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Als Hortfund von Neupotz wird der mit 1062 Objekten und mehr als 700 kg grosste romerzeitliche Metallfund Europas bezeichnet der in den Jahren 1967 1997 bei der Kiesforderung aus einem Altrheinarm bei Neupotz im rheinland pfalzischen Landkreis Germersheim in Deutschland durch den Schwimmgreifbagger ans Tageslicht befordert wurde Romisches Geschirr aus NeupotzDer Hort ist in Besitz der Eigentumer des Kieswerkes der Gebruder Kuhn Diese uberliessen ihn 2016 als Dauerleihgabe dem Museum fur Vor und Fruhgeschichte Berlin die Objekte sind im Neuen Museum Berlin ausgestellt 1 2 Der Hortfund von Neupotz ist kein geschlossener Fund Die Mehrzahl der Objekte gilt jedoch als zusammengehorig Die aktuelle Interpretation des Fundkomplexes betrachtet diesen als ein im Jahre 260 verlorengegangenes Beutegut eines heimkehrenden alamannischen Plundererzuges Die Germanen wurden bei der Rheinuberquerung eventuell von romischen Patrouillenbooten gestellt Der Barbarenschatz als Teil der wohl sehr umfangreichen Beute ging in den Fluten des Rheines unter Inhaltsverzeichnis 1 Fundort 1 1 Lage 1 2 Fundgeschichte 2 Datierung 3 Historischer Kontext 4 Fundobjekte 4 1 Barbarenschatz 4 2 Vorromische Funde 4 3 Nachantike Funde 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseFundort BearbeitenLage Bearbeiten nbsp Nachstellung der FundsituationDie Fundstelle befindet sich sudostlich von Neupotz innerhalb eines ehemaligen Altrheinarmes Das Fundgebiet umfasst ein Areal von 500 m 300 m und liegt heute im Bereich zweier Baggerseen welche durch einen etwa 30 m breiten Damm voneinander getrennt sind Der Damm wurde als Fahrdamm stehengelassen so dass er die Stratigraphie des Fundplatzes konservierte Es kann davon ausgegangen werden dass im Damm weitere archaologische Funde enthalten sind Die Funde wurden aus einer Wassertiefe von acht bis zwolf Metern geborgen Es gilt jedoch als wahrscheinlich dass die Fundschicht selbst sich in etwa vier Meter Tiefe befand und nur gemeinsam mit der geforderten Kiesschicht in tiefere Lagen abrutschte Fundgeschichte Bearbeiten Die Rheinschlinge bei Neupotz war im 3 Jahrhundert Teil des Hauptflussverlaufes Der Fundplatz lag etwa in der Mitte zwischen den Legionslagern von Argentorate Strassburg und Mogontiacum Mainz in der romischen Provinz Germania superior Obergermanien Der Grossraum Civitas Nemetum wurde von Noviomagus Nemetum Speyer aus verwaltet Ein raumlicher Bezug besteht zum grossen Topfereiort Tabernae Rheinzabern welcher in unmittelbarer Nahe des Fundortes liegt Es wird vermutet dass sich etwas nordlich der Fundstelle ein Hafen des romischen Industrieortes befand Der Rheinverlauf zur Romerzeit war unubersichtlich da stark maandrierend die Ufer waren dicht bewaldet Datierung BearbeitenDie Datierung des Barbarenschatzes stutzt sich im Wesentlichen auf die enthaltenen 39 Munzen Die jungste Munze ist eine abgenutzte Antoninian Munze des Probus Unter Einbeziehung dieser Munze liesse sich der Fundkomplex auf etwa 277 278 n Chr datieren und den Probus Kriegen zuordnen Neuere Forschungen gehen jedoch davon aus dass die Probus Munze nicht dem Barbarenschatz zuzuordnen ist Zum einen konnte sie zufallig wie auch die nachromischen Fundstucke zu den Objekten des Hortes gelangt sein zum anderen ist die genaue Fundsituation vieler Munzen ungeklart Sie wurden oft aus den Abraumhalden aufgelesen und von den Findern mit nach Hause genommen Erst spater wurden diese Munzen so auch die Probus Munze wieder dem Hortfund zugefuhrt Somit kann nicht mit Sicherheit belegt werden dass die Probus Munze uberhaupt zum originalen Munzumfang des Hortes gehorte Fest steht dass die Probus Munze nicht in das Gesamtbild der restlichen Munzen passt welche mit einer Schlussmunze des Gallienus 258 259 n Chr enden Historischer Kontext Bearbeiten nbsp Plunderungszug der Alamannen orange Juthungen rot und Franken pink 260 n Chr N Neupotz A AugsburgDer Fund wird den Germanenuberfallen von 259 260 n Chr zugeordnet welche letztlich zum Fall des Limes fuhrten Er gehort damit zum selben Fundhorizont wie der Hortfund von Hagenbach oder der Hortfund von Otterstadt Angelhof Insgesamt sind inzwischen 18 Baggerfunde des 3 Jahrhunderts aus dem Rhein zwischen Seltz und Mannheim bekannt Bereits im 2 Jahrhundert mehrten sich Berichte von Germanenuberfallen beispielsweise 162 n Chr die Chatten Die Zeit der Reichskrise des 3 Jahrhunderts fuhrte zu einer erheblichen Schwachung der romischen Grenzen Kaiser Valerian war mit der Abwehr der Goten an der unteren Donau und der Perser an der Ostgrenze des Reiches beschaftigt Sein Sohn und Mitkaiser Gallienus versuchte die Nordwestgrenzen zu sichern Das Reich steckte in einer schweren Krise 233 n Chr brachen die 213 n Chr erstmals erwahnten Alamannen ins romische Reichsgebiet ein allerdings ist diese erste Nennung problematisch sicher ist der Name erst 289 belegt 259 260 n Chr wurde der Limes auf breiter Front uberschritten und Germanen drangen ungehindert weit ins gallische Hinterland ein Plunderungen durften eines der Hauptziele dieser Einfalle gewesen sein Der Limes war nicht nur eine militarische Markierung sondern vor allem die Grenze des romischen Wirtschaftsgebietes Die Bevolkerung floh vor den eindringenden Germanen und liess Geld und Geldeswert in Verstecken zuruck Zahlreiche Versteckhorte ermoglichen heute eine ungefahre Rekonstruktion der Plunderrouten Als die Germanen reich mit Beute beladen zu welcher auch Gefangene zahlten den Ruckweg in die Heimatgebiete antraten wurden sie mancherorts von romischen Truppen erwartet Zeugnisse hierfur liefern unter anderem der Augsburger Siegesaltar die Grundung des Gallischen Sonderreiches durch Postumus und die erwahnten Beutehorte des Oberrheins Bei Letzteren wird angenommen dass Konfrontationen mit der romischen Rheinflotte zu den Verlusten fuhrten Teile der Beute gingen dabei in den Fluten unter manches durfte in den Besitz von romischen Truppen ubergegangen sein doch der grosste Teil der Beute hat wohl die germanischen Gebiete erreicht Fundobjekte BearbeitenBarbarenschatz Bearbeiten nbsp NachstellungDer Barbarenschatz mit einem Gesamtgewicht von gut 700 kg besteht hauptsachlich aus Metallobjekten aus Silber 10 kg Kupferlegierungen 203 kg und Eisen 513 kg Dies ist sicherlich auch eine Folge der Verganglichkeit der organischen Bestandteile des Hortes der Vergleich mit anderen Hortfunden zeigt jedoch dass wegen der Metallarmut in den germanischen Heimatgebieten von den Plunderern bevorzugt Metallobjekte aus dem Romerreich abtransportiert wurden Belegt wird das Interesse am reinen Metallwert auch anhand vieler Objekte welche noch vor der Rheinuberquerung zerstuckelt und geteilt wurden nbsp FesselDen zahlreichsten Bestandteil des Hortes stellt das Metallgeschirr Hierzu zahlen auch vier riesige Bronzekessel welche weitere Bronzegefasse enthielten und auch als Verpackung dienten Kuchengeschirr Tafel bzw Trinkgeschirr gehoren in grosser Formenvielfalt zum Fundkomplex Eisenobjekte sind unter anderem als Werkzeuge und Gerate Wagenteile Schlosser und Fesseln vorhanden Einen Schwerpunkt bilden hier die Eisenteile von Transportwagen und Zuggeschirr Anhand der hierdurch gewonnenen Erkenntnisse wurde ein romerzeitlicher Transportwagen rekonstruiert Sowohl Fesselringe welche als Fussfesseln dienten als auch Handschellen konnten identifiziert werden Wahrend manche Fesseln sowohl fur Tiere als auch fur Gefangene verwendbar waren konnten andere nur fur Menschen bestimmt sein Die Fesseln wurden gemeinsam mit den ubrigen Objekten gefunden deshalb ist es unwahrscheinlich dass sie wahrend der Rheinuberquerung von Gefangenen getragen wurden Dass Gefangene aber zur Beute zahlten belegt die Inschrift des Augsburger Siegesaltars Dort heisst es Dabei wurden viele tausende gefangene Italer herausgerissen Ein wichtiger Grund der Gefangennahme lag im Technologietransfer Die Barbaren raubten nicht nur die Einrichtung ganzer Werkstatten sondern auch die mit der Herstellung romischer Waren vertrauten Handwerker Vorromische Funde Bearbeiten Der Hortfund enthalt mindestens vier vorgeschichtliche Waffen und Gefasse Keines der Objekte befand sich im direkten Zusammenhang mit den antiken Funden Fur die Interpretation dieser Funde gibt es zwei kontrovers diskutierte Ansatze Die Stucke konnten tatsachlich zum Beutegut gehort haben beispielsweise als in einem offentlichen oder privaten Heiligtum im Rahmen des Ahnenkults verehrte Stucke Ebenso denkbar ist dass es sich um fruhere Weiheopfer gehandelt hat welche im Fluss versenkt wurden und nun zufallig mit dem romerzeitlichen Beutehort ausgebaggert wurden Nachantike Funde Bearbeiten Zu den geborgenen Objekten gehoren auch 21 nachantike Gegenstande beispielsweise fruhmittelalterliche und frankische Waffen Diese Fundstucke dienen als Beleg dass der Zufall bei der Interpretation des Fundkomplexes mit einbezogen werden muss und kann Dies ist fur die Datierung des Hortes siehe Probus Munze und fur die vorgeschichtlichen Fundstucke bedeutend Literatur BearbeitenErnst Kunzl Die Alamannenbeute aus dem Rhein bei Neupotz Plunderungsgut aus dem romischen Gallien Monographien des Romisch Germanischen Zentralmuseums Mainz 34 4 Bande Habelt Bonn 1993 ISBN 3 88467 032 8 Susanna Kunzl Neupotz In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGA 2 Auflage Band 21 Walter de Gruyter Berlin New York 2002 ISBN 3 11 017272 0 S 117 119 online Juliane Stadler Red Geraubt und im Rhein versunken Der Barbarenschatz Herausgegeben vom Historischen Museum der Pfalz Speyer Theiss Stuttgart 2006 ISBN 3 8062 2025 5 Ausstellungskatalog Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Barbarenschatz Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Speyer Streit um den Barbarenschatz ist beigelegt Rhein Neckar Zeitung 4 Juli 2016 abgerufen am gleichen Tage Schatze aus dem Rhein Der Barbarenschatz von Neupotz Staatliche Museen zu Berlin49 105 8 319 Koordinaten 49 6 18 N 8 19 8 4 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hortfund von Neupotz amp oldid 218506606