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Das isoperimetrische Problem der geometrischen Variationsrechnung fragt in seiner ursprunglichen auf das klassische Griechenland zuruckgehenden Form siehe Problem der Dido welche Form eine geschlossene Kurve mit gegebener Lange l displaystyle l haben muss damit diese Kurve die grosste Flache F displaystyle F umspannt Der Begriff wird aber auch auf verschiedene Verallgemeinerungen der Fragestellung angewandt Inhaltsverzeichnis 1 Das klassische isoperimetrische Problem 2 Das isoperimetrische Problem der Variationsrechnung 3 Beweisskizze des klassischen Problems fur den ebenen Fall 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseDas klassische isoperimetrische Problem BearbeitenDer Name isoperimetrisch bedeutet im Griechischen von gleichem Umfang Schon die Griechen wussten dass die Losung des klassischen isoperimetrischen Problems der Kreis ist und dass dies eine Folge der isoperimetrischen Ungleichung 4 p F l 2 displaystyle 4 pi F leq l 2 nbsp ist Das Gleichheitszeichen gilt hier nur fur den Kreis fur diesen gilt l 2 p r displaystyle l 2 pi r nbsp und F p r 2 displaystyle F pi r 2 nbsp r displaystyle r nbsp ist der Kreisradius Der alteste luckenhafte Beweisversuch wurde von Zenodoros im 2 Jahrhundert v Chr unternommen 1 Vollstandige Beweise fur die anschaulich sehr einleuchtende Tatsache wurden erst im 19 Jahrhundert erbracht Jakob Steiner gab 1838 einen rein geometrischen Beweis dass die Losung falls sie existiert 2 eine konvexe symmetrische Kurve sein musse Vollstandige Beweise gaben erst F Edler 1882 fur die Ebene sowie Karl Weierstrass und Hermann Amandus Schwarz 1884 fur den Raum Adolf Hurwitz gab 1902 einen einfachen Beweis fur stuckweise stetige Randkurven der Fourierreihen benutzte 3 Weitere Beweise stammen beispielsweise von Erhard Schmidt 1938 Es gibt auch hoherdimensionale Verallgemeinerungen des isoperimetrischen Problems Beispielsweise hat die Kugel in drei Dimensionen von allen Flachen die ein gegebenes Volumen umspannen die kleinste Oberflache Anschaulich ergibt sich das schon aus der Kugelform von Seifenblasen die bemuht sind ihre Oberflachenspannung und damit ihre Oberflache so klein wie moglich zu machen Mathematisch wurde das zuerst von Hermann Amandus Schwarz 1884 bewiesen Die Falle der Kugel in mehr als drei Dimensionen wurden von Edgar Krahn 1925 4 bewiesen sowie fur nichteuklidische Geometrien von Erhard Schmidt Auch verwandte Probleme der mathematischen Physik werden als isoperimetrische Probleme bezeichnet zum Beispiel die Vermutung von Barre de Saint Venant 1856 dass elastische Stabe mit kreisformigem Querschnitt maximale Torsionssteifigkeit haben Das isoperimetrische Problem der Variationsrechnung BearbeitenIn der Variationsrechnung spricht man allgemeiner bei folgendem Problem von einem isoperimetrischen Problem 5 6 Es seien a b l R displaystyle alpha beta l in mathbb R nbsp gegeben Gesucht werde eine Funktion u displaystyle u nbsp fur die das Funktional I u a b F x u x u x d x displaystyle I u int limits a b F x u x u x rm d x nbsp unter allen Funktionen u x displaystyle u x nbsp die u a a displaystyle u a alpha nbsp und u b b displaystyle u b beta nbsp sowie K u a b G x u x u x d x l displaystyle K u int limits a b G x u x u x rm d x l nbsp erfullen extremal wird Im Spezialfall G x u x u x 1 u x 2 displaystyle G x u x u x sqrt 1 u x 2 nbsp fordert diese Randbedingung dass der Umfang l displaystyle l nbsp einer durch u x displaystyle u x nbsp beschriebenen Kurve konstant ist Die Losung des Problems ergibt sich mit der Lagrange Funktion L F l G displaystyle L F lambda G nbsp aus der Euler Gleichung L u d d x L u 0 displaystyle frac partial L partial u frac d dx frac partial L partial u 0 nbsp Beweisskizze des klassischen Problems fur den ebenen Fall BearbeitenWir folgen hier dem oben bereits erwahnten Beweis von Jakob Steiner nbsp Steiners Argument fur die Konvexitat des GebietesSteiner behandelte das Problem in zwei und drei Dimensionen und setzte dabei die Existenz einer Losung voraus In zwei Dimensionen zeigte er zunachst dass die gesuchte Flache eine konvexe Menge ist das heisst dass jede Strecke die zwei Randpunkte miteinander verbindet ganz in der Flache liegt Ware dem nicht so dann hatte man eine Situation wie in der Abbildung rechts Man konnte die Kurve an der Verbindungsgeraden spiegeln und erhielte so eine grossere Flache bei gleichem Umfang Die gesuchte maximale Flache muss daher konvex sein Weiter kann man das Problem nach Steiner darauf reduzieren dass man konvexe Flachen betrachtet die von einer Strecke AB und Kurven fester Lange zwischen den Punkten A und B begrenzt sind Denn jede Strecke AB die den Umfang der gesuchten maximalen Flache halbiert halbiert auch den Flacheninhalt Ware das nicht so und ware zum Beispiel die Teilflache unterhalb der Strecke AB grosser konnte man den kleineren Flachenteil oberhalb der Geraden durch die an AB gespiegelte Flache unterhalb der Strecke ersetzen und erhielte so eine Flache mit grosserem Inhalt bei gleichem Umfang Das Problem ist also darauf reduziert eine konvexe Kurve gegebenen Umfangs mit den Endpunkten A B auf einer Geraden AB zu finden sodass der Flacheninhalt zwischen der Kurve und AB maximal wird In einem letzten Schritt beweist dann Steiner dass unter allen konvexen Kurven uber der Basisstrecke AB mit gleichem Umfang der Halbkreis den grossten Inhalt hat Denn man betrachte zu einem beliebigen Punkt C der Kurve das Dreieck ACB Die Flache F zwischen der Kurve und der Strecke AB teilt sich auf in die Flache F3 des Dreiecks ACB und die Flachen F1 zwischen der Kurve und der Dreiecksseite AC sowie F2 zwischen der Kurve und der Seite CB Nun variiere man das Dreieck ACB indem B auf der Geraden AB verschoben wird die Strecken AC CB aber gleich bleiben Unter all diesen Dreiecken hat das Dreieck mit dem rechten Winkel in C den grossten Flacheninhalt F3 7 Ist der Winkel in ABC im Punkt C kein rechter Winkel kann man also die Kurve durch eine solche gleichen Umfangs ersetzen wobei die Flache F aus der Flache des rechtwinkligen Dreiecks und den Flachen F1 und F2 uber den Dreiecksseiten AC CB zusammengesetzt ist deren Lange ja unverandert war Die gesuchte Kurve hat also jeweils rechte Winkel in beliebigen Punkten C der Kurve und ist somit nach dem Satz des Thales ein Halbkreis Literatur BearbeitenRichard Courant Harold Robbins Was ist Mathematik Springer 1973 S 283 kurze Erlauterung von Steiners Beweis Helmuth Gericke Zur Geschichte des isoperimetrischen Problems In Mathematische Semesterberichte Zur Pflege des Zusammenhangs von Schule und Universitat Band XXIX 1982 ISSN 0720 728X S 160 187 mit Beweisgang des Zenodoros und Skizze einer Beweisvariante Steiners Peter Gruber Zur Geschichte der Konvexgeometrie und Geometrie der Zahlen In Hirzebruch u a Ein Jahrhundert Mathematik 1890 1990 Vieweg 1990 Geschichte Hugo Hadwiger Vorlesungen uber Inhalt Oberflache und Isoperimetrie Springer 1957 Robert Osserman The isoperimetric inequality Bulletin AMS 84 1978 S 1182 1238 online Burago Zalgaller Geometric inequalities Springer 1988 G Talenti The standard isoperimetric problem In Gruber Wills Handbook of Convex Geometry North Holland 1993 S 73 123 Wilhelm Blaschke Kreis und Kugel 2 Auflage De Gruyter 1956 Isaac Chavel Isoperimetric Inequalities Cambridge University Press 2001 Weblinks BearbeitenUni Magazin Universitat Halle zum isoperimetrischen Problem Memento vom 3 Januar 2015 im Webarchiv archive today Hopf Samelson Selected chapters in geometry Mit einem Kapitel uber das isoperimetrische Problem PDF 221 kB Viktor Blasjo Evolution of the isoperimetric problem American Mathematical Monthly Band 112 2005 S 526 Wiegert The sagacity of circles A history of the isoperimetric problem MAAEinzelnachweise Bearbeiten Anton Nokk Bearb Zenodorus Abhandlung uber die Isoperimetrischen Figuren nach den Auszugen welche uns die Alexandriner Theon und Pappus aus derselben uberliefert haben deutsch bearbeitet von Dr Nokk In Programm des Grossherzoglichen Lyceums zu Freiburg im Breisgau als Einladung zu den offentlichen Prufungen 1860 Beilage S 1 35 Digitalisat Ressource der Bayerischen Staatsbibliothek Auf die Existenzfrage hat zuerst Peter Gustav Lejeune Dirichlet hingewiesen Hurwitz Quelques applications geometriques des series de Fourier Annales de l Ecole Normale Bd 19 1902 S 357 408 Der Beweis findet sich zum Beispiel in Blaschke Vorlesungen uber Differentialgeometrie Bd 1 Springer 1924 S 45 Dissertation bei Richard Courant in Gottingen 1925 Uber Minimaleigenschaften der Kugel in drei und mehr Dimensionen Kurt Meyberg Peter Vachenauer Hohere Mathematik 2 Springer Verlag 4 Auflage 2001 S 428 f John Clegg Variationsrechnung Teubner 1970 S 87 Die Flache ist das Produkt aus Basislange AC und der Hohe die nur beim rechten Winkel in C gleich CB ist und sonst kleiner Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Isoperimetrisches Problem amp oldid 233780908