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Der Pragmatismus Ein neuer Name fur alte Denkmethoden engl Originaltitel Pragmatism A New Name for Some Old Ways of Thinking ist eine Vorlesungsreihe des amerikanischen Philosophen und Psychologen William James die als Buch veroffentlicht wurde und einer der Standardtexte der philosophischen Stromung des Pragmatismus ist Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Inhalt 2 1 Die pragmatistische Methode 2 2 Der pragmatistische Wahrheitsbegriff 2 3 Verschiedene philosophische Probleme 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseHintergrund BearbeitenDer Pragmatismus entstand gegen Ende des 19 Jahrhunderts vor allem in Amerika Neben F C S Schiller und spater John Dewey und George Herbert Mead zahlte zu den wesentlichen fruheren Vertretern vor allem Charles Sanders Peirce der haufig als Erfinder des Pragmatismus bezeichnet wird 1 und mit James eng befreundet war Der Begriff Pragmatismus wurde zuerst von James 1898 in einer Vorlesung verwendet dieser schreibt ihn jedoch explizit Peirce zu 2 James der sich eigentlich vor allem mit Psychologie beschaftigte interessierte sich im Laufe seiner wissenschaftlichen Karriere immer auch fur die pragmatistische Philosophie und wandte in seinen philosophischen Vortragen wie The Will to Believe deren Methode auch an Im Dezember 1906 und Januar 1907 hielt James acht Vorlesungen an der Columbia University in New York 3 in denen er eine eigene Formulierung des Pragmatismus vorlegte und diesen als Methode auf eine Reihe philosophischer Fachgebiete bezog Im April 1907 liess James den Text dieser Vorlesungsreihe unbearbeitet als Buch veroffentlichen noch im selben Jahr wurde der Text von Wilhelm Jerusalem ins Deutsche ubersetzt Als Reaktion auf die zum Teil wutende Kritik insbesondere an dem von James gebrauchten Wahrheitsbegriff veroffentlichte er 1909 eine Sammlung von Briefen und anderen Texten unter dem Titel The Meaning of Truth A Sequel to Pragmatism in denen er seine Konzeption der Wahrheit verteidigte Inhalt BearbeitenIn der ersten der acht Vorlesungen schildert James das gegenwartige Dilemma der Philosophie das mithilfe der pragmatistischen Methode aufgelost werden konne Diese Methode schildert er in der zweiten Vorlesung zudem beginnt er dort mit einer Erklarung des pragmatistischen Wahrheitbegriffes In den ubrigen sechs Vorlesungen wendet er diese Methode auf jeweils ein bestimmtes Problemfeld der Philosophie an von denen die Frage was Wahrheit sei eines ist Die pragmatistische Methode Bearbeiten Nach James sind die unterschiedlichen Positionen in vielen philosophischen Streitfragen auf die unterschiedlichen Temperamente der beteiligen Protagonisten zuruckzufuhren Zum einen seien die Zartbesaiteten tender minded in der Regel Rationalisten und neigen u a zu einer idealistischen optimistischen und religiosen Weltsicht wahrend die Hartherzigen tough minded gewohnlich Empiristen mit einer materialistischen pessimistischen und areligiosen Weltsicht 4 Die grosse Mehrheit der Menschen insbesondere diejenigen die sich nur als Amateure mit der Philosophie befassen wollen laut James eine Position zwischen diesen beiden Extrempolen beziehen So wollen z B viele Menschen ein naturwissenschaftliches Weltbild mit ihrer Religiositat vereinbaren 5 Solche Positionen fuhren jedoch leicht zu internen Widerspruchen da sich etwa Naturalismus und Theismus schwer miteinander verbinden lassen Der Pragmatismus soll jedoch eine solche Vereinbarkeit von Elementen beider Temperamente ermoglichen Nachdem James in der ersten Vorlesung diese Ausgangslage geschildert hat beginnt er in der darauffolgenden Vorlesung den Pragmatismus als philosophische Methode vorzustellen Als Beispiel fur die Anwendung dieser Methode nennt James eine Disambiguierung Wenn ein Streit uber die Wahrheit oder Unwahrheit eines Satzes davon abhange wie die Worte darin zu verstehen sind dann konne man diesen Streit auflosen indem man allen Parteien in einem jeweils bestimmten Sinne Recht gibt In solch einem Fall konnen die Parteien unterschiedliche Gedanken zu demselben Satz gehabt haben die dann auch unterschieden werden mussten 6 Ganz allgemein mussen sich philosophische Begriffe an ihrem Kassenwert cash value messen lassen Entscheidend ist der sich aus ihnen ergebende praktische Unterschied 7 Diese praktischen Unterschiede konnen an Beispielen erklart werden in denen aus einer Begrifflichkeit oder auch aus einer Theorie etwas anderes folgt als aus der Alternative Wenn solche praktischen Unterschiede nicht nachgewiesen werden konnen dann sei der entsprechende Begriff und die dazugehorende Theorie bedeutungslos Als ein Beispiel nennt James Leibniz Gerechtigkeitskonzeption nach der es in der Welt nur scheinbar Ungerechtigkeit gebe in Wirklichkeit aber Gottes besonders harte Strafen zu einem mehr an kosmischer Harmonie fuhren Diese Theorie macht fur uns keinen praktischen Unterschied da wir uns nicht in eine Perspektive versetzen konnen die uns erlaubt die kosmische Harmonie zu erkennen und deren angebliche Schonheit zu bewundern 8 Daher sei sie bedeutungslos und als Argument fur eine Theodizee ungeeignet Der pragmatistische Wahrheitsbegriff Bearbeiten Der Begriff Pragmatismus sei laut James ausser als eine Methode auch noch als ein Wort fur einen bestimmten Wahrheitsbegriff gelaufig Dieser Wahrheitsbegriff besagt dass etwas immer insoweit wahr sei als es uns hilft unsere Erfahrungen in zufriedenstellender Art und Weise zusammenzufugen 9 Dieser Wahrheitsbegriff sei instrumental er bewertet Meinungen nach ihrer Nutzlichkeit Wenn wir neue Meinungen hinzubekommen die nicht zu der Menge unserer bisherigen Meinungen passen stellen wir erstens die neue Meinung infrage oder versuchen zweitens das System unserer bisherigen Meinungen so wenig wie moglich zu verschieben und gleichzeitig die neue Meinung darin einzubauen 10 Diese Theorie der Wahrheit sei also keine absolute Korrespondenztheorie der Wahrheit sondern lege fest was wir gemass unserer aktuellen Kenntnisse fur wahr halten sollen 11 James erlautert in der sechsten Vorlesung die pragmatistische Wahrheitskonzeption genauer Die Grundidee dieses Wahrheitsbegriffes gehe auch auf die pragmatistische Methode zuruck Wir mussten uns immer fragen welchen praktischen Unterschied eine bestimmte Meinung fur uns mache angenommen sie sei wahr Hieraus ergibt sich eine Charakterisierung der wahren Aussagen True ideas are those that we can assimilate validate corroborate and verify False ideas are those that we cannot 12 Dementsprechend wird etwas immer nur durch uns wahr und ist es nicht ipso facto Andererseits gebe es durchaus eine Ubereinstimmung agreement von Realitat und Wahrheit namlich insofern als die Realitat uns in eine bestimmte Richtung leite sodass wahre Aussagen doch einen bestimmten Bezug zur Realitat erhalten 13 Verschiedene philosophische Probleme Bearbeiten Neben der Frage nach dem Wahrheitsbegriff befasst sich James im Rest seiner Vorlesungsreihe noch uber je eine Vorlesung lang mit funf weiteren philosophischen Streitfragen Die erste davon ist die Frage nach dem metaphysischen Zustand der Welt zu welcher er sich in der dritten Vorlesung aussert James kritisiert zunachst die naturalistische Position nach der es keine grundsatzlich gute Weltordnung gebe Hiergegen wendet er ein dass in einer solchen Position die Erfullung unserer Hoffnungen und die Sinnhaftigkeit unseres Strebens nicht mehr realistisch erscheinen 14 Insofern tendiert er hier zur gegenuberstehenden Position dem Spiritualismus Zur Frage von Determinismus oder Indeterminismus mochte James kein Urteil abgeben insbesondere weil er sich dagegen stellt hier stehe mit der Willensfreiheit auch die Moglichkeit von Moralitat auf dem Spiel Erstens funktioniere unser System von Lob und Tadel unabhangig von dieser Frage und zweitens sei Willensfreiheit als Lehre von der Moglichkeit der Erlosung durch richtiges Handeln zu verstehen 15 Die vierte Vorlesung behandelt die Frage nach der Einheit oder Vielheit der Welt Es lassen sich hier intuitive Argumente sowohl fur als auch gegen die Einheit der Welt vorlegen Die Losung liegt laut James in einer Unterscheidung nach Hinsichten in welchen die Welt als Einheit gelten solle So sei es wohl zutreffend dass die Welt ein einheitlicher Gegenstand des Diskurses gelten konne und zudem als ein Kontinuum aufgefasst werden konne Andererseits sei es hochstwahrscheinlich falsch das Netz der kausalen Wirkungslinien als Einheit zu beschreiben 16 James Vorgehen in dieser Vorlesung ist ein gutes Beispiel fur die von ihm empfohlene Methode der Disambiguierung In der funften Vorlesung setzt sich James mit der Common Sense Philosophie auseinander Dieser Position nach konnen wir die Welt am besten durch unsere intuitiven Urteilen bewerten mit denen wir durch gesunden Menschenverstand unsere Erfahrungen und bisherigen Meinungen vereinbar machen James erkennt diese Art zu Denken an mochte daneben aber noch Arten des Denkens anerkannt wissen das naturwissenschaftliche Nachdenken etwa uber Funktionalitaten und Abhangigkeiten und das theoretisch kritische Denken Eine Form des Denkens konne nicht die Welt in Vollstandigkeit erfassen James bezeichnet diese These als noetischen Pluralismus 17 Nachdem die sechste Vorlesung der Konkretisierung des pragmatistischen Wahrheitsbegriffes dient stellt James in der siebten Vorlesung die Frage inwiefern unsere Konzeption der Realitat mehr von uns als von einer wirklichen Realitat abhinge James gesteht hier ein dass es ein humanistische Prinzip gebe You can t weed out the human contribution 18 Andererseits sei fur den Rationalismus die Welt ein ewiges fertiges Gebilde wahrend fur den Pragmatismus die Realitat noch in Entwicklung begriffen sei da die Wahrheit von unserem Erfahrungsschatz abhange 19 Die letzte Vorlesung widmet James der Religionsphilosophie wobei er sich besonders fur die Frage nach der Art der moglichen Erlosung interessiert Problematisch findet er die monistische Vorstellung die Welt werde als Ganzes erlost oder gar nicht Naher ist ihm eine Interpretation nach der eine graduelle Erlosung stattfinden konne die im Einzelnen vom Handeln jeder Person abhange und so als praktische Konsequenz eine Motivation zum ethischen Handeln mit sich bringe Eine solche Erlosung scheint ihm auch moglich zu sein wobei er hier auf eine praktische Moglichkeit hinauswill die so etwas wie in Ansatzen realisiert bedeutet 20 Literatur BearbeitenPrimartext William James Der Pragmatismus Ein neuer Name fur einige alte Arten des Denkens ubersetzt von Wilhelm Jerusalem 2 Aufl Meiner Hamburg 1994 William James Pragmatism a new name for some old ways of thinking Longmans Green amp Co London New York 1907 William James Pragmatism and The Meaning of Truth with an introduction by A J Ayer Harvard University Press 1975Sekundarliteratur Richard M Gale The Philosophy of William James Cambridge 2005 Klaus Oehler Hg Klassiker Auslegen Pragmatismus Berlin 2000 Weblinks BearbeitenVolltext bei Wikisource Volltext mit Dateioptionen bei Project Gutenberg Abschnitt zu Pragmatism im Artikel zu William James in der Stanford Encyclopedia of Philosophy Abschnitt zur Erkenntnistheorie mit Darstellung der Kernpunkte aus Pragmatism in der Internet Encyclopedia of Philosophy Wilhelm Jerusalem Vorwort des Ubersetzers der deutschen Ausgabe Der Pragmatismus Leipzig 1908Einzelnachweise Bearbeiten z B in Klaus Oehler Einleitung In ders Hrsg Klassiker Auslegen Pragmatismus S 6 Philosophical Conceptions and Practical Results S 290 Vgl William James Pragmatism A New Name for Some Old Ways of Thinking Harvard 1975 S 5 Preface Vgl James 1975 S 13 1 Vorlesung Vgl James 1975 S 15 1 Vorlesung Vgl James 1975 S 26 f 2 Vorlesung Vgl James 1975 S 30 f 2 Vorlesung Vgl James 1975 S 20 1 Vorlesung Vgl James 1975 S 34 2 Vorlesung Vgl James 1975 S 34 36 2 Vorlesung Vgl James 1975 S 38 2 Vorlesung James 1975 S 97 6 Vorlesung Vgl James 1975 S 102 6 Vorlesung Vgl James 1975 S 54 3 Vorlesung Vgl James 1975 S 61 3 Vorlesung Vgl James 1975 S 66f 4 Vorlesung Vgl James 1975 S 81 5 Vorlesung James 1975 S 122 7 Vorlesung Vgl James 1975 S 125 7 Vorlesung Vgl James 1975 S 136 8 Vorlesung Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Der Pragmatismus amp oldid 205406411