www.wikidata.de-de.nina.az
Der Island Plume ist ein Aufstrom anomal heissen Gesteins im Erdmantel unter Island dessen Ursprung wahrscheinlich an der Grenze zwischen Erdkern und Erdmantel in ca 2 880 km Tiefe liegt Er ist nach der gangigen Lehrmeinung der Plume Theorie von W Jason Morgan die Ursache fur die Entstehung Islands und fur ihren Vulkanismus der die Insel bis heute pragt Inhaltsverzeichnis 1 Erdgeschichtliche Entwicklung 2 Geophysikalische und geochemische Beobachtungen 2 1 Seismologie 2 2 Geochemie 2 3 Gravimetrie Geoid 2 4 Geodynamik 3 Alternativmodelle 4 Literatur 5 Weblinks 5 1 Wissenschaftliche Beitrage 5 2 AndereErdgeschichtliche Entwicklung Bearbeiten nbsp Topographie Bathymetrie des Nordatlantik um IslandDer Plume der den Namen Islands tragt und heute ziemlich genau unter der Mitte der Insel liegt ist erheblich alter als Island Vulkanische Gesteine die mit ihm in Verbindung gebracht werden sind auf beiden Seiten der sudgronlandischen Kuste zu finden und datieren im Fall Sudwestgronlands etwa 58 64 Mio Jahre zuruck sie fallen damit mit der Offnung des Nordatlantik im spaten Palaozan und fruhen Eozan zusammen Man geht davon aus dass der Vulkanismus dadurch verursacht wurde dass heisses Material des Plumekopfes in Bereiche unter der Lithosphare gestromt ist die durch vorherige Riftbildung bereits ausgedunnt war und dort grosse Mengen an Schmelze produziert hat Die genaue Position des Plumes in diesem Zeitraum ist strittig lag aber vermutlich unter Zentralgronland ebenso ist noch nicht eindeutig geklart ob der Plume erst zu diesem Zeitpunkt aus dem tiefen Mantel aufgestiegen ist oder ob er wesentlich alter ist und auch den alten Vulkanismus in Nordgronland auf der Ellesmere Insel und im Arktischen Ozean Alpharucken verursacht hat Mit fortschreitender Offnung des Nordatlantik ostlich von Gronland im Verlauf des Eozan begannen Nordamerika und Eurasien auseinanderzudriften der Mittelatlantische Rucken bildete sich als ozeanisches Spreizungszentrum und Teil des submarinen Vulkansystems der Mittelozeanischen Rucken Bei diesen Plattenbewegungen schob sich Gronland uber den Island Plume hinweg verschiedene Untersuchungen lokalisieren den Plume vor etwa 40 Mio Jahren unter oder etwas ostlich der sudostgronlandischen Kuste Scoresby Sund und setzen ihn in Beziehung zur Nordatlantischen Flutbasaltprovinz Im Verlauf der weiteren Ozeanoffnung und Plattendrift naherten sich Plume und Mittelatlantischer Rucken einander und schliesslich gelangte ein Teil des Plumekopfes in den Bereich dunner Lithosphare am Rucken wo es nun zu erhohter Schmelz und Krustenbildung kam diese nahm zu je mehr sich beide aufeinander zubewegten Der Gronland Island und der Faroer Island Rucken beides Bereiche stark verdickter ozeanischer Kruste sind Spuren dieses Stadiums der Konvergenz vor der Bildung Islands Die alteste Kruste von Island selbst ist uber 20 Mio Jahre alt und wurde an einem alten heute erloschenen mittelozeanischen Spreizungszentrum im Bereich der Westfjorde Vestfirdir gebildet Die westwarts gerichtete Wanderung der Platten und damit des Ruckens uber den Plume hinweg und die starke thermische Anomalie des Plumes fuhrten dazu dass dieses alte Spreizungszentrum vor 15 Mio Jahren abstarb und sich weiter ostlich im Gebiet der heutigen Halbinseln Skagi und Snaefellsnes ein neues bildete in letzterem gibt es mit dem Vulkan Snaefellsjokull noch heute eine gewisse Restaktivitat Das Spreizungszentrum und damit die Hauptaktivitat verschoben sich jedoch vor 7 9 Mio Jahren wiederum nach Osten und bildeten die heutigen vulkanischen Zonen im Sudwesten WVZ Reykjanes Hofsjokull Vatnajokull und Nordosten NVZ Vatnajokull Tjornes Derzeit findet ein langsames Abklingen der Aktivitat in der WVZ statt wahrend die vor 3 Mio Jahren initiierte Vulkanzone im Sudosten Katla Vatnajokull sich entwickelt Neben der Bildung Islands hat der Plume auch die Krustenbildung der angrenzenden Abschnitte des Mittelatlantischen Ruckens beeinflusst vor allem des Reykjanes Ruckens sudwestlich der Insel Man beobachtet dort eine deutliche Verdickung der Erdkruste und eine anomale Anhebung des Meeresbodens die auf eine heisse vom Plume ausgehende Mantelstromung entlang der dunnen Lithosphare unter dem Rucken zuruckgefuhrt wird die Variationen der Krustendicke die ein Muster von ineinandergeschachtelten von Island wegweisenden Vs bilden zeigen dabei dass dieser Fluss nicht gleichmassig gewesen ist Eine der verschiedenen Moglichkeiten dieses Muster zu erklaren stutzt sich auf die Wechselwirkung der Verschiebung des Spreizungszentrums mit dem Plumekopf Geophysikalische und geochemische Beobachtungen BearbeitenInformationen uber die Struktur des tiefen Erdinneren konnen nur indirekt mit geophysikalischen und geochemischen Methoden gewonnen werden Fur die Untersuchung des Island Plumes wie auch anderer Plumes haben sich neben gravimetrischen und Geoiduntersuchungen vor allem seismologische Methoden und geochemische Analysen eruptierter Laven bewahrt Numerische Modelle der geodynamischen Prozesse versuchen diese Beobachtungen zu einem schlussigen Gesamtbild zu integrieren Seismologie Bearbeiten Ein wichtiges Verfahren zur Abbildung von grossraumigen Strukturen im Erdinnern ist die seismische Tomographie bei der das Untersuchungsgebiet durchleuchtet wird indem Erdbebenwellen von verschiedenen Beben aus moglichst verschiedenen Richtungen mit einem Netz von Seismometern registriert werden Die Grosse des Netzes ist hierbei entscheidend fur die Grosse des Gebietes das zuverlassig abgebildet werden kann Fur die Untersuchung des Island Plumes ist sowohl globale Tomographie bei der der gesamte Erdmantel mithilfe von Daten weltweit verteilter Stationen mit relativ geringer Auflosung abgebildet wird als auch regionale Tomographie bei der ein auf Island beschranktes Seismometernetz den Erdmantel bis in 400 450 km Tiefe mit hoherer Auflosung abbildet verwendet worden Regionale Studien aus den 1990er Jahren ICEMELT HOTSPOT zeigen eindeutig dass unter Island bis in mindestens 400 km Tiefe eine grob zylindrische Struktur mit einem Radius von 100 150 km existiert in der die Geschwindigkeit seismischer Wellen um bis zu 3 P Wellen bzw uber 4 S Wellen gegenuber dem Referenzmodell herabgesetzt wird neueste Analysen dieser Daten deuten sogar auf eine noch starkere Reduktion hin Rechnet man dies mithilfe gesteinsphysikalischer Modelle in eine Temperaturanomalie um so ergibt sich dass der Erdmantel dort 150 250 C heisser als normal ist Eine gewisse Unsicherheit in den Modellen ergibt sich durch das begrenzte Auflosungsvermogen der seismischen Tomographie ein heisser schmaler Plume ist von einem weniger heissen breiteren nur schwer zu unterscheiden Die globale Tomographie bestatigt dass im oberen Erdmantel unter Island eine starke Anomalie mit deutlich erniedrigten seismischen Geschwindigkeiten vorhanden ist Fur den unteren Erdmantel unterhalb von 660 km Tiefe ist das Bild widerspruchlicher In allen Untersuchungen wird die Anomalie dort deutlich schwacher und hat eine unregelmassigere Gestalt in einigen Tiefenbereichen scheint sie sogar ganz zu verschwinden wobei diese Tiefenlage nicht bei allen Studien gleich ist Mit anderen seismologischen Verfahren wurde an der Kern Mantel Grenze unter Island ebenfalls ein anomal heisser Bereich entdeckt und auch die Struktur der seismischen Diskontinuitaten in 410 und 660 km unter Island weist auf erhohte Temperaturen hin Daher geht die Mehrheit der Wissenschaftler davon aus dass die schwachere Signatur des Plumes im unteren Mantel einerseits mit eventueller zeitlicher Variabilitat des Plumes und oder der Anderung der physikalischen Eigenschaften des Mantels mit der Tiefe andererseits mit den Beschrankungen der Methode und der verfugbaren Daten zu erklaren ist der Plume sich aber in jedem Fall durch das gesamte Tiefenintervall des Erdmantels erstreckt Geochemie Bearbeiten Zahlreiche Studien haben die geochemische Signatur der Laven untersucht die in Island und dem Nordatlantik vorkommen Sie ergeben ein ausserordentlich komplexes teilweise noch widerspruchliches Bild stimmen aber auch in einer Reihe wichtiger Punkte uberein So wird nicht bestritten dass die Quelle des Vulkanismus im Erdmantel chemisch und petrologisch heterogen ist an der Entstehung der Schmelzen ist nicht nur der normale Peridotit des oberen Mantels beteiligt sondern offenbar auch Eklogit dessen Herkunft in metamorphisierter sehr alter ozeanischer Kruste vermutet wird die bei der Subduktion eines Ozeans vor mehreren hundert Millionen Jahren in den Erdmantel gelangt ist ferner findet man z B anhand der Isotopenverhaltnisse von Edelgasen Hinweise darauf dass es auch einen Beitrag von Gestein aus dem unteren Mantel gibt Die Variationen im Gehalt von Spurenelementen wie Helium Blei Strontium Neodym u a zeigen deutlich dass Island auch geochemisch eine Anomalie im Vergleich zum restlichen Nordatlantik darstellt Das Verhaltnis von He 3 zu He 4 hat z B ein ausgepragtes mit geophysikalischen Anomalien gut korreliertes Maximum auf Island und das Abklingen dieser und anderer geochemischer Signaturen mit zunehmendem Abstand vom Plume erlaubt es abzuschatzen dass sich der Einfluss des Plumes etwa 1500 km entlang des Reykjanes Ruckens und mindestens 300 km entlang des Kolbeinsey Ruckens erstreckt Je nachdem welche Elemente man betrachtet und wie gross das Gebiet ist aus dem Proben stammen kann man bis zu sechs verschiedene Mantelquellen identifizieren die jedoch nie alle an einem Ort anzutreffen sind Des Weiteren zeigen einige Studien dass der Gehalt von Wasser das in den Mantelmineralen gelost ist im Bereich des Island Plumes zwei bis sechsmal hoher liegt als in Mantel unter ungestorten Teilen des Mittelozeanischen Ruckens wo er bei etwa 150 ppm angesetzt wird Gravimetrie Geoid Bearbeiten Der Nordatlantik ist durch starke grossraumige gravimetrische und Geoidanomalien gekennzeichnet in deren Zentrum Island liegt Das Geoid erhebt sich dort in einem etwa kreisformigen Gebiet von hunderten von Kilometern Durchmesser bis zu 70 m uber das geodatische Referenzellipsoid bzw bis zu etwa 25 m uber die hydrostatische Referenzfigur der Erde Diese anomalen 25 m oder ein Teil davon konnen durch die dynamische Wirkung des aufstromenden Plumes erklart werden der dort die Erdoberflache nach aussen wolbt Der Plume und die verdickte Kruste verursachen ausserdem eine positive Schwereanomalie von ca 60 mgal 0 0006 m s Freiluft nbsp Freiluft Schwereanomalien im Nordatlantik um Island Zur besseren Darstellung ist die Farbskala auf Anomalien bis 80 mgal beschrankt Geodynamik Bearbeiten Seit Mitte der 1990er Jahre sind mehrere Versuche unternommen worden die Beobachtungen mithilfe von numerischen geodynamischen Modellen der Mantelkonvektion zu erklaren Ziel dieser Modellrechnungen war unter anderem den Widerspruch zu losen dass ein breiter Plume mit einer relativ geringen Temperaturanomalie besser mit der beobachteten Krustendicke Topographie und Schwere zu vereinbaren ist wahrend ein schmaler heisser Plume besser zu seismischen und geochemischen Modellen passt Die neuesten Modelle deuten darauf hin dass der Plume vermutlich 180 200 C heisser als der umgebende Mantel ist und sein Stamm einen Radius von ca 100 km hat d h die seismologischen Modelle werden bestatigt Krustendicke Topographie und Schwere konnen mit einem solchen Modell erklart werden wenn man berucksichtigt dass der Verlust von im Mantelgestein gelosten Wasser beim Schmelzen das Stromungsverhalten des Plumes massiv verandert so dass die entsprechenden Anomalien breiter werden und er weniger Schmelze erzeugt Bisherige Modelle berucksichtigen die petrologische Heterogenitat jedoch nicht oder nur stark vereinfacht Die im Abschnitt zur erdgeschichtlichen Entwicklung erwahnten V Muster der Kruste des Reykjanes Ruckens werden von geodynamischen Modellen mithilfe von Pulsationen des Plumes d h von Schwankungen des Massenflusses durch den Plumestamm erklart Alternativmodelle BearbeitenWie eingangs erwahnt ist das Plumemodell die herrschende Lehrmeinung zur Erklarung der Entstehung Islands und seines Vulkanismus Insbesondere die schwache Sichtbarkeit des Plumes in tomographischen Abbildungen des unteren Erdmantels und die geochemischen Hinweise auf Eklogit in der Mantelquelle haben jedoch bei einigen Wissenschaftlern wie Don L Anderson Zweifel an der Gultigkeit des Plumemodells aufkommen lassen Als Alternative werden Mechanismen vorgeschlagen die sich auf Prozesse im oberen Erdmantel beschranken Nach einem dieser Modelle hat ein grosses Stuck der subduzierten Platte eines fruheren Ozeans mehrere hundert Jahrmillionen im obersten Mantel uberdauert und die zu Eklogit gewordene ozeanische Kruste sorgt nunmehr fur exzessive Schmelzbildung und den beobachteten Vulkanismus Dieses Modell ist jedoch nicht durch dynamische Modellierungen fundiert wird nicht durch die Datenlage erzwungen und lasst auch Fragen wie die nach der dynamischen und chemischen Stabilitat eines solchen Korpers uber einen solchen Zeitraum oder nach dem thermischen Effekt so massiver Schmelzbildung unbeantwortet Ein anderes Modell schlagt vor dass der Aufstrom im Bereich von Island durch laterale Temperaturgradienten zwischen dem subozeanischen Mantel und dem benachbarten gronlandischen Kraton angetrieben wird und damit ebenfalls nur auf die oberen 200 300 km des Mantels beschrankt ist Allerdings ist dieser Konvektionsmechanismus unter den im Nordatlantik herrschenden Bedingungen hinsichtlich der Spreizungsrate des Mittelatlantischen Ruckens vermutlich nicht gross genug und bietet auch keine einfache Erklarung z B fur die beobachtete Geoidanomalie Literatur BearbeitenG Ito Y Shen G Hirth C J Wolfe Mantle flow melting and dehydration of the Iceland mantle plume Earth Planet Sci Lett 165 1999 S 81 96 PDF Datei 2 04 MB C J Wolfe I TH Bjarnason J C VanDecar S C Solomon Seismic structure of the Iceland mantle plume Nature 385 5727 1997 S 245 247Weblinks BearbeitenWissenschaftliche Beitrage Bearbeiten Island Seite von Richard Allen UC Berkeley englisch Geology and geodynamics of Iceland von Reidar G Tronnes Institute of Earth Sciences Reykjavik PDF englisch 2 02 MB Ingi Th Bjarnason Harro Schmeling The lithosphere and asthenosphere of the Iceland hotspot from surface waves Geophys J Int 178 394 418 doi 10 1111 j 1365 246X 2009 04155 x Wiley lib Abstract Ingi Th Bjarnason An Iceland hot spot saga Jokull 2008 PDF 2 4 MB englisch Andere Bearbeiten Landerportal mit Informationen zur Geologie Islands Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Island Plume amp oldid 228945046