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Eine Dorfordnung auch Dorfverfassung Bauern Verfassung Bauernbrief Bauerbrief Bauerordnung Burrecht oder Ahnliches regelte vom fruhen Mittelalter bis ins 19 Jahrhundert das Zusammenleben der Gemeindemitglieder in einem Dorf die Rechte und Pflichten der Bauern und zumeist auch die der Einwohner ohne Ackerland in der Gewannflur Seldner Gartner Kotter Hausler soweit sie gemeindeberechtigt waren Hausgenossen und Gesinde standen unter der Munt des Hausherrn Inhaltsverzeichnis 1 Hohenlohe 2 Oldenburg 3 Sachsen 4 Franken 5 Literatur 6 EinzelnachweiseHohenlohe BearbeitenUrsprunglich lebte man in Hohenlohe nach mundlich uberlieferten Geboten die erst im ausgehenden Mittelalter entsprechend der zunehmenden Schriftlichkeit aufgezeichnet wurden Die durch Zusammenwirken von Gemeinde und Herrschaft entstandenen hohenlohischen Dorfordnungen 1 waren bis zur Mediatisierung 1806 gultiges Recht nach dem im Dorfgericht geurteilt wurde Von der Gemeinde wurden sie als Freiheitsbrief verstanden als verbrieftes Recht 2 In den Quellen sind neben dem Wort Dorfordnung auch die Bezeichnungen Gemeindebrief Dorfrecht Alte Gerechtigkeit oder ahnliche Begriffe gebrauchlich oft synonym in derselben Ordnung Sie wurden von der Gemeinde aufgestellt und von der Herrschaft nur bestatigt oder von der Herrschaft formuliert fast immer im Einvernehmen mit der Gemeinde es gibt keinen Hinweis darauf dass eine Dorfordnung von der Obrigkeit zwangsweise oktroyiert wurde Die Gemeinde konnte im Dorfbereich unter der Kontrolle des von der Herrschaft eingesetzten Schultheissen ihre Angelegenheiten weitgehend selbst gestalten Sie besass das Recht in der Gemeindeversammlung fur alle Einwohner Pfarrer und herrschaftliche Beamte ausgenommen verbindliche Satzungen aufzustellen und deren Einhaltung durch festgelegte Bussgelder zu erzwingen Diese konnte sie nach eigenem Ermessen verwenden meist in Gemeinschaft vertrinken 2 Im Umfang sind Dorfordnungen sehr unterschiedlich Sonst eigenstandige Ordnungen wie eine Waldordnung Hirtenordnung Weinschenkordnung und auch Ruggerichtsordnung wurden in die Dorfordnung aufgenommen Manche sind undatiert uberliefert viele wurden uberarbeitet die altere Fassung ist dann meist nicht erhalten Vielfach bleiben sie uber Jahrhunderte hinweg unverandert in Gebrauch manchmal sogar bei einem Herrschaftswechsel Die alteste aufgezeichnete hohenlohische Ordnung stammt aus dem Jahr 1492 erganzt wurde sie 1497 und 1508 und 1597 noch einmal revidiert 3 Jede Dorfordnung besitzt einen individuellen Charakter Im Laufe des 17 Jahrhunderts wurde die Selbstverwaltung durch herrschaftliche Ordnungen eingeschrankt 2 Oldenburg Bearbeiten Hauptartikel Oldenburger BauerbriefeFur die Grafschaft Oldenburg insbesondere die Wesermarsch sind zahlreiche Bauernbriefe uberliefert Sie sind Zeugnis der Kompetenz der Bauerschaften das Leben der Gemeinschaft in allen Alltagsbereichen zu regeln Bisher sind 92 Urkunden fur den Oldenburger Raum bekannt 4 Inhaltlich geht es in den Oldenburger Bauernbriefen vor allem um die Regelung des Wirtschaftslebens also Weide Heide Pflugland und die Organisation von allen Bauerwerken sowie die gemeinschaftlichen Arbeiten an Wegen Dammen Deichen Sielen und Entwasserungsgraben 4 Ziel der Verfassungen war die Regelung eines friedlichen Zusammenlebens 4 Die ersten Bauernbriefe tauchen 1580 auf die letzten sind fur 1789 uberliefert 4 Im Jahr 1814 endete die Selbstverwaltung der Bauern im Gebiet Oldenburgs 4 Sachsen BearbeitenUm 1300 war die bauerliche Kolonisation des 12 13 Jahrhunderts in Sachsen abgeschlossen Jeder Bauer Hufner erhielt eine ganze oder eine halbe Hufe in der neuen Siedlung besitzlose bauerliche Unterschichten gab es noch nicht Grund oder Dorfherrn setzten die Dorfordnung fest 5 und gewahrten eine weitgehende Selbstverwaltung zur Regelung des dorflichen Lebens Eine geordnete Flurnutzung durch Ackerbau und Viehweide im Rahmen der Dreifelderwirtschaft und die ordentliche Nutzung der Allmende war Aufgabe der Gemeinde Das im Dorfgericht angewandte Recht war dorfliches Gewohnheitsrecht das wird in der Bezeichnung Dorfrugen deutlich Rugen sind nicht nur gerichtliche Anklagen oder Anzeigen sondern auch Auskunfte uber Rechtsgewohnheiten 6 die u a bei den Jahrgerichten 7 von einzelnen Dorfgenossen in formelhafter Rede erteilt wurden 8 Die mundlich tradierten Vorschriften wurden seit dem spaten 15 Jahrhundert schriftlich festgehalten so in der altesten schriftlich bekannten Dorfordnung des sachsischen Dorfes Kotzschenbroda von 1497 deren Aufschreiber Thanneberg die Marktgerechtigkeit den freien Weinschank die Freiheit Handel und Gewerbe zu treiben und das Recht des Holzlesens und des Streuholens im Wald fur die Nachwelt festhielt 9 Die Ordnungen waren auf die besonderen Verhaltnisse eines Dorfes abgestimmt und bieten heute der Forschung eine gute Sicht auf das Rechts Sozial und Wirtschaftsleben Die auch Bauernrolle oder Bauernkodex genannten Vorschriftensammlungen der Dorfordnungen in manchen Gegenden auch Dorfrugen genannt 6 wurden ein bis viermal jahrlich auf den Ruggerichtstagen offentlich vorgelesen Die Satzungen wurden im Laufe der Zeit immer wieder den sich andernden Verhaltnissen angepasst und neu durch die Dorfherrschaft bestatigt 8 Im Hoch und Spatmittelalter gab es eine ausserordentliche Vielfalt von Gerichtszustandigkeiten in personlicher ortlicher und sachlicher Hinsicht die sich vom fruhen 10 bis zum spaten 15 Jahrhundert stark veranderten Die uberkommene Zustandigkeit der Gemeinde war seit dem spaten Mittelalter auf die Regelung der Flurnutzung und des dorflichen Lebens beschrankt wozu auch die Fursorge fur Alte Arme und Waisenkinder gehorte sowie die Bestattung von Leichen die Verwaltung von Gemeindegeldern und der Feuerschutz Dafur erhielt sie ortspolizeiliche Aufgaben 8 Als Folge der Bevolkerungszunahme und der nicht gestatteten Teilung der Guter entstanden in vielen Dorfern unterbauerliche Schichten mundige Bauernsohne Gartner und Hausler beispielsweise denen die Altgemeinde die Teilnahme an der Flurnutzung verwehrte Bis zur Landgemeindeordnung von 1838 die die Dorfordnungen abloste blieben die Spannungen erhalten 8 Franken BearbeitenIn den Jahren 1312 und 1313 galt in Zellingen in Franken vorubergehend das Schweinfurter Stadtrecht welches jedoch ungenutzt blieb Um 1575 hatte Julius Echter von Mespelbrunn eine Dorfordnung fur Zellingen erlassen Eine wahrend der 1573 begonnenen Regierungszeit des Furstbischofs Julius Echter fur die Dorfer Unterleinach und Oberleinach erlassene Dorffsordnung war eine modifizierte Zellinger Dorfordnung 10 Literatur BearbeitenRuge die In Adelung Grammatisch kritisches Worterbuch der Hochdeutschen Mundart Band 3 Leipzig 1798 S 1197 1198 Gunther Franz Die Hohenlohischen Dorfordnungen In Karl und Marianne Schumm Bearb Hohenlohische Dorfordnungen Wurttembergische landliche Rechtsquellen 4 Band Kohlhammer Stuttgart 1985 S XV XXXV Karlheinz Blaschke Dorfgemeinde und Stadtgemeinde in Sachsen zwischen 1300 und 1800 In Peter Blickle Hrsg Landgemeinde und Stadtgemeinde in Mitteleuropa R Oldenburg Munchen 1991 ISBN 978 3 486 55886 9 S 119 143 Altgemeinde Rugen In Frank Andert Red Stadtlexikon Radebeul Historisches Handbuch fur die Lossnitz Hrsg Stadtarchiv Radebeul 2 leicht geanderte Auflage Stadtarchiv Radebeul 2006 ISBN 3 938460 05 9 S 4 mit einem Foto des Titelblatts der Radebeuler Rugen von 1666 Wolfgang Wust Hrsg Die gute Policey im Reichskreis Band 4 Die lokale Policey Normensetzung und Ordnungspolitik auf dem Lande Ein Quellenwerk Akademie Verlag Berlin 2008 enthalt in Edition zahlreiche frankische Dorfordnungen des 15 bis 18 Jahrhunderts ISBN 978 3 05 004396 8 Ekkehard Seeber Verfassungen oldenburgischer Bauerschaften Edition landlicher Rechtsquellen von 1580 1814 in Voss Wulf Eckart Hrsg Osnabrucker Schriften zur Rechtsgeschichte Band 14 Universitatsverlag Osnabruck Osnabruck 2008 Martin Rheinheimer Die Dorfordnungen im Herzogtum Schleswig Dorf und Obrigkeit in der fruhen Neuzeit Berlin 1999 Wilhelm Ebel Ostfriesische Bauerrechte Aurich 1964 Einzelnachweise Bearbeiten Karl und Marianne Schumm Bearb Hohenlohische Dorfordnungen Wurttembergische landliche Rechtsquellen 4 Band Kohlhammer Stuttgart 1985kohlhammer de a b c Gunther Franz Die Hohenlohischen Dorfordnungen s Literatur Gunther Franz Die Hohenlohischen Dorfordnungen s Literatur S 29 a b c d e Ekkehard Seeber Verfassungen oldenburgischer Bauerschaften Edition landlicher Rechtsquellen von 1580 1814 In Wulf Eckart Voss Hrsg Osnabrucker Schriften zur Rechtsgeschichte Band 14 Universitatsverlag Osnabruck Osnabruck 2008 S 35 Dorf In Erich Bayer Hrsg Worterbuch zur Geschichte Begriffe und Fachausdrucke Kroners Taschenausgabe Band 289 4 uberarbeitete Auflage Kroner Stuttgart 1980 ISBN 3 520 28904 0 a b Ruge die In Adelung Grammatisch kritisches Worterbuch der Hochdeutschen Mundart Band 3 Leipzig 1798 S 1197 1198 Dorfgericht In Preussische Akademie der Wissenschaften Hrsg Deutsches Rechtsworterbuch Band 2 Heft 7 bearbeitet von Eberhard von Kunssberg Hermann Bohlaus Nachfolger Weimar adw uni heidelberg de Erscheinungsdatum zwischen 1933 und 1935 a b c d Karlheinz Blaschke Dorfgemeinde und Stadtgemeinde siehe Literatur Heinrich Magirius Dorfkerne in der Lossnitz ihre historische und stadtebauliche Bedeutung und Probleme ihrer Erhaltung als Denkmale In Dresdner Geschichtsverein Hrsg Kulturlandschaft Lossnitz Radebeul Dresdner Hefte 54 Dresden 1998 ISBN 3 910055 44 3 Christine Demel Leinach Geschichte Sagen Gegenwart Gemeinde Leinach Leinach 1999 S 21 288 und 328 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dorfordnung amp oldid 222096802