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Heinrich Wilhelm Ludolf 20 Dezember 1655 in Erfurt 25 Januar 1712 in England war ein deutscher Gelehrter Er schrieb die erste Grammatik der russischen Volkssprache die Grammatica Russica Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Die Grammatica Russica 3 Literatur 4 WeblinksLeben BearbeitenHeinrich Wilhelm Ludolf wurde am 20 Dezember 1655 in Erfurt geboren Er stammte aus einer einflussreichen Burgerfamilie die seitdem seinem Grossvater der Aufstieg in den Stadtrat gelungen war zum Vollpatriziat zahlte Sein Bruder Georg Melchior Ludolf 1667 1740 war Jurist und Autor Heinrich Wilhelm besuchte das Erfurter Ratsgymnasium und immatrikulierte sich dann an der Universitat Jena wo er sich vor allem mit Mathematik und Theologie befasste Sein Onkel Hiob Ludolf der als Begrunder der deutschen Orientalistik gilt gab ihm Unterricht in orientalischen Sprachen vor allem Hebraisch und Arabisch Ausserdem beherrschte Heinrich Wilhelm Ludolf Englisch Franzosisch Latein Italienisch Alt und Neugriechisch Turkisch und Athiopisch In Hiob Ludolfs Haus lernte er auch Spener kennen der ihn mit dem Pietismus vertraut machte Ludolf erhielt unter dem danischen Gesandten Christian von Lenthe eine Anstellung im diplomatischen Dienst spater wurde er Sekretar des Prinzen Georg von Danemark dem spateren Herzog von Cumberland Aus gesundheitlichen Grunden setzte er sich zur Ruhe und liess sich endgultig in England nieder Er erhielt eine Pension von 500 Talern im Jahr und blieb weiterhin in englischen Diensten Im Fruhjahr 1692 erhielt Ludolf geheime Anweisung nach Russland zu fahren vermutlich mit einem handelspolitischen diplomatischen Auftrag So reiste er ohne sich von seinen Freunden zu verabschieden uber Hamburg wo er seine Instruktionen entgegennahm nach Lubeck und segelte von dort aus nach Reval Anfang November schrieb er an Freunde aus Narva wo er wochenlang an der Einreise nach Russland gehindert wurde da Zar Peter I schwer erkrankt war und im Falle seines Todes mit fremdenfeindlichen Ausschreitungen gerechnet wurde Diese Zeit nutzte Ludolf um Russisch zu lernen Im Januar 1693 konnte er seine Reise fortsetzen Der weitere Reiseverlauf ist unklar und lasst sich nur anhand spaterer Korrespondenzen Ludolfs und sprachwissenschaftlicher Untersuchungen rekonstruieren Er war sicherlich in Moskau da er dort spater viele Freunde hatte sowie in Sankt Petersburg wo er unter anderem mit Peter I personlich bekannt wurde Ansonsten hielt er sich vermutlich vor allem in Belarus und in der Gegend von Nowgorod auf Im Juni 1694 kehrte Ludolf nach England zuruck und begann mit der Arbeit an seiner russischen Grammatik der Grammatica Russica die als erste Grammatik der russischen Volkssprache uberhaupt gilt Im Januar 1698 erschien er in Halle bei August Hermann Francke unmittelbar aus Holland wo er an den Friedensverhandlungen in Rijswijk teilgenommen hatte Vier Monate lang leitete er in Franckes Institut einen russischen Sprachkurs an dem auch Francke selbst teilnahm der Ludolf von da an Briefe auf Russisch schrieb Spatere Reisen fuhrten ihn nach Konstantinopel Jerusalem und Kairo wo er sich um die Vereinigung der christlichen Kirchen und die Errichtung einer Weltkirche bemuhte jedoch nicht wieder nach Russland Er behielt seinen Wohnsitz in England und starb dort am 25 Januar 1712 Die Grammatica Russica BearbeitenLudolf schrieb seine Grammatik in der damaligen Wissenschaftssprache Latein Sie hat den Titel Henrici Wilhelmi Ludolf Grammatica Russica quae continet non tantum praecipua fundamenta russicae linguae Verum etiam ma nuductionem quandam ad grammaticam slavonicam mit dem Zusatz Additi sunt in forma dialogorum modi loquendi communiores Germanice aeque ac latine explicati in gratiam eorum qui linguam Latinam ignorant Una cum brevi vocabulario rerum naturalium Es geht Ludolf also nicht nur um eine sprachwissenschaftliche Analyse des Russischen sondern vielmehr um ein praktisches Handbuch nicht nur zum Erlernen der Sprache und auch um eine weiterreichende Einfuhrung fur diejenigen die in geschaftlichen Kontakt zu Russland treten Vor Ludolf gab es keinerlei Untersuchungen der russischen Sprache auf die er sich bei seiner Arbeit hatte stutzen konnen Ein gewisses Vorbild waren ihm allenfalls die sehr weit verbreiteten kirchenslavischen Grammatiken beispielsweise bei der Einteilung der Deklination der Substantive Ludolf nimmt jedoch viele Vereinfachungen und Umstrukturierungen vor um dem Russischen besser gerecht zu werden Im Vorwort stellt Ludolf zum einen die Bedeutung des Russischen als Handelssprache im ganzen Russischen Reich fest zum anderen weist er auf die grosse Verbreitung und Bedeutung des Kirchenslavischen in vielen Bereichen v a Kirche Wissenschaft und Literatur hin Ludolf charakterisiert den Sprachzustand in Russland de facto als Diglossie indem er behauptet Loquendum est Russice et scribendum est Slavonice Gesprochen wird Russisch und geschrieben wird Slawisch Aus diesem Grund stellt Ludolf der eigentlichen Grammatik einen weiteren Abschnitt voran in dem er die wichtigsten Unterschiede zwischen dem Russischen und dem Kirchenslavischen beschreibt Der eigentlich grammatikalische Teil umfasst nur etwa die Halfte des ganzen Buchs Er beginnt mit einer kurzen Einfuhrung in Schrift und Aussprache des Russischen Hier geht Ludolf nur auf die Laute ein die deutschen Lesern die meisten Probleme bereiten Statt einer theoretischen Behandlung der russischen Syntax fugt Ludolf seiner Grammatik gut 40 Seiten gebrauchlicher Satze und Redewendungen bei die gleichzeitig den Benutzer seines Buches mit alltaglichen Gesprachen und mit dem russischen Leben vertraut machen sollen also quasi ein Sprachfuhrer Der Aufbau ist meist dialogisch ab und zu finden sich auch einzelne Satze Die Dialoge sind stets zweisprachig russisch und lateinisch fur die ersten sechs Abschnitte gibt Ludolf in der Fussnote die deutschen Ubersetzungen an Literatur BearbeitenN Koulmann La premiere grammaire russe In Le monde slave 9 1932 Vol 1 S 400 415 Susanne Schuldes Netzwerke des Buchhandels Buchexport aus der Buchhandlung des Waisenhauses Halle S in die protestantische Diaspora in Russland In Alles Buch Studien der Erlanger Buchwissenschaft 2003 PDF Datei 504 kB Robert Stupperich Ludolf Heinrich Wilhelm In Neue Deutsche Biographie NDB Band 15 Duncker amp Humblot Berlin 1987 ISBN 3 428 00196 6 S 304 f Digitalisat Joachim Tetzner H W Ludolf und Russland Berlin 1955 B O Unbegaun Hrsg Henrici Wilhelmi Ludolfi Grammatica Russica Oxford Reprint 1959 B O Unbegaun Russian Grammars before Lomonosov In Oxford Slavonic Papers 8 1958 S 98 116Weblinks BearbeitenBriefe von Ludolf an August Hermann Francke in den Digitalen Sammlungen der Franckeschen Stiftungen Normdaten Person GND 115754571 lobid OGND AKS LCCN n85143951 VIAF 67202840 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Ludolf Heinrich WilhelmKURZBESCHREIBUNG deutscher SprachwissenschaftlerGEBURTSDATUM 20 Dezember 1655GEBURTSORT Erfurt Thuringen DeutschlandSTERBEDATUM 25 Januar 1712STERBEORT England Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Heinrich Wilhelm Ludolf amp oldid 225293086