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Iwan David Herstatt 16 Dezember 1913 in Koln 9 Juni 1995 ebenda war ein deutscher Bankier und Grunder der ehemaligen Kolner Herstatt Bank Inhaltsverzeichnis 1 Bankangestellter 2 Bankier 3 Bankpleite 4 Verantwortung 5 Veroffentlichung 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseBankangestellter BearbeitenIwan David Herstatt konnte auf eine bis zum Jahr 1727 in Koln zuruckzuverfolgende unternehmerisch tatige Familiendynastie zuruckblicken Er war der Sohn von Johann David Herstatt 27 Marz 1887 in Koln 4 November 1955 ebenda und Clara Schnitzler 18 August 1893 in Koln 4 Dezember 1981 ebenda die im Januar 1913 geheiratet hatten 1 Da Iwans Vater beim Tod des Grossvaters erst knapp ein Jahr alt war musste der Grossvater das Bankhaus I D Herstatt im Marz 1888 an das Bankhaus J H Stein verkaufen das die Bankgeschafte im eigenen Namen fortfuhrte und liquidierte Iwan David Herstatts Eltern zogen mit ihrem Sohn 1923 in eine von Architekt Paul Bonatz gebaute Villa in der Goethestrasse in der Villenkolonie Koln Marienburg Herstatt machte sein Abitur 1931 am Kolner Gymnasium Kreuzgasse Danach begann er eine Lehre bei der Deutsche Bank AG die ihn 1940 zum Leiter der Kreditabteilung der von der Bank erworbenen Credit Industriel d Alsace Lorraine in Metz im besetzten Frankreich beforderte wo er bis 1944 blieb Zwischen 1944 und 1950 liess er sich beurlauben und sammelte nach Kriegsende Erfahrungen als Referent bei der hessischen Bankenaufsicht in Wiesbaden Am 22 Januar 1948 heiratete er dort Ilse Gerstenberg mit der er vier Kinder hat Seine Tochter Claudia Herstatt 1948 2012 war eine bekannte Kunstkritikerin sein Sohn Johann David Herstatt 21 Dezember 1952 ist promovierter Betriebswirt und Cornelius Herstatt 1959 ein Innovationsforscher 1950 kehrte die Familie nach Koln zuruck Hier ubernahm Herstatt die Leitung der im Marz 1950 gegrundeten Filiale der Bank fur Gemeinwirtschaft 2 Als Bankangestellter war er jedoch nicht in der traditionellen Position eines Bankiers wie seine Vorfahren Bankier BearbeitenDas anderte sich 1955 Nach dem Tod des Inhabers Hans Hocker 22 April 1954 stand das unbedeutende Kolner Bankhaus Hocker amp Co Bilanzsumme 52 Millionen DM zum Verkauf Es war 1938 durch Arisierung aus dem judischen Bankhaus Sternfeld amp Tiefenthal hervorgegangen 3 Herstatt erwarb am 2 Juni 1955 mit finanzieller Unterstutzung durch seinen Jugendfreund und Versicherungsunternehmer Hans Gerling sowie den Schweizer Werkzeugmaschinenfabrikanten Emil Buhrle Oerlikon Buhrle 2 das Bankhaus mit einem Grundungskapital von funf Millionen DM Am 10 Dezember 1955 wurde das Bankhaus in I D Herstatt KGaA umfirmiert Hinter der fur eine Bank seltenen Rechtsform verbarg sich Hans Gerling mit der Einlage von funf Millionen DM als Kommanditist 81 4 der Rest lag bei Tochtergesellschaften des Gerling Konzerns und Iwan David Herstatt als personlich haftender Gesellschafter Der Geschaftsbetrieb wurde am 2 Januar 1956 in den bisherigen Geschaftsraumen des Bankhauses Hocker amp Co Koln Unter Sachsenhausen 29 31 mit 15 Beschaftigten aufgenommen 2 Im Mai 1957 zog das Bankhaus mit inzwischen 70 Beschaftigten in das U formig errichtete Gebaude auf die Kolner Bankenmeile Unter Sachsenhausen 6 um 4 Herstatts expansive Geschaftspolitik fuhrte zu einem rasanten Wachstum seiner Bank Betrug im Jahre 1956 deren Bilanzsumme noch 72 Millionen DM so lag sie 1958 bei 171 Millionen 1961 bei 466 Millionen um schliesslich 1973 auf zwei Milliarden DM anzusteigen Die Zahl der Beschaftigten wuchs von 15 1955 auf 850 1971 Doch die Gewinne aus dem klassischen Bankgeschaft schrumpften Als Gewinnpotenzial identifizierte man die aus der Freigabe der Wechselkurse am 10 Mai 1971 5 resultierenden Devisenkursschwankungen die sich nicht mehr innerhalb von relativ engen Wechselkursbandbreiten bewegten sondern von Zentralbanken fast vollstandig der Marktentwicklung uberlassen wurden Da das Kundengeschaft hierfur nicht ausreichte wurde der Devisenhandel uberwiegend als Eigenhandel betrieben Auch andere Banken hatten weltweit hierin Gewinnmoglichkeiten erblickt Entscheidend war bei der Devisenspekulation die Einschatzung der kunftigen Kursentwicklung des US Dollar und anderer wichtiger Wahrungen Bankpleite BearbeitenWie wichtig der Devisenhandel fur die Herstatt Bank war zeigen die Ergebnisse aus dem letzten vollstandigen Geschaftsjahr 1973 Hier wurde ein operativer Verlust von 14 Millionen DM erwirtschaftet der sich durch die Gewinne aus Eigengeschaften im Devisenhandel von 48 Millionen DM in einem Jahresuberschuss von 34 Millionen DM verwandelte 6 Ende 1973 hatte der Jahresabschluss der Bank von den Wirtschaftsprufern ein uneingeschranktes Testat erhalten wonach sich der Jahresabschluss in Einklang mit den Gesetzen befand Ein Sondergutachten vom 11 Marz 1974 unter besonderer Berucksichtigung des Devisen und Edelmetallhandels kam zu dem Schluss dass aufgrund eines erheblichen Gewinnsaldos aus diesen Geschaften zum Jahresende 1973 und der Abwicklungen aus Januar und Februar 1974 Ruckstellungen fur drohende Verluste nicht erforderlich seien und den Geschaftsunterlagen keine Anhaltspunkte fur eine Schieflage zu entnehmen gewesen waren 7 Die getatigten Devisentermingeschafte erreichten Anfang 1974 ein Volumen von 8 Milliarden DM was bei einer Kursschwankung von 1 einen Gewinn oder Verlust von 80 Millionen DM bedeutet 8 Das Volumen der offenen Termingeschafte stand inzwischen mit dem 103fachen des Eigenkapitals in keinem vertretbaren Verhaltnis zum Eigenkapital Grund war dass der Kurs des US Dollar seit Januar 1974 stetig fiel wahrend der Devisenhandel mit seinem Leiter Dany Dattel mit einem weiter steigenden Kurs gerechnet hatte Das bedeutete dass die Devisen Glattstellungen bei jeweiliger Falligkeit teurer eingedeckt werden mussten als man sie zuvor erworben hatte Am 18 Marz 1974 verbuchte der Devisenhandel einen Verlust von 250 Millionen DM der am 16 Juni 1974 bereits auf 470 Millionen angewachsen war Am 11 Juni 1974 teilte Herstatt den Kommanditisten mit dass sich bei einer bankinternen Prufung zum 31 Mai 1974 bei den Devisentermingeschaften ein Verlust in Hohe von etwa 64 Mio DM ergeben habe wodurch 89 Prozent des Eigenkapitals aufgezehrt worden waren Am 16 Juni 1974 unterrichteten Herstatt und der Generalbevollmachtigte Graf von der Goltz die Kommanditisten davon dass sich der Verlust zwischen 450 und 520 Mio DM bewege Am 23 Juni 1974 erorterten Herstatt Aufsichtsrat und Gerling Finanzchef Anton Weiler der Prasident der Deutschen Bundesbank und der Vorsitzende des Prasidiums des Aufsichtsrats des Gerling Konzerns die Frage einer Rettung der Herstatt Bank Weitere Gesprache am 26 Juni 1974 mit den Grossbanken Deutsche Bank Dresdner Bank und Commerzbank wegen einer Rettung der Herstatt Bank endeten erfolglos Noch am 26 Juni 1974 nahm das Bundesaufsichtsamt die der Herstatt Bank erteilte Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschaften Banklizenz nach 35 Abs 2 Nr 4 KWG zuruck es ordnete die Abwicklung der Gesellschaft an und gab ihr auf sofort bis auf weiteres ihre Schalter zu schliessen und ihre Zahlungen einzustellen Verantwortung BearbeitenIwan David Herstatt war als personlich haftender Gesellschafter kraft Gesetzes 164 HGB gleichzeitig Bankvorstand der die Bankgeschafte fuhrt und zu uberwachen hat Aufsichtsratsvorsitzender Hans Gerling war wiederum gesetzlich dazu verpflichtet den Bankvorstand zu uberwachen Der Konkurs der Herstatt Bank am 26 Juni 1974 war auf exzessive Devisenspekulationen Manipulationen im Rechnungswesen aber auch auf fehlende bankaufsichtsrechtliche Regelungen zuruckzufuhren Es konnte nie abschliessend gerichtlich geklart werden ob und inwieweit beide Personen ihren Kontrollpflichten nachgekommen sind In einem dem Zusammenbruch der Herstatt Bank ab dem 23 Marz 1979 folgenden Strafprozess wurde Herstatt am 16 Februar 1984 vom Landgericht Koln zunachst zu viereinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt revisionsbedingt trat er diese Strafe jedoch nicht an Das Urteil bestatigte weitgehend die Strafvorwurfe der Staatsanwaltschaft namlich Untreue und Beihilfe zu einem besonders schweren Bankrott Die Staatsanwaltschaft warf ihm Bilanzfalschung vor weil er als personlich haftender Gesellschafter die Bilanz des Geschaftsjahres 1973 mit fast 20 Millionen Mark Gewinn unterschrieben habe obwohl eigentlich ein Verlust von 440 Millionen Mark hatte ausgewiesen werden mussen Aus der Bilanzfalschung folgte der Vorwurf der Untreue weil aus dem angeblichen Gewinn verbotenerweise Dividenden und Tantiemen ausgeschuttet wurden und der Vorwurf des betrugerischen Bankrotts weil Herstatt kurz vor Schliessung der Bank noch verbotene Verfugungen vorgenommen haben soll Im Oktober 1985 hob der BGH dieses Urteil gegen Herstatt jedoch wieder auf In einem erneuten Verfahren das 1987 begann wurde die Strafe auf zwei Jahre Haft mit Bewahrung verkurzt Im Jahr 1991 wurde Herstatt schliesslich fur verhandlungsunfahig erklart und zwar wegen des seltenen Pickwick Syndroms der schwer ubergewichtige Bankier verfiel angeblich in Konzentrationsstorungen und wurde von Ermudungsanfallen heimgesucht Bis zu seinem Tod 1995 sah sich Herstatt als Opfer eines verschworerischen Betruges wie er 1992 in seinem Buch Die Vernichtung behauptete Er glaubte dass sein ehemaliger Abteilungsleiter des Devisenhandels Dany Dattel der Hauptschuldige sei der die Schieflage verschleiert und verharmlost habe Veroffentlichung BearbeitenIwan David Herstatt Die Vernichtung Glanz und Ende des Kolner Bankhauses I D Herstatt oder wie ich um mein Lebenswerk betrogen wurde Edition q Berlin 1992 ISBN 3 928024 90 6 PDF zum kostenlosen Download auf www herstatt de Weblinks BearbeitenBiographie im Portal Rheinische Geschichte Iwan David Herstatt in der Datenbank Find a Grave englisch Vorlage Findagrave Wartung Gleiche Kenner im Quelltext und in Wikidata herstatt deEinzelnachweise Bearbeiten Iwan David Herstatt Archiviert vom Original abgerufen am 16 Februar 2023 a b c Robert Steimel J D Herstatt Das alte und das neue Bankhaus Dezember 1963 S 51 f Ingo Kohler Die Arisierung der Privatbanken im Dritten Reich 2005 S 357 dem Grundstuck des im Krieg zerstorten Schaafhausen schen Bankvereins Wolfgang Filc Zinsarbitrage und Wahrungsspekulation 1975 S 13 Gespielt getauscht gemogelt In Der Spiegel Nr 13 1975 online 24 Marz 1975 BGH vom 9 Juli 1979 BGH NJW 1979 1879 WM 1979 873 Volker H Peemoller Stefan Hofmann Bilanzskandale Delikte und Gegenmassnahmen 2005 S 81 Normdaten Person GND 119037025 lobid OGND AKS LCCN n93043216 VIAF 27872731 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Herstatt Iwan DavidKURZBESCHREIBUNG deutscher BankierGEBURTSDATUM 16 Dezember 1913GEBURTSORT KolnSTERBEDATUM 9 Juni 1995STERBEORT Koln Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Iwan David Herstatt amp oldid 230939360