www.wikidata.de-de.nina.az
Der Philosoph als Autodidakt arabisch حي بن يقظان DMG Ḥayy ibn Yaqẓan der Lebendige Sohn des Wachenden lat Philosophus Autodidactus ist ein philosophischer Inselroman aus dem 12 Jahrhundert von Ibn Tufail Das Werk entstand zwischen 1169 und 1184 1 und demonstriert das islamische Fitra Konzept und handelt von Ḥayy ibn Yaqẓan der von Kindheit an alleine auf einer tropischen Insel aufwachst und von den Tieren ernahrt wird Ḥayy entwickelt sich langsam und kommt schliesslich zu der hochsten fur einen Menschen erreichbaren Erkenntnis Titelseite von The History of Hayy Ibn Yaqzan Ubers von Simon Ockley 2 eingeleitet von A S Fulton Chapman amp Hall London 1929 online ohne Einleitung Von der gleichnamigen um 1013 verfassten allegorischen Erzahlung Avicennas wurde wie in der arabischen und persischen Literatur des Mittelalters nicht unublich lediglich der beruhmte Titel ubernommen 3 Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Wirkungsgeschichte 3 Ausgaben 4 FussnotenInhalt BearbeitenDas Werk zeichnet sich durch eine hebdomadische Erzahlstruktur aus die Sieben Jahres Zyklen werden allerdings bisweilen nicht stringent eingehalten 4 Eine der beiden Geburtsgeschichten des Titelhelden besteht in einer spontanen Generation In dieser Version kommt Ḥayy ohne Einwirkung von Mutter und Vater in einem garenden Schlamm zur Welt Bei seiner embryonalen Entwicklung die mit den Vorstellungen des Philosophen und Mediziners Avicenna Ibn Sina im Einklang steht entsteht durch die gestaltende Kraft des aktiven Intellekts zuerst das Herz gefolgt von Gehirn und Leber 5 In der 1 Phase bis zu seinem 7 Altersjahr wird Ḥayy von einer Gazelle aufgezogen und in grundlegende Gefuhle und Empfindungen wie Zuneigung und Solidaritat und Uberlebenstechniken wie Nahrungssuche und Selbstverteidigung eingefuhrt Es ist die Zeit des kindlichen Entdeckens In der 2 Phase bis zu seinem 21 Altersjahr entdeckt er selbst einige handwerkliche Techniken so etwa den Bau einer Hohle und den Umgang mit dem Feuer Mit dem Tod der Gazelle lernt er ausserdem dass Lebewesen nicht nur aus einem Korper sondern auch aus einem Geist bestehen Als die Gazelle seine Mutter stirbt seziert er sie um herauszufinden wo das Leben hingegangen ist und findet das Herz wo er das Leben einen Hauch auch Pneuma vermutet das nun aber fort ist In der 3 Phase bis zu seinem 28 Altersjahr beschaftigt er sich ganz mit den Fragen der Logik und Physik Er entdeckt die Kausalitat und vermutet dass alles einen Urgrund haben muss Er beginnt Individuen von Arten Form von Materie und Wirkungen von Ursachen zu unterscheiden Er unterteilt seine Umwelt in Kategorien Arten und Rassen Aufgrund seiner Einsicht in eine Art Urgrund oder allerletzte Ursache hat er schon einen Grundstein fur die Erkenntnis Gottes In der 4 Phase bis zum 35 Altersjahr widmet er sich der Kosmologie Ihm wird klar dass es fur die Bewegung der Himmelskorper ja der ganzen Welt und des Lebens metaphysische Grunde geben muss Er sucht nach Gesetzen die alles in der Welt regeln und findet die Naturgesetze Er sieht aber noch deutlicher als vorher dass alles von irgendwo herkommen muss und hat nur noch das Ziel dem vollkommenen Wesen dem Schopfer von Himmel und Erde naher zu kommen In der 5 Phase bis zum 50 Altersjahr meditiert er denn er sieht ein dass das Instrument zur Erkenntnis Gottes kein instrumentelles oder sinnliches sein kann sondern Gott selbst ahnlich sein muss Gott darf nicht zu erkennender Gegenstand bleiben daher muss das erkennende Subjekt sich auf eine Ebene erheben auf der Gott sich erkennen lasst Zur Erkenntnis wird eine Verschmelzung von Subjekt und Objekt notig die Erkennendes Erkanntes und Erkenntnis zugleich ist Ḥayy erkennt auch dass das Leben in drei Stufen gefuhrt werden sollte um diese Erkenntnis zu erreichen Ahnlichkeit mit vernunftlosen Tieren Einsicht in unmittelbare Lebensnotwendigkeiten unter Auferlegung strenger Regeln unter anderem gutem Umweltbewusstsein Ḥayy isst kaum Fleisch und nur reifes Obst dessen Kerne er wieder anpflanzt Erkenntnis der Notwendigkeit der Harmonie mit der Umwelt Angleichung an Himmelskorper Wie im Himmel beginnt Ḥayy sich um sich selbst zu bewegen ahnlich den tanzenden Derwischen Imitation Gottes Angleichung an die Attribute Gottes Durch ganzliche Wendung zur Meditation denkt Ḥayy nur an Gott damit ihm eine Vision der himmlischen Welt zuteilwird Entwicklung einer asketisch philosophischen mystischen Lebensweise Als Ḥayy 50 Jahre alt ist trifft er auf den frommen Absal der auf Ḥayys Insel kam um zu meditieren Es stellt sich heraus dass die Bewohner der Nachbarinsel mit Ḥayy in allen wesentlichen Punkten zu den Fragen die er schon immer mit jemandem diskutieren wollte ubereinstimmen die Existenz Gottes die Beschaffenheit der Welt und Bestimmung des Menschen Ḥayy aber hat die unverhullte Wahrheit erkannt wahrend sie den Menschen der Nachbarinsel durch einen Propheten durch Anweisungen und Symbole verkundet wurde So gehen sie auf Absals Heimatinsel auf der die Menschen einer wahren Regligion angehoren um sie die unverhullte Wahrheit uber das Notwendig Seiende zu lehren 6 Ibn Tufail schliesst mit der Bemerkung dass zur Erkenntnis mehrere Wege moglich sind sowohl ein eher philosophischer wie letztlich bei Ibn Sina als auch ein eher religioser wie bei al Ghazali Sein Roman dient auch wie im Vorwort erwahnt wird der Symbiose dieser beider Philosophen Weiters halt Ibn Tufail es auch fur moglich dass andere Religionen ebenfalls zur Erkenntnis gelangen konnen so etwa Judentum und Christentum und nicht nur der Islam Wirkungsgeschichte BearbeitenIm islamischen Mittelalter wurde der Roman von ʿAla addin Ibn an Nafis parodistisch rezipiert 7 Der ins Deutsche wohl am besten mit Lebender Sohn eines Wachters 8 zu ubersetzende Roman erscheint in England 1671 in einer arabischen Ausgabe mit beigegebener lateinischer Ubersetzung von Edward Pococke als Philosophus autodidactus 9 Der Eintritt des Textes in die europaische Philosophie und Literaturgeschichte ist aber moglicherweise schon fruher zu datieren Denn bereits vor Daniel Defoes Robinson Crusoe 1719 weist Baltasar Gracians El Criticon 1651 57 einschlagige Parallelen auf 1726 erscheint eine von Johann Georg Pritius besorgte deutsche Ubersetzung mit dem Titel Der von sich selbst gelehrte Welt Weise Im Mai 1763 bedankt sich Moses Mendelssohn bei Gotthold Ephraim Lessing fur die Mitteilung des Philosophus autodidactus 10 die erste auf das arabische Original zuruckgreifende deutsche Ubersetzung wird im selben Jahr unter dem Titel Der Naturmensch im Verlag von Lessings Freund Friedrich Nicolai publiziert 11 Ausgaben BearbeitenDer arabische Text auf Wikisource The Living Son of the Vigilant Ubers und hrsg von Leon Gauthier Catholic Press Beirut 1936 Ḥayy ibn Yaqẓan li Ibn Sina wa Ibn Ṭufayl wa Suhrawardi Hrsg von Aḥmad Amin 3 Aufl Kairo 1966 Ubersetzungen Hayy Ibn Yaqdhan Ein muslimischer Inselroman Herausgegeben und bearbeitet von Jameleddine Ben Abdeljelil und Viktoria Frysak Edition Viktoria Wien 2007 ISBN 978 3 902591 01 2 Der Philosoph als Autodidakt Ein philosophischer Inselroman Ubers und hrsg von Patric O Schaerer Meiner Hamburg 2004 ISBN 978 3 7873 1797 4 mit philosophiegeschichtlicher Einleitung und Kommentar Der Ur Robinson Ubersetzt und mit einem Nachwort versehen von Otto F Best Matthes amp Seitz Munchen 1987 ISBN 3 88221 367 1 The History of Hayy Ibn Yaqzan Ubers von Simon Ockley eingeleitet von A S Fulton Chapman and Hall London 1929 online ohne Einleitung PDF Datei 4 6 MB Fussnoten Bearbeiten Matthias Perkams Ein historischer Uberblick uber sie islamische Philosophie bis Averroes In Heidrun Eichner Matthias Perkams Christian Schafer Hrsg Islamische Philosophie im Mittelalter S 45 englisch Simon Ockley Gotthard Strohmaier Avicenna Beck Munchen 1999 ISBN 3 406 41946 1 S 85 f 129 und 137 Vgl Einleitung der Schaerer Ubersetzung von Der Philosoph als Autodidakt Hamburg 2009 S LXI ff Gotthard Strohmaier Avicenna Beck Munchen 1999 ISBN 3 406 41946 1 S 120 zitiert Vgl Schaerer Ubersetzung S 99 108 Vgl Einleitung Schaerer Ubersetzung 2009 S LXXIV Friedrich Niewohner Das Modell Urmensch Ein ebenso ratselhafter wie schoner Klassiker Ibn Tufails philosophischer Roman in neuer Deutung Rezension von Lawrence I Conrad Hrsg The World of Ibn Ṭufayl Interdisciplinary Perspectives on Ḥayy ibn Yaqẓan E J Brill Leiden New York Koln 1996 In Frankfurter Allgemeine Zeitung 20 Marz 1997 Nr 67 S 15 Hans Rudolf Velten Selbstdenken und Autodidaktik Die europaische Aufnahme von Ibn Tufails Hayy Ibn Yaqzan Philosophus autodidactus als Modell des orientalischen Weltweisen In Scientiae et Artes Die Vermittlung alten und neuen Wissens in Literatur Kunst und Musik Band 2 Hrsg von Barbara Mahlmann Bauer Wiesbaden 2004 S 1077 1098 Otto F Best Nachwort damit du siehst was wir gesehen In Ibn Tufail Der Ur Robinson Matthes amp Seitz Munchen 1987 S 171 232 hier S 215 Abu Dschafar Ebn Tofail Der Naturmensch oder Geschichte des Hai Ebn Joktan Ein morgenlandischer Roman Aus dem Arabischen ubersetzt von Johann Gottfried Eichhorn Nicolai Berlin Stettin 1783 Digitalisat der BSB Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Der Philosoph als Autodidakt amp oldid 236143729