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Das Duell oder Versuch uber das Leben des Venezianers G C ital Titel Il duello ovvero Saggio della vita di G C veneziano ist der Titel einer Novelle des venezianischen Schriftstellers und Reisenden Giacomo Casanova die der Autor 1780 in der von ihm herausgegebenen Literaturzeitschrift Opuscoli miscellanei veroffentlichte Erzahlt wird mit autobiographischem Bezug die Geschichte eines durch eine Beleidigung ausgelosten Ehrenhandels zweier Manner vor der Kulisse der Warschauer Adelsgesellschaft des 18 Jahrhunderts Die deutsche Ubersetzung von Hartmut Scheible wurde 1988 publiziert 1 Inhaltsverzeichnis 1 Uberblick 2 Handlung 3 Form 4 Historischer Hintergrund 5 Entstehung und Editionsgeschichte 6 Interpretation 7 Literatur 7 1 Textausgaben 8 Anmerkungen 9 EinzelnachweiseUberblick BearbeitenDer wegen seiner Flucht aus Venedig und seines abenteuerlichen Lebens beruhmte Venezianer G C reist durch europaische Residenzstadte verkehrt als prominenter Gast in den adligen Salons und sucht ein Amt als furstlicher Sekretar oder Diplomat mit dem er seinen aufwandigen Lebensstil finanzieren kann Am Konigshof in Warschau gerat er 1766 in das Spannungsfeld zweier miteinander rivalisierender Tanzerinnen und ihrer Bewunderer die verschiedenen politischer Gruppen angehoren Er muss eine Beleidigung aus Grunden der Ehre mit einer Duellforderung erwidern Dies bedeutet das Ende seiner Karrierehoffnungen und er muss Warschau verlassen Handlung BearbeitenIn Anspielung auf Casanovas Biographie und v a auf seinen nach einer funfzehnmonatigen Haft spektakularen Ausbruch aus den Bleikammern dem Gefangnis des Dogenpalastes in Venedig im Jahr 1755 schildert der anonyme Erzahler die Warschauer Episode eines Venezianers und stellt sie in einen moralisch didaktischen Rahmen Er erzahle die Geschichte eines hitzkopfigen unvernunftigen leichtsinnig seiner Freiheitsliebe und wie die niedrigsten Lebewesen der Stimme der Natur folgenden jungen Mannes um zu zeigen dass das Schicksal oft viel grausamer bestraft als ein vorubergehendes Sklavendasein Anstatt im Gefangnis zu suhnen musste er fast 20 Jahre aus der Heimat verbannt gegen seinen Willen zum Abenteurer geworden schuldbeladen durch fremde Lander irren u a durch Holland England Deutschland Kurland und Russland Die Erlebnisse in Warschau mit den in die Erzahlung eingefugten Reflexionen kritischen Beobachtungen und Selbstgesprachen sollen dem Leser zeigen dass es ein Fehler ist die Einrichtungen der Gesellschaft zu beflecken die bescheidene Unterordnung die den treuen Untertanen ziert einem Verdacht auszusetzen oder in Zweifel zu ziehen was zu denken fur einen Christenmenschen sich geziemt Eine Anstellung die seinen Wunschen entspricht fand der Venezianer auf seinen Reisen nicht Er erklart sich seine Misserfolge mit dem System der Amterpatronage Ein junger in hofischer Etikette gewandter Mann macht sich in einer Residenz den russischen Botschafter geneigt Dieser schreibt der Zarin er habe eine begabte Person fur ein Staatsamt gefunden Die Zarin ladt den Mann ein und bezahlt ihm die Reise Damit ist sein Gluck gemacht Auch wenn er fur kaiserliche Dienste nicht geeignet ist kann man sich die mangelnde Menschenkenntnis nicht eingestehen der Botschafter kann sich unmoglich getauscht haben ebenso wenig die Hofgesellschaft Doch im Gegensatz zu diesem Beispiel hatte der Venezianer keine Einladungen der Zarin nur personliche Empfehlungsschreiben Mit einem solchen reist er 1765 weiter nach Warschau und wird von Furst Adam Czartoryski dem Angehorigen einer einflussreichen Adelsfamilie freundlich als Gast in sein Haus aufgenommen Dieser macht ihn mit seinem Vater dem Woiwoden von Rotrussland sowie mit den Grossen des Konigreichs bekannt Seine einfache Herkunft ist hier durch seinen literarischen Dienst beim alten Konig August III bekannt doch er tragt den Orden der romischen Ritterschaft den ihm Papst Rezzonico 1760 verliehen hat eine respekterheischende Dekoration die den Dummkopfen imponiert Denn die Welt ist voll von boshaften Tropfen Bei den Czartoryskis lernt er den neuen polnischen Konig Stanislaus kennen und er wird zu vielen prachtigen Veranstaltungen eingeladen Dort macht er Seiner Majestat und den Magnaten den Hof Aus Erfahrung weiss er um die Regeln der Konversation Wenn der Konig ihm eine Frage stellt die er nicht versteht fragt er nicht zuruck denn es ist unmoglich dass Seine Majestat sich unverstandlich aussert und ebenso unmoglich ist es dass ein Hofling den Konig nicht versteht In einem solchen Fall verbeugt man sich und antwortet irgend etwas es mag passend sein oder nicht es ist immer richtig Es darf keine Gesprachspause eintreten sonst ist dies ein Anzeichen einer Verstimmung oder einer Ungnade und wird zum Gesprach in der ganzen Stadt Durch eine solche Situation als der Konig nicht weiss was er zu dem Venezianer sagen soll und ihn in die polnische Komodie einladt obwohl er nicht polnisch spricht gerat er im Marz 1766 in eine unauflosbare Konfliktsituation Ausgangspunkt ist der Konkurrenzkampf zweier Tanzerinnen und ihrer Beschutzer Die namentlich nicht genannte venezianische Kunstlerin wird protegiert von dem Gross Podstoli Anmerkung 1 der Krone dem Spross einer alten Adelsfamilie General Xaver Branicki dem der Konig verpflichtet ist Die Venezianerin ist eifersuchtig auf die andere Primaballerina Casacci mit der der Protagonist befreundet ist und da sie alle die sie zum Lager der Rivalin zahlt als ihre Feinde betrachtet verklagt sie den Venezianer bei Branicki Dieser verspricht ihr ihn zu bestrafen Bei der nachsten Theatervorstellung applaudiert der Konig der Casacci und deshalb geht der Venezianer in der Pause zu den Garderoben um ihr zu gratulieren Branicki folgt ihm sagt zu ihm er liebe die Casacci und er solle sie ihm uberlassen Der Venezianer reagiert darauf scherzhaft galant einem so schonen Kavalier musse man weichen Aber Branicki provoziert weiter nennt ihn einen venezianischen Feigling da er zuruckweiche und fordert ihn grob auf zu verschwinden Fout le camp Der Venezianer beherrscht sich legt die Hand auf den Degengriff und antwortet ein venezianischer Feigling werde bald den polnischen Helden ins Jenseits befordern Mit diesen Worten verlasst er das Theater und geht ins Haus Czartoryski Die Nachricht vom Eklat trifft dort schnell ein und er fragt den alten Woiwoden um Rat Doch dieser uberlasst ihm die Entscheidung Ein Mann von Ehre muss in einer derartigen Lage entweder viel oder nichts unternehmen Der Erzahler schiebt an dieser Stelle in die Handlung eine Reflexion uber die Beleidigung der Ehre und die angemessene Reaktion ein Der Venezianer befragt dazu die Philosophen Platon pladiert dafur erlittenes Unrecht zu erleiden sei weniger unehrenhaft als es zu begehen Jesus Christus ist derselben Auffassung Die Adelsgesellschaft erwartet jedoch dass sich der Beleidigte einem Kampf stellt Rousseau schreibt dazu wirklich geracht seien nur die die ihre Beleidiger zwingen sie umzubringen Zu einem solchen Ende mochte es der Venezianer nicht kommen lassen aber er gelangt zu dem Schluss dass d ie Herausforderung zum Duell der naturliche Impuls eines Charakters ist der durch seine Erziehung sich zu massigen und seine primitiven Reflexe zu zugeln weiss Er denkt auch uber eine Strategie nach wenn Branicki seine Forderung aus Standesgrunden wegen seines Staatsamtes oder aus Angst vor dem Tod ablehnt Nach seiner Entscheidung schreibt der Venezianer in hofischer Sprache einen Brief an Branicki und fordert ihn zu einem Duell an einem Ort an dem die polnischen Gesetze nicht gebrochen werden Es folgt ein mehrmaliger hoflicher Briefwechsel uber die Waffen den Ablauf der Aktion und den Termin Da sich die Kontrahenten nicht einigen konnen besucht Branicki ihn in seinem Zimmer Es folgt ein respektvolles Gesprach uber die strittigen Fragen das der Erzahler in Dialogform wiedergibt Sie einigen sich sprechen einander ihre Hochachtung aus und versprechen sich wenn sie beide uberleben gute Freunde zu werden Darauf trifft der Venezianer seine Vorbereitungen bringt seine Aufzeichnungen bei einem Freund in Sicherheit und bestellt ein delikates nicht zu uppiges Mittagessen um wie Horaz es vorschlagt die Krafte des Korpers und des Geistes in ein stabiles Gleichgewicht zu bringen Dann fahren sie gemeinsam in Branickis Wagen zum Duellplatz unterhalten sich uber ihre Reiseplane fur den Sommer den sie hoffentlich erleben werden und erreichen schliesslich den grossen Garten des Grafen von Bruhl Als ein von Branicki zu seinem Gefolge geladener Generaladjutant des Konigs uberrascht merkt dass Duellpistolen vorbereitet werden erhebt er Einspruch gegen den Zweikampf da der Garten innerhalb der Starostei von Warschau liegt und er furchtet durch seine Anwesenheit bei einem Gesetzesverstoss in Ungnade zu fallen An der Reaktion des Gross Podstoli es gehe um seine Ehre und er trage fur alles die Verantwortung wird deutlich dass er sich diese Provokation bei einem Konig der wenig Ruckhalt bei den Landesfursten hat erlauben kann Damit beginnt das Duell Ubergabe der Pistolen zehn Meter Distanz ein Wortwechsel der offenbar Branicki irritiert Kommando Beide schiessen gleichzeitig Der Venezianer wird an der Hand getroffen Branicki schwer am Bauch verletzt Aber er kann noch zwei seiner Leute die ihn mit ihren Sabeln rachen wollen zuruckrufen und bietet dem Venezianer ein Pferd zur Flucht an um dem Gericht zu entgehen Doch dieser lehnt ab Darauf wird der Podstoli zur Behandlung in die Stadt gebracht Um den Venezianer kummert sich niemand und er lasst sich von Bauern auf ihrem Schlitten zum Kloster der Barfussermonche fahren Als Bissinski der Adjutant Branickis ihm auf der Strasse zur Stadt mit gezogenem Sabel entgegenreitet kann er sich unter Strohmatten verstecken und entgeht seiner Rache Der Venezianer fasst als Ergebnis zusammen dass sich zwar Branicki ihm gegenuber ehrenvoll verhielt dass aber von seinen uber den Ausgang des Duells erzurnten Leuten die Zusagen ihn zu versorgen und zu beschutzen nicht eingehalten wurden Die Anhanger Branickis sinnen auf Rache und Bissinski sucht den Venezianer mit seinen Ulanen in Warschau in den Hausern seiner Freunde Es kommt zu Ausschreitungen Der Venezianer wird daraufhin auf Befehl des koniglichen Grossmarschalls Bielinski beschutzt und vom Konig begnadigt Bissinski muss nach Konigsberg fliehen Branicki erkundigt sich nach seinem Gesundheitszustand Der Venezianer besucht den ehemaligen Gegner und bittet ihn um Vergebung um sein Wohlwollen und seinen Schutz Der Erzahler kommentiert die erste Bitte sei eine Luge die zweite entspreche der Wahrheit Branicki willigt in die Versohnung ein An dieser Stelle wird wieder eine Reflexion uber die Duellordnung eingefugt Der Venezianer stellt sich verschiedene Fragen u a ob er nicht anstatt auf den Korper Branickis in die Luft hatte schiessen sollen und wie sein Gegner darauf reagiert hatte oder ob man nach dem Duell durch Beichte von der Exkommunikation freigesprochen werden konne Daruber unterhalt er sich mit dem Beichtvater Czartoryskis und sie einigen sich fur die Absolution auf die Formel Sollte es sich bei meinem Konflikt mit dem Podstoli der mir kein Duell gewesen zu sein scheint doch um ein Duell gehandelt haben so bereue ich und bitte die heilige Mutter Kirche um Lossprechung von meiner Sunde und die Wiederaufnahme in die Gemeinde der Glaubigen Der Venezianer bleibt noch zwei Monate in Warschau Er fuhlt sich aber bedroht und hat Angst vor nachtlichen Uberfallen Auch treffen aus dem Ausland immer mehr anonyme Nachrichten ein von seinen angeblichen Zechprellereien Betrugereien und anderen schandlichen Verbrechen so dass sein Ruf leidet Vor diesen Verleumdungen konne er sich so reflektiert der Erzahler nicht durch Rechtfertigungen sondern nur durch seine Abreise schutzen auch wenn er den Schurken das Feld uberlassen musse Der fliehende Krieger kann aufs Neue kampfen Er verlasst deshalb die Hauptstadt und macht eine dreimonatige Rundreise durch das polnische Land wo ihn die konig und russlandfeindlichen Magnaten bewirten Dadurch verscherzt er es mit seinen Warschauer Gastgebern Als er in die Hauptstadt zuruckkehrt ladt ihn Adam Czartoryski nicht mehr ein und der Konig befiehlt ihm innerhalb acht Tagen die Starostei Warschau zu verlassen Ein Gonner bezahlt seine Schulden und er fahrt zuerst nach Breslau und nimmt dann sein Reiseleben von Station zu Station wieder auf Zeitungsberichte mit Details uber seine Verabschiedung aus Warschau verfolgen ihn Alle Zeitungen zusammengenommen ergeben die Weltgeschichte und ihre Leser die die Dinge nicht bis ins Detail kennen halten sich an das was ihnen berichtet wird solche Meinungen aber welche die Leser als wahr unterstellen bleiben fur immer in ihr Gedachtnis eingegraben In Koln zwingt er einen Journalisten eine Richtigstellung zu veroffentlichen Aber spater regen ihn solche Dinge nicht mehr auf Er beschrankt sich darauf Mitgefuhl zu empfinden fur den der ihn verurteilt zu beklagen wer Vertrauen in die Menschheit setzt den Stolzen zu verachten und zu hoffen all denen von Nutzen zu sein die ihm geschadet haben denn das ist eine erhabene und heroische Form der Rache wenn sie nicht zugleich wovor man sich huten sollte von Hoffart begleitet ist Wenn der Venezianer einmal sehr weise geworden ist zufrieden mit dem was er weiss und immer bereit von einem Erfahreneren zu lernen dann wird er alle Leute das glauben lassen was sie wollen Die Menschen sind ihrer Natur nach so beschaffen dass sie von denen nicht lernen wollen die ihnen ihr Wissen aufzudrangen versuchen und sie haben damit ebenso Recht wie die anderen Unrecht haben 1774 kann er durch einen allerhochsten Gnadenakt in seine Vaterstadt zuruckkehren Gelange es ihm hier einiger Gunst fur wurdig erachtet zu werden so fiele es ihm nicht schwer sein Auskommen zu finden Form BearbeitenCasanova hat die Warschau Episode seines abenteuerlichen Reiselebens das er spater in seinen Memoiren Geschichte meines Lebens inhaltlich ahnlich beschrieben hat 2 1780 zu einer Novelle verarbeitet Dafur straffte er den Stoff und kurzte den politischen Hintergrund zugunsten des privaten Machtkampfes mit der Zuspitzung auf das Duell Diese literarisch gestaltete Geschichte des Venezianers G C wird in personaler Erzahlform vorgetragen und durch einen Rahmen und Einschube mit Erlauterungen und Reflexionen des Erzahlers erweitert die in fliessendem Ubergang teilweise die Uberlegungen des Protagonisten wiedergeben teilweise die Erfahrungen G Cs allgemein diskutieren Dieser Rahmen mit Loyalitatsbekundungen dem Staat und der Kirche gegenuber steht in einem Spannungsverhaltnis zur Darstellung der hofischen Rituale und Machtkampfe mit satirisch entlarvender Tendenz Beispiele dafur sind die Amterpatronage der formale Ablauf des Duells die Konversation mit dem Konig und das Gesprach mit dem Chirurgen das in Dialogform wiedergegeben wird Der Arzt will dem Venezianer wegen drohenden Wundbrands die Hand amputieren und droht damit dass er andernfalls seinen Arm verlieren konnte Der Venezianer antwortet ihm er wisse nicht was er mit dem Arm ohne Hand anfangen solle er wolle erst die Entwicklung zum Brand abwarten Er hat mit seiner Entscheidung Recht denn das Fieber sinkt und die Wunde heilt schnell Der Chirurg erklart dies damit dass er sich an einen Heiligen gewandt habe Drei Wochen spater am Ostertag besucht der Venezianer mit dem Arm in der Schlinge den Konig um ihm die Hand zu kussen Dieser ubergeht in hofischer Form das Duell gibt ihm aber versteckt den Rat in Zukunft alle Situationen zu meiden die zum Rheumatismus im Arm fuhren konnten denn sie seien todlich Historischer Hintergrund BearbeitenDer Venezianer G C halt sich 1765 1766 in Polen zu einem Zeitpunkt grosser innen und aussenpolitischer Spannungen auf die in den Memoiren Casanovas deutlicher zum Ausdruck kommen als in der Novelle Nach dem Tod des sachsischen Konigs August III 1763 bewarb sich dessen Sohn Friedrich Christian um die polnische Krone Doch nachdem er im selben Jahr starb verlor Sachsen seinen Einfluss und Russland mischte sich in die Innenpolitik des Nachbarlandes ein indem es mit einem der beiden rivalisierten Lager die den Thron mit ihren Kandidaten besetzen wollten zusammenarbeitete Die Magnaten aus dem Hause Potocki Republikaner unterstutzten den Oberbefehlshaber der polnischen Krone Jan Klemens Branicki das die Partei der Familia anfuhrende Adelsgeschlecht Czartoryski dagegen Adam Kazimierz Czartoryski den Sohn des Fursten August Aleksander Doch die Zarin Katharina II hatte andere Plane Sie verstandigte sich mit dem preussischen Konig Friedrich II auf die Unterstutzung des grossfurstlichen Mundschenks Stanislaus II August Poniatowski als Nachfolger Ihr Kandidat lebte einige Zeit zusammen mit seinem Freund Xaver Branicki an ihrem Hof und war ihr Liebhaber Katharina beeinflusste die Familia die Kandidatur von Adam Czartoryski zuruckzuziehen Doch viele Adligen in Polen Litauen wollten eine russische Vorherrschaft durch die Wahl Jan Branickis zum Konig verhindern Die Familie Czartoryski befurchtete bei dessen Wahl einen Burgerkrieg der von der russischen Kaiserin zu Gebietserweiterungen genutzt werden konnte Deshalb zwang sie Jan Branicki das Land zu verlassen und nach Ungarn zu fliehen Anmerkung 2 So wurde schliesslich Poniatowski 1764 von der Szlachta unter Druck der Familia und des als Schutztruppe zu Hilfe gerufenen russischen Militars zum Konig von Polen und Grossfursten von Litauen gewahlt Er hatte ohne grosse Hausmacht von Anfang an einen schweren Stand gegen die verschiedenen konkurrierenden Hochadelsparteien und die russische Einflussnahme In dieser Situation zwei Jahre nach seiner Wahl trifft der Venezianer G C in Warschau ein Die Czartoryskis sind seine Gastgeber und bei ihnen lernt er den diplomatisch freundlichen aufgeklarten Konig kennen Von dessen machtigem Generaladjutanten und Krongrossjagermeister Xaver Branicki wird er in den Streit der beiden rivalisierenden und von zwei Adelsgruppen bewunderten Tanzerinnen hineingezogen Die Novelle deutet die innenpolitischen Hintergrunde nur an Der Gross Podstoli der Kavallerie Offizier in russischen Diensten war und Poniatowski einmal das Leben rettete ist sich seiner starken Rolle am Hof bewusst und hort bei den Machtspielen nicht auf den koniglichen Befehl das Duell zu unterlassen Der Monarch kann oder will seine Anordnung nicht durchzusetzen So halt er sich diplomatisch aus dem Ehrenhandel heraus und begnadigt beide Ein weiterer Hinweis auf die Spannungen im Land sind die Einladungen des Venezianers nach dem Duell Offenbar sympathisieren die russlandfeindlichen Landadligen mit ihm weil er den zum Russlandlager zahlenden Ulanen General im Duell geschlagen hat Entstehung und Editionsgeschichte BearbeitenCasanova veroffentlichte in der vorletzten Ausgabe der von ihm herausgegebenen Literaturzeitschrift Opuscoli miscellanei 1780 seine Novelle die bald darauf in Vergessenheit geriet und auch nach ihrer Wiederentdeckung von einer Generation beruhmter Casanovisten wie Aldo Rava Pollio D Ancona und Brunelli zu Beginn des 20 Jahrhunderts wegen der weitgehenden Ahnlichkeiten mit dem achten Kapitel des 10 Buches der Memoiren lange unbeachtet blieb In Italien wurde sie erst 1979 in Deutschland 1988 als Einzelwerk veroffentlicht 3 Interpretation BearbeitenGrundlage der Interpretation ist der Vergleich mit der Darstellung der Warschauer Episode in Casanovas zehn Jahre spater verfassten Memoiren 4 Dabei sind vor allem Akzentverschiebungen bei der Beleidigung und die Erzahlerkommentare von Interesse Im Gegensatz zur Darstellung in den Memoiren wird in der Novelle der politische Hintergrund nur angedeutet und die personliche Situation des Venezianers im Intrigenfeld des Hofes sowie die Geschichte des Duells mit dem Gross Podstoli stehen im Zentrum Nach Scheible 5 verfolgt die Publikation der Novelle Casanovas Selbstdarstellung als uberlegt und verantwortungsvoll handelnder Mann In seiner Interpretation geht er von Casanovas Situation in Venedig aus Er war 1756 aus dem Gefangnis geflohen und durfte nach achtzehnjahriger Verbannung 1774 in die Stadt zuruckkehren Hier erhoffte sich der 41 Jahrige einen Neuanfang und die Stabilisierung seiner finanziellen Verhaltnisse In diesem Zusammenhang erscheinen seine Bekenntnisse opportunistisch im unterwurfigen Tonfall 3 als Loyalitatserklarung fur Venedig Er bereut die Flucht aus dem Gefangnis und erklart seine Probleme mit seinem Leichtsinn der ihn immer wieder in einer Kette unglucklicher Ereignisse in Schwierigkeiten gebracht hat Dazu passt die Bagatellisierung seiner Schuld am Duell und seine Darstellung als Opfer des Streits der Tanzerinnen und ihrer Beschutzer Im Gegensatz zu den Memoiren lasst er auch hier seine Liebesaffaren und sexuellen Abenteuer die seine Biographie durchziehen aus und erweckt damit den Eindruck der moralischen Unbedenklichkeit 6 Bei der Duellgeschichte betont er seine Friedfertigkeit die umsichtige Reaktion auf die Beleidigung durch die Kontrolle seiner Affekte den gesellschaftlichen Zwang seine Ehre zu verteidigen seine Verhandlungen mit Branicki in hofischen Umgangsformen und nach der Versohnung mit dem Gegner sein Wohlverhalten den staatlichen und kirchlichen Obrigkeiten gegenuber Dass er nicht nur seine personliche Ehre sondern die der Republik Venedigs verteidigte wird an Branickis unverschamter Beleidigung er sei ein venezianischer Feigling gezeigt In Casanovas Memoiren fehlt das Adjektiv Mit dieser patriotischen Einstellung und der wiederholten Bekraftigung seiner religiosen Rechtglaubigkeit will der Autor zeigen dass Venedig von ihm keine unkontrollierten Affekte Aufwallungen und Trotzreaktionen zu furchten braucht Als Signal setzt er vor die Novelle als Motto das Horaz Zitat Beherrsche deine Affekte die wenn sie nicht gehorchen dir befehlen Dieses Bekenntnis stimmt jedoch nicht uberein mit den Ausfuhrungen uber Natur und Freiheit und dies lasst vermuten dass der Autor sich nur scheinbar verandert und angepasst hat 3 Nach acht Jahren wurde er erneut wegen verschiedener Streitigkeiten aus Venedig verbannt Literatur BearbeitenTextausgaben Bearbeiten Das Duell oder Versuch uber das Leben des Venezianers G C mit einem Nachwort von Hartmut Scheible Qu on porte a Monsieur du chocolat Versuch uber Giacomo Casanova Piper Munchen 1988 ISBN 3 492 03302 4Anmerkungen Bearbeiten Kammerherr 1765 erlaubte ihm der neue Konig Stanislaus II sein Schwager zuruckzukehren Einzelnachweise Bearbeiten Giacomo Casanova Das Duell oder Versuch uber das Leben des Venezianers G C Piper Munchen 1988 Casanova Geschichte meines Lebens Hrsg E Loos 12 Bde u 6 Folgebande 1965 1969 Projekt Gutenberg Band 6 Kapitel 1 und 2 a b c Scheible Abschnitt VIII Scheible S 87 ff Scheible Abschnitt X Scheible Abschnitte VI VIII Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Das Duell Casanova amp oldid 237663943