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Evaneszenz lat evanescere verschwinden sich verfluchtigen beschreibt das Phanomen dass Wellen in ein Material in dem sie sich nicht ausbreiten konnen eindringen und unter dessen Oberflache exponentiell abklingen Evaneszente Wellen treten beispielsweise in der Optik an totalreflektierenden Grenzflachen und in der Akustik in Rohren oder anderen Leitungen auf Evaneszente Welle in der internen Totalreflexionsfluoreszenzmikroskopie Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeine Beschreibung 2 Herleitung im Wellenbild 3 Quantenmechanische Herleitung 4 Nachweis und praktische Bedeutung 4 1 Gestorte Totalreflexion 4 2 Sichern der Reflexion 5 Siehe auch 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseAllgemeine Beschreibung Bearbeiten nbsp Evaneszente Felder hinter der Grenzflache bei Totalreflexion Gelb eingezeichnet sind die Ausbreitungsrichtungen der Wellen Trifft eine Welle auf ein Medium in dem sie sich nicht ausbreiten kann so fallt ihre Amplitude hinter der Grenzflache nicht direkt auf Null ab sondern klingt exponentiell ab Diese abklingende Welle heisst evaneszent sie kann durch einen komplexwertigen Wellenvektor beschrieben werden In der Quantenmechanik fuhrt dies dazu dass sich Teilchen in einem klassisch verbotenen Bereich aufhalten konnen da in ihm die Aufenthaltswahrscheinlichkeiten als Wahrscheinlichkeitsinterpretation einer Wellenmechanik exponentiell absinken aber noch vorhanden sind Dies ermoglicht zum Beispiel den Tunneleffekt Evaneszente Wellen treten z B in oder hinter Flachen auf an denen Wellen reflektiert werden Da keine Energie wegtransportiert wird gilt dies auch bei vollstandiger Reflexion und Totalreflexion an einer Grenzflache zweier Medien Herleitung im Wellenbild BearbeitenAn der Grenzflache hinter der das evaneszente Feld auftritt gelten die Stetigkeitsbedingungen fur die Tangentialkomponenten des E Feldes und aus diesen folgt 1 k e k r r 0 displaystyle left vec k e vec k r right cdot vec r 0 nbsp k e k t r 0 displaystyle left vec k e vec k t right cdot vec r 0 nbsp Dabei bezeichnet der Index e den einfallenden der Index r den reflektierten und der Index t den transmittierten k displaystyle k nbsp Vektor Ebenso sind im Folgenden die Brechungsindizes der Medien beidseitig der Grenzflache mit den Indizes der zugehorigen Wellenvektoren bezeichnet Die Grenzflache sei in der x z displaystyle x z nbsp Ebene angesiedelt und beschrieben durch y 0 displaystyle y 0 nbsp Es wird hier also ein 2D Problem behandelt das heisst der Wellenvektor der einfallenden Welle liegt in der x y displaystyle x y nbsp Ebene Berechnet man das Skalarprodukt in den obigen Stetigkeitsbedingungen und setzt fur die y displaystyle y nbsp Komponente des r displaystyle r nbsp Vektors 0 displaystyle 0 nbsp ein so ergibt sich dass die Komponenten tangential zur Grenzflache in x displaystyle x nbsp Richtung bei allen drei Wellenvektoren gleich sind k e x k r x k t x displaystyle k e x k r x k t x nbsp Die x displaystyle x nbsp Komponente des k displaystyle k nbsp Vektors lasst sich auch mit dem Einfallswinkel f displaystyle varphi nbsp beschreiben der vom Lot auf die Grenzflache aus gemessen wird Der Betrag des Vektors wird durch die Dispersionsrelation beschrieben k e x k e sin f n e w c sin f displaystyle k e x left vec k e right sin varphi frac n e omega c sin varphi nbsp Das Gleiche gilt fur den k displaystyle k nbsp Vektor der transmittierten Welle k t n t w c k t x 2 k t y 2 displaystyle left vec k t right frac n t omega c sqrt k t x 2 k t y 2 nbsp Stellt man diese Gleichung nach k t y 2 displaystyle k t y 2 nbsp um und setzt fur k t x displaystyle k t x nbsp den oben hergeleiteten Ausdruck fur k e x displaystyle k e x nbsp ein erhalt man k t y 2 n t w c 2 n e w c 2 sin 2 f k t x 2 k e x 2 n t w c 2 k t 2 1 n e 2 n t 2 sin 2 f lt 0 displaystyle k t y 2 left frac n t omega c right 2 overbrace left frac n e omega c right 2 sin 2 varphi k t x 2 k e x 2 underbrace left frac n t omega c right 2 k t 2 cdot underbrace left 1 frac n e 2 n t 2 sin 2 varphi right lt 0 nbsp nbsp Die 1 e Eindringtiefe des Feldes in Abhangigkeit vom Einfallswinkel angegeben in Einheiten der Wellenlange Der erste Faktor in diesem Produkt ist positiv Der zweite Faktor wird jedoch negativ weil der Einfallswinkel f displaystyle varphi nbsp grosser als der Grenzwinkel der Totalreflexion ist Damit wird k t y displaystyle k t y nbsp imaginar k t y i k t n e 2 n t 2 sin 2 f 1 b i b k t displaystyle k t y pm imath k t underbrace sqrt frac n e 2 n t 2 sin 2 varphi 1 beta pm imath beta k t nbsp Nun setzt man fur den transmittierten Strahl eine ebene Welle mit Amplitude A displaystyle A nbsp an der Grenzflache an E t A e i k r w t A e b k t y e i k t x x i w t displaystyle vec E t vec A e mathrm i left vec k cdot vec r omega t right vec A e beta k t y e mathrm i k t x x mathrm i omega t nbsp Der Term mit b displaystyle beta nbsp im Exponenten beschreibt den exponentiellen Abfall der Amplitude je weiter die evaneszente Welle in y displaystyle y nbsp Richtung fortschreitet Aus b displaystyle beta nbsp lasst sich auch explizit berechnen wie stark die Amplitude der evaneszenten Welle in einem bestimmten Abstand hinter der Grenzflache bereits abgefallen ist Zur Orientierung bietet sich hier die Eindringtiefe an nach der die Amplitude der Welle auf 1 e abgefallen ist y 1 e E d p 1 k t b 1 2 p l t n e 2 n t 2 sin 2 f 1 l e 2 p n e n e 2 sin 2 f n t 2 displaystyle y frac 1 e text E d p frac 1 k t beta frac 1 frac 2 pi lambda t sqrt frac n e 2 n t 2 sin 2 varphi 1 frac lambda e 2 pi n e sqrt n e 2 sin 2 varphi n t 2 nbsp Man beachte dass es sich hierbei um einen Abfall der Amplitude handelt nicht um die Intensitat also das Betragsquadrat der Amplitude Die 1 e Eindringtiefe der Intensitat ergibt sich aus dem Betragsquadrat der Wellenfunktion y 1 e I 1 2 k t b displaystyle y frac 1 e text I frac 1 2k t beta nbsp Quantenmechanische Herleitung BearbeitenEvaneszenz kann quantenmechanisch behandelt werden Dabei betrachtet man die Grenzflache an der die Totalreflexion auftritt als eine eindimensionale Potentialstufe an der ein Teilchen reflektiert wird 2 V x 0 falls x lt 0 V 0 falls x 0 displaystyle V x begin cases 0 amp mbox falls x lt 0 V 0 amp mbox falls x geq 0 end cases nbsp Um uberhaupt Totalreflexion zu erhalten muss die Energie E displaystyle E nbsp des Teilchens mit Masse m displaystyle m nbsp kleiner sein als die des Potentials 0 lt E lt V 0 displaystyle 0 lt E lt V 0 nbsp Ein geeigneter Ansatz fur die Wellenfunktion des Teilchens lautet damit PS x e i k e x r e i k e x falls x lt 0 t e i k t x falls x 0 displaystyle Psi x begin cases e mathrm i k e x r cdot e mathrm i k e x amp mbox falls x lt 0 t cdot e mathrm i k t x amp mbox falls x geq 0 end cases nbsp Die aus displaystyle infty nbsp einlaufende Welle wurde hier bereits auf 1 normiert k e displaystyle k e nbsp und k t displaystyle k t nbsp berechnen sich mit diesem Ansatz aus der Schrodingergleichung Weil das Potential grosser ist als die Energie wird k t displaystyle k t nbsp imaginar und es kann die neue Grosse k t displaystyle kappa t nbsp eingefuhrt werden k k e 1 ℏ 2 m E falls x lt 0 k t 1 ℏ 2 m E V i ℏ 2 m E V i k t mit k t R falls x 0 displaystyle k begin cases k e frac 1 hbar sqrt 2mE amp mbox falls x lt 0 k t frac 1 hbar sqrt 2m E V frac mathrm i hbar sqrt 2m E V mathrm i kappa t mbox mit kappa t in mathbb R amp mbox falls x geq 0 end cases nbsp Damit wird der Exponent der Exponentialfunktion fur x 0 displaystyle x geq 0 nbsp negativ reell und die Wellenfunktion beschreibt einen exponentiellen Abfall An der Potentialstufe mussen sowohl die Wellenfunktionen PS displaystyle Psi nbsp selbst als auch deren Ableitungen PS displaystyle Psi nbsp stetig sein Durch Einsetzen von x 0 displaystyle x 0 nbsp erhalt man 1 r t displaystyle 1 r t nbsp i k e i r k e t k t displaystyle mathrm i k e mathrm i rk e t kappa t nbsp Durch Gleichsetzen lassen sich die Reflexions und Transmissionskoeffizienten r displaystyle r nbsp und t displaystyle t nbsp der Wahrscheinlichkeitswelle bestimmen r i k e k t i k e k t displaystyle r frac mathrm i k e kappa t mathrm i k e kappa t nbsp t 1 r 2 i k e i k e k t displaystyle t 1 r frac 2 mathrm i k e mathrm i k e kappa t nbsp Die Wahrscheinlichkeitsamplitude das Teilchen bei x 0 displaystyle x geq 0 nbsp anzutreffen ist wegen t 0 displaystyle t neq 0 nbsp nicht null Ebenso wenig ist die Wahrscheinlichkeitsamplitude der Reflexion genau 1 Anders jedoch die Betragsquadrate die sich in C displaystyle mathbb C nbsp durch Multiplikation mit dem komplex Konjugierten berechnen R r 2 1 displaystyle R r 2 1 nbsp T t 2 4 k e 2 k t 2 k e 2 displaystyle T t 2 frac 4k e 2 kappa t 2 k e 2 nbsp Es findet also zu 100 eine Reflexion statt und dennoch kann das Teilchen mit der Wahrscheinlichkeit T displaystyle T nbsp in die Barriere eindringen Aus dem Energieerhaltungssatz wird mit R 1 displaystyle R 1 nbsp klar dass die evaneszente Welle keine Energie transportiert Analog zur 1 e Eindringtiefe in der Optik kann in der Quantenmechanik eine x abhangige Eindringwahrscheinlichkeit W displaystyle W nbsp aus dem Betragsquadrat der Wellenfunktion im Bereich der Barriere berechnet werden W x 0 T e 2 k t x 4 k e 2 2 m V 0 ℏ 2 e 2 k t x displaystyle W x geq 0 T cdot e 2 kappa t x frac 4k e 2 2mV 0 hbar 2 cdot e 2 kappa t x nbsp Die 1 e Eindringtiefe ist damit x 1 e 1 2 k t displaystyle x frac 1 e frac 1 2 kappa t nbsp In der optischen Herleitung flossen die Eigenschaften der beiden Medien in den vergleichsweise komplizierten Ausdruck fur b displaystyle beta nbsp ein In dieser quantenmechanischen Herleitung wurde das Problem insofern vereinfacht als dass das Potential im Gebiet der einlaufenden Welle als Null gewahlt wurde was einem Brechungsindex von n e 1 displaystyle n e 1 nbsp entspricht Ausserdem wurde senkrechter Einfall angenommen so dass die Winkelabhangigkeit die sich bei der Herleitung im Wellenbild im Sinus Term in b displaystyle beta nbsp niederschlagt nicht berucksichtigt ist Nachweis und praktische Bedeutung BearbeitenGestorte Totalreflexion Bearbeiten nbsp Aufgrund Auskoppelung evaneszenter Felder verhinderte Totalreflexion im PrismaBringt man zwei Glasprismen sehr nahe zusammen siehe Abbildung kann man Licht messen wo keines sein durfte namlich hinter dem zweiten Prisma transmittierter Lichtstrahl aufgrund des evaneszenten Feldes hinter dem ersten Prisma kann Licht transmittiert werden falls das zweite Prisma in das evaneszente Feld eintaucht Die Intensitat sinkt exponentiell mit dem Abstand der Prismen Diesen Effekt nennt man verhinderte oder gestorte Totalreflexion englisch frustrated internal total reflection FITR da eigentlich alles Licht nach oben reflektiert werden musste Dies ahnelt dem endlich hohen Potentialtopf in der Quantenmechanik wo die Wellenfunktion im verbotenen Bereich exponentiell abklingt Daher ist dieser Effekt auch als optischer Tunneleffekt bekannt Bei speziellen Strahlteilern wird der beschriebene Effekt ausgenutzt wobei durch den Abstand der Prismen das Verhaltnis der Intensitaten zwischen transmittiertem und reflektiertem Strahl sehr genau eingestellt werden kann Der Effekt der gestorten Totalreflexion wird bei der ATR Spektroskopie ausgenutzt um Verunreinigungen und Fehler von Oberflachen und dunnen Schichten sichtbar zu machen siehe auch Evanescent Wave Scattering Auch die optische Nahfeldmikroskopie und die interne Totalreflexionsfluoreszenzmikroskopie TIRF nutzen evaneszente Wellen Sichern der Reflexion Bearbeiten In Lichtwellenleitern befinden sich evaneszente Wellen im niedrigbrechenden Mantel englisch cladding der Faser Der Mantel verhindert einen Strahlungsaustritt aus dem Faserkern indem er verhindert dass sich Schmutz oder Wasser dem evaneszenten Feld um den Kern nahern und so die Totalreflexion storen konnen Die aus Lochblech bestehende Tur von Mikrowellenherden muss durch eine zusatzliche Scheibe geschutzt werden da die Mikrowellen Wellenlange im Zentimeterbereich im Ofeninneren zwar nicht durch die Tur gelangen konnen jedoch unmittelbar hinter den Lochern evaneszente Felder erzeugen die bei Annaherung z B eines Fingers zur Auskoppelung von Mikrowellen fuhren wurden Siehe auch BearbeitenGoos Hanchen EffektWeblinks BearbeitenEvanescent Waves Beschreibung evaneszenter Wellen englisch Einzelnachweise Bearbeiten Eugene Hecht Optik 4 Auflage Oldenbourg Verlag Munchen Wien 2005 ISBN 3 486 27359 0 S 212 213 Wolfgang Demtroder Experimentalphysik Band 3 Atome Molekule und Festkorper 3 Auflage Springer Berlin Heidelberg 2005 ISBN 3 540 21473 9 S 120 121 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Evaneszenz amp oldid 235961308