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Franz Lambert von Avignon auch Franziskus Lambertus 1487 in Avignon 18 April 1530 in Frankenberg Eder war ein evangelischer Theologe vormaliger Franziskaner und hatte entscheidenden Anteil an der Reformation der Landgrafschaft Hessen Fur den Kirchenhistoriker Thomas Kaufmann ist Lamberts Biografie ein Beispiel fur die fruhzeitig offenkundig werdende Europaizitat der Reformation 1 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Ziele und Bedeutung 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenFranz Lambert war der Sohn eines namentlich nicht bekannten Sekretars am papstlichen Palast zu Avignon Er stammte aus Orgelet Franche Comte und hatte vermutlich eine Ausbildung als Jurist er starb als Franz Lambert ein Kind war Dieser trat mit 15 Jahren in das Kloster der Franziskaner Observanten zu Avignon ein und legte ein Jahr spater die Profess ab Da er die Ordensregeln sehr ernst nahm fasste er den Plan in den Kartauserorden zu wechseln was er schliesslich doch nicht tat Im Kloster kam es zu Konflikten um seine Person Nach Gerhard Muller lag das nicht nur an Lamberts strenger Observanz sondern auch an seiner ungestume n und haufig unvertragliche n Art Er erhielt von seinem Orden den Auftrag als Wanderprediger durch die Lande zu ziehen In dieser Tatigkeit war er sehr erfolgreich so dass ihm 1517 der Titel eines Praedicator apostolicus verliehen wurde Auf einer dieser Reisen veroffentlichte er in Lyon zwischen 1512 und 1517 2 den Traktat la corone de nostre Saulveur Jesus Christ einen ersten Versuch Jesus statt Maria wieder ins Zentrum der christlichen Frommigkeit zu setzen In seinem Avignoner Kloster las Lambert Lutherschriften und begann sich fur die Reformation zu interessieren 3 Im Mai 1522 verliess er Avignon zu einer weiteren Predigtreise Uber Aix les Bains Genf Lausanne Fribourg und Bern gelangte er nach Zurich Am 16 Juli 1522 diskutierte er mit Huldrych Zwingli und verteidigte diesem gegenuber die Heiligen und Marienverehrung dabei zeigte sich dass Lambert von reformatorischer Theologie kaum etwas wusste Es gelang Zwingli Lambert davon zu uberzeugen dass der Heiligenkult dem Evangelium widerspreche 4 Lambert legte seinen franziskanischen Habit ab und reiste uber Basel inkognito nach Eisenach wo er im November eintraf Er suchte den Kontakt zu Martin Luther und wandte sich dazu an den kurfurstlichen Sekretar Georg Spalatin Er fugte ein Manuskript mit 139 Thesen bei um seine reformatorische Gesinnung zu beweisen Dieser war von Lambert als Theologen wenig beeindruckt war aber damit einverstanden dass er im Januar 1523 nach Wittenberg kam und nahm ihn im Augustinerkloster auf das er selbst bewohnte An der theologischen Fakultat der Universitat Wittenberg hielt Lambert Vorlesungen uber Hosea das Lukasevangelium den Romerbrief Ezechiel und den Stammbaum Jesu Christi 5 Er war literarisch produktiv apologetisch um seinen Ubertritt aus dem Ordensleben zur Reformation zu verteidigen und biblisch exegetisch Dabei schrieb er unter anderem unter dem Pseudonym Johannes Seranus Recht erfolgreich war sein in Augsburg gedruckter Kommentar zum Lukasevangelium der in 21 Monaten funf Auflagen erlebte 6 Mit seiner Heirat am 15 Juli 1523 war er nach eigenen Angaben der erste franzosische Monch der diesen Schritt vollzog Seine Braut Christine war Tochter eines Herzberger Backers und stand in den Diensten von Augustin Schurff Da Lamberts Tatigkeit an der Universitat nur schlecht bezahlt war geriet er nach der Heirat in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten und bat den Kurfursten um Hilfe Am 14 Februar 1524 verliess er Wittenberg 7 Im Februar 1525 traf er in Metz ein wo ihm als verheirateten Monch jede offentliche Wirksamkeit verwehrt wurde Er ging nach Strassburg wo er im Mai eintraf und am 3 November 1524 das Burgerrecht erhielt Mit den Strassburger Humanisten geriet Lambert bald in einen Konflikt weil er Rhetorik und Dialektik zugunsten des Bibelstudiums ablehnte Martin Bucer schrieb am 29 Januar 1526 kritisch an Zwingli dass Lambert von den Wittenbergern kein Empfehlungsschreiben mitgebracht habe Gleichwohl gestattete der Stadtrat Lambert offentliche Vortrage uber biblische Bucher zu halten und unterstutzte ihn finanziell 1526 befristete der Stadtrat dann aber seinen Aufenthalt auf ein weiteres Jahr und verlangte die Vorlage aller Manuskripte vor Veroffentlichung In Strassburg ohne Perspektive nahm er das Angebot des hessischen Landgrafen Philipp an an einer Disputation uber die Einfuhrung der Reformation in der Landgrafschaft mitzuwirken Lamberts Thesen die sogenannte Paradoxa bildeten ihre Grundlage Diese Disputation fand vom 21 bis 23 Oktober 1526 in Homberg Efze statt und wurde bekannt unter dem Namen Homberger Synode Nikolaus Ferber Guardian des Marburger Franziskanerklosters trat Lambert als Sprecher der altglaubigen Partei gegenuber Die Homberger Synode beschloss die Einfuhrung einer Kirchenordnung Reformatio ecclesiarum Hassiae zu deren Verfasserkreis Lambert gehorte Luther lehnte diesen Entwurf ab weil er in der neuen Kirchenordnung eyn hauffen gesetze sah Die Ordnung wurde im 16 Jahrhundert nicht veroffentlicht gleichwohl wurden viele ihrer Bestimmungen in die Praxis umgesetzt so die Grundung einer evangelischen Universitat 1527 berief Philipp von Hessen Lambert als Professor an die neu gegrundete Universitat Marburg Neben Vorlesungen uber Bucher der Heiligen Schrift organisierte er die erste Marburger Disputation bei der Patrick Hamilton seine reformatorische Theologie darstellte Hamilton kehrte spater nach Schottland zuruck wurde dort verhaftet als Ketzer verurteilt und 1528 in St Andrews auf dem Scheiterhaufen hingerichtet 1529 erschien das Kaiser Karl V gewidmete franzosische Hauptwerk Somme chretienne Philipp von Hessen hatte erhofft den Kaiser hierdurch fur die Reformation zu interessieren aber die Wirkung war gegenteilig Karl V liess sogar den Boten der ihm das Werk uberbrachte gefangensetzen 8 Lambert nahm am Marburger Religionsgesprach als Zuhorer teil und wurde dabei von Zwinglis spiritualistischer Abendmahlslehre uberzeugt Dies war der Grund weshalb er den Strassburger Reformator Martin Bucer in einem Brief darum bat ihm eine Pfarrstelle in der franzosischsprachigen Schweiz zu verschaffen Hierzu kam es nicht mehr da Lambert in Frankenberg wohin die Universitat wegen einer Pestepidemie verlegt worden war zusammen mit Frau und Kindern von der Seuche dahingerafft wurde Ziele und Bedeutung BearbeitenLambert hatte zeit seines Lebens versucht die Leitmotive der Reformation durchzusetzen Als Grundlage sah er die Auseinandersetzung mit den Schriften der Bibel und deren Auslegung in Predigten Neben seiner geistigen Nahe zu Luther zeigen aber besonders seine Werke Paradoxa und Farrago seine ganz eigenen Vorstellungen der Neuordnung der Kirche Dabei liessen sich stets vier Schwerpunkte erkennen Die Predigt und die Auseinandersetzung mit selbiger Der Bischof als Prediger und Verwalter der Sakramente Die staatliche Gewalt die die entsprechende Rechtsform geben soll Die Eigenstandigkeit der GemeindenOffenbar waren Lamberts Gedanken zu radikal als dass sie hatten Wirklichkeit werden konnen weshalb sich Luthers gemassigte Variante wenigstens im deutschen Reichsgebiet etablierte Zwar hatten Lamberts Ideen fur den weiteren Verlauf und die Ausbreitung der Reformation keine Relevanz mehr doch zeigen sie das Ringen der Anfangsjahre um eine organisatorische Form der Reformation was vor allem fur die heutige Forschung von Bedeutung ist In der Forschung wird diskutiert ob die Ekklesiologie die in der hessischen Kirchenordnung Reformatio ecclesiarum Hassiae erkennbar wird und die Lambert zugeschrieben werden kann aus seiner franziskanischen Tradition stammt oder von ihm ganz selbstandig entwickelt wurde 9 Literatur BearbeitenGerhard Muller Franz Lambert von Avignon und die Reformation in Hessen Veroffentlichungen der Historischen Kommission fur Hessen und Waldeck Quellen und Darstellungen zur Geschichte des Landgrafen Philipp des Gutmutigen 24 4 Marburg 1958 Enthalt den kompletten franzosischen Text der Somme chrestienne Digitalisat Rainer Haas Franz Lambert und Patrick Hamilton in ihrer Bedeutung fur die evangelische Bewegung auf den Britischen Inseln Dissertation Universitat Marburg 1973 Rainer Haas La Corone de nostre saulveur In Zeitschrift fur Kirchengeschichte 84 Band 1973 S 287 301 Reinhard Bodenmann Bibliotheca Lambertiana In Pour retrouver Francois Lambert Baden Baden und Buxwiller 1987 S 9 213 Rainer Haas Franz Lambert und der Bekenntnisstand Hessens im 16 Jahrhundert in Jahrbuch der Hessischen Kirchengeschichtlichen Vereinigung Band 57 2006 S 177 210 Edmund Kurten Franz Lambert von Avignon und Nikolaus Herborn in ihrer Stellung zum Ordensgedanken und zum Franziskanertum im Besonderen Aschendorff 1950 Reformationsgeschichtliche Studien und Texte Bd 72 Gerhard Muller Die Anfange der Marburger Theologischen Fakultat In Hessisches Jahrbuch fur Landesgeschichte VI 1956 S 164 181 Louis Ruffet Francois Lambert d Avignon le reformateur de la Hesse Bonheur Paris 1873 Roy Lutz Winters Franz Lambert of Avignon 1487 1530 A Study in Reformation Origins United Lutheran Publication House Philadelphia PA 1938 Johann Wilhelm Baum Franz Lambert von Avignon Strassburg 1840 Gerhard Muller Lambert Franz In Neue Deutsche Biographie NDB Band 13 Duncker amp Humblot Berlin 1982 ISBN 3 428 00194 X S 435 437 Digitalisat Gerhard Muller Lambert von Avignon Franz In Religion in Geschichte und Gegenwart RGG 4 Auflage Band 5 Mohr Siebeck Tubingen 2002 Sp 46 Gerhard Muller Lambert von Avignon Franz In Theologische Realenzyklopadie TRE Band 20 de Gruyter Berlin New York 1990 ISBN 3 11 012655 9 S 415 418 Weblinks BearbeitenWerke von und uber Franz Lambert von Avignon in der Deutschen Digitalen Bibliothek Reinhard Bodenmann Franz Lambert In Historisches Lexikon der Schweiz Lambert Franz Hessische Biografie Stand 15 April 2021 In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Einzelnachweise Bearbeiten Thomas Kaufmann Erloste und Verdammte Eine Geschichte der Reformation Beck Munchen 2016 S 10 Gerhard Muller Lambert von Avignon Franz In Theologische Realenzyklopadie TRE Band 20 de Gruyter Berlin New York 1990 ISBN 3 11 012655 9 S 415 418 hier S 416 Thomas Kaufmann Erloste und Verdammte Eine Geschichte der Reformation Beck Munchen 2016 S 206 Thomas Kaufmann Erloste und Verdammte Eine Geschichte der Reformation Beck Munchen 2016 S 150 Gerhard Muller Lambert von Avignon Franz In Theologische Realenzyklopadie TRE Band 20 de Gruyter Berlin New York 1990 ISBN 3 11 012655 9 S 415 418 hier S 415 Gerhard Muller Lambert von Avignon Franz In Theologische Realenzyklopadie TRE Band 20 de Gruyter Berlin New York 1990 ISBN 3 11 012655 9 S 415 418 hier S 416 Gottfried Wentz Das Franziskanerkloster in Wittenberg In Germanica Sacra Die Bistumer der Kirchenprovinz Magdeburg De Gruyter Berlin 1941 2 T S 396 Gerhard Muller Lambert von Avignon Franz In Theologische Realenzyklopadie TRE Band 20 de Gruyter Berlin New York 1990 ISBN 3 11 012655 9 S 415 418 hier S 416f Gerhard Muller Lambert von Avignon Franz In Theologische Realenzyklopadie TRE Band 20 de Gruyter Berlin New York 1990 ISBN 3 11 012655 9 S 415 418 hier S 417 Normdaten Person GND 118726080 lobid OGND AKS LCCN n86864348 VIAF 212072839 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Lambert von Avignon FranzKURZBESCHREIBUNG Franziskaner evangelischer Theologe hessischer ReformatorGEBURTSDATUM 1487GEBURTSORT AvignonSTERBEDATUM 18 April 1530STERBEORT Frankenberg Eder Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Franz Lambert von Avignon amp oldid 235363656