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Dieser Artikel oder Abschnitt bedarf einer grundsatzlichen Uberarbeitung Naheres sollte auf der Diskussionsseite angegeben sein Bitte hilf mit ihn zu verbessern und entferne anschliessend diese Markierung Die Stadt ohne Juden ist ein osterreichischer Stummfilm aus dem Jahr 1924 der auf dem zwei Jahre zuvor erschienenen gleichnamigen Roman von Hugo Bettauer basiert und dem Genre des Expressionismus zugeordnet wird Dem Roman von ubermorgen wie der Untertitel lautet wird aus heutiger Perspektive oft prophetische Weitsicht in Bezug auf die Geschehnisse im Dritten Reich zugeschrieben die sich auch in den filmischen Bildern der Vertreibung der Juden widerspiegelt Die Regie fuhrte Hans Karl Breslauer 2019 erschien eine vollstandig rekonstruierte Fassung des zeitweilig als verschollen gegoltenen Films FilmTitel Die Stadt ohne JudenProduktionsland OsterreichOriginalsprache DeutschErscheinungsjahr 1924Lange 80 MinutenStabRegie H K BreslauerDrehbuch H K Breslauer Ida Jenbach nach dem Roman von Hugo BettauerProduktion Walterskirchen und BittnerMusik Saunders Kurz Fassung 1928 Klavier Gerhard Gruber Violine Adula Ibn Quadr Percussion Peter Rosmanith Neufassung 2000 Olga Neuwirth Neufassung 2018 Walter Arlen Neufassung 2020 Kamera Hugo EywoBesetzungJohannes Riemann Leo Strakosch Eugen Neufeld Bundeskanzler Dr Schwerdtfeger Hans Moser Rat Bernart Karl Thema Rat Linder Anny Miletty Tochter Lotte Ferdinand Mayerhofer Rat Volbert Mizi Griebl Volberts Frau Hans Effenberger Alois Carroni Gisela Werbezirk Kochin Kathi Armin Berg Kommis Isidor Sigi Hofer Schankknecht Moritz Inhaltsverzeichnis 1 Handlung 2 Unterschiede zur Buchvorlage 3 Entstehung 4 Auffuhrungsgeschichte und Rekonstruktionen 5 Editionen 6 Historischer Hintergrund 7 Rezeption 7 1 Zuordnung zum Expressionismus 7 2 Kritiken 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseHandlung BearbeitenIm historischen Wien der 1920er Jahre im Film als Utopia bezeichnet herrschen in der Bevolkerung die drei epochalen Grunderfahrungen vor Verlustgefuhl drohende soziale Deklassierung und eine Stimmung zwischen Revolutionsgeist und Erregungskultur 1 Zudem spitzen Inflation und Arbeitslosigkeit die gespannte Lage zu Das Volk fordert die Ausweisung der Juden die es fur die negativen Entwicklungen verantwortlich macht Der Bundeskanzler Dr Schwerdtfeger zunachst reserviert setzt sich aus taktischen Grunden an die ideologische Spitze dieser Bewegung und liefert in seinen Reden vor dem Parlament Grunde der Unmoglichkeit des Zusammenlebens mit der judischen Bevolkerung Hierzu werden verschiedene Stereotype aufgegriffen die mit antisemitischer Rhetorik im Allgemeinen sowie mit bestimmten Stilmitteln aus den Reden jener Zeit beinahe vollstandig ubereinstimmen Die Ausweisung der Juden per Eisenbahn bzw als Fussmarsch wird detailliert vorgefuhrt Verschiedene judische Lebensrealitaten werden nebeneinander in ihrer Diversitat gezeigt anders als beispielsweise im Golem Film von 1920 wo die judische Welt pauschal als in sich geschlossene homogene und als fremdartig empfundene Welt einer christlichen Lebenswelt gegenubergestellt wird So wird etwa deutlich innerhalb der judischen Gemeinschaft zwischen akkulturierten Wiener Juden und neu zugezogenen Ostjuden unterschieden zwischen denen es so gut wie keine Verbindungen gibt Alle Gesellschaftsteile werden klischeehaft dargestellt was absichtlich inszeniert und bewusst eingesetzt wurde Die meisten Figuren bewegen sich im stadtisch burgerlichen Milieu bzw in der Oberschicht Die Juden aus dem Osten werden in armlichen Verhaltnissen und in Beziehung zu religioser Symbolik eingefuhrt Sie reagieren auf die Ausweisung vornehmlich leidend und duldend 2 Nach dem erhofften wirtschaftlichen Aufschwung tritt sehr bald der kulturelle und wirtschaftliche Verfall ein Wien verdorft In den Theatern werden nur noch Werke von Ludwig Ganghofer und Ludwig Anzengruber gespielt Viele Kaffeehauser stehen leer oder werden in Stehbierhallen umgebaut Der Handel geht stark zuruck oder verlagert sich in andere Stadte im Buch sind es Prag und Budapest Bundeskanzler Schwerdtfeger beginnt seine Entscheidung zu bereuen und verfallt in eine depressive Lethargie Der Protagonist Leo Strakosch kehrt mit gefalschten Papieren inkognito als Kunstmaler aus Paris zuruck es gelingt ihm aufgrund seines Listenreichtums den Juden die Ruckkehr in die Stadt moglich zu machen Die List besteht zum einen aus der Beeinflussung der offentlichen Meinung zugunsten der Juden Er platziert in der Stadt Aushange des fiktiven Bundes des wahrhaftigen Christen die auf die Verschlechterung der Situation ohne die Juden aufmerksam machen Zum anderen im Ausser Gefecht Setzen des grossten Antisemiten und Alkoholikers Bernart und im Komplott mit dessen Dienstboten durch Bestechung Dies ermoglicht eine Abstimmung zugunsten der Ruckreise der Juden wahrend Rat Bernart sich in einer Irrenanstalt wiederfindet In einer expressionistischen Szenerie bestehend aus einer asymmetrischen Zelle in einer klaustrophobischen Umgebung sieht er sich plotzlich von uberall aufleuchtenden Davidsternen bedroht Durch die letztlich gluckliche Wiedervereinigung der Liebespaare soll symbolisch die Notwendigkeit der Harmonie innerhalb der gesamten Bevolkerung demonstriert werden 1 Protagonisten sind hierbei das intellektuelle romantische Liebespaar Lotte das susse Wiener Madel und Leo sowie das komodiantische Paar der Bediensteten im Hause des Rates Volbert Dieser zerstort dagegen durch seine unbedachte Stimme fur die Ausweisung der Juden und damit seines Schwiegersohnes seine eigene Familie Die Paare bestehen jeweils aus einem judischen Mann und einer christlichen Frau In der 2000 rekonstruierten Filmversion wacht Bernart zum Schluss im Wirtshaus auf wodurch die Ereignisse zum Inhalt seines Traumes erklart werden durch den er die Wichtigkeit eines friedlichen Zusammenlebens erkennt In der neurekonstruierten Version hingegen verbleibt Bernart im Irrenhaus der Film endet mit der Begrussung der zuruckgekehrten Juden durch den Wiener Burgermeister Laberl die Aussage uber die Wichtigkeit des friedlichen Zusammenlebens erscheint als allgemeiner Schlusstitel und ist nicht einer einzelnen Person zugeordnet Unterschiede zur Buchvorlage BearbeitenTeilweise wurden Szenen des Romans fur den Film umgestellt oder neue hinzugefugt Provokante Kapitel des Romans etwa das in dem sich Prostituierte uber die Ausweisung ihrer reichen judischen Klienten beklagen liess der Film aus Die grosste Veranderung ist jedoch die Verschleierung der Stadt Wien sowie auch der damaligen politischen Parteienlandschaft die im Buch explizit genannt werden wie in dem Kapitel Das Ende der Hakenkreuzler Auch das Parlament ist ursprunglich in mehrere Gruppen und Einzelpersonen unterteilt woraus im Film zwei verfeindete Logen wurden Bundeskanzler Schwerdtfeger ist teilweise dem realen Politiker Ignaz Seipel osterreichischer Bundeskanzler zur Entstehungszeit von Roman und Film nachempfunden zum Teil auch dem antisemitischen Wiener Burgermeister Karl Lueger wird allerdings im Film weniger fanatisch dafur jedoch moralisch zerrissener dargestellt als in der Buchvorlage Die Aussparungen sollten der Entscharfung des politischen Sprengstoffes dienen und hatten den Zweck einer moglichst breiten Publikumsansprache Auch wird die Anspielung auf die Padophilie des Rates Bernart ausgelassen Zudem wurde Lottes Familiengeschichte sowie ihre Krankheit ausgespart die im Buch den Grund darstellt warum ihr Vater ihr den weiteren Kontakt mit Leo verbietet Die Wiedervereinigung des Liebespaares findet in Lottes Villa und nicht wie im Roman in einer Gartenszene statt Das Dandy hafte und modisch affine der judischen Bevolkerung wird im Film nur angedeutet aber in der literarischen Vorlage haufig thematisiert Allgemein wird die Judenvertreibung im Roman zwar wesentlich dramatischer dargestellt jedoch wird das passive Leiden in der Filmadaption viel prominenter gemacht Zudem werden die Massenszenen die im Film durch 68 Nebendarsteller die vor der Aussenkamera synchron die Hute oder Fauste wedeln je nach Ge oder Missfallen nicht als adaquates Aquivalent fur die beschriebenen Massenauflaufe empfunden obwohl tatsachliche dokumentarische Aufnahmen eingefugt wurden Der auffalligste Unterschied sind die zwei Versionen des versohnlichen Happy Ends Im Roman wird Leo als erster Ruckkehrer vom Burgermeister mit den Worten begrusst mein lieber Jude Dagegen stellt sich in der 2000 veroffentlichten bearbeiteten Fassung innerhalb der expressionistischen Szenerie im Irrenhaus das Ganze in einer uberraschenden Wende als ein Traum des Antisemiten Bernart heraus welcher im Wirtshaus aufwacht und damit den Expressionismus in die Traumwelt verbannt und mit den Worten schliesst Gottlob dass der dumme Traum vorbei ist wir sind ja alle nur Menschen und wollen keinen Hass Leben wollen wir ruhig nebeneinander leben 3 In der 2018 neu rekonstruierten Version findet sich das Ende jedoch ahnlich wie im Roman auch hier spricht der Burgermeister zu Leo als dem ersten zuruckgekehrten Juden die Begrussungsworte Mein lieber Jude Entstehung BearbeitenDie Buchvorlage Die Stadt ohne Juden ein Roman von ubermorgen geht auf den damals popularen Romanschriftsteller Hugo Bettauer zuruck der aus einer akkulturierten judischen Familie aus Wien stammte jedoch fruh zum evangelischen Glauben konvertiert war Die Stadt ohne Juden war sein grosser Durchbruch und wurde auch in mehrere Sprachen ubersetzt Bettauer selbst beschreibt seine Idee zu dem Roman als zufalliges Gedankenspiel ausgelost durch die Schmiererei Juden raus in einem offentlichen Toilettenraum Nur wenige Monate nach der Premiere wurde Bettauer von dem zeitweiligen NSDAP Mitglied Otto Rothstock in seinem Buro erschossen woraufhin dieser obwohl als Meuchelmorder angeklagt lediglich wenige Monate in verschiedenen Nervenheilanstalten zubringen musste und 1927 ohne weitere Auflagen entlassen wurde 4 Der Regisseur Hans Karl Breslauer arbeitete mit Ida Jenbach an dem Drehbuch und liess auch den Autor des Romans an dem Entstehungsprozess teilhaben Breslauer selbst war in der ersten Zeit seines Lebens Schauspieler spater Drehbuchautor und Regisseur Die Verfilmung von Die Stadt ohne Juden war seine letzte Regiearbeit Im Nachhinein ist er vornehmlich als Schriftsteller in Erscheinung getreten und trat 1940 der NSDAP bei Nach dem Krieg mietete er sich in einem Gasthof ein konnte jedoch an alte Erfolge nicht anknupfen und starb in Armut Er produzierte den Film mit Filmgesellschaften die im Nachhinein keinen rechtlichen Status aufwiesen und moglicherweise fur Privatinvestoren stehen sollten Johannes Riemann der hier den sich fur die Ruckkehr der Juden engagierenden Leo Strakosch darstellt wurde spater NSDAP Mitglied und Staatsschauspieler und trat unter anderem vor Wachpersonal im KZ Auschwitz auf wahrend die Darsteller der grossten Antisemiten Hans Moser und Eugen Neufeld Gegenteiliges erlebten Neufeld wurde aufgrund seiner kritischen Haltung gegen das NS Regime zeitweise in Haft genommen und de facto mit Berufsverbot belegt Moser der sich weigerte sich von seiner judischen Frau scheiden zu lassen durfte wegen seiner Popularitat zwar trotzdem weiterarbeiten wurde aber gezwungen sich von seiner Frau und seiner Tochter zu trennen die beide ins Ausland emigrieren mussten Durch die europaische Filmkrise und den entstehenden Tonfilm konnten sich viele der anderen Darsteller nicht in der Filmbranche halten Als Hauptdarstellerin diente wie in vielen Filmen Breslauers die spatere Frau des Regisseurs Anna Milety Einige bekannte judische Darsteller in kleineren Rollen Gisela Werbezirk Sigi Hofer und Armin Berg kamen ebenso wie auch der nichtjudische Hans Moser aus dem Umkreis des Budapester Orpheum und des judischen Unterhaltungstheaters und sollten ein entsprechend unterhaltsames Flair mit einbringen In einer kleinen Rolle als Hausknecht war der populare Gewichtheber Josef Steinbach zu sehen Die Darsteller der Juden aus dem Osten sind tatsachlich aus dieser Bevolkerungsschicht engagiert worden um Stereotype darzustellen Sie werden im Vorspann nicht einzeln angefuhrt Hans Moser erhielt in diesem Film seine erst vierte Leinwandrolle Auffuhrungsgeschichte und Rekonstruktionen BearbeitenDer Film hatte seine Urauffuhrung am 25 Juli 1924 in Wien als er in den Kinos der Stadt anlief gab es Storungen durch nationalistische Aktivisten 5 Im Jahr 1933 sorgte der Film ein letztes Mal fur Aufsehen als er im Amsterdamer Theater Carre als Zeichen gegen Hitlerdeutschland gezeigt wurde Danach geriet der Film weitgehend in Vergessenheit und galt lange Zeit als verschollen Die 1933 in Amsterdam gezeigte Kopie des Filmes ist vermutlich jene die 1991 im Nederlands Filmmuseum entdeckt wurde Der bereits Zersetzungserscheinungen aufweisende und unvollstandige Nitrofilm wurde bald danach vom Bundesarchiv Koblenz notkopiert und im Auftrag des Osterreichischen Filmarchivs vom Grazer Unternehmen HS ART Digital Service mit der bei Joanneum Research entwickelten Software DIAMANT rekonstruiert Nicht allein musste das Ende aus dem Programmheft erschlossen die Titel aus dem Niederlandischen zuruckubersetzt extrem verblichene Stellen farblich und damit nachtraglich suggestiv eingefarbt sondern auch die komplette Vertonung neu eingespielt werden da unbekannt ist was die jeweiligen Liveorchester in den Kinosalen beitrugen Daher muss sich eine Analyse des Films die Frage stellen ob einzelne Elemente intentional oder nur aus Verlegenheit hinzugefugt wurden und nun eine falsche Annahme von bewussten expressionistischen Aufmachungen nahelegen Dies gilt nicht nur in Bezug auf die Rekonstruktion Beispielsweise wurden fur den Dreh einige Bauten von dem Architekten Julius von Borsody aufwandig inszeniert jedoch zum Teil da man schlichtweg nicht die Erlaubnis erhalten hatte an Originalschauplatzen zu drehen Die rekonstruierte verkurzte und stark nachbearbeitete Version des Films wurde auf VHS kopiert und im Oktober 2008 im Zuge der Erweiterung der Reihe Der osterreichische Film als DVD herausgegeben Im Oktober 2015 fand ein Filmsammler auf einem Pariser Flohmarkt eine vollstandige Kopie des Filmes welche im Fruhjahr 2016 dem Filmarchiv Austria ubergeben wurde 6 Eine vom Filmarchiv initiierte Crowdfunding Kampagne schaffte es die finanziellen Mittel fur eine Restaurierung des Most Wanted of Austrias Silent 7 einzuwerben 8 Die Erstauffuhrung der rekonstruierten Fassung fand am 21 Marz 2018 im Metro Kino in Wien statt Die Musik zu dieser Fassung stammte von Olga Neuwirth Uber die vielschichtige hervorragend eingespielte Musik hiess es der Film nehme damit gefangen und werde in seiner Aussage verscharft Antisemitismus wird pointiert gleichzeitig die Bedrohung die er darstellt 9 Die Literaturnobelpreistragerin Elfriede Jelinek schrieb anlasslich dieser Edition uber den Film Die Ausreise aller Juden wird also vollzogen die Zuge fahren und es erwischt jeden auch einen der wie eine Sturmerkarikatur aussieht und lachend erklart er sei ja gar kein Jude was fur ein glucklicher Zufall im Film ist das noch moglich spater wurden auch diejenigen die sich nie als Juden gefuhlt oder gelebt hatten der Totalitat geopfert ohne die es keine absolute Macht gibt die totale Macht die wir wollen solange sie nur uns gehort Die Minderheit muss weg damit es der Mehrheit besser geht Das ist wohl Grund genug Wer zahlt schon nach wie viele Millionen es am Ende gewesen sein werden Sie werden gut angelegt sein damit wir alle endlich wieder gut aufgelegt sein konnen 10 Editionen BearbeitenDie Stadt ohne Juden Hg Georg Hoanzl DVD Der osterreichische Film Der Standard Filmarchiv Hoanzl 2008 Der osterreichische Film 119 Die Stadt ohne Juden Stummfilm von Hans Karl Breslauer Osterreich 1924 Restaurierte Fassung s w 82 min mit Filmmusik von Olga Neuwirth und einem Originalbeitrag von Elfriede Jelinek Blu ray und DVD ARTE EDITION absolut Medien 2019Historischer Hintergrund BearbeitenDie Parallelen zwischen der fiktiven Handlung und der historischen Wirklichkeit zeigen dass der Zeitgeist der 1920er Jahre sich sowohl in dem Roman als auch im Film widerspiegelt Wien als Schnittstelle zwischen Ost und West war neben Budapest und Warschau die Stadt mit der hochsten judischen Bevolkerungsanzahl Die Juden waren uberdurchschnittlich gut im Bankwesen im Handel und den liberalen Berufen vertreten Auch viele Anwalte und Arzte waren Juden Sie galten als treibende Kraft im politischen und kulturellen Bereich und brachten den deutsch osterreichischen Film mit nach Hollywood Wobei sie auch Themen aus ihrer Kultur und Migrationserfahrung einbrachten meist handelte es sich um Manner der burgerlichen Ober und Mittelschicht die haufig im Klamauk Stil und damit beliebt auch von nicht judischen Kulturschaffenden vereinnahmt wurden Auf der anderen Seite wurde auch mit antisemitischen Stereotypen argumentiert wenn man sich der judischen Konkurrenz entledigen oder aber gegen Modernisierungen vorgehen wollte Auch die Zensur arbeitete starker zum Wohle des Rufes der Republik als dass sie wirklich gegen antisemitische Inhalte vorging Wien war zu dieser Zeit ein buntes Gemisch aus ansassigen und neu eingewanderten Burgern Damit entwickelte sich auch innerhalb der judischen Gemeinschaft ein gewisses Ressentiment da die Ortsansassigen sich nicht mit den neu zugewanderten Juden aus dem Osten gleichgesetzt sehen wollten 11 Um 1919 fanden in Wien besonders viele antisemitische Kundgebungen statt unter anderem unter dem Banner Juden raus 12 Rezeption BearbeitenZuordnung zum Expressionismus Bearbeiten Gelegentlich wird Die Stadt ohne Juden als Beitrag zum expressionistischen Kino betrachtet Diese Zuordnung kann sich aber genau genommen nur auf eine einzige Szene gegen Ende des Films beziehen In dieser Sequenz hat der Antisemit Bernart im Irrenhaus eine Vision in der er sich u a von Davidsternen verfolgt sieht und sich selber fur einen Zionisten halt Die Filmarchitektur dieser Szene ist optisch mit ihren schiefen Ebenen und schragen Wanden deutlich von der Ausstattung des vier Jahre zuvor entstandenen expressionistischen Films Das Cabinet des Dr Caligari beeinflusst Auf inhaltlicher Ebene erscheint der expressionistische Gehalt des Films ansonsten eher gering da sich der Film nicht um individuelle Angste und verzerrte Wahrnehmungen zu drehen scheint Die Aussen Kamera kann nicht als entfesselt bezeichnet werden auch wenn sie in der Szene des betrunkenen Bernart hin und her schwankt Ebenso bezuglich der mise en scene dem Schauspiel sowie den Requisiten und Kostumen ist wenig Vergleichbares zu anderen dem Expressionismus zugeordneten Filme auszumachen Der dokumentarische Stil wenn auch teilweise in eigentumlicher Weise inszeniert wirkend erscheint im Ganzen weniger expressionistisch als vielmehr naturalistisch Die Maske ist symbolisch aufgeladen da sie nicht nur Haupt und Nebendarsteller sondern auch verschiedene Bevolkerungsgruppen der Hierarchie nach bezeichnet Protagonisten sind im Hell Dunkel Kontrast geschminkt wahrend Nebendarsteller und Antagonisten meist mit struppigen Barten versehen sind Hierbei ist der Unterschied von den assimilierten zu den neu eingewanderten Juden deutlicher als der der assimilierten Juden zur christlichen Bevolkerung Kritiken Bearbeiten Die Verfilmung folgt der Buchvorlage in weiten Teilen fast wortlich umso utopischer wirkt ihr versohnlicher Schluss Am Ende erfahrt der uberraschte Zuschauer dass die gesamte dramatische Handlung sich nur im Traum und demnach nicht wirklich ereignet hat Das kompromissdiktierte Leinwand Happy End negiert nicht nur den Sinn von Bettauers Buch sondern auch den sehr realen historischen Antisemitismus der darin reflektiert wird Stattdessen wird eine nicht unbedenkliche und keinesfalls traumhafte Realitat dokumentiert Diese von der literarischen Vorlage vollig abweichende uberraschende Wendung die das Geschehen als Traumhandlung simplifiziert kann nicht nur als einfaches dramaturgisches Hilfsmittel angesehen werden sondern als Musterbeispiel von Verdrangungskunst der osterreichischen Seele Der naive und vielleicht grobe Versuch aus dem Jahre 1924 kann als Generalprobe fur das gelesen werden was nach dem Zweiten Weltkrieg im Land ohne Eigenschaften praktiziert wurde Thomas Ballhausen Gunter Krenn 2006 13 Der Autor distanzierte sich nach der Premiere vollstandig von dem Film Dies geschah offiziell aufgrund der technisch minderwertigen Kopien die fur moglichst hohen Profit in grosser Eile hergestellt wurden mag jedoch auch an der Kritik gelegen haben die dem literarischen und filmischen Werk in der Folge zuteilwurde Dennoch waren die Kinosale haufig gefullt der Film blieb aber sowohl in Osterreich als auch in Berlin und New York The City without Jews wo der Film 1926 bzw 1928 Premiere hatte deutlich hinter dem Erfolg des Buches zuruck Bei den Auffuhrungen kam es teilweise zu Krawallen Nationalsozialisten warfen Stinkbomben in Kinosale In Linz wurde die Auffuhrung des Films sogar verboten 14 Die rechte Presse forderte die Republik vor diesen Verunglimpfungen zu schutzen und startete ihre Hetzkampagne Zum Teil wegen dieses Films zum Teil wegen anderer Publikationen Am 10 Marz 1925 wurde Bettauer vom zeitweiligen NSDAP Mitglied Otto Rothstock ermordet Der Morder wurde als Held gefeiert Zwar wurde dieser von den Geschworenen fur schuldig befunden aber der Richter erkannte auf Freispruch wegen Unzurechnungsfahigkeit und verfugte die Einweisung in eine psychiatrische Anstalt aus der er Ende Mai 1927 entlassen wurde 15 12 Bei den Kritikern jener Zeit fiel der Film fast einheitlich durch und auch die vielen Zeitschriften die den Film ausgiebig beworben hatten verloren hinterher oft kein Wort mehr daruber Man kann den neutraleren Rezensionen entnehmen dass vor allem die filmtechnische Ebene als mangelhaft bewertet wurde Daruber hinaus wurde neben der durchaus authentischen versohnlichen ersten eine zweite Botschaft wahrgenommen die Anstoss erregte Die Arbeiter Zeitung schrieb hierzu Dieser antisemitelnde gegen den Antisemitismus gerichtete Film ist auch rein filmmassig miserabel Ein anderer Kommentar lautet Auch Kitsch muss gekonnt sein 12 Die Verleihfirma reagierte daraufhin mit dem Vorspanntext dass es sich um ein Tendenzstuck handele und man Missfallen bitte nicht laut aussern solle Doch konnte sie die tatsachliche Wirkung damit nicht unterbinden Zwischen der vermeintlich prophetischen Voraussicht und den Aussagen durch die Darstellungsweisen kann eine grosse Verunsicherung entstehen Tatsachlich handelt es sich vielmehr um einen Unterhaltungsroman dessen antisemitische Bildsprache und auf literarischer Ebene unhinterfragter Erzahlerkommentar sowohl in damaligen als auch in heutigen Rezensionen problematisiert wird Die Figuren bewegen sich vor allem im Film zwischen Exotismus und Stereotypen Die Juden haften dem Fremden an und sind in ihrem Leiden verhaftet Es wird kein Ausgleich zwischen korperlichen kulturellen und religiosen Zeichen geschaffen Damit orientieren sich hier antisemitische Muster zwischen Satire Drama und Judenleidpoesie Weder durch den Erzahlerkommentar der literarischen Vorlage noch durch die filmische Darstellung werden die aufgebauten Klischees zerstort oder zumindest satirisch ausgehebelt Im Gegenteil werden sie sogar manifestiert Prasuppositionen sind der verschworerische Einfluss der Juden auf die Welt sowie ganz spezielle Charaktereigenschaften die jedem Juden anhaften sollen und die es nicht zuletzt Leo moglich machen die Juden durch List Bestechung und Betrug zuruckholen zu konnen Zugleich wird dies durch die Figur selbst und in Bezug auf sie verbalisiert und gutgeheissen Der Normalitat des Antisemitismus in den zwanziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts setzen weder der Roman und noch weniger der Film in seiner Aufrechterhaltung von Klischees wirklich etwas entgegen Zu einzelnen Aspekten des Films finden sich in der marginalen offiziellen Sekundarliteratur sowie in den vereinzelten alternativen Quellen teilweise widerspruchliche Angaben so dass der Film eines einheitlichen und erschopfenden Forschungskonsenses entbehrt Literatur BearbeitenBarbara Eichinger Frank Stern Wien und die judische Erfahrung 1900 1938 Akkulturation Antisemitismus Zionismus Bohlau Verlag Koln 2009 Walter Fritz Josef Schuchnig Hrsg Die Stadt ohne Juden Materialien zum Film Schriftenreihe des Osterreichischen Filmarchivs Folge 26 Osterreichisches Filmarchiv Wien 1991 DNB 1201189136 Guntram Geser Armin Loacker Die Stadt ohne Juden Reihe Edition Film und Text 3 Hrsg Filmarchiv Austria Wien 2000 ISBN 3 901932 08 9 Alexandra Lichtenberger Vergleich der Darstellung der Frau in den judischen Stummfilmen Ost amp West und Die Stadt ohne Juden Diplomarbeit Wien 2009 Irene Stratenwerth Herrman Simon Pioniere in Celluloid Juden in der fruhen Filmwelt Hrsg von der Stiftung Neue Synagoge Berlin Centrum Iudaicum Henschel Verlag Berlin 2004 ISBN 978 3 89487 471 1 Ausstellungskatalog Otto Morth Die Filmadaption des Romans Stadt ohne Juden 1924 In Maske amp Kothurn 40 1 3 2000 S 73 92 Weblinks BearbeitenDie Stadt ohne Juden in der restaurierten Fassung aus dem Jahr 2000 auf YouTube abgerufen am 3 April 2018 Der Youtube Link zum Film funktioniert nicht mehr Die Stadt ohne Juden im Project Gutenberg Die Stadt ohne Juden In Filmportal de Abgerufen am 8 Juli 2020 Die Stadt ohne Juden in der Internet Movie Database englisch Hugo Bettauer Die Stadt ohne Juden im Projekt Gutenberg DE Johanna Rachinger Die Stadt ohne Juden von Hugo Bettauer In kurier at 7 Dezember 2011 abgerufen am 8 Juli 2020 Fabian Franke Katharina Lipowsky Stummfilm uber Judenverfolgung Aus der Dystopie lernen In taz de 18 Dezember 2016 abgerufen am 8 Juli 2020 Philip Pfleger Als die Juden aus Wien verschwanden In Osterreichischer Rundfunk 2 Marz 2018 abgerufen am 8 Juli 2020 mit Ausschnitten des Filmes der nach Restaurierung 2018 eine Neuauffuhrung erhielt Thomas Gehringer Osterreichischer Stummfilm von 1924 Die Stadt ohne Juden In Tagesspiegel de 2 Juni 2019 abgerufen am 8 Juli 2020 zur komplett restaurierten Fassung von 2019 Heike Hupertz Davon traumen die Antisemiten Die Arte Doku Stadt ohne Juden In faz net 3 Juni 2019 abgerufen am 8 Juli 2020 Kritik zur Arte Veroffentlichung der komplett restaurierten Fassung Kurzdoku zur Filmrettung durch ein Crowdfunding Projekt auf YouTube abgerufen am 4 Juni 2019 Einzelnachweise Bearbeiten a b Peter W Marx Stadt ohne Juden Antisemitismus als Thema im Unterhaltungsfilm der 1920er Jahre Kurzrezension zu Guntram Geser Armin Loacker Hg Die Stadt ohne Juden In IASLonline 12 Februar 2002 abgerufen am 8 Juli 2020 Vergleich der Darstellung der Frau in den judischen Stummfilmen Ost amp West und Die Stadt ohne Juden In medien buehne film de Archiviert vom Original am 19 Februar 2015 abgerufen am 8 Juli 2020 Kivur Nr 1346 o J o S Bucher Uber Leichen In Der Spiegel 15 Februar 1982 S 189 191 abgerufen am 8 Juli 2020 Reinhard Krammer Christoph Kuhberger Franz Schausberger Der Forschende Blick Beitrage zur Geschichte Osterreichs im 20 Jahrhundert Festschrift fur Ernst Hanisch zum 70 Geburtstag Bohlau Verlag Wien 2010 S 202 Google Books Silvia Hallensleben Visionarer Stummfilm Eine Ahnung der Deportationen In taz Abgerufen am 25 Oktober 2021 Sensationeller Fund Die Stadt ohne Juden 1924 In Filmarchiv Austria 31 Juli 2016 archiviert vom Original am 10 August 2016 abgerufen am 8 Juli 2020 Fabian Franke Aus der Dystopie lernen Der Film Stadt ohne Juden war lange nur in Teilen vorhanden Nun wird der Most Wanted of Austrias Silent gerettet Berlin taz abgerufen am 25 Oktober 2021 Filmarchiv Austria Neue Fragmente von Die Stadt ohne Juden 1924 In O1 Sendung Leporello 28 November 2016 abgerufen am 8 Juli 2020 Filmrettung Die Stadt ohne Juden 1924 In Filmarchiv Austria 1 August 2016 archiviert vom Original am 26 November 2016 abgerufen am 8 Juli 2020 Sabine Weber Die Stadt ohne Juden Ein Stummfilm vielschichtig neu vertont von Olga Neuwirth Deutschlandfunk 13 Juli 2020 abgerufen am 25 Oktober 2021 Hugo Bettauer Stadt ohne Juden 1924 In absolutmedien de Abgerufen am 25 Oktober 2021 Stuckbeschreibung Robert Solomon Wistrich Die Gespenster von Gestern In Shalom 49 12 August 2008 abgerufen am 8 Juli 2020 Evelyne Polt Heinzl Karl Muller und Hans Wagener Hrsg Osterreich 1918 und die Folgen In literaturhaus at 2 Juni 2009 abgerufen am 8 Juli 2020 Rezension a b c Murray G Hall Ein Abend fur Hugo Bettauer In murrayhall com 5 Juli 2002 archiviert vom Original am 21 April 2005 abgerufen am 8 Juli 2020 Thomas Ballhausen Gunter Krenn Alb Traumhaft Die Stadt ohne Juden pdf 433 kB In Medienimpulse Heft 57 September 2006 S 35 39 abgerufen am 19 Januar 2008 Heimo Halbrainer Die Stadt ohne Juden der Fall Bettauer In korso at Informationsmagazin fur die Steiermark Juli 2001 abgerufen am 8 Juli 2020 Entlassung Rothstocks aus der Irrenanstalt In Badener Zeitung 8 Juni 1927 S 5 links oben abgerufen am 8 Juli 2020 wiedergegeben auf Anno Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Die Stadt ohne Juden amp oldid 239265507