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Die Inkunabelforschung auch Inkunabelkunde beschaftigt sich mit dem gedruckten Buch des 15 Jahrhunderts Ihr Gegenstand sind die Inkunabeln auch Wiegendrucke mithin Druckwerke die seit der Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Metalllettern durch Johannes Gutenberg bis zum Jahre 1500 hergestellt wurden Die im 17 Jahrhundert ihren Anfang nehmende Inkunabelforschung ist Teil der allgemeinen Buchwissenschaft Sie lasst sich in zwei verschiedene Aufgabenbereiche differenzieren das Erstellen von Inkunabelverzeichnissen Kataloge und Bibliografien sowie die Druck und Druckerforschung Analyse der Drucktechnik Im weiteren Sinne ist auch die Beschaftigung mit den historischen Verhaltnissen der Inkunabelzeit und den Biografien der Inkunabeldrucker Geschichte der Drucker Teil der Inkunabelforschung Druckorte von Inkunabeln die im ISTC erfasst sind Inhaltsverzeichnis 1 Begriffliche Abgrenzung 2 Inkunabelverzeichnisse 3 Druck und Druckerforschung 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseBegriffliche Abgrenzung Bearbeiten nbsp Schedelsche Weltchronik Inkunabel von 1493Der Begriff Inkunabel von lat incunabula Wiege Windeln bezeichnet ein mit beweglichen Metalllettern hergestelltes Druckwerk das vor dem 1 Januar 1501 vollendet wurde Diese Definition steht in der heutigen Inkunabelforschung unumstosslich fest obwohl es in fruherer Zeit auch Bibliografen gab die die zeitliche Grenze der Inkunabelzeit anders setzten z B Georg Wolfgang Panzer Die Festlegung auf das Jahr 1500 ist dabei freilich zunachst eine willkurliche Konvention Sie hat aber dennoch eine innere Berechtigung da um das Jahr 1500 Entwicklungen in Gang kamen die dazu fuhrten dass sich die neuen Druckschriften deutlich von ihren Vorlaufern unterschieden So begann sich der Buchdruck davon zu losen die mittelalterlichen Handschriften als nachzuahmendes Beispiel zu betrachten und sich an deren Gestaltung zu orientieren Das Medium Buch entwickelte vielmehr eigene Gesetzmassigkeiten die schliesslich in seinem auch dem heutigen Leser vertrauten Erscheinungsbild einmundeten Beispielhaft hierfur ist die Ausmerzung der von den mittelalterlichen Handschriften ubernommenen Ligaturen und Abbreviaturen Konrad Haebler Nestor der Inkunabelkunde verweist in seinem Handbuch der Inkunabelkunde auf einen weiteren Veranderungsprozess der um die Jahrhundertwende einsetzte Anders als in der Inkunabelzeit habe der Drucker des 16 Jahrhunderts seinem Werk nicht mehr als selbststandig schaffender Meister mit kunstlerischem Anspruch gegenubergestanden sondern sei zur handwerks und gewerbsmassigen Herstellung von Buchern ubergegangen Dieser Prozess setzte dabei freilich genau wie die Loslosung des Buchdrucks vom handschriftlichen Vorbild nicht mit einem Schlag am 1 Januar 1501 ein Die Begrenzung der Inkunabelzeit durch die Jahrhundertwende stellt mithin einen Kompromiss aus unterschiedlichen Ansatzen zur Einordnung des Zeitalters der Wiegendrucke dar Diese Konvention ist die bis heute gultige da sie zum einen gut merkbar ist und zum anderen die besondere Stellung der Inkunabeln gegenuber spateren Druckwerken verdeutlicht Der Begriff Inkunabel taucht im Zusammenhang mit der Fruhdruckzeit erstmals in einer Schrift Bernhard von Mallinckrodt auf Anno 1640 veroffentlichte von Mallinckrodt anlasslich der Zweihundertjahrfeier der Erfindung des Buchdrucks das Werk De ortu et progressu artis typographicae in welchem er das Zeitalter der fruhesten Druckschriften als prima typographicae incunabula bezeichnete und dieses mit dem Jahr 1500 enden liess Es ist anzumerken dass Mallinckrodt die Epoche und nicht die Druckschriften selbst als incunabula beschrieb Fur die fruhesten Druckwerke selbst burgerte sich die Bezeichnung Inkunabel erst im fruhen 19 Jahrhundert ein Dieser Fachterminus hat sich heute fest etabliert und auch Eingang in viele andere Sprachen gefunden Die deutsche Bezeichnung Wiegendrucke ist hingegen weniger gebrauchlich Inkunabelverzeichnisse BearbeitenIn der Mitte des 17 Jahrhunderts also etwa 200 Jahre nach der Erfindung der Buchdruckerkunst durch Johannes Gutenberg wurden die Inkunabeln erstmals Objekt spezieller Betrachtung und kulturgeschichtlicher Untersuchung Die Wiegendrucke wurden als eine von den gedruckten Schriften jungerer Zeit deutlich verschiedene Gruppe begriffen weshalb man es fur notig erachtete die Inkunabeln nun auch gesondert bibliografisch zu erfassen Da die begrifflichen Definitionen nicht immer eindeutig sind sei an dieser Stelle angemerkt dass ein Katalog im Folgenden als Verzeichnis einer separaten Sammlung zum Beispiel einer Bibliothek oder Spezialbibliothek 1 oder Region eine Bibliografie als Verzeichnis das anstrebt die Gesamtheit aller existierenden Titel eines bestimmten Themenfeldes zu umfassen verstanden werden soll Ein Ausloser dafur dass den fruhesten Druckerzeugnissen besondere Aufmerksamkeit geschenkt wurde durften die Jubilaumsfeierlichkeiten gewesen sein die im Jahre 1640 zu Ehren Johannes Gutenbergs und seiner Erfindung in vielen deutschen Stadten stattfanden Das vielerorts geweckte Interesse fur die Inkunabeln bildete die Grundlage fur deren wissenschaftliche Betrachtung und fuhrte alsbald zum Erscheinen des ersten Inkunabelkatalogs Johannes Saubertus fugte seiner Historiae bibliothecae reipublicae Noribergensis anno 1643 als Anhang ein Verzeichnis bei das 825 Inkunabeln enthielt die sich in der Stadtbibliothek zu Nurnberg befanden Zehn Jahre spater erganzte der Franzose Phillippe Labbe seine Nova bibliotheca mit dem Supplementum IX in welchem 1289 Wiegendrucke aus den Bestanden der Pariser Bibliotheque Royale bibliografisch erfasst wurden Cornelius van Beughems Verzeichnis Incunabula typographicae von 1688 bedeutete dahingehend einen Fortschritt dass erstmals der Versuch unternommen wurde ein Verzeichnis aller Druckwerke der Inkunabelzeit anzulegen Seine Vorlaufer Saubertus und Labbe hatten sich hingegen darauf konzentriert Kataloge einzelner ihnen zu Verfugung stehender Sammlungen zu erstellen Das als umfassende Bibliografie konzipierte Verzeichnis van Beughems enthielt annahernd 3000 Titel darunter aber nur solche die ausreichende Angaben uber ihren Ursprung enthielten und eindeutig als Inkunabeln zu erkennen waren Wie Saubertus und Labbe erfasste auch Cornelius van Beughem die Inkunabeln rein bibliografisch machte keine erlauternden Anmerkungen und behandelte die Wiegendrucke nicht anders als Titel jungeren Datums Michael Maittaires Annales typographici ab artis inventae origine ad annum MD waren das erste Inkunabelverzeichnis dass auch wissenschaftlichen Anspruchen genugen konnte Im Gegensatz zu seinen Vorgangern beliess es Maittaire nicht dabei die Titel lediglich bibliografisch zu notieren In umfangreichen Anmerkungen verzeichnete er fur den wissenschaftlichen Betrachter relevante Informationen zu den jeweiligen Inkunabeln Des Weiteren ordnete Maittaire die Titel seiner Bibliografie in chronologischer Reihenfolge an und beschrieb die grosse Mehrzahl der verzeichneten Inkunabeln anhand eigener Anschauung Die 1733 erschienene zweite Auflage der Annales typographicae brachte auch in Bezug auf die Anzahl der nachgewiesenen Druckschriften einen deutlichen Fortschritt Sie enthielt annahernd 5600 Inkunabeln Als Fortsetzung und Verbesserung von Maittaires Bibliografie verstand Michael Denis sein Werk Annalium typographicorum Michaelis Maittaire Supplementum von 1789 Indem er sich eng an Maittaires Praxis der Titelanordnung und beschreibung anlehnte gelang es ihm die Zahl der nachweisbaren Inkunabeln noch einmal mehr als zu verdoppeln In seiner Bibliografie verzeichnete Denis 6311 bis dahin unbekannte Wiegendrucke Besondere Verdienste erwarb sich Michael Denis dadurch dass er erstmals in grossem Umfang bemuht war auch solche Titel zu berucksichtigten die keinen Druckvermerk aufwiesen So enthielt sein Inkunabelverzeichnis 2237 Titel in denen keinerlei Angaben zu Drucker Druckort und Datum gemacht wurden Trotzdem glaubte Michael Denis diese Ausgaben aufgrund eigener Recherche als Wiegendrucke ausweisen zu konnen Obwohl Francois Xavier Laires Verzeichnis Index librorum ab inventa typographica ad a 1500 chronologice dispositus von 1791 dem Titel nach den Anspruch erhob eine allgemeine Inkunabelbibliografie zu sein handelte es sich dabei in Wirklichkeit lediglich um den Katalog der Sammlung des Kardinals Lomenie de Brienne Dennoch blieb Laires Werk von bleibender Bedeutung fur die Geschichte der Inkunabelforschung Die Besonderheit des Kataloges war nicht die Liste der nachgewiesenen Wiegendrucke sondern die Art und Weise in der die einzelnen Titel behandelt wurden Laire beschrieb in bis dato ungekannter Ausfuhrlichkeit alle charakteristischen Merkmale der Inkunabeln und verzeichnete gewissenhaft alle fur den Inkunabelforscher relevanten Informationen So enthielt sein Werk z B Informationen zur Art des Satzes zu Signaturen Kustoden Registern usw Georg Wolfgang Panzer verfolgte den Anspruch ein umfassendes Verzeichnis aller bekannten Wiegendrucke zu erstellen In den 1788 erschienenen Annalen der alteren deutschen Literatur wandte Panzer sich zuerst gesondert den deutschsprachigen Inkunabeln zu Universeller ausgerichtet waren hingegen seine von 1793 bis 1803 in Nurnberg veroffentlichten Annales typographici die er als Gesamtbibliografie aller damals nachweisbaren Wiegendrucke konzipierte Die verzeichneten Titel wurden dabei nach Druckorten innerhalb der Orte nach den einzelnen Druckereien und dann erst chronologisch angeordnet Aber auch in Bezug auf die zeitliche Begrenzung der Inkunabelzeit ging Panzer eigene Wege und verzeichnete alle Druckwerke bis 1536 Unter den 16 151 nachgewiesenen Titeln seiner Verzeichnisse sind mithin sowohl echte als auch vermeintliche Inkunabeln zu finden Ludwig Hains Repertorium bibliographicum Stuttgart 1826 1838 bedeutete eine Abkehr von Anlage und Methode der alteren Inkunabelverzeichnisse Neu war dabei nicht die alphabetische Sortierung nach Verfasser oder Titel sondern die genaue buchstaben und zeilengetreue Wiedergabe von Anfang Incipit und Schluss Explicit der Werke Dadurch wurde es moglich die einzelnen Exemplare nach ihrer literarischen Beschreibung mit voller Sicherheit und einwandfrei zu identifizieren Hain der nach Autoren bzw nach Stichworten ordnete machte des Weiteren ausfuhrliche Angaben zu Format Satzform Typenart der Zahl der Blatter und Zeilen sowie uber das Vorhandensein von Signaturen Kustoden Blattzahlung Registern und Holzschnittillustrationen Sein Repertorium bibliographicum umfasste insgesamt 16 397 Titel wobei in Rechnung gestellt werden muss dass das Werk beim Tode seines Verfassers unvollstandig war was auch das Fehlen von Registern und das Nichtvorhandensein von Angaben uber Fundorte und besitzende Bibliotheken erklart Trotz dieser Unvollkommenheiten blieb Hains Repertorium bilbliographicum uber fast ein Jahrhundert das grundlegende Werk der Inkunabelforschung Diese Bedeutung verdankt Hains Bibliografie hauptsachlich ihrer Methode und der bahnbrechenden Neuerung Incipit und Explicit vollstandig zu verzeichnen Diese neue Herangehensweise nahm sich auch die grosse Anzahl neuer Inkunabelkataloge einzelner Sammlungen die infolge des Repertoriums erschienen zum Vorbild Als Erganzung zu Hains Verzeichnis das trotz seiner Mangel fur den Inkunabelforscher noch immer unentbehrlich ist verstand W A Copinger sein von 1895 bis 1902 in London erscheinendes Supplement to Hain s Repertorium bibliographicum Im ersten Teil seines Werkes verzeichnete Copinger einige Tausend Erganzungen zu im Repertorium bibliographicum nur unvollstandig beschriebenen Inkunabeln Die beiden Bande des zweiten Teils enthielten 6619 neue Wiegendrucke die Hain noch nicht gekannt hatte Als Nachteil von Copingers Supplement wird gewertet dass nur eine verschwindend geringe Zahl der verzeichneten Drucke aufgrund eigener Autopsie Anschauung beschrieben wurde Dietrich Reichlings Appendices ad Hainii Copingeri Repertorium bibliographicum hatten demgegenuber den Vorteil dass ihr Verfasser den grossten Teil der von ihm erfassten Inkunabeln selbst zu untersuchen Gelegenheit hatte Reichling griff hauptsachlich auf die Bestande italienischer und schweizerischer Bibliotheken zuruck deren bis dato unbekannte Stucke er nach Hains Methode verzeichnete Mit den von Reichling erstmals nachgewiesenen Inkunabeln erhohte sich die offizielle Zahl der Wiegendrucke auf 25 352 Bei dieser Zahl ist jedoch zu beachten dass Dietrich Reichling wie auch fruhere Bibliografen falschlicherweise manche schon bekannten Inkunabeln als neue Titel beschrieb Wie viele verschiedene Wiegendrucke weltweit wirklich existieren ist bis heute unsicher Schatzungen gehen von annahernd 30 000 Titeln aus die in ca 500 000 Exemplaren erhalten sein durften Gegen Ende des 19 Jahrhunderts reiften Plane Hains Repertorium bibliographicum durch einen auf einer neuen Bestandsaufnahme basierenden Weltkatalog der Inkunabeln zu ersetzen Anno 1904 wurde auf Anregung des Preussischen Kulturministeriums eine Kommission fur den Gesamtkatalog der Wiegendrucke GW eingerichtet deren Vorsitz zunachst Konrad Haebler ubernahm Die Kommissionsmitglieder grundeten an der damaligen Koniglichen Bibliothek heute Staatsbibliothek zu Berlin eine Zentralstelle fur den GW und begannen ihre Aufgabe zunachst mit einer sorgfaltigen Inventarisierung der deutschen Bestande Fur die Erfassung der Weltbestande fanden die Mitglieder der Kommission tatkraftige Unterstutzung von auslandischen Inkunabelforschern Der Erste Weltkrieg brachte empfindliche Storungen fur die internationale Zusammenarbeit und die Erstellung des GW mit sich So dauerte es bis 1925 ehe der erste Band mit 1256 Beschreibungen im Hiersemann Verlag zu Leipzig veroffentlicht wurde In der Folge erschienen etwa alle zwei Jahre insgesamt sieben Bande bis der Zweite Weltkrieg die Arbeit am Gesamtkatalog der Wiegendrucke vorlaufig zum Erliegen brachte Unglucklicherweise wurde die Fortfuhrung des Werkes durch die politischen Verwerfungen zwischen den beiden deutschen Nachkriegsstaaten erheblich behindert weshalb der vollstandige achte Band erst 1978 vorlag Bis heute bleibt der GW ein unvollstandiges Projekt Er liegt in zehn Banden und zwei Lieferungen des elften Bandes vor Mit dem elften Band werden die Buchstaben A H vollstandig verzeichnet sein Inzwischen ist der Gesamtkatalog der Wiegendrucke auch als Online Datenbank verfugbar Der GW ist alphabetisch nach Autoren bzw bei anonymen Schriften nach Sachtiteln geordnet Mithin wird der literaturgeschichtliche Aspekt der Inkunabeln an die erste Stelle gestellt Jeder Eintrag besteht aus bibliografischer Notiz Verfasser Sachtitel Drucker Druckort etc Kollation Angaben zu Umfang Signaturen Kustoden Blattzahlung Anordnung Ausstattung etc der textlichen Beschreibung wiedergegebener Text nach dem Original in Antiqua oder Schwabacher gedruckt und schliesslich dem Quellen und Exemplarnachweis nbsp Aufschlusselung der Inkunabeln im ISTC nach HerkunftVor dem Hintergrund der Schwierigkeiten bei der internationalen Zusammenarbeit am GW und der daraus resultierenden Unvollstandigkeit des Werkes kam jenen Unternehmungen eine besondere Bedeutung zu die sich mit der katalogmassigen Erfassung der Inkunabelbestande einzelner Lander und Sammlungen befassten Das grosste Projekt dieser Art ist der 1908 begonnene Catalogue of Books printed in the fifteenth Century now in the British Museum heute British Library In London ist auf EDV Basis der von der British Library gefuhrte Incunabula Short Title Catalogue ISTC im Aufbau begriffen der zu einem weltweiten Inventar weiterentwickelt werden soll Den reichsten Bestand von Wiegendrucken auf deutschem Boden erschliesst der Inkunabelkatalog der Bayerischen Staatsbibliothek Seit Mitte des Jahres 2005 ist die Verteilte Digitale Inkunabelbibliothek online In ihr liegen uber 1000 Wiegendrucke aus den Bestanden der Herzog August Bibliothek zu Wolfenbuttel und der Kolner Universitats und Stadtbibliothek in digitaler Form vor Druck und Druckerforschung BearbeitenLudwig Hain und seine Vorganger konzentrierten sich bei der Erarbeitung ihrer Kataloge und Bibliografien stets mehr auf die literarische als auf die buchtechnische Dimension der Inkunabeln Fur das technische Material der fruhesten Buchdrucker bestand meist nur insoweit Interesse wie dessen Analyse helfen konnte ganz oder teilweise unfirmierte Wiegendrucke genauer zu bestimmen und in die Inkunabelverzeichnisse zu integrieren Da viele Inkunabeln eines Druckvermerks entbehrten und somit keine oder nur unvollstandige Angaben uber ihre Herkunft machten war es bei einer rein literarischen Beschreibung der Inkunabeln freilich unmoglich den Inkunabelcharakter eines Werkes eindeutig zu bestimmen und die Druckschrift einer Druckerwerkstatt zuzuordnen Um den Ursprung dieser nicht eindeutig datierten Titel zu klaren verglichen die Inkunabelbibliografen die Typen der ihnen vorliegenden unfirmierten Drucke mit denen die in eindeutig zugewiesenen Wiegendrucken verwendet wurden Dabei war die Herangehensweise zunachst keine wissenschaftlich exakte Die Zuweisung eines undatierten Werkes erfolgte aufgrund der Ahnlichkeit der verwendeten Typen Man arbeitete noch nicht mit einem ausgereiften Verfahren des Typenvergleichs sondern verliess sich auf das recht willkurliche Ahnlichkeitsempfinden des jeweiligen Bibliografen Den ersten Versuch dem Typenvergleich eine wissenschaftlich exakte Basis zu verschaffen machte Henry Bradshaw anno 1870 Er schlug vor die Inkunabeln nach Typenformen einzuteilen und sprach sich des Weiteren fur die geographisch chronologische Ordnung nach dem Vorbild Georg Wolfgang Panzers aus Seine Ideen kamen jedoch erst durch das Wirken Robert Proctors zu ihrer vollen Wirkung Inspiriert von Bradshaws Ansatz begann dieser ein Verzeichnis aller Inkunabeln des British Museums und der Oxforder Bodleian Bibliothek zu erstellen Dabei ordnete auch er die Titel nach Druckorten und Druckern und erst nachfolgend chronologisch an Proctor konzentrierte sich in seinem Werk voll auf die drucktechnische Seite der Wiegendrucke So verzichtete er auf jede textliche Beschreibung und gab lediglich den kurz gefassten Titel sowie Jahr und Tag des Erscheinens des jeweiligen Werkes an Darauf folgten ausfuhrliche Angaben zu den verwendeten Schriftarten Proctor gab dabei fur jede Druckerwerkstatt einen breiten Uberblick uber die zur Verwendung gelangten Typen Sein wichtigstes Hilfsmittel um den Grad einer Type zu bestimmen war dabei das am Rand der Seite gemessene Mass von zwanzig Zeilen Konrad Haebler bemuhte sich Bradshaws und Proctors Methode weiter zu verbessern Mit seinem Typenrepertorium der Wiegendrucke wollte er sich vom Proctor schen Begriff der Ahnlichkeit bei der Typenvergleichung losen und an dessen Stelle die Beachtung der unterscheidenden Merkmale setzen Als wichtigstes Kriterium der Typenvergleichung ubernahm Haebler von Proctor das Mass von zwanzig Zeilen verbesserte jedoch den Modus der Messung Um das gewaltig angewachsene Vergleichsmaterial sinnvoll vorzuordnen nutzte er fur die gotischen Schriften das in grosser Formenvielfalt vorkommende M Bei den Antiquaschriften entschied sich Haebler fur das Q als kritische Type Neben der Typenvergleichung existieren noch weitere moderne Methoden die helfen konnen undatierte Drucke chronologisch einzuordnen und eindeutig einer bestimmten Druckerwerkstatt zuzuordnen So sind der Erforschung der Wasserzeichen ebenso neue Erkenntnisse zu verdanken wie der chemischen Analyse der Druckfarben Bei einer breiteren Auslegung des Begriffes kann auch die Geschichte der Drucker des 15 Jahrhunderts als Teil der Inkunabelforschung verstanden werden Wahrend sich die klassische Inkunabelforschung mit den Methoden der altesten Buchgestaltung beschaftigt untersucht die mit der Inkunabelzeit befasste historische Forschung die geschichtlichen Verhaltnisse der Fruhdruckzeit und die Biografien der Drucker Dabei kommt der Sichtung und Auswertung historischen Quellenmaterials z B Akten Urkunden Steuerlisten eine besondere Bedeutung zu Die Biografien der deutschen Inkunabeldrucker erschliesst in hervorragender Weise Ferdinand Geldners zweibandiges Werk Die deutschen Inkunabeldrucker Literatur BearbeitenS Corsten Inkunabelforschung In Lexikon des gesamten Buchwesens LGB Hrsg von Severin Corsten 2 vollig neu bearbeitete und erweiterte Auflage Band III Hiersemann Stuttgart 1989 ISBN 3 7772 9136 6 S 620 622 F Geldner Inkunabelkunde Eine Einfuhrung in die Welt des fruhesten Buchdrucks Reichert Wiesbaden 1978 ISBN 3 920153 60 X K Haebler Handbuch der Inkunabelkunde Nachdruck der Ausgabe von 1925 Hiersemann Stuttgart 1979 ISBN 3 7772 7927 7Ch Reske und W Schmitz Hg Materielle Aspekte in der Inkunabelforschung Harrassowitz Wiesbaden 2017 Wolfenbutteler Schriften zur Geschichte des Buchwesens 49 ISBN 978 3 447 10719 8 W Schmitz Grundriss der Inkunabelkunde Das gedruckte Buch im Zeitalter des Medienwechsels Hiersemann Stuttgart 2018 Bibliothek des Buchwesens Band 27 ISBN 978 3 7772 1800 7 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Inkunabelforschung Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen nbsp Commons Incunabula Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Inkunabelkatalog der British Library ISTC Inkunabelkatalog Deutscher Bibliotheken INKA Datenbank des Gesamtkatalogs der Wiegendrucke der Staatsbibliothek zu Berlin Preussischer Kulturbesitz GW TW Typenrepertorium der Wiegendrucke Inkunabelkatalog der Bayerischen Staatsbibliothek bsb ink Inkunabelzensus Osterreich Verteilte Digitale InkunabelbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten F N L Poynter A Catalogue of Incunabile in the Wellcome Historical Medical Library Oxford University Press London 1954 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Inkunabelforschung amp oldid 236722305