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Ernst August Wagner 22 September 1874 in Eglosheim 27 April 1938 in Winnenden war ein deutscher Lehrer und Dichter Er wurde bekannt durch den von ihm verubten Massenmord im Jahr 1913 der insgesamt 14 Todesopfer forderte Inhaltsverzeichnis 1 Tatablauf 2 Hintergrunde und Folgen 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseTatablauf BearbeitenAm Morgen des 4 September 1913 totete der als Lehrer tatige Ernst Wagner in Stuttgart Degerloch seine Frau und seine vier Kinder mit einem Dolch Er begrundete die Totungen damit er wolle seiner Familie die Folgen seiner geplanten nachfolgenden Tat und die folgenden Schrecken ersparen Danach fuhr er bzw schob sein Fahrrad nach Stuttgart fuhr weiter weiter mit der Bahn nach Ludwigsburg und suchte von da aus das Haus der Familie seines Bruders auf Er gab vor in der Nacht zuruckkehren und dort ubernachten zu wollen Danach fuhr er mit der Bahn nach Bietigheim Von hier ging Wagner mit dem Fahrrad auf Erkundungstour und gab mehrere Briefe und Pakete auf Einen seiner Bekennerbriefe an die Zeitung des Neuen Tagesblattes richtete er an mein Volk eine ironische Anspielung auf die Jahrhundertfeiern zur Volkerschlacht bei Leipzig 1 2 Abends fuhr er schliesslich mit dem Fahrrad nach Muhlhausen an der Enz wo er von 1901 bis 1902 Lehrer gewesen war Nachts in Muhlhausen angekommen zundete er vier Hauser an verschiedenen Stellen des Dorfes an zog durch das Dorf und schoss auf die aufgeschreckten Menschen Dabei erschoss er neun Menschen elf weitere wurden schwer verletzt 3 Er hatte es dabei ausschliesslich auf die Manner von Muhlhausen abgesehen dass er auch drei Madchen erschoss und eine Frau verletzte war das einzige was er bei den Vernehmungen in Vaihingen an der Enz bzw am Landgericht Heilbronn spater bedauerte Wagner wurde schliesslich uberwaltigt und nach einem Krankenhausaufenthalt in Vaihingen an der Enz bei dem ihm ein Teil seines Arms amputiert werden musste in Heilbronn inhaftiert Bei den folgenden Ermittlungen u a unter Beteiligung des Staatsanwalts Walther Bacmeister 4 stellte sich heraus dass Wagner noch geplant hatte seinen Bruder und dessen Familie umzubringen und schliesslich das Schloss in Ludwigsburg niederzubrennen und sich dabei im Bett der Herzogin selbst zu verbrennen bzw zu erschiessen 5 6 1 2 Hintergrunde und Folgen BearbeitenWagners Vater war fruh verstorben Seine Mutter hatte danach mehrere Liebhaber und wurde wieder schwanger eine neue Ehe wurde jedoch wieder annulliert Sie und andere Familienmitglieder waren womoglich bereits psychisch pradisponiert 7 Wagner war sehr belesen die Polizei fand in seinem Haus Hunderte von Buchern Bereits vor seiner Tat hatte er u a mehrere Versdramen verfasst so auch uber Kaiser Nero Er verfasste auch eine dreiteilige 300 Seiten umfassende Autobiographie Seine Tat hatte Wagner uber mehrere Jahre zuvor geplant in denen er sich die Pistolen und Munition besorgte und Schiessubungen im Wald durchfuhrte Als Motiv fur die Tat gab Wagner an dass ihn die Einwohner von Muhlhausen 1901 wegen angeblich begangener aber nicht naher beschriebener sodomistischer Handlungen verhohnt hatten Zeugenbefragungen ergaben jedoch dass niemand Kenntnisse von angeblichen sodomistischen Handlungen Wagners hatte und er bis zu seinem Amoklauf als angesehener Burger galt 8 Im Prozess am Landgericht Heilbronn attestierten die Gutachter Robert Gaupp und Robert Wollenberg Wagner deshalb Verfolgungswahn 9 Gaupp beschrieb Wagner als einen ernsten gramgebeugten aber hoflichen und gebildeten Mann Statt zum Tode verurteilt zu werden wurde Wagner am 4 Februar 1914 strafrechtlich fur schuldunfahig erklart und aufgrund seiner anhaltenden Gemeingefahrlichkeit nach dem allgemeinen Polizeirecht in die Heilanstalt Winnenthal bei Winnenden eingewiesen Erstmals in der wurttembergischen Rechtsgeschichte wurde damit ein Prozess wegen Unzurechnungsfahigkeit eingestellt 10 11 12 Wagner selbst wollte den Beschluss des Gerichts nicht akzeptieren und wollte gekopft werden Zwischen dem Psychiater Robert Gaupp und Wagner entwickelte sich in der Folgezeit eine besondere Beziehung 13 Am Fall Wagner entwickelte Gaupp seine heute noch in Fachkreisen gelaufige Theorie zum Wahn sog Paranoia Gaupp Darauf aufbauend entwickelte Gaupps Schuler Ernst Kretschmer seine in der Fachwelt ebenso beachtete Habilitation Der sensitive Beziehungswahn 14 15 Eine Verlegung in die von Gaupp geleitete Nervenheilanstalt in Tubingen lehnte Gaupp jedoch spater ab 16 1932 verliess Wagner ein einziges Mal fur neun Tage die Heilanstalt um auf der 55 Tagung der sudwestdeutschen Psychiater in Tubingen von Gaupp dem Fachpublikum vorgestellt zu werden 17 Gaupp sprach sich spater fur die Zwangssterilisation von Wagner aus 18 In der Anstalt schrieb Ernst Wagner noch weitere Dramen die er u a dem Direktor des Nationaltheaters in Mannheim und anderen Buhnen erfolglos zur Auffuhrung anbot 19 1926 warf Wagner Franz Werfel vor dass dieser mit dessen Tragodie Schweiger seine Schriften Wahn Die Landhofmeisterin und seine Autobiographie plagiiert habe Nachdem eine Anzeige bei Staatsanwaltschaft erfolglos bleibt liess er in der Anstaltsdruckerei das Flugblatt Werfel der Plagiator drucken 1938 starb Wagner an Tuberkulose Seine Leiche wurde obduziert und auf seinen Wunsch hin verbrannt Sein Gehirn wurde entnommen und tauchte nachdem es lange Zeit als verschollen galt im Institut fur Hirnforschung in Dusseldorf wieder auf Eine Untersuchung ergab mogliche Anzeichen fur Schizophrenie 20 insoweit wird Gaupps Theorie von einer nicht durch Schizophrenie bedingten echten charakterogenen Paranoia nicht bestatigt Nach Wagners Tod wurden viele der Insassen der Heilanstalt Winnenthal Opfer der Aktion T4 fur die auch Gaupp der sich fur Rassenhygiene einsetzte als ein Wegbereiter gelten kann Hermann Hesse liess die Figur des Amoklaufers Ernst Wagner in seine 1919 erschienene Erzahlung Klein und Wagner einfliessen Heinar Kipphardt verfasste ein Expose fur eine Verfilmung 21 1997 wurde in der Universitats Nervenklinik Tubingen ein Symposium zum Fall Wagner veranstaltet bei dem in acht Vortragen die sehr unterschiedlichen Aspekte und Facetten dieses Falles ausfuhrlich dargestellt und diskutiert wurden Der Veroffentlichung der Vortrage ist eine Transkription des Winnentaler Krankenblattes von 1914 bis 1938 angeschlossen das weitere Details unter anderem zu dem besonderen Verhaltnis zwischen Wagner und seinem ehemaligen Gutachter Gaupp aufzeigt 22 Literatur BearbeitenBernd Neuzner Horst Brandstatter Wagner Lehrer Dichter Massenmorder Eichborn Frankfurt am Main 1996 ISBN 3 8218 4143 5 Robert Gaupp Zur Psychologie des Massenmords Hauptlehrer Wagner von Degerloch Eine kriminalpsychologische und psychaitrische Studie Berlin 1914 ISBN 978 3 662 24630 6 Robert Gaupp Krankheit und Tod des paranoischen Massenmorders Hauptlehrer Wagner Eine Epikrise Zeitschrift fur die gesamte Neurologie und Psychiatrie 163 1938 S 48 82 Klaus Foerster Hrsg Wahn und Massenmord Perspektiven und Dokumente zum Fall Wagner Verlag Sindlinger Burchartz Frickenhausen 1999 ISBN 3 928812 19 X Walther Bacmeister Der Massenmorder und Brandstifter Wagner Archiv fur Kriminologie 106 1940 S 16 35 68 76 129 136 Fritz Barlen Sippentafel des Hauptlehrers Wagner Fall von Gaupp in Zeitschrift fur die gesamte Neurologie und Psychologie 176 1943 S 320 324 Rolf van Raden Patient Massenmorder Der Fall Ernst Wagner und die biopolitischen Diskurse Edition DISS Band 25 Unrast Verlag Munster 2009 ISBN 978 3 89771 754 1 Philipp Blom Der taumelnde Kontinent Europa 1900 1914 Carl Hanser Verlag Munchen 2009 S 421 452 Kapitel 1913 Wagners Wahn Fred Uhlman Die partielle Zurechnungsfahigkeit Dissertation an der Universitat Tubingen 1925 maschinenschriftlich Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Ernst August Wagner im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Hans Schmid Schwaben Amok oder auch Ich bin Sodomit In Telepolis 7 November 2009 Robin Szuttor Amoklauf vor hundert Jahren Ruf der Holle In Stuttgarter Zeitung 2 Januar 2013 Joachim Kalka Massenmord vor 100 Jahren Mein Kopf fallt willensschwach vornuber In Stuttgarter Zeitung 4 September 2013 Patientakte der Psychiatrischen Anstalt Winnenden uber Ernst Wagner im Landesarchiv Baden Wurttemberg Digitalisat Einzelnachweise Bearbeiten a b Dagmar Dehmer Amoklauf Auch Einzeltater haben Vorlaufer In Der Tagesspiegel 27 Juli 2011 a b Philipp Blom Paranoider Hass Ernst August Wagner 1913 Bestellt mich zum Exekutor In Suddeutsche Zeitung 28 Juli 2011 Der Massenmord in Muhlhausen Die Beerdigung der Opfer In Neue Freie Presse 9 September 1913 S 9 Online bei ANNO Walther Bacmeister Der Massenmorder und Brandstifter Wagner Archiv fur Kriminologie 106 1940 S 16 35 68 76 129 136 Die Bluttat des Lehrers Wagner Das letzte Verhor mit dem Morder In Die Neue Zeitung 10 September 1913 S 3 Online bei ANNO Niedergeschriebene Aussage von Ernst Wagner als PDF Landesarchiv Baden Wurttemberg Fritz Barlen Sippentafel des Hauptlehrers Wagner Fall von Gaupp in Zeitschrift fur die gesamte Neurologie und Psychologie 176 1943 S 320 324 Wagner Ernst August biographischer Artikel auf Landeskunde entdecken online Robert Gaupp Zur Psychologie des Massenmords Hauptlehrer Wagner von Degerloch Eine kriminalpsychologische und psychiatrische Studie Berlin 1914 ISBN 978 3 662 24630 6 Zeugenaussagen zum Fall Ernst Wagner als PDF Landesarchiv Baden Wurttemberg Massenmorder Wagner irrsinnig In Vorarlberger Volksblatt 6 Februar 1914 S 4 Online bei ANNO Klaus Foerster in Klaus Foerster Hrsg Wahn und Massenmord Perspektiven und Dokumente zum Fall Wagner S 13 Verlag Sindlinger Burchartz Frickenhausen 1999 ISBN 3 928812 19 X Bernd Neunzer in Klaus Foerster Hrsg Wahn und Massenmord Perspektiven und Dokumente zum Fall Wagner S 24 Verlag Sindlinger Burchartz Frickenhausen 1999 ISBN 3 928812 19 X Michael Schmidt Degenhard in Klaus Foerster Hrsg Wahn und Massenmord Perspektiven und Dokumente zum Fall Wagner S 48 ff Verlag Sindlinger Burchartz Frickenhausen 1999 ISBN 3 928812 19 X Rainer Tolle in Klaus Foerster Hrsg Wahn und Massenmord Perspektiven und Dokumente zum Fall Wagner S 70 ff Verlag Sindlinger Burchartz Frickenhausen 1999 ISBN 3 928812 19 X Bernd Neunzer in Klaus Foerster Hrsg Wahn und Massenmord Perspektiven und Dokumente zum Fall Wagner S 31 Verlag Sindlinger Burchartz Frickenhausen 1999 ISBN 3 928812 19 X Bernd Neunzer in Klaus Foerster Hrsg Wahn und Massenmord Perspektiven und Dokumente zum Fall Wagner S 32 Verlag Sindlinger Burchartz Frickenhausen 1999 ISBN 3 928812 19 X Martin Leonhardt Klaus Foerster in Klaus Foerster Hrsg Wahn und Massenmord Perspektiven und Dokumente zum Fall Wagner S 130 f Verlag Sindlinger Burchartz Frickenhausen 1999 ISBN 3 928812 19 X Vom grausamen Morder zum Dichter Landesarchiv Baden Wurttemberg Bernhard Bogerts in Klaus Foerster Hrsg Wahn und Massenmord Perspektiven und Dokumente zum Fall Wagner S 85 ff Verlag Sindlinger Burchartz Frickenhausen 1999 ISBN 3 928812 19 X Martin Leonhardt in Klaus Foerster Hrsg Wahn und Massenmord Perspektiven und Dokumente zum Fall Wagner S 106 ff Verlag Sindlinger Burchartz Frickenhausen 1999 ISBN 3 928812 19 X Klaus Foerster Hrsg Wahn und Massenmord Perspektiven und Dokumente zum Fall Wagner Verlag Sindlinger Burchartz Frickenhausen 1999 ISBN 3 928812 19 X Normdaten Person GND 119334380 lobid OGND AKS LCCN n84187021 VIAF 59167140 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Wagner Ernst AugustALTERNATIVNAMEN Wagner ErnstKURZBESCHREIBUNG deutscher Lehrer Morder und DichterGEBURTSDATUM 22 September 1874GEBURTSORT EglosheimSTERBEDATUM 27 April 1938STERBEORT Winnenden Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ernst August Wagner amp oldid 237378476