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Margarethe Caroline Eichler vermutlich 1808 6 September 1843 in Berlin Friedrichstadt war eine deutsche Bandagistin 1 Feinmechanikerin Instrumentenmacherin und Konstrukteurin 2 Sie entwarf die erste brauchbare moderne Handprothese 3 Caroline Eichler Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Beinprothese 2 1 Rezeption 3 Handprothese 4 Schriften 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenLaut Maria Curter wurde Caroline Eichler im Jahr 1808 oder 1809 moglicherweise in Nordhausen Thuringen 3 oder Berlin 4 als dritte Tochter des Malers Johann Gottlieb Eichler geboren jedenfalls wurde eine Margretha Carolina Tochter des Mahlers Johann Gottlieb Eichler am 2 September 1808 in Neustadt bei Dresden getauft 5 Uber ihre Schulbildung ist nichts bekannt 3 aber in ihren Arbeiten zeigt sie Kenntnisse der Physik und der technischen Mechanik Um 1826 war Eichler als Kindermadchen bei der Familie von F Sperling dem Bratenspicker von Prinz Wilhelm Friedrich Wilhelm IV oder Wilhelm I beschaftigt 6 Spater arbeitete sie nach eigenen Angaben als Krankenpflegerin 4 Eichler konstruierte 1832 3 eine Beinprothese mit Kniegelenk fur die sie am 23 November 1833 als erste Frau in Preussen ein Patent erhielt 7 Weitere Patente erhielt sie fur das Russische Reich 8 S 4 und am 13 Januar 1835 fur das Konigreich Bayern 9 Eichler bewarb ihre Beinprothese in einer im Selbstverlag herausgegebenen Schrift worin sie nicht ohne Stolz verkundete dass ihre Konstruktion bereits mit Erfolg eingesetzt worden sei 10 S 38f Johann Friedrich Dieffenbach Leiter der Chirurgie an der Berliner Charite berichtet vom erfolgreichen Einsatz der Eichlerschen Fussprothese bei einem seiner Patienten und lobt die Konstruktion ausdrucklich 10 11 S 115Auch auf eine kunstliche Hand erhielt Eichler am 24 November 1836 ein preussisches Patent 12 Dies war die erste brauchbare Eigenkraftprothese der oberen Extremitat Eichler firmierte daraufhin als Verfertigerin kunstlicher Fusse und Hande in Berlin In der zeitgenossischen Literatur wurde sie da sie nicht dem gangigen Frauenbild jener Zeit entsprach auch als Blaustrumpf bezeichnet 11 S 106Caroline Eichler heiratete am 30 Oktober 1837 den sieben Jahre jungeren Mechaniker Carl Friedrich Eduard Krause aus Bielefeld von dem sie sich spater wieder scheiden liess 3 Am 6 September 1843 wurde sie von Krause in ihrer Wohnung mit einer zugespitzten Feile ermordet 3 Nach der Scheidung habe er immer wieder Geld von ihr erpresst stellt der Kriminalbericht fest und dabei sei es schliesslich zum Streit gekommen 3 Beinprothese Bearbeiten nbsp Zeichnung der Beinprothese von EichlerDie von Caroline Eichler entwickelte Beinprothese verfugte uber ein bewegliches selbststandig arbeitendes Kniegelenk was seinerzeit noch keineswegs selbstverstandlich war von Eichler aber als unumganglich angesehen wurde 10 Bisherige Konstruktionen verfugten entweder uber kein Kniegelenk oder mussten wie die Ende des 16 Jahrhunderts von dem Chirurgen Ambroise Pare beschriebenen kunstlichen Beine uber eine Zugschnur betatigt werden Die Konstruktion bestand aus einem aus Weissblech Messing und spater Neusilberblech 8 S 108 gefertigten Schaft fur den Beinstumpf dem daran gelenkig befestigten hohl gearbeiteten Unterschenkel aus mit Leinwand uberklebtem hohl gearbeitetem Linden Weiden oder Pappelholz 8 S 108 und dem zweiteiligen Fuss der ebenfalls aus Holz und mit einem Gelenk beweglich am Schenkelstuck befestigt war Das Blech des Oberschenkelschafts konnte relativ einfach kaltverformt und damit an den Stumpf angepasst werden Ausserdem sollte die Prothese so im Vergleich zu einer massiven Holzkonstruktion leichter werden 10 Das Gewicht betrug komplett etwa 4 Pfund 15 Lot ca 2 1 kg 8 S 108Das Kniegelenk kam ohne Sperrvorrichtung aus und wurde uber Darmsaiten und auf Druck belastete Spiralfedern bewegt 8 S 108 die nach den Vorstellungen Eichlers menschlichen Sehnen und Muskeln entsprechen sollten Durch den von Eichler konstruierten Mechanismus konnte sich das Knie beim Gehen beugen wahrend die Federn das Bein beim Anheben wieder in die gestreckte Ausgangslage brachten Der Amputierte musste also nicht passiv nachhelfen und an einem Fadchen ziehen 10 S 23 Uebrigens wird durch diese Federn der Zug beim Gehen sanft und gleichmassig so dass weder der Stumpf noch der Korper eine Erschutterung erleidet O Martini Uber kunstliche Gliedmaassen 11 S 115 Die notige Ubung um mit ihrer Prothese zu gehen vergleicht die Konstrukteurin mit dem Laufenlernen eines Kleinkindes oder dem Erlernen eines Tanzes 10 S 37 Statt Krucken sollte lediglich ein Gehstock notig sein nach einer Ubungszeit von ein bis zwei Wochen sei dann Laufen auf gepflastertem wie ungepflastertem Boden und sogar Treppensteigen auch ohne Stock moglich 11 115Eichler legte gestutzt auf ihre Erfahrungen als Krankenpflegerin grossen Wert auf praktische Verwendbarkeit Sie beschrieb daher auch genau wie ihr kunstliches Bein anzulegen sei Der Stumpf sollte zuerst mit Bandagen fest umwickelt und dann ein ausgepolsterter Ledertrichter ubergezogen werden bevor die Prothese angelegt und mit einem Gurt uber die Schulter befestigt wurde So sollte jeder Druck auf den Oberschenkelstumpf vermieden werden Bis dahin war es ublich Beinprothesen direkt am Stumpf abzustutzen 13 was eine dauerhafte Verwendung unmoglich machte Rezeption Bearbeiten Gutachterkommissionen des preussischen Ministeriums fur Medicinal Wesen sowie des Ministeriums fur Handels und Gewerbeangelegenheiten unterzogen die von Eichler konstruierte Prothese einer umfangreichen Prufung bevor das Patent schliesslich erteilt wurde 4 10 S 39f Eichler erhielt Empfehlungen von zahlreichen Arzten unter anderem von Generalstabsarzt Johann Wilhelm von Wiebel und von Johann Friedrich Dieffenbach dem Leiter der Chirurgie an der Berliner Charite Die Prothesen stellten nach Ansicht der zeitgenossischen Autoren eine wesentliche Weiterentwicklung gegenuber allen fruher bekannten Konstruktionen dar und dienten zumindest im deutschsprachigen Raum noch langere Zeit als Vorbild und Standard fur spatere Entwicklungen 14 11 S 115Handprothese Bearbeiten nbsp Darstellung der KunsthandEichlers kunstliche Hand von 1836 8 S 31 war die erste brauchbare willkurlich also ohne Unterstutzung der gesunden Hand bewegliche Prothese der oberen Extremitat Dabei bediente sie sich eines um 1812 von dem Berliner Zahnarzt Peter Baliff erfundenen Prinzips Baliff hatte sich die Eiserne Hand des historischen Gotz von Berlichingen zum Vorbild genommen und eine Kunsthand entworfen 15 16 S 89 deren Konstruktion jedoch wenig ausgereift und nicht praxistauglich war Hauptkritikpunkt war dass die Finger der Kunsthand aktiv geoffnet aber passiv durch Federkraft geschlossen wurden Baliffs Prothese fehlte es deshalb an Kraft beziehungsweise konnte diese nicht ausreichend dosiert werden 8 S 27 Ausserdem entsprach seine aus Eisenblech gefertigte Prothese nicht den anatomischen beziehungsweise asthetischen Anforderungen 17 Obwohl Eichlers Handprothese wie diejenige Baliffs durch die verbliebene Muskulatur im Oberarmstumpf mittels eines Zugmechanismus betatigt wurde unterschied sie sich im Mechanismus deutlich von dieser Die Finger wurden aktiv geschlossen und durch Spiralfedern aus Neusilberdraht je eine in jedem Fingergelenk wieder gestreckt 18 8 S 33 Zur Kraftubertragung dienten Darmsaiten von rund 1 mm Durchmesser 19 Die Finger waren wie bei der Gotzhand in drei der Daumen in zwei Gelenken beweglich 16 S 91ff Sie konnten durch funf separate Schieber an der Handwurzel auch einzeln bewegt werden allerdings nur passiv Im Gegensatz zu den Eisernen Handen der Renaissance verfugte die Handprothese uber einen opponierbaren Daumen der mittels eines sechsten Schiebers einen Pinzettengriff ermoglichte 16 S 91ff Eichlers Kunsthand ubernahm ebenfalls Konstruktionsmerkmale der jungeren Gotzhand Das Handgelenk konnte in der Handwurzel abgewinkelt werden 8 S 33 und durch ein Radiallager war die Hand gegenuber dem Unterarmschaft passiv rotierbar Pronation beziehungsweise Supination eine Bewegungsebene die Christian von Mechel 1815 bei seiner Untersuchung der Gotzhand noch nicht erkannt hatte 20 16 S 91ff Die Handprothese wurde nach zwei Gipsabdrucken vom Armstumpf und von der gesunden Hand aus Neusilberblech geformt und wog lediglich 8 Lot 125 g 2 S 23 8 S 32 Die Fingerglieder waren an der Innenseite zur Verbesserung des Griffs mit Kork belegt 8 S 32 Der Trager der Prothese sollte damit schreiben nahen und sticken aber auch Lasten von bis 9 kg heben konnen 16 S 91ff Die Hand konnte einfach in ihre Einzelteile zerlegt werden was Reparaturen vereinfachen und die Kosten dafur niedrig halten sollte Der Anschaffungspreis lag mit 75 bis 100 Talern jedoch recht hoch 16 S 91ff Das von Eichler verwendete Neusilber blieb bis ins 20 Jahrhundert hinein Standardmaterial fur Handprothesen 21 Schriften BearbeitenMargarethe Caroline Eichler Beschreibung und Abbildung eines neuerfundenen kunstlichen Fusses zum Ersatze des Ober und Unterschenkels Berlin 1834 archive org Literatur BearbeitenMaria Curter Die vergessene Verfertigerin In Neues Deutschland 8 September 2008 Online Maria Curter Das erfinderische Berlin Das Neue Berlin Berlin 2011 ISBN 978 3 360 02119 9 S 26ff Carl Alexander Ferdinand Kluge Hermann Eduard Fritze Arthroplastik oder die sammtlichen bisher bekannt gewordenen kunstlichen Hande und Fusse zum Ersatz dieser verloren gegangenen Gliedmassen mit 26 in Stein gravirten Tafeln Meyer Lemgo 1842 OCLC 163049126 Textarchiv Internet Archive Liebhard Loffler Der Ersatz fur die obere Extremitat die Entwicklung von den ersten Zeugnissen bis heute Enke Stuttgart 1984 ISBN 3 432 94591 4 Andreas Bodecker Helga Todt Spione Erfinder Unternehmer Preussens Industrialisierung in Lebensbildern be bra verlag Berlin 2021 ISBN 978 3 89809 206 7 S 546 568 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Caroline Eichler Sammlung von BildernEinzelnachweise Bearbeiten Doris Schwarzmann Schafhauser Orthopadie im Wandel die Herausbildung von Disziplin und Berufsstand in Bund und Kaiserreich 1815 1914 Sudhoffs Archiv Heft 53 Franz Steiner Verlag Stuttgart 2004 ISBN 3 515 08500 9 S 39 a b Martin Friedrich Karpa Die Geschichte der Armprothese unter besonderer Berucksichtigung der Leistung von Ferdinand Sauerbruch 1875 1951 Dissertation Universitat Bochum Bochum 2004 S 23 Digitalisat Memento des Originals vom 19 Februar 2013 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www brs ub ruhr uni bochum de PDF a b c d e f g Maria Curter Die vergessene Verfertigerin a b c Maria Curter Das erfinderische Berlin Dresdner Kirchliche Wochenzettel 1808 Abbildung Sperling F In Allgemeiner Wohnungsanzeiger fur Berlin Charlottenburg und Umgebungen 1825 Bratenspicker b Prinz Wilhelm Neue Friedrichsstrasse 56 Amtsblatt der Koniglichen Preussischen Regierung zu Bromberg 3 Januar 1834 S 19 Textarchiv Internet Archive a b c d e f g h i j k Hermann Fritze Arthroplastik Kunst und Gewerbeblatt des Polytechnischen Vereins fur das Konigreich Bayern 24 Jahrgang Polytechnischer Verein fur das Konigreich Bayern Munchen 1838 Sp 713 f Textarchiv Internet Archive a b c d e f g Caroline Eichler Beschreibung und Abbildung eines neuerfundenen kunstlichen Fusses a b c d e O Martini Uber kunstliche Gliedmaassen In Hermann Eberhard Richter Adolf Winter Hrsg Schmidt s Jahrbucher der in und auslandischen gesammten Medicin Band 115 Leipzig 1862 S 105 136 Online Beilage zum 51 Stuck des Amtsblatts der Konigl Regierung 17 Dezember 1836 In Amtsblatt der Koniglich Preussischen Regierung zu Arnsberg Heinrich Grote Arnsberg 1836 S 288 Textarchiv Internet Archive Carl Ferdinand Graefe Normen fur die Ablosung grosserer Gliedmassen nach Erfahrungsgrundsatzen entworfen von Carl Ferdinand Graefe Julius Hitzig Berlin 1812 S 149f Otto Karpinski Studien uber kunstliche Glieder Berlin 1881 S 48 Zitiert nach Martin Karpa Die Geschichte der Armprothese unter besonderer Berucksichtigung der Leistung von Ferdinand Sauerbruch 1875 1951 S 23 Pierre Baliff Description d une main et d une jambe artificielles par Pierre Ballif a Berlin Berlin 1818 a b c d e f Liebhard Loffler Der Ersatz fur die obere Extremitat G Schlesinger Der mechanische Aufbau der kunstlichen Glieder In Moritz Borchardt Ersatzglieder und Arbeitshilfen fur Kriegsbeschadigte und Unfallverletzte Springer Berlin 1919 S 321 661 Wiebke Ada de Boer Klinisches Bild erworbener Amputationen im Kindesalter retrospektive Analyse von 124 Patienten aus der Klinik und Poliklinik fur technische Orthopadie und Rehabilitation in Munster von 1986 2003 Dissertation Universitat Munster Munster 2008 S 3 Digitalisat PDF 4 1 MB Hermann Fritze Arthroplastik S 33 vgl Violinensaiten auf damianstrings com Liebhard Loffler Gotz von Berlichingen und seine Prothesen Die beiden Jagsthauser Hande In Orthopadie Technik 31 1 Dortmund 1980 ISSN 0340 5591 S 14 Glieder kunstliche In Meyers 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