Hessische Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden so dass die Namen der Toten seit etwa 1825 bekannt sind 6 Zwischen 1825 und 1925 fanden rund 200 Beisetzungen auf dem Windecker Friedhof statt Zerstorung Bearbeiten Durch die Repressionen der Nationalsozialisten sank die Zahl der in Windecken lebenden Juden von 31 im Jahr 1933 auf 12 im November 1938 7 Bei der vorletzten Beerdigung auf dem Friedhof im August 1935 Kaufmann Julius Kahn wurden die Bewohner massiv durch die SA eingeschuchtert so dass nur wenige Nichtjuden daran noch teilnahmen Als letzter Mensch wurde im April 1937 Willi Muller auf dem Friedhof beigesetzt 8 Der Friedhof ist vermutlich im November 1938 als auch die Synagoge das Gemeindehaus und die judische Schule zerstort wurden geschandet und entweiht worden Die meisten Grabsteine wurden umgeworfen Genaue Angaben dazu existieren nicht Am 22 Mai 1939 wurden Beerdigungen auf dem Friedhof durch den Landrat untersagt judische Beisetzungen sollten ausschliesslich auf dem Friedhof in Langenselbold erfolgen Im Januar 1941 folgte die landespolizeiliche Schliessung Bereits im Jahr zuvor musste Salli Reichenberg als Vorsitzender der judischen Gemeinde das Gelande weit unter Preis 3444 m zu 0 10 Reichsmark pro Quadratmeter 344 40 RM an die Stadt verkaufen Der Kaufvertrag datiert auf den 15 April 1940 der Betrag wurde jedoch nicht an die Gemeinde ausgezahlt sondern von der Windecker Stadtkasse an die von der Gestapo kontrollierte Reichsvereinigung der Juden in Deutschland uberwiesen 9 Der geschandete Friedhof lag in den folgenden Jahren brach Ein Teil der Grabsteine wurde 1942 fur 100 RM an einen Steinmetzen aus Bruchkobel verkauft Dieser arbeitete sie vermutlich erneut zu Grabsteinen um Ein anderer Teil wurde 1942 als Treppenstufen fur einen Aufgang des Windecker Rathauses wiederverwendet Nachdem das Gelande abgeraumt war wurde dort 1943 eine Baracke als Kindergarten oder Kinderheim der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt errichtet Der Kindergarten wurde nach dem Luftangriff auf Hanau am 19 Marz 1945 aufgelost um in dem Gebaude drei ausgebombte Familien unterzubringen Nachkriegszeit Bearbeiten Der Kauf des Gelandes 1940 durch die Stadt wurde durch das Militarregierungsgesetz Nr 59 unwirksam 1949 wandte sich die Stadt deshalb an die Jewish Restitution Successor Organization JRSO um das Gelande zu kaufen In den 1950er Jahren entstand zusatzlich Druck von Nachkommen judischer Familien aus Windecken den Friedhof wiederherzustellen wogegen sich die Stadt zunachst sperrte Nachdem ein erstes Urteil die Stadt zur Ruckgabe an die JRSO zwang verglichen sich im Juni 1955 die Parteien darauf dass die Baracke abzubrechen und das Gelande wiederherzustellen sei Dies geschah 1957 Im selben Jahr wurde ein Gedenkstein fur die Toten der judischen Gemeinden Windecken und Ostheim mit einem Davidstern aufgestellt Bei den Arbeiten wurden noch vier altere Grabsteine aus Sandstein wiedergefunden und grosstenteils in Nachbarschaft des Gedenksteines aufgestellt allerdings mit Ausrichtung nach Suden statt nach Osten Die 1942 abgeraumten Grabsteine blieben verschollen Anlage BearbeitenDer Friedhof besitzt heute noch eine Grosse von 1879 m war aber fruher erheblich grosser An der Sudseite wo sich das Eingangstor befindet wird er von einer Bruchsteinmauer begrenzt an den anderen Seiten jeweils von einem Metallzaun Ein Schlussel fur das Tor ist bei der Friedhofsverwaltung erhaltlich Neben dem Gedenkstein befinden sich nur noch vier Grabsteine mit kaum lesbarer Inschrift auf dem Gelande davon drei in direkter Nachbarschaft des Gedenksteines Malchen Adler geb Strauss geb 1837 in Ober Seemen gest 1897 in Ostheim Moritz Stern geb 1874 gest 1909 in Windecken Ephraim Wolf gest 1888 in Windecken Am unteren Ende des Zaunes befindet sich ein stark verwitterter vierter Stein Literatur BearbeitenPaul Arnsberg Die judischen Gemeinden in Hessen Anfang Untergang Neubeginn Band II Herausgegeben vom Landesverband der Judischen Gemeinden in Hessen Societats Verlag Frankfurt 1972 ISBN 3 7973 0213 4 S 406 408 Monica Kingreen Judisches Landleben in Windecken Ostheim und Heldenbergen CoCon Hanau 1994 ISBN 3 928100 23 8 S 93 104 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Judischer Friedhof Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Judischer Friedhof Windecken bei Alemannia JudaicaEinzelnachweise Bearbeiten Paul Arnsberg Die judischen Gemeinden in Hessen Anfang Untergang Neubeginn Band II Frankfurt 1971 S 406 Monica Kingreen Judisches Landleben in Windecken Ostheim und Heldenbergen Hanau 1994 S 93f HStA Marburg 86 Hanauer Nachtrage Nr 28021 Monica Kingreen Judisches Landleben in Windecken Ostheim und Heldenbergen Hanau 1994 S 95 Eckhard Meise Die Hanauer Judenstattigkeit vom 28 Dezember 1603 In Stadtzeit 6 700 Jahre Stadtrecht 400 Jahre Judenstattigkeit Hanau 2003 ISBN 3 9806988 8 2 S 236 Monica Kingreen Judisches Landleben in Windecken Ostheim und Heldenbergen Hanau 1994 S 99 Paul Arnsberg Die judischen Gemeinden in Hessen Anfang Untergang Neubeginn Band II Frankfurt 1971 S 407f Monica Kingreen Judisches Landleben in Windecken Ostheim und Heldenbergen Hanau 1994 S 98 Monica Kingreen Judisches Landleben in Windecken Ostheim und Heldenbergen Hanau 1994 S 98 101 Judische Friedhofe im Main Kinzig Kreis Altengronau Altwiedermus Aufenau Bad Orb Birstein Budesheim Eckardroth Gelnhausen Gettenbach Grosskrotzenburg Hain Grundau Hanau Heldenbergen alter Friedhof Heldenbergen neuer Friedhof Langenselbold Markobel Niedermittlau Ruckingen Salmunster Schluchtern alt Schluchtern neu Steinheim alter Friedhof Steinheim neuer Friedhof Vollmerz Windecken 50 222046 8 875269 Koordinaten 50 13 19 4 N 8 52 31 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Judischer Friedhof Windecken amp oldid 215407655