www.wikidata.de-de.nina.az
Anton Hugo Kortzinger 29 August 1892 in Lesum Bremen 20 Januar 1967 in Schnega war ein deutscher Maler Bildhauer Schriftsteller und Organist dessen vielseitiges Werk weitgehend unbekannt geblieben ist der jedoch in der Biographie Ernst Barlachs eine wichtige Rolle spielt Der Kunstler Wilfried Kortzinger ist sein Neffe Hugo Kortzinger 1892 1967 Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 1 1 Kindheit Jugend und Ausbildung 1 2 Arbeit als Kunstler und Begegnung mit Barlach 1 3 Atelier und Walcker Orgel 1 4 Nach dem Zweiten Weltkrieg 2 Forderverein Hugo Kortzinger e V 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben und Wirken BearbeitenKindheit Jugend und Ausbildung Bearbeiten Hugo Kortzinger wurde als einziger Sohn von funf Kindern des Direktors der Bremer Woll Wascherei in Burgdamm Hugo Anton Kortzinger aus Bischofswerda und dessen Frau Bertha Rebecca Kortzinger geb Gardes aus Burg Grambke im Bremer Stadtteil Burglesum geboren Bereits als Junge segelte er zur Freude seiner Mutter Tochter des Kapitan Gardes 1 der zuletzt auf dem Dreimastvollschiff Ocean 2 fuhr mit seinem kleinen Boot auf der Lesum und besuchte ab 1903 das Realgymnasium Vegesack Wenig spater begann er in der Vegesacker Kirche mit dem Orgelspielen und entwickelte grosses Interesse an Kunst Etwa ab 1908 1909 entstand eine Freundschaft mit dem Bremer Bildhauer Diedrich Kropp der ihn auf Ernst Barlach aufmerksam machte In den Jahren 1910 1911 studierte er an der Grossherzoglich Sachsischen Hochschule fur bildende Kunst in Weimar Malerei und Bildhauerei bei Hermann Behmer Hans Olde und Max Thedy und horte zudem in Jena Vorlesungen uber Anatomie Medizin und Literatur Im Jahre 1914 heiratete er Helene Peltret die Tochter eines Landmaschinenherstellers in Schnega Bei Beginn des Ersten Weltkrieges meldete er sich freiwillig zum Kriegsdienst und wurde zu den Kurassieren nach Halberstadt eingezogen Dort kam es 1915 zu einem Unfall mit einem durchgehenden Pferd der zu einer dauerhaften Schadigung seiner Gesundheit fuhrte Als nicht fronteinsatzfahig wurde er zu den Husaren nach Stendal versetzt und schliesslich vor Kriegsende aus gesundheitlichen Grunden entlassen Fortan lebte er in Schnega auf dem Peltretschen Anwesen unterhielt jedoch bis zu dessen Ausbombung im Jahre 1944 ein Atelier in Bremen nbsp Hugo Kortzinger Ernst Barlach und Hermann F Reemtsma von links vor dem Fries der LauschendenArbeit als Kunstler und Begegnung mit Barlach Bearbeiten nbsp Die von Hugo Kortzinger entworfene und 1936 37 erbaute Werkstatt in Schnega Aufnahme 2006 nbsp Strassenansicht und Westgiebel der Werkstatt in Schnega Aufnahme 2016 In den Jahren 1925 bis 1932 beteiligte sich Kortzinger an Kunstausstellungen in Berlin Bremen Celle Koln und Munchen Es kam zu kleinen Auftragen und gelegentlichen Verkaufen Der wirtschaftliche Ertrag blieb jedoch gering Ab 1931 machte er auf Anregung des Lloyd Reiseleiters Arnold Rehm sechzehn Seereisen auf Schiffen des Norddeutschen Lloyd mit die ins Nordmeer bis nach Spitzbergen ins Mittelmeer und zu den Kanaren fuhrten Auf diesen Reisen entstanden zahlreiche Bilder von denen er viele verkaufen konnte Diese Zeit stellte fur Kortzinger eine Phase des wirtschaftlichen Erfolgs dar Zudem entstanden wichtige Freundschaften etwa mit Ludwig Justi Heinrich XXXIX Prinz Reuss und Hermann F Reemtsma So folgte er 1931 einer Einladung des Prinzen und seiner Ehefrau Grafin Antonia Emma Elisabeth zu Castell Castell auf Schloss Ernstbrunn wo er auch malte Als besonders wichtig und intensiv erwies sich jedoch die Freundschaft mit Hermann F Reemtsma die bis zu dessen Lebensende Bestand hatte Kortzinger wurde zum kunstlerischen Berater des passionierten Kunstsammlers und fuhrte zahlreiche kunstlerische Arbeiten fur diesen aus Im August 1934 brachte er Ernst Barlach und Hermann Reemtsma zusammen Es kam zum Auftrag Reemtsmas an Barlach den Fries der Lauschenden zu vollenden Das Werk befindet sich heute im Ernst Barlach Haus in Hamburg In dem Versuch der zunehmenden Verfemung Barlachs durch die Nazis entgegenzuwirken erschien 1936 der von Reemtsma finanziert Privatdruck Ernst Barlach Fries der Lauschenden Privatdruck mit einer Einfuhrung Hugo Kortzingers Ebenfalls 1936 wurde Barlachs Klinker Plastik Frau im Wind in einer eigens dafur vorgesehenen Nische im Westgiebel des Kortzinger Ateliers aufgestellt Nur drei der ursprunglich fur die Westfassade der Lubecker Katharinenkirche vorgesehenen 18 Figuren der Gemeinschaft der Heiligen waren ausgefuhrt worden und mussten vor dem Zugriff der Nazis gerettet werden Nach Barlachs Tod am 28 Oktober 1938 formulierte und verschickte Kortzinger zusammen mit Friedrich Schult die Todesanzeige und sprach auf der Trauerfeier in Gustrow Gedichte Dort lernte er auch Georg Kolbe kennen und begann mit diesem zu korrespondieren Kortzinger wurde Mitglied des Gremiums der Nachlassverwaltung Ernst Barlachs Ab 1940 bewahrte er in der Abgelegenheit des Schnegaer Anwesens weitere Kunstwerke der sogenannten Entarteten Kunst auf zu denen sich im Sommer 1943 teilweise zerlegt und unauffallig in Holzkisten verpackt die beiden Barlach Grossplastiken Geistkampfer und Gustrower Ehrenmal auch als Gustrower Domengel und Der Schwebende bekannt gesellten und so vor dem Einschmelzen fur Kriegszwecke bewahrt werden konnten 3 Diese uberdauerten dort unbeschadet den Zweiten Weltkrieg und die Nachkriegszeit und stehen heute wieder an offentlicher Stelle der Geistkampfer vor der Kieler Nikolaikirche 4 und Der Schwebende in der Kolner Antoniterkirche Kortzingers eigenes Werk umfasst neben einer Vielzahl von Olgemalden auch Zeichnungen Bronzeplastiken und Reliefs Er war Mitglied im Deutschen Kunstlerbund 5 Atelier und Walcker Orgel Bearbeiten nbsp Lieutenant Colonel Fries von den britischen Besatzungstruppen stellte die Kortzinger Werkstatt nach dem Einmarsch unter seinen Schutz nbsp Orgel im AtelierErmoglicht durch das Mazenatentum Reemtsmas entwarf und errichtete Kortzinger 1936 37 in Schnega ein grosses Werkstattgebaude in dessen Westgiebel eine Wandnische den Barlach Klinker Frau im Wind aufnahm s o Ab 1937 entstand in dieser Werkstatt auch eine Orgel des 1780 gegrundeten Orgelbauunternehmens E F Walcker amp Cie die bis 1948 in drei grossen Umbauten zu einer der vermutlich grossten Privatorgeln Deutschlands ausbaut wurde Die Orgel mit elektrischer Spiel und Registertraktur begann vergleichsweise bescheiden als Kleinorgel Walcker Opus 2576 mit 6 Grundstimmen 41 Registern und 663 Pfeifen Diese Orgel beruhte auf dem Multiplex System einer Technik die durch sogenannte Transmissionen eine grossere Registervielfalt vorgaukelt als baulich vorhanden ist Multiplexorgeln wurden in den 1920 30er Jahren vielfach eingesetzt z B als Kinoorgeln konnten aber letztlich musikalisch nicht uberzeugen Hugo Kortzinger liess die Orgel daher bereits 1939 durch 8 zusatzliche Register mit 448 Pfeifen auf zwei neuen Windladen 1 Schleiflade 1 Taschenlade erweitern Zur zweiten grossen Erweiterung kam es 1942 als 3 neue Taschenladen mit 15 Registern und 789 Pfeifen erganzt wurden Es folgte 1947 die dritte und letzte grosse Erweiterung um 6 weitere Register Die eigenwillige Orgel deren Entstehung von einer umfangreichen und hochst interessanten Korrespondenz 6 zwischen Hugo Kortzinger und dem Orgelbauer Oscar Walcker begleitet war umfasst damit in ihrer bis heute unveranderten Form 30 Register und 31 Transmissionen mit insgesamt weit uber 2000 Pfeifen Ab Sommer 2015 erfolgte die Komplettrestaurierung der Orgel durch die Orgelwerkstatt Christian Scheffler aus Brandenburg Die Arbeiten wurden im Sommer 2016 erfolgreich abgeschlossen I Hauptwerk C g Gedeckt Pommer 16 Prinzipal 8 Prinzipal II 8 Gedackt 8 Nachthorn 8 Grossnasard 5 1 3 Prinzipal 4 Praestant 4 Traversflote 4 Quintaton 4 Quinte 2 2 3 Oktave 2 Miscella 4fachBasson 16 Trompete 8 Oboe 8 Tremulant II Positiv C g Grobgedackt 8 Quintadena 8 Cello 8 Salicet 8 Rohrflote 8 Prinzipal 4 Prinzipal 1 3fach 4 Flote 4 Fugara 4 Nasat 2 2 3 Salicet 2 Terz 1 3 5 Quinte 1 1 3 Sifflote 1 Oberhorn 8 Tremulant III Kronwerk C g Bourdon 16 Weitprinzipal 8 Doppel Gedackt 8 Foresta 8 Gedackt 8 Dulziana 8 V Cord Voix celeste 8 Prinzipal 4 Oktave 4 Nachtflote 4 Dulziana 4 Quinte 2 2 3 Prinzipal 2 3fach 2 Piccolo 2 Maritima 2 Krummhorn 8 Singend Regal 4 Tremulant Pedalwerk C f Subbass 16 Gedacktbass 16 Quintbass 10 2 3 Prinzipal 8 Bassflote 8 Cello 8 Terzbass 6 2 5 Choralbass 4 Streichbass 4 Quintaton 4 Bauernflote 2 Posaune 16 Horn 8 Koppeln II I III I II P III PNach dem Zweiten Weltkrieg Bearbeiten Nach dem Zweiten Weltkrieg beteiligte sich Kortzinger an der ersten Planung fur die Gestaltung eines Mahnmals auf dem Gelande des ehemaligen Konzentrationslagers Bergen Belsen wurde Grundungsmitglied der Ernst Barlach Gesellschaft Hamburg und in das Kuratorium der Georg Kolbe Stiftung Georg Kolbe Museum berufen Er hielt gelegentlich Vortrage doch in den 1950er Jahren schrankten die gesundheitlichen Beeintrachtigungen sein kunstlerisches Schaffen mehr und mehr ein Er konzentrierte sich auf das Orgelspielen das Schreiben und die Korrespondenz mit Freunden In dem Maler Siegward Sprotte fand er einen neuen Freund den er wiederholt auf Sylt besuchte Ein fur 1958 vorgesehener Besuch Albert Schweitzers scheiterte letztlich am Tod des Luneburger Kontakts Kortzinger ging weiterhin als leidenschaftlicher Jager auf die Pirsch und lebte in den letzten Lebensjahren zuruckgezogen mit seiner Frau Helene auf dem Anwesen in Schnega Er starb am 20 Januar 1967 nach Gehirnschlag in Schnega wo er auch begraben ist 7 Forderverein Hugo Kortzinger e V Bearbeiten nbsp VereinslogoDer als gemeinnutzig anerkannte Forderverein Hugo Kortzinger e V wurde am 7 Marz 2010 gegrundet und verfolgt das Ziel das denkmalgeschutzte Atelier und den mit diesem verbundenen kunstlerischen Nachlass Hugo Kortzinger zu bewahren die Offentlichkeit uber Leben Wirken und Schaffen Hugo Kortzingers zu informieren und das Schnegaer Atelier mit der Walcker Orgel im Rahmen etwa von Fuhrungen Vortragen Ausstellungen und Konzerten der Offentlichkeit zu prasentieren So versucht der Verein u a das von Curd Ochwadt bereits in den 1970er Jahren begonnene Hugo Kortzinger Werkverzeichnis zu aktualisieren und zu erganzen Von 2012 bis 2015 fuhrte der Verein eine von der Hermann Reemtsma Stiftung finanzierte denkmalgerechte Sanierung der Kortzinger Werkstatt durch Nach der Beendigung der behutsamen Gebaudesanierung erfolgte von 2015 bis 2016 die ebenfalls von der Hermann Reemtsma Stiftung geforderte Restaurierung der Walckerorgel Seit 2019 wird das Instrument im Rahmen der Konzertreihe Werkstattkonzerte Schnega mit ausgefallenen Konzerten der Offentlichkeit prasentiert Der Verein hat seinen Sitz in Kiel dem Wohnort des 1 Vorsitzenden Arne Kortzinger Literatur BearbeitenCurd Ochwadt Hugo Kortzinger Bilder Plastiken Schriften Verlag Th Schafer Hannover 1991 Curd Ochwadt Ernst Barlach Hugo Kortzinger und Hermann Reemtsma Hejo Verlag Hannover 1988 Wolfgang Jurries Berndt Wachter Hrsg Wendland Lexikon Band 1 Kohring Verlag Luchow 2000 Peter Michael Pawlik Von der Weser in die Welt Die Geschichte der Segelschiffe von Weser und Lesum und ihrer Bauwerften 1770 bis 1893 Ernst Kabel Verlag Hamburg 1993 Erik Lindner Die Reemtsmas Geschichte einer deutschen Unternehmerfamilie Hoffmann und Campe Hamburg 2007 Eva Caspers Hrsg Kunstwerke die mich angehen Der Sammler Hermann F Reemtsma 1892 1961 Ernst Barlach Haus Hamburg 1992 Ernst Barlach Fries der Lauschenden Mit einer Einfuhrung von Hugo Kortzinger Othmarschen 1936 Klaus Hupp Der Kieler Geistkampfer von Ernst Barlach Darstellung Deutung und Geschichte Husum Verlag Husum 1992 Helmut Heberle Die Atelier Orgel von Hugo Kortzinger Geschichte eines aussergewohnlichen einmaligen Instruments in Die Hausorgel Mitteilungen aus dem Arbeitskreis Hausorgel in der Gesellschaft der Orgelfreunde e V GdO Heft 20 2009 Rheinstetten S 32 36 Nicolaus Neumann Die Wiederauferstehung des Hugo Kortzinger in Landluft Das Wendland Magazin Heft 2 2011 Helga Thieme Hugo Kortzinger in Schnega In der Reihe Menschen und Orte Verlag Edition A B Fischer Berlin 2018 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Hugo Kortzinger Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Website zu Leben und Werk Kortzingers Website des Ernst Barlach Hauses in Hamburg mit Hinweisen auf Kortzinger in der Biographie Barlachs Online Katalog der Kunsthalle Bremen mit Kunstlerbiographie Hugo Kortzingers von Dr Katharina Erling Eintrag zu Hugo Kortzinger auf den Internetseiten des Museums der Verlorenen Generation in Salzburg OsterreichEinzelnachweise Bearbeiten Passagen und Kapitane des Auswandererschiffes Ocean Verein fur Computergenealogie e V 4 Dezember 2012 Palmer List of Merchant Vessels Michael P Palmer 7 Marz 2001 Chronologie des Schwebenden von Ernst Barlach Dieter Kolpien Gernot Moeller und Gerhard Schmidt 1 Oktober 2010 Kieler Erinnerungstag 19 Juni 1954 Geistkampfer von Ernst Barlach vor der Nikolaikirche enthullt Landeshauptstadt Kiel Ordentliche Mitglieder des Deutschen Kunstlerbundes seit der Grundung 1903 Kortzinger Hugo abgerufen am 21 September 2015 Oscar Walcker an Kortzinger Gerhard Walcker Mayer Grabsteine auf dem Friedhof Schnega Verein fur Computergenealogie e V 4 Dezember 2012Normdaten Person GND 11908340X lobid OGND AKS LCCN nr90016566 VIAF 284149106252468491987 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Kortzinger HugoALTERNATIVNAMEN Kortzinger Anton Hugo vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher Maler Bildhauer Schriftsteller und OrgelspielerGEBURTSDATUM 29 August 1892GEBURTSORT Lesum BremenSTERBEDATUM 20 Januar 1967STERBEORT Schnega Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hugo Kortzinger amp oldid 235129941