www.wikidata.de-de.nina.az
Georg Steindorff 12 November 1861 in Dessau 28 August 1951 in North Hollywood Kalifornien war ein deutscher Agyptologe Er gilt als einer der herausragenden Vertreter seines Faches in Deutschland und neben Adolf Erman und Ludwig Borchardt als bedeutendster Vertreter der zweiten Generation deutscher Agyptologen Georg Steindorff wohl um 1910 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Nachlass 3 Kulturgutschutz 4 Schriften Auswahl 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenGeorg Steindorff wuchs gemeinsam mit vier Geschwistern in einem liberalen judischen Elternhaus in Dessau auf Dort legte er auch sein Abitur ab bevor er in Berlin zunachst ein Studium der Geschichte und Philosophie begann Alsbald wuchs jedoch sein Interesse an der Agyptologie und der Orientalistik sodass er sich 1882 am Agyptologischen Seminar der Universitat Gottingen immatrikulierte 1 Er wurde 1884 bei Paul de Lagarde mit der Dissertation Prolegomena zu einer koptischen Nominalclasse promoviert 1885 konvertierte er unter der Betreuung de Lagardes vom Judentum zum Protestantismus 1893 berief ihn die Universitat Leipzig auf eine ausserordentliche Professur Den seit 1870 bestehenden Lehrstuhl fur Agyptologie hatte zuvor Georg Ebers 1837 1898 inne Steindorff trat 1897 auch bei der Bearbeitung des auf hohem wissenschaftlichen Stand stehenden Baedeker Bands Agypten die Nachfolge Ebers an und war dessen Verfasser bis zur letzten Zwischenkriegsauflage von 1928 die die Grabungserfolge von Howard Carter im Tal der Konige berucksichtigte Seit 1898 war Steindorff Mitglied der Sachsischen Akademie der Wissenschaften 1904 wurde er Ordinarius und zu einem der bedeutendsten Lehrkrafte der Universitat Leipzig seiner Zeit 2 In den unruhigen Zeiten 1918 19 wirkte er als Dekan der Philosophischen Fakultat In dieser Zeit uberwarf sich der streng national konservative Steindorff mit seinem kommunistischen Sohn dem Autor und Ubersetzer Ulrich Steindorff Hohepunkt der Karriere wurde das Rektorat an der Universitat Leipzig im Jahr 1923 24 Die von dem Archaologen Gustav Seyffarth begrundete agyptische Sammlung erhielt durch Steindorff ihre wesentliche Pragung Er baute die kleine Lehrsammlung zu einem Museum dem Agyptischen Museum der Universitat Leipzig aus Auf seinen Forschungsreisen nach Agypten erwarb er Gegenstande des Haus und Grabgebrauchs aber auch Kunstwerke kleineren Formats Auch die Funde von Ausgrabungen z B den Kalksteinkopf der Konigin Nofretete verbrachte er mit Erlaubnis des damals von Franzosen verwalteten Antikendienstes nach Leipzig Von besonderer Bedeutung sind Steindorffs Grabungstatigkeit in Giza Qau el Kebir und Aniba in den Jahren 1903 bis 1931 Das Agyptische Museum besitzt viele Objekte die bei diesen Expeditionen entdeckt wurden Von Mitte Dezember 1926 bis Mitte Dezember 1932 war er stellvertretender Sekretar der philosophisch historischen Klasse der Sachsischen Akademie Steindorffs eigentlich zum 31 Marz 1930 fallige Emeritierung wurde auf Bitten der Universitat zunachst fur zwei Jahre 1931 erneut um ein Jahr bis 1933 ausgesetzt Auch danach lehrte er noch ein weiteres Jahr weiter da sich die Besetzung des Lehrstuhls als problematisch darstellte Der eigentliche Wunschkandidat Hermann Kees nahm den Ruf nicht an schliesslich wurde der Lehrstuhl 1934 mit Steindorffs Assistenten Walther Wolf besetzt Zu dieser Zeit wurden judische Lehrkrafte an deutschen Universitaten aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums generell entlassen Dennoch durfte Steindorff noch bis 1937 die Infrastruktur etwa Sammlung und Bibliothek des Seminars benutzen Zudem behielt er sein Buro und die Unterstutzung seiner Mitarbeiter Aufgrund seines weltweit hohen Ansehens genoss er einen relativen Schutz vor Verfolgung weshalb er die Gefahr lange Zeit falsch einschatzte Seit 1935 verschlechterte sich die Lage dramatisch Eine Reise zum Orientalistenkongress nach Rom wurde ihm untersagt ebenso aufgrund des Reichsburgergesetzes die weitere Lehrtatigkeit was zu einer massiven Verschlechterung des Lehrangebotes an der Universitat fuhrte Bei den von ihm herausgegebenen Urkunden des agyptischen Altertums und der Zeitschrift fur Agyptische Sprache und Altertumskunde musste er Wolf als Mitherausgeber akzeptieren 1937 wurde er endgultig als Herausgeber verdrangt Zu einem weiteren Schicksalsschlag wurde der erzwungene Austritt aus der Sachsischen Akademie im Dezember 1938 der er 40 Jahre lang angehort hatte Mit diesem kam er auf Anraten seines Freundes Ludwig Weickmann des damals amtierenden Sekretars der Philosophisch historischen Klasse einem Ausschluss zuvor 1936 verkaufte Steindorff den Grossteil seiner agyptologischen Privatsammlung an die Universitat und bereiste bis 1938 mehrmals die USA Wahrscheinlich dienten diese Reisen einer geplanten Ubersiedlung der Familie in die USA Spatestens die Ereignisse der Novemberpogrome 1938 machten diese Entscheidung endgultig Im selben Jahr erfolgten auch die Zwangsscheidung und Emigration seiner Tochter der Pianistin Johanna Hilde Hemer 1892 1983 3 In einem Brief an den US amerikanischen Agyptologen John Wilson bezeichnete er diese Zeit als darkest days at Leipzig some weeks after the pogrom of November 1938 Im Marz 1939 emigrierte er mit seiner Familie in die USA er konnte dabei anders als die meisten judischen Fluchtlinge seinen gesamten mobilen Besitz einschliesslich antiker Mobel des Bechstein Flugels seiner Bibliothek und etwa 100 agyptischer Antiquitaten mit nach Kalifornien nehmen Zunachst war er als Research Associate am Walters Art Museum in Baltimore angestellt danach lebte er bis zu seinem Tod in Nord Hollywood wo er wieder mit seinem Sohn Ulrich Steindorff zusammentraf 1944 wurde er amerikanischer Staatsburger 1946 wurde Steindorff wieder als korrespondierendes Mitglied in die Sachsische Akademie aufgenommen Bekannt ist seine Auflistung deutscher Agyptologen die er in einem Brief an Wilson aufzahlte und sie dabei in Abhangigkeit von ihrer Nahe zum NS System als belastet oder unbelastet einstufte 2008 wurde das Leipziger Agyptologische Institut nach Steindorff benannt Von 1992 bis 2011 stritten sich die Universitat Leipzig die amerikanischen Erben Steindorffs und die Jewish Claims Conference JCC um die Besitzrechte von 1937 an die Universitat verkauften Stucken aus der Sammlung des Archaologen Nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin vom 26 Mai 2011 hatten die Antiken der JCC uberlassen werden mussen Die JCC verzichtete im Juni 2011 auf den Restitutionsanspruch nachdem die Offentlichkeit durch einen Artikel des Agyptologen Jan Assmann in der FAZ auf den Vorgang aufmerksam geworden war 4 5 Die Sammlung ist nun dauerhaft im 2010 neu bezogenen Agyptischen Museum der Universitat Leipzig ausgestellt Georg Steindorff war mit Elise Oppenheimer einer Schwester des Arztes Franz Oppenheimer verheiratet Nachlass BearbeitenGeorg Steindorffs Nachlass kam 1952 durch Kauf an die Southern Methodist University in Texas wo er als Steindorff Collections in der Bridweel Library verwahrt und erschlossen wird 6 Kulturgutschutz Bearbeiten nbsp Geschutztes KulturgutDie Sammlung Prof Georg Steindorff altagyptische Altertumer 163 Einzelstucke inventarisiert im Inventarverzeichnis des Agyptischen Museums der Universitat Leipzig steht als Kulturgut in Sachsen unter Kulturgutschutz 7 Schriften Auswahl BearbeitenProlegomena zu einer koptischen Nominalclasse 1884 Koptische Grammatik mit Chrestomathie Worterverzeichnis und Litteratur Porta linguarum Orientalium Band 14 ZDB ID 1161698 2 Reuther amp Reichard u a Berlin 1894 Die agyptischen Gaue und ihre politische Entwicklung Teubner Leipzig 1909 Digitalisat Aegypten in Vergangenheit und Gegenwart Ullstein Berlin Wien 1915Literatur BearbeitenSteindorff Georg In Wolfgang Helck Eberhard Otto Kleines Lexikon der Agyptologie 4 uberarbeitete Auflage Harrassowitz Wiesbaden 1999 ISBN 3 447 04027 0 S 297 Elke Blumenthal Kerstin Seidel Steindorff Georg In Neue Deutsche Biographie NDB Band 25 Duncker amp Humblot Berlin 2013 ISBN 978 3 428 11206 7 S 173 175 Digitalisat Elke Blumenthal und andere Georg Steindorff Stationen seines Lebens Kleine Schriften Leipzig Band 11 Harrassowitz Wiesbaden 2018 ISBN 978 3 447 11072 3 Maximilian Georg Deutsche Archaologen und agyptische Arbeiter Historischer Kontext personelle Bedingungen und soziale Implikationen von Ausgrabungen in Agypten 1898 1914 Transcript Bielefeld 2023 ISBN 978 3 8376 6484 3 Thomas Gertzen Steindorff Georg In Peter Kuhlmann Helmuth Schneider Hrsg Geschichte der Altertumswissenschaften Biographisches Lexikon Der Neue Pauly Supplemente Band 6 Metzler Stuttgart Weimar 2012 ISBN 978 3 476 02033 8 Sp 1188 1190 Sandra Muller Georg Steindorff im Spiegel seiner Tagebucher Kleine Schriften des Agyptischen Museums der Universitat Leipzig Band 9 Leipzig 2012 ISBN 978 3 86583 733 2 Dietrich Raue Der J accuse Brief an John A Wilson Drei Ansichten von Georg Steindorff In Susanne Bickel Lutz Popko Nicolas Berg Agyptologen und Agyptologien zwischen Kaiserreich und Grundung der beiden deutschen Staaten Reflexionen zur Geschichte und Episteme eines altertumswissenschaftlichen Fachs im 150 Jahr der Zeitschrift fur agyptische Sprache und Altertumskunde Zeitschrift fur agyptische Sprache und Altertumskunde Beiheft Nr 1 Akademie Verlag Berlin 2013 ISBN 978 3 05 006340 9 S 345 ff Thomas Schneider Agyptologen im Dritten Reich Biografische Notizen anhand der sogenannten Steindorff Liste In Thomas Schneider Peter Raulwing Hrsg Egyptology from the First World War to the Third Reich Ideology Scholarship and Individual Biographies Journal of Egyptian History Band 5 Nr 1 2 2012 Brill Leiden 2013 ISBN 978 90 04 24329 3 S 120 247 Susanne Voss Dietrich Raue Hrsg Georg Steindorff und die deutsche Agyptologie im 20 Jahrhundert Wissenshintergrunde und Forschungstransfers Beihefte zur Zeitschrift fur Agyptische Sprache und Altertumskunde Band 5 De Gruyter Berlin Boston 2016 ISBN 978 3 11 047756 6 Susanne Voss Georg Steindorff Heinrich Schafer und Thomas Mann Ein neuer Brieffund zu Thomas Manns Beziehungen zu Agyptologen anlasslich seines Joseph Romans In Zeitschrift fur Agyptische Sprache und Altertumskunde Band 143 Nr 2 2016 S 244 255 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Georg Steindorff Quellen und Volltexte Literatur von und uber Georg Steindorff im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Agyptisches Museum der Universitat Leipzig Homepage des Museums Ubersicht der Lehrveranstaltungen von Georg Steindorff an der Universitat Leipzig Wintersemester 1893 bis Sommersemester 1914 Georg Steindorff im Professorenkatalog der Universitat Leipzig Digitalisierte Korrespondenz Biografie auf dem Webportal Judische Gelehrte an der Universitat Leipzig Einzelnachweise Bearbeiten Georg Steindorff Judische Gelehrte an der Universitat Leipzig Abgerufen am 27 Mai 2022 deutsch Thomas Schneider Agyptologen im Dritten Reich Biografische Notizen anhand der sogenannten Steindorff Liste In Journal of Egyptian History Band 4 Nr 2 2011 S 111 D Raue Der J accuse Brief an John A Wilson Drei Ansichten von Georg Steindorff Berlin 2013 S 363 Jan Assmann In wessen Namen wird entschadigt und zuruckgegeben In FAZ vom 8 Juni 2011 S 0N3 Jurgen Kaube Restitutionsanspruche Steindorffs Wille In FAZ vom 23 Juni 2011 S 33 Bridwell Library Special Collections Steindorff Collections zuletzt abgerufen am 17 August 2016 Die Beauftragte der Bundesregierung fur Kultur und Medien Kulturgut in Sachsen Memento vom 21 Februar 2013 imInternet Archive Auf kulturgutschutz deutschland de von 2016 zuletzt abgerufen am 17 August 2016 Normdaten Person GND 117246891 lobid OGND AKS LCCN n81127113 VIAF 73963051 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Steindorff GeorgKURZBESCHREIBUNG deutscher AgyptologeGEBURTSDATUM 12 November 1861GEBURTSORT DessauSTERBEDATUM 28 August 1951STERBEORT North Hollywood Kalifornien Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Georg Steindorff amp oldid 230101972