www.wikidata.de-de.nina.az
Dieser Artikel behandelt die Fernsehreihe von Karl Eduard von Schnitzler Zu spateren Nutzern des Titels siehe Der schwarze Kanal Begriffsklarung Der schwarze Kanal war eine politisch agitatorische Sendereihe des DDR Fernsehens zu Zeiten des Kalten Krieges Der Chefkommentator Karl Eduard von Schnitzler widmete sich im Sinne der SED Propaganda einzelnen Ausschnitten von Sendungen des Westfernsehens also der Fernsehprogramme aus der Bundesrepublik Deutschland FernsehsendungTitel Der schwarze KanalProduktionsland Deutsche Demokratische RepublikOriginalsprache DeutschGenre Politmagazin PropagandasendungEpisoden 1519Produktions unternehmen DFFPremiere 21 Marz 1960 30 Okt 1989 auf DFFModeration Karl Eduard von Schnitzler Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Konzept 3 Vorspann 4 Rezeption 4 1 Bis 1990 4 2 Seit 1990 5 Verbleib der Sendungen 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie Sendung startete am 21 Marz 1960 1 Sie war eine Antwort auf die zwischen 1958 und 1960 im Abstand von drei Monaten von der ARD ausgestrahlten Fernsehsendung Die rote Optik in der Thilo Koch der Leiter des West Berliner Studios des Norddeutschen Rundfunks Ausschnitte aus Sendungen des DDR Fernsehens als Propaganda analysierte Der Titel Der schwarze Kanal war eine Anspielung auf diese Sendung 2 Schnitzler selbst ausserte sich zu Beginn der ersten Sendung uber seine Absicht und zum Titel wie folgt Der Schwarze Kanal den wir meinen meine lieben Damen und Herren fuhrt Unflat und Abwasser aber statt auf Rieselfelder zu fliessen wie es eigentlich sein musste ergiesst er sich Tag fur Tag in hunderttausende westdeutsche und Westberliner Haushalte Es ist der Kanal auf welchem das westdeutsche Fernsehen sein Programm ausstrahlt Der Schwarze Kanal Und ihm werden wir uns von heute an jeden Montag zu dieser Stunde widmen als Klaranlage gewissermassen Karl Eduard von Schnitzler Der schwarze Kanal zitiert in den Medienobservationen 3 Koch interpretierte den Namen der Sendung als Anspielung auf die Farbe Schwarz als Symbol fur die damalige Regierungspartei CDU Auf diesen Spatzen im Westfernsehen antwortete Genosse von Schnitzler mit einer Kanone ja mit einer Stalinorgel Er kam jede Woche auf den Bildschirm und er nannte sie Der schwarze Kanal womit das westdeutsche Fernsehen gemeint war schwarz sollte wohl heissen CDU und schmutzig 4 Die Medienobservationen des Philologischen Instituts an der Ludwig Maximilians Universitat Munchen bezeichneten seine Beitrage als polemisch aggressive Hasstiraden 5 In spateren Jahren galt wegen seiner ahnlich agitatorisch polarisierenden Wirkung das zwischen 1969 und 1988 ausgestrahlte ZDF Magazin mit Gerhard Lowenthal als Pendant Lowenthal und Schnitzler lieferten sich zwei Jahrzehnte lang Vorlagen fur ihre politische Agenda Der Schwarze Kanal hatte seinen festen Sendeplatz am Montagabend vor 22 Uhr Der genaue Beginn konnte variieren da zuvor ein Spielfilm ausgestrahlt wurde Die Sendung wurde dienstags um 11 30 Uhr wiederholt wie alle Sendungen des jeweiligen Vorabends Im Zuge der politischen Wende setzte das DDR Fernsehen am 30 Oktober 1989 nach 1519 Folgen die Sendung ab Im Jahr 1992 strahlte der ORB einen Ende 1991 neu produzierten allerletzten Schwarzen Kanal aus mit selbstgeschriebenen und vorgetragenen Kommentaren Schnitzlers Konzept BearbeitenDie Wochensendung Der Schwarze Kanal zeigte montagabends unmittelbar nach der Ausstrahlung des popularen Montagsfilms UFA Reprisen aus dem Staatlichen Filmarchiv der DDR 6 jeweils um 21 35 Uhr 20 Minuten lang Ausschnitte von Nachrichten Reportagen und Polit Magazinen aus dem Westfernsehen die Schnitzler der in 1322 von insgesamt 1519 Ausgaben vor der Kamera stand mit aggressiver Polemik kommentierte Stellvertretend agierten unter anderem auch Gunter Herlt 26 Ausgaben Ulrich Makosch 19 Ausgaben sowie Heinz Grote 144 Ausgaben die einen weniger aggressiven Duktus pflegten Weitere Sprecher der Sendung waren Gotz Forster 4 Ausgaben Volker Ott 2 Ausgaben und Albert Reisz 2 Ausgaben Zum Start der Sendung wollte Schnitzler breite Zielgruppen von Lieschen Muller bis Dr Lieschen Muller erreichen in den 1970er Jahren habe der Fokus zunehmend auf Parteifunktionare Offiziere der NVA denen der Konsum westlicher Fernsehsendungen untersagt war Lehrer Journalisten und andere Gruppen gewechselt Multiplikatoren die Schnitzlers Polemik aufnahmen 7 und interessierten Burgern ausgewahlte westliche Nachrichten nebst ideologischer Interpretation zu prasentieren Dabei wurden in propagandistischer Manier die westdeutschen Nachrichten und Magazinsendungen ihrerseits als Propaganda des Klassenfeindes dargestellt Vorspann BearbeitenDer Vorspann der Sendung wurde mehrmals neu produziert In den ersten Versionen wurde ein schwarzer Abwasserkanal angedeutet Seit den 1960er Jahren war eine Animation zu sehen bei der uber mehreren Fernsehantennen die Logos der westdeutschen Fernsehanstalten ARD und ZDF kreisten Am Ende nahm ein Bundesadler darauf Platz In den beiden letzten Versionen seit Ende der 1970er Jahre war er mit einem schwarz weiss roten Brustband abgebildet den Farben des Deutschen Reichs Es sollte den reaktionaren Charakter der Bundesrepublik symbolisieren Die Titelmelodie bestand aus experimenteller Musik mit Blasinstrumenten und elektronischen Instrumenten In der letzten Version endete die Melodie mit einer Klaviersequenz aus dem Deutschlandlied Die elektronische Musik wurde auf einem Subharchord eingespielt das in der DDR am Institut fur musikalische und akustische Grenzphanomene entwickelt und als Gegenstuck zur im Westen erfolgreichen Hammondorgel in geringer Stuckzahl gebaut wurde 8 Rezeption BearbeitenBis 1990 Bearbeiten Das Deutsche Rundfunkarchiv wirft Schnitzler vor durch sinnentstellende Kurzungen von Szenen und speziell geordnete Abfolgen von Ausschnitten Aussagen manipuliert zu haben Das Rundfunkarchiv hat die Sehbeteiligungskartei der Sendung von 1965 bis 1990 archiviert In den ersten Jahren kam Der schwarze Kanal Wiederholungen ausgenommen auf Quoten von meist 14 25 Prozent mit grossen Abweichungen einzelner Sendungen Ende der 1970er Jahre erreichte sie kaum noch zweistellige Werte und sank kontinuierlich weiter mit durchschnittlichen Quoten um drei bis funf Prozent bis zur Einstellung 9 Schnitzler der ursprunglich bei der BBC und beim Nordwestdeutschen Rundfunk gearbeitet hatte war einer der bekanntesten Kommentatoren der DDR Medien Zumeist wurde er in respektvoll ambivalenter Weise Karl Eduard genannt Im sprichwortlichen DDR Witz wurde er auch als Karl Eduard von Schni bezeichnet um auszudrucken dass noch vor der vollstandigen Aussprache seines Namens der Fernseher ab oder umgeschaltet wurde Auch Wolf Biermann schmahte Schnitzler am 1 Dezember 1989 in seiner Ballade von den verdorbenen Greisen 10 als Sudel Ede 11 12 der im Grab noch die Wurmer belugen musse 13 Die Sendung wurde zeitweise vor allem in den 1960er und Anfang der 1970er Jahre in einigen Bereichen als eine Art Pflichtveranstaltung betrachtet So wurde der Inhalt des Schwarzen Kanals zum Beispiel im Politunterricht bei der Armee NVA oder Grenztruppen und fur den Staatsburgerkundeunterricht in der Schule verwendet Das hing aber von den jeweiligen Lehrern und Schulen ab und war regional sehr unterschiedlich Im DDR Bezirk Dresden und im Nordosten der DDR in denen kein Westempfang moglich war umgangssprachlich Tal der Ahnungslosen bot Der schwarze Kanal zwar die Moglichkeit wenigstens Ausschnitte aus Nachrichten von ARD und ZDF zu sehen sie waren allerdings oft stark gekurzt und aus dem Zusammenhang gerissen sodass sie kaum als neutrale Informationsquelle dienen konnten In der Bundesrepublik war die Sendung ebenfalls bekannt und machte Schnitzler zum bekanntesten DDR Journalisten 14 In den 1980er Jahren nannte sich eine Vorgangerformation der Band Blumfeld Der Schwarze Kanal Seit 1990 Bearbeiten Seit 2004 verwendet die Tageszeitung Junge Welt den Titel Schwarzer Kanal fur eine wochentliche Kolumne die seit 2019 auch als Video und Podcast produziert wird Marta Rafael die Witwe des im Jahr 2001 verstorbenen Schnitzler hatte der Zeitung die Verwendung des Titels gestattet 15 2009 strahlte das ZDF die Mockumentary Der schwarze Kanal kehrt zuruck aus die Schnitzlers manipulatorischen Umgang mit Archivmaterial parodiert Seit 2011 nennt der konservative Journalist Jan Fleischhauer seine Onlinekolumne Der schwarze Kanal bis 2019 bei Spiegel Online seither bei Focus Online 16 Verbleib der Sendungen BearbeitenWie auf den Webseiten des Deutschen Rundfunkarchivs als Nachlassverwalter des DDR Fernsehens ausgefuhrt ist zeichnete das DDR Fernsehen bei Magazinsendungen wie dem Schwarzen Kanal allein die Einspielfilme nicht aber die live gesprochenen Kommentare und Einleitungen der Moderatoren auf Im Falle des Schwarzen Kanals sind weder die Aufzeichnungen der Kommentare des Autors und Moderators Schnitzler uberliefert noch die Einspielfilme die aus Ausschnitten des Westfernsehens bestanden weil Schnitzler sie zumeist schon wenige Tage nach der Ausstrahlung vernichten liess Die Manuskripte jedoch sind weitgehend erhalten und befinden sich ebenfalls im Deutschen Rundfunkarchiv Erhalten geblieben sind rund 350 der 1519 Folgen des Schwarzen Kanals die von westlichen Einrichtungen wahrend der Liveausstrahlung des DDR Fernsehens aufgezeichnet wurden 33 Folgen des Schwarzen Kanals sind im Handel auf einer zwolfstundigen DVD Box erhaltlich Literatur BearbeitenMarc Levasier Der Schwarze Kanal In Jurgen Wilke Hrsg Journalisten und Journalismus in der DDR Berufsorganisation Westkorrespondenten Der Schwarze Kanal Bohlau Koln Weimar Wien 2007 ISBN 978 3 412 36205 8 S 217 305 Kirsten Nahle Der schwarze Kanal Ein politisches Magazin des DDR Fernsehens Tectum Verlag 1 Aufl Marburg 2005 ISBN 3 8288 8908 5 Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland Hrsg Red Hans Walter Hutter Bilder die lugen Begleitbuch zur Ausstellung der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland 3 Aufl zahlr Ill graph Darst Bouvier Verlag Bonn 2003 ISBN 3 416 02902 X Matthias Steinle Vom Feindbild zum Fremdbild Die gegenseitige Darstellung von BRD und DDR im Dokumentarfilm Mit einem Vorwort von Marc Ferro Reihe CLOSE UP Bd 18 UVK Konstanz 2003 ISBN 978 3 89669 421 8 Weblinks BearbeitenDer schwarze Kanal in der Internet Movie Database englisch Digitalisierte Sendemanuskripte Der schwarze Kanal 1960 1989 des Deutschen Rundfunkarchivs Sendungen des Schwarzen Kanals auszugsweise bei YouTube Einzelnachweise Bearbeiten Berliner Zeitung vom 18 Marz 1960 S 10 Das Fernsehfunkprogramm vom 21 Marz 1960 umfasst demnach acht Sendungen die um 12 45 Uhr mit dem Fernsehstudio Naturwissenschaften begannen gefolgt vom Kinderfernsehen Sport und Musik 19 45 Uhr Aktuelle Kamera danach Die ehrbare Dirne 21 35 Uhr Der schwarze Kanal gefolgt von An der Wiege des Menschengeschlechts und der Spatausgabe der Aktuellen Kamera Propaganda Riesel Feldschlacht Information des Spiegel vom 13 April 1960 vgl Weblink zit nach Holzweissig Gunter Agitator und Bourgeois Karl Eduard von Schnitzler Berlin BWV 2018 S 68 Horst Rorig Hygiene im Ather oder die verpasste Realitat Karl Eduard von Schnitzler und der Der Schwarze Kanal Memento vom 25 Oktober 2002 im Internet Archive Claudia Dittmar Feindliches Fernsehen Das DDR Fernsehen und seine Strategien im Umgang mit dem westdeutschen Fernsehen Transcript Bielefeld 2010 ISBN 978 3 8376 1434 3 S 146 zur Platzierung des Schwarzen Kanals Jurgen Wilke Hrsg Journalisten und Journalismus in der DDR Berufsorganisation Westkorrespondenten Der Schwarze Kanal Bohlau Koln Weimar Wien 2007 ISBN 978 3 412 36205 8 S 300 Jurgen Wilke Journalisten und Journalismus in der DDR Berufsorganisation Westkorrespondenten Der schwarze Kanal Bohlau Verlag Koln und Weimar S 240 Online bei Google Books Tilmann Baumgartel Der Sound der DDR TAZ 4 Februar 2013 Sehbeteiligungskartei 1965 1990 Memento des Originals vom 23 September 2015 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www dra de Publizistische Reihen Hauptabend Der Schwarze Kanal Deutsches Rundfunkarchiv dra de Nicht Rache nein Rente In Der Spiegel Nr 48 1999 online Sudel Ede ist tot In Manager Magazin 20 September 2001 Schnitzlers Schnitzer In Spiegel Online 23 April 2004 Wolf Biermann Ballade von den verdorbenen Greisen Holzweissig Gunter Agitator und Bourgeois Karl Eduard von Schnitzler Berlin BWV 2018 S 69 Der Schwarze Kanal sendet wieder Abgerufen am 28 Oktober 2020 Alan Posener J accuse Der Hofkonservative In DIE WELT 17 Oktober 2012 welt de abgerufen am 28 Oktober 2020 Normdaten Werk GND 4587696 4 lobid OGND AKS LCCN n2006002306 VIAF 183228490 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Der schwarze Kanal amp oldid 238492708