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Gerhart Feine 17 Juni 1894 in Gottingen 9 April 1959 in Kopenhagen war ein deutscher Diplomat in der Zeit des Nationalsozialismus und in der Bundesrepublik Inhaltsverzeichnis 1 Familie 2 Leben 3 Publikationen 4 Literatur 5 Einzelnachweise 6 WeblinksFamilie BearbeitenGerhart Feine wurde als Sohn von Paul Feine und Gertrud geb Agricola am 17 Juni 1894 in Gottingen geboren Sein Vater war Professor fur evangelische Theologie an der Universitat Gottingen Matthias Claudius gehorte zu seinen direkten Vorfahren Er war verheiratet mit der geburtigen amerikanischen Staatsangehorigen Marie Dorothee geb Hackfeld Tochter des deutschen Diplomaten J F Hackfeld Mit ihr hatte er drei Kinder Leben BearbeitenNach dem Besuch des Piaristengymnasiums in Wien und eines Gymnasiums in Breslau machte Feine 1914 sein Abitur in Halle an der Saale Anschliessend studierte er Rechtswissenschaften an der Universitat Halle und der Universitat Gottingen was er 1920 mit dem juristischen Referendarexamen abschloss Darauf absolvierte er das juristische Referendariat im Bremer Justizdienst und schloss dieses 1923 mit dem juristischen Assessorexamen ab Im November 1923 trat er in den Auswartigen Dienst ein Bis 1945 war er teilweise in der Zentrale des Auswartigen Amtes wie auch auf Auslandsposten in London Den Haag Belgrad und Budapest eingesetzt Als junger Attache trat er in das Privatsekretariat des Reichsaussenministers Gustav Stresemann DVP ein und blieb diesem bis zu dessen Tod 1929 eng verbunden Noch als Legationssekretar in London war er wiederholt Begleiter des Ministers auf dessen Auslandsreisen und bei seinen Kuraufenthalten in Bad Wildungen Als 1926 die Aufnahme Deutschlands in den Volkerbund verkundet worden war betrat Feine an der Seite von Stresemann den Sitzungssaal in Genf Nach der Machtubergabe an die Nationalsozialisten 1933 trat Feine trotz der Gleichschaltung der Personalpolitik des Auswartigen Amtes nicht in die NSDAP ein 1 Seit 1938 war er Gesandtschaftsrat in Belgrad und erlebte dort den Beitritt Jugoslawiens zum Dreimachtepakt Er blieb im April 1941 beim deutschen Uberfall auf Jugoslawien in der Botschaft Belgrad wurde am 12 April sechs Tage nach Beginn des Angriffs eingenommen Danach war er mit dem Gesandten Felix Benzler in der Dienststelle des Auswartigen Amtes beim Militarbefehlshaber im besetzten Serbien eingesetzt und dessen Vertreter in Abwesenheit Benzler forderte die Deportation der serbischen Juden nach Rumanien und tolerierte deren Geiselnahme und Vergasung Mit der deutschen Besetzung Ungarns im Marz 1944 Unternehmen Margarethe wurde Feine als Charge d Affaires 2 nach Ungarn versetzt Der neue deutsche Gesandte Edmund Veesenmayer sorgte mit politischem Druck auf die Regierung Sztojay dafur dass das ungarische Innenministerium mit Adolf Eichmann in Budapest kooperierte Als am ersten Geschaftstag nach der Besetzung ein Run auf die Banken einsetzte verlangte Feine vom ungarischen Finanzstaatssekretar Bela Csizik dass Abhebungen auf 1 000 Pengo begrenzt und die Bankschliessfacher verschlossen wurden 3 eine Massnahme die insbesondere auf die judische Bevolkerung Ungarns zielte 4 Die ungarische Regierung erliess sofort und in kurzer Folge antisemitische Erlasse zum Tragen des gelben Davidsterns 5 April 1944 und zur Ghettoisierung 7 April 1944 deren Umsetzung am 16 April begonnen wurde 5 Die ca 150 SS Manner des extra fur diesen Zweck zusammengestellten Eichmann Kommandos konnten in Zusammenarbeit mit der ungarischen Polizei Miliz den lokalen Behorden und der ungarischen Eisenbahn binnen kurzester Frist in der ungarischen Provinz die ungarischen Juden ghettoisieren und sie vermeintlich als Arbeitskrafte nach Auschwitz transportieren lassen die Hauptstadt Budapest war davon zunachst noch ausgenommen Vom 27 April 1944 bis zum 11 Juli 1944 waren es nach Angaben der Gesandtschaft 437 402 ungarische Juden in 147 Zugen Es ist zu vermuten dass Feine als Gesandtschaftsrat von diesen Geschehnissen erfuhr Im Herbst 1944 half Feine zahlreiche ungarische Juden vor dem Abtransport in deutsche Zwangsarbeitslager zu bewahren 6 Er informierte zunachst die Schweizer Botschaft uber die drohende Deportation der Juden und arbeitete dann mit den Schweizern an der Bewahrung der diplomatischen Immunitat eigens angemieteter Hauser in denen Juden Schutz fanden 1 Er versuchte im Zusammenwirken mit dem Schweizer Botschaftsangehorigen Carl Lutz und dem schwedischen Diplomaten Raoul Wallenberg die Deportation der noch verbliebenen Budapester judischen Bevolkerung in die Zwangsarbeitslager zu verhindern die Eichmann und Veesenmayer in Kooperation mit der Pfeilkreuzlerregierung beabsichtigte Die Ausstellung von mehreren tausend Schutzpassen fur die bedrohten Juden durch Carl Lutz geht u a auf seine Initiative zuruck Seine Tatigkeit als Informant konnte von seinen Vorgesetzten nicht aufgedeckt werden 7 Nach dem Ende des Krieges war er von 1945 bis 1946 in britischer Internierung in Neumunster Nach seiner Freilassung engagierte sich Feine in Bremen in der evangelischen Fluchtlingshilfe und wurde dann seit Februar 1947 als Oberregierungsrat in der Justizverwaltung der Bremer Regierungskanzlei eingesetzt Von 1949 bis 1952 war er Prasident der Landesjustizverwaltung in Bremen In dieser Zeit hatte er Anteil an der Ausarbeitung der Bremer Verfassung von 1947 und gehorte dem Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee an der den Entwurf fur das Grundgesetz ausarbeitete Nach der Wiedereinrichtung des Auswartigen Amtes am 15 Marz 1951 in der neuen Bundeshauptstadt Bonn wurde er im Dezember 1952 wieder in den Auswartigen Dienst einberufen und als Generalkonsul bei der Wiedereinrichtung des Konsulats in Genf herangezogen Ab Juli 1953 war er zugleich als standiger Delegierter bei den Organisationen der Vereinten Nationen UN in Genf tatig Von 1956 bis 1958 war er Gesandter der Bundesrepublik beim Europarat in Strassburg und seit Mai 1958 bis zu seinem Tode 1959 Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Danemark Nach Ansicht seines Enkels des Historikers Daniel Koerfer 8 und der Ansicht des Historikers Christopher R Browning 1 wurde seine Rolle sowohl in Budapest als auch spater im Auswartigen Dienst der Bundesrepublik Deutschland in der im Oktober 2010 vorgelegten Untersuchung der Unabhangigen Historikerkommission Auswartiges Amt nicht ausreichend gewurdigt 9 Publikationen BearbeitenGerhart Feine Die volkerrechtliche Stellung der Staatsschiffe Berlin 1921 Literatur BearbeitenMaria Keipert Red Biographisches Handbuch des deutschen Auswartigen Dienstes 1871 1945 Herausgegeben vom Auswartigen Amt Historischer Dienst Band 1 Johannes Hurter A F Schoningh Paderborn u a 2000 ISBN 3 506 71840 1 Karsten Linne Erkundungen in der Grauzone In Jan Erik Schulte Michael Wala Hrsg Widerstand und Auswartiges Amt Diplomaten gegen Hitler Siedler Munchen 2013 ISBN 978 3 8275 0015 1 S 103 115 Eckart Conze Norbert Frei Peter Hayes Moshe Zimmermann Das Amt und die Vergangenheit Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik Karl Blessing Verlag Munchen 2010 ISBN 978 3 89667 430 2 Alexander Grossmann Nur das Gewissen Carl Lutz und seine Budapester Aktion Geschichte und Portrat Verlag Im Waldgut Wald 1986 ISBN 3 7294 0026 6 S 57 62 65 69 74 Theo Tschuy Carl Lutz und die Juden von Budapest Mit einem Vorwort von Simon Wiesenthal Verlag Neue Zurcher Zeitung Zurich 1995 ISBN 3 85823 551 2 S 134 140 147 149 154 257 406 Gerhart Feine In Frankfurter Allgemeine Zeitung 10 April 1959 S 2 Einzelnachweise Bearbeiten a b c Christopher R Browning Historikerstudie Das Amt Das Ende aller Vertuschung In Frankfurter Allgemeine Zeitung 10 Dezember 2010 Christian Gerlach Gotz Aly Das letzte Kapitel Realpolitik Ideologie und der Mord an den ungarischen Juden DVA Stuttgart 2002 ISBN 3 421 05505 X S 119 Fn 133 Randolph L Braham The politics of genocide The Holocaust in Hungary Columbia University Press New York 1981 ISBN 0 231 05208 1 S 507 Christian Gerlach Gotz Aly Das letzte Kapitel Realpolitik Ideologie und der Mord an den ungarischen Juden DVA Stuttgart 2002 ISBN 3 421 05505 X S 186f Wolfgang Benz Arbeitserziehungslager Ghettos Jugendschutzlager Polizeihaftlager Sonderlager Zigeunerlager Zwangsarbeiterlager Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager Band 9 Beck Munchen 2005 ISBN 3 406 57238 3 S 357f Eckart Conze Norbert Frei Peter Hayes Moshe Zimmermann Das Amt und die Vergangenheit deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik Karl Blessing Verlag Munchen 2010 S 16 Artikel uber Gerhart Feine auf den Seiten der International Raoul Wallenberg Foundation Das Auswartige Amt und das Dritte Reich Macht Das Amt es sich zu einfach Daniel Koerfer im Interview mit Frank Schirrmacher In faz net 29 November 2010 Feine wird in diesem Buch laut Namensregister auf den Seiten 16 260 312ff und 358 thematisiertWeblinks BearbeitenGerhart Feine im Munzinger Archiv Artikelanfang frei abrufbar Randnotiz zu Gerhart Feine bei Raoul Wallenberg Stiftung englisch Eintrag In Gerhard Kobler Wer war wer im deutschen Recht Online Version Normdaten Person GND 133567184 lobid OGND AKS VIAF 8579460 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Feine GerhartALTERNATIVNAMEN Feine Gerhard Feine GertKURZBESCHREIBUNG deutscher DiplomatGEBURTSDATUM 17 Juni 1894GEBURTSORT GottingenSTERBEDATUM 9 April 1959STERBEORT Kopenhagen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gerhart Feine amp oldid 233236128