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Dagome Iudex ist ein Regest also die Zusammenfassung des Inhalts einer alteren Urkunde das nach seinen Anfangsworten bekannt ist Das Regest stammt aus dem 11 Jahrhundert und scheint eine Urkunde des spaten 10 Jahrhunderts zusammenzufassen nach der Miesko I und seine Frau dem Papst eine grossere Herrschaft ubertragen Damit konnte es sich um den fruhesten Beleg einer polnischen Staatlichkeit handeln Die genaue Deutung von Dagome Iudex ist allerdings schwierig und umstritten Inhaltsverzeichnis 1 Uberlieferung 2 Text und Ubersetzung 3 Interpretation 4 Editionen 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseUberlieferung Bearbeiten nbsp Nachzeichnung von Dagome Iudex in der altesten Handschrift des Liber polipticus Cambrai BM 445 fol 121v Die Schenkungsurkunde die in Dagome Iudex zusammengefasst wird ist heute verloren aber eine diplomatische Untersuchung zeigt dass sie bei Anfertigung des Regests noch als auf Papyrus geschriebenes Original vorlag der Verweis in alio tomo bezeichnet diese Papyrusurkunde nicht ein Register 1 2 Dagome Iudex ist in sechs mittelalterlichen Handschriften erhalten Die fruheste Uberlieferung findet sich in der Collectio canonum des Deusdedit eine kanonische Sammlung die dieser Kardinal im Jahr 1087 in Rom fertiggestellt hat Die spateren Uberlieferungen Vat lat 1984 Liber polipticus Liber censuum hangen alle direkt oder indirekt von dieser Quelle ab Der Wortlaut schwankt in den verschiedenen erhaltenen Abschriften etwas Es ist moglich dass ein Teil des Textes erst durch Interpolation hinzugefugt wurde insbesondere der Einschub der sich auf die Sarden bezieht und nur in der Halfte der Handschriften enthalten ist in der Forschung ist aber umstritten wann im Laufe der Uberlieferung dies geschah Text und Ubersetzung BearbeitenLateinischer Text 3 Ubersetzung ins DeutscheItem in alio tomo sub Iohanne XV papa Dagome iudex et Ote senatrix et filii eorum Misicam sic et Labertus nescio cuius gentis homines puto autem Sardos fuisse quoniam ipsi a IIII iudicibus reguntur leguntur beato Petro contulisse unam civitatem in integro que vocatur Schinesghe cum omnibus suis pertinentiis infra hos affines sicuti incipit a primo latere longum mare fine Bruzze usque in locum qui dicitur Russe et fines Russe extendente usque in Craccoa et ab ipsa Craccoa usque ad flumen Oddere recte in locum qui dicitur Alemure et ab ipsa Alemura usque in terram Milze et a fine Milze recte intra Oddere et exinde ducente iuxta flumen Oddera usque in predictam civitatem Schinesghe Auch liest man in einer anderen Urkunde aus der Zeit des Papstes Johannes XV dass der Herr Dagome und die Herrin Ote ebenso wie ihre Sohne Misico und Lambertus ich weiss nicht welchem Stamm diese Leute angehoren glaube aber dass es sich um Sarden handelt da jene stets von vier Richtern regiert werden dem Heiligen Peter einen ganzen Staat oder eine ganze Stadt namens Schinesghe 4 geschenkt haben mit allen Landern die sich innerhalb seiner Grenzen erstrecken in Folge zunachst das lange Meer oder langs des Meeres dann die Grenze Prussens bis zu einem Ort namens Rus dann die Grenzen der Rus bis nach Krakau und von diesem Krakau an den Fluss Oder dann gerade bis zu einem Ort namens Alemure und von diesem Alemura weiter bis zum Land der Milzen und von der Grenze der Milzen gerade zur Oder von dort folgend entlang des Flusses Oder bis zur besagten Stadt Schinesghe Interpretation Bearbeiten nbsp Moderne Nachzeichnung von Dagome Iudex in der Handschrift BAV Vat lat 3833 fol 87r 87vDie historische Forschung hat immer wieder versucht den Inhalt der verlorenen Urkunde die in diesem Regest zusammengefasst wird zu rekonstruieren Fast immer wird Dagome Iudex als Beleg fur einen Schenkungsakt des Polanenherzogs Mieszko I 992 und seiner Frau Oda an den Apostolischen Stuhl aus dem Jahr 991 interpretiert mit dem er die Herrschaft Gniezno Schinesge dem direkten Schutz des Papstes unterstellt habe Diese Interpretation geht davon aus dass senatrix Ote mit Oda von Haldensleben zu identifizieren sei und es sich auch deshalb beim iudex Richter Herr Dagome um ihren Mann Miesko I handeln musse Demnach sei das beschriebene Gebiet das Herrschaftsgebiet des Herzogs der Polanen bzw ein Teil davon mit dem Herrschaftszentrum Gniezno Miesko I und Oda hatten so die Thronfolge fur ihre nur in dieser Quelle namentlich erwahnten minderjahrigen Sohne Mieszko und Lambert sichern wollen gegen die Anspruche von Boleslaw I Chrobry Mieszkos Sohn aus seiner ersten Ehe mit Dubrawka der jedenfalls in Dagome Iudex nicht erwahnt wird Eine solche Ubertragung der Herrschaft und auch die darin erkennbaren Planungen der Nachfolge machen Dagome Iudex zu einer zentralen Quelle fur die Frage nach der Staatlichkeit Polens im Hochmittelalter Die sonst nirgends belegte Bezeichnung von Herzog Miesko lat dux Mesco als Dagome wird auf unterschiedliche Weisen erklart Dagome Iudex konnte eine verderbte Fassung der Formel Ego Mesco dux im verlorenen Original sein oder iudex statt dux der Titel Mieskos und Dagome ein sonst nicht uberlieferter Name des Herzogs gewesen sein Die zweite Interpretation wird meist mit der Hypothese verbunden dass Miesko bei seiner Taufe den neuen christlichen Namen Dagobert erhalten habe der im Regest etwas verfalscht als Dagome auftauche Plausiblerweise konnte Dagome dann auch eine bewusste Kombination beider Namen sein Dago wie Dagobert und me wie Mesco Rein spekulativ ist die in der alteren Forschung gelegentlich vertretene Vorstellung dass Misko auch Dago oder Dagr geheissen habe und dass dies mit einer wikingischen Herkunft Mieszkos zu tun habe Die Identifikation der einzelnen Ortsnamen ist teilweise ebenfalls umstritten Die civitas Schinesghe wird fast immer mit dem Herrschaftszentrum Gnesen und seiner weiteren Umgebung identifiziert 2 Der Ort Alemure wird meist mit dem mahrischen Olmutz oder seiner Umgebung gleichgesetzt 5 6 Die Interpretation dass Miesko dem heiligen Petrus bzw der romischen Kirche Lander ubertragen habe gilt aber grundsatzlich als plausibel und hat auch Parallelen in der damaligen Zeit 2 Editionen BearbeitenViktor Wolf von Glanvell Die Kanonessammlung des Kardinals Deusdedit Paderborn 1905 S 359 Digitalisat Schlesisches Urkundenbuch Band 1 1 971 1230 bearbeitet von Heinrich Appelt Bohlau Wien 1971 S 2 3 Nr 2 doi 10 7767 boehlau 9783205109853 1Literatur BearbeitenWalter Leitsch Deusdedit und die Urkunde Dagome iudex In Heinrich Felix Schmid Hrsg Festgabe zur Funfzig Jahr Feier des Instituts fur Osteuropaische Geschichte und Sudostforschung der Universitat Wien Wien 1959 S 116 185 Brygida Kurbis Dagome iudex Studium krytyczne In Poczatki panstwa polskiego Ksiega Tysiaclecia Band 2 Poznan 1962 S 362 423 Gerard Labuda Studia nad poczatkami panstwa polskiego Band 2 Warszawa 1988 S 240 261 Gerard Labuda Dagome Iudex Dokument In Lexikon des Mittelalters LexMA Band 3 Artemis amp Winkler Munchen Zurich 1986 ISBN 3 7608 8903 4 Sp 430 f Henryk Lowmianski Poczatki Polski Band 5 Warszawa 1973 S 595 605 Eduard Muhle Die Piasten Polen im Mittelalter Beck Munchen 2011 ISBN 978 3 406 61229 9 hier S 21 22 Przemyslaw Nowak Regest dokumentu Dagome iudex w swietle najnowszych badan interdyscyplinarnych In Wojciech Drelicharz Dominika Jasiak Jacek Poleski Hrsg Spor o poczatki panstwa polskiego Historiografia tradycja mit propaganda Krakow 2017 S 179 189 online auf academia edu mit bibliographischem Anhang fur die Jahre 1990 bis 2015 Przemyslaw Nowak Recent work on the Dagome iudex in the Collectio Canonum of Cardinal Deusdedit In Pavel Otmar Krafl Hrsg Sacri canones editandi Studies on Medieval Canon Law in Memory of Jiri Kejr Ius canonicum medii aevi Band 1 2 Auflage Brno 2020 S 25 39 online auf academia edu Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Dagome Iudex Quellen und Volltexte Latein nbsp Commons Dagome Iudex Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur zu Dagome im Opac der Regesta Imperii Veroffentlichungen zu Dagome Iudex auf academia edu Digitalisat der wichtigsten HandschriftEinzelnachweise Bearbeiten Przemyslaw Nowak Regest dokumentu Dagome iudex w swietle najnowszych badan interdyscyplinarnych In Wojciech Drelicharz Dominika Jasiak Jacek Poleski Hrsg Spor o poczatki panstwa polskiego Historiografia tradycja mit propaganda Krakow 2017 S 179 189 a b c Przemyslaw Nowak Recent work on the Dagome iudex in the Collectio Canonum of Cardinal Deusdedit In Pavel Otmar Krafl Hrsg Sacri canones editandi Studies on Medieval Canon Law in Memory of Jiri Kejr Ius canonicum medii aevi 1 2 Auflage Brno 2020 S 25 39 Viktor Wolf von Glanvell Die Kanonessammlung des Kardinals Deusdedit Paderborn 1905 S 359 So Deusdedit Vat lat 3833 andere Handschriften lesen Schignesne Schinesche Schinesne Schinesgne oder Schinesgne Krystyna Lukasiewicz Dagome Iudex and the First Conflict over Succession in Poland In The Polish Review Band 54 No 4 2009 407 429 hier S 410 Anm 10 JSTOR 25779841 Przemyslaw Nowak Recent work on the Dagome iudex in the Collectio Canonum of Cardinal Deusdedit In Pavel Otmar Krafl Hrsg Sacri canones editandi Studies on Medieval Canon Law in Memory of Jiri Kejr Ius canonicum medii aevi 1 2 Auflage Brno 2020 S 25 39 hier S 35 37 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dagome Iudex amp oldid 229481383