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Der Tibetische Wolf auch Himalaya Wolf oder Mongolischer Wolf ist eine taxonomisch umstrittene Unterart des Wolfes mit Lebensraum im Hochgebirge des Himalaya und dem angrenzenden Hochland von Tibet Er wurde als Art im 19 Jahrhundert erstbeschrieben und anschliessend entweder als Unterart oder als taxonomisch nicht abgrenzbarer Teil entweder der Art Wolf oder einiger anderer Unterarten dieser Art betrachtet bis vor allem phylogenomische Untersuchungen der 2000er Jahre seine Eigenstandigkeit wahrscheinlich machten Bevorzugter wissenschaftlicher Name der Unterart ist Canis lupus chanco verbreitete Synonyme sind Canis lupus laniger Hodgson 1847 Canis lupus filchneri Matschie 1907 Canis lupus himalayensis Aggarwal et al 2007 alle ursprunglich im Artrang beschrieben Tibetischer WolfTibetischer Wolf Canis lupus chanco SystematikOrdnung Raubtiere Carnivora Unterordnung Hundeartige Caniformia Familie Hunde Canidae Gattung Wolfs und Schakalartige Canis Art Wolf Canis lupus Unterart Tibetischer WolfWissenschaftlicher NameCanis lupus chancoGray 1863 Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 2 Phylogenie Taxonomie Systematik 2 1 Genetische Daten 3 Verbreitung und Lebensraum 4 Beziehungen zum Menschen 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseBeschreibung BearbeitenDie Unterart ist morphologisch sehr ahnlich zu den Unterarten angrenzender Gebiete insbesondere des ostlich angrenzenden China und wird vor allem aufgrund genetischer Eigenstandigkeit als Unterart anerkannt Morphologische Beschreibungen 1 2 3 stimmen in folgenden Merkmalen uberein Die Farbung des Fells ist relativ hell auf der Oberseite hellbraun graubraun bis erdbraun mit eingemischten dunkleren Haaren immer heller als der Eurasische Wolf Das der heutigen Namensgebung zugrunde liegende Typusexemplar beschrieben von Gray 4 wird sogar als gelblich charakterisiert Diese Farbung ist an den Flanken ubergehend in eine weissliche Farbung des Bauchs der Innenseite der Beine und der Kehlregion Selten treten als Aberration ganz schwarz gefarbte Tiere Schwarzlinge auf Der Schwanz ist gleichfarben zum Rumpf Das Fell ist dicht und langhaarig Hodgson 2 bemerkt eine spitze recht schmale Schnauzenregion und auffallend grosse spitze Ohren Ihm zufolge fehle die bei den meisten Wolfen vorhandene schwarze Schwanzspitze der Schwanz sei gleichfarben In der Grosse stimmen die Tiere mit dem Eurasischen Wolf uberein d h er ist grosser als der Indische Wolf Canis lupus pallipes Castello 1 gibt eine Korpermasse von 22 bis 45 Kilogramm an Phylogenie Taxonomie Systematik BearbeitenDie taxonomische Stellung der Wolfe des Himalaya und Tibets gilt seit langerer Zeit als problematisch was auch den Artenschutz stark erschwerte 5 6 7 Als erster beschrieb der britische Forscher und Diplomat Brian Houghton Hodgson 1847 eine Wolfsart aus Nepal unter dem Namen Lupus laniger 2 Dieser Name ist aber taxonomisch ungultig nicht verfugbar weil Charles Hamilton Smith schon 1840 eine Rasse des Haushunds unter diesem Namen beschrieben hatte Deshalb wird die nachstjungere Beschreibung durch John Edward Gray 1863 als Canis chanco 4 meist als Basis des Namens anerkannt Als Herkunftsort wird die chinesische Tatarei angegeben Der Name ist abgeleitet vom ortlichen Trivialnamen von Gray als chanco von Hamilton als Changu angegeben 1903 beschrieb der deutsche Forschungsreisende Wilhelm Filchner einen Wolf von einem Ort namens Siningfu Gansu China den spater 1907 der Zoologe Paul Matschie ihm zu Ehren Canis filchneri benannte Schon 1888 hatte William Thomas Blanford die Wolfe des Himalaya zu einer blossen Varietat des Indischen Wolfs bei ihm im Artrang als Canis pallipes herabgestuft Diese Namen wurden zu verschiedenen Zeitpunkten von verschiedenen Forschern als gultiger wissenschaftlicher Name anerkannt 8 In Standardwerken wie insbesondere im Handbook of the Mammals of the World im Band Carnivores erschienen 2009 wird die Unterart nicht anerkannt 9 Sie wird auch nicht im entsprechenden Kapitel in der zweiten Auflage im Standardwerk Wolves durch den Taxonomen Ronald M Nowak nach einer eigenen Aufstellung aus dem Jahr 1995 berucksichtigt 10 Im Jahr 2007 kam der indische Genetiker Ramesh Kumar Aggarwal mit Kollegen aufgrund von Untersuchungen anhand der mitochondrialen DNA von Wolfen zu dem Ergebnis dass sich die Wolfe des Himalaya in Indien von den Wolfen des tibetischen Hochplateaus der Unterart canis lupus chanco genetisch unterscheiden liessen und beschrieb fur die indischen Tiere eine neue Wolfsart Canis himalayensis 11 Dies wurde bei spateren Untersuchungen anhand umfangreicheren Materials wieder in Frage gestellt aber der Status einer Unterart Canis lupus himalayensis anhand des Materials fur moglich gehalten dies ware bei spateren Untersuchungen zu klaren 12 Um die sich aus der Nomenklatur ergebenden Schwierigkeiten zu umgehen sind Wolfsforscher und taxonomen auf einer Konferenz 2019 ubereingekommen bis zu einer moglichen endgultigen Klarung den wissenschaftlichen Namen Canis lupus chanco und den englischen Trivialnamen Himalayan wolf zu verwenden um auf die Wolfe des tibetanischen Plateaus und des Himalaya einzugehen 7 Dieser Vorschlag wurde seitdem weitgehend akzeptiert Problematisch ist derzeit die Abgrenzung zu den Wolfen aus der Mongolei inklusive der chinesischen Inneren Mongolei und der Region Xinjiang Diese wurde ebenfalls traditionell unter Grays Namen Canis lupus chanco gefasst Andere Autoren verwandten die Namen Canis lupus campestris Dwigubski 1804 Canis lupus desertorum Pocock 1935 oder Canis lupus tschiliensis Matschie 1907 fur diese Wolfssippe Die von dort untersuchten Wolfe sind aber genetisch von denen des Hochgebirges unterscheidbar Derzeit deuten die genetischen Daten nicht auf eine eigenstandige Unterart des Wolfs in der Mongolei hin 13 Genetische Daten Bearbeiten Die Unterart in der heutigen Umschreibung und Abgrenzung beruht fast ausschliesslich auf genetischen Daten Wichtig sind vor allem Sequenzvergleiche homologer DNA Abschnitte der eigenstandigen mitochondrialen DNA aber auch bestimmte Gene des Kerngenoms wurden herangezogen Es wurde die DNA von Wolfen des Himalaya des tibetischen Hochlands und von Regionen ostlich und westlich davon verglichen wobei sowohl Museumsmaterial wie lebende Tiere aus Kot und Haarproben beprobt wurden Dabei bildeten die Wolfe des Himalaya und Tibets eine eigenstandige Klade die sich sowohl vom eurasischen Wolf Canis lupus lupus wie vom Indischen Wolf Canis lupus pallipes unterscheiden liess Die Sequenzen wichen dabei so deutlich ab dass eine Abspaltung des Tibetischen Wolfs von der gemeinsamen Stammgruppe des Indischen Wolfs und der Grauen Wolfe Eurasiens und Nordamerikas vor deren Aufspaltung erschlossen wurde Nach der Methode der molekularen Uhr wurde eine Abspaltung dieser Linie vor maximal etwa 800 000 Jahren errechnet 12 Es gibt aber andere Untersuchungen die auf anderen Sequenzabschnitten beruhen die zwar die Klade bestatigen nach denen sie aber in die Grauen Wolfe eingeschachtelt ware 14 Die abweichenden Ergebnisse sind aber moglicherweise dadurch erklarbar dass es sich bei den untersuchten Wolfen um Hybride gehandelt haben kann 15 Obwohl daher die meisten Wolfsforscher die Unterart akzeptieren sind zur Absicherung weitere Untersuchungen erforderlich Verbreitung und Lebensraum BearbeitenNach den genetischen Daten der Unterart zuzurechnende Wolfe stammen aus Nepal und dem tibetischen Hochplateau in der Volksrepublik China 14 13 Die Fundorte liegen durchgangig in Meereshohen von etwa 4000 Meter und daruber Die ostlichsten Fundorte im Qilian Shan Gebirge und Sichuan zeigen eine Mischung mit Allelen des Grauen Wolfs und konnen als eine Hybridzone mit nordlich bzw ostlich angrenzenden Populationen des Grauen Wolfs interpretiert werden 14 Die Interpretation der Verbreitungsgrenze im Westen ist abhangig davon ob moglicherweise Canis lupus himalayensis als eigenstandige Unterart anerkannt wird oder nicht Dies betrifft insbesondere Wolfe aus Jammu und Kashmir in Indien Nach okologischen Daten und Sichtbeobachtungen werden die Wolfe des indischen Himalaya und der ostlich angrenzenden Region aber in der Regel zur selben Population gerechnet 6 Dies wird auch von den meisten Wolfsforschern und Artenschutzern derzeit so akzeptiert 7 Wenn man die Zusammengehorigkeit anerkennt ist der Tibetische Wolf auch in den Bundesstaaten Himachal Pradesh Uttarakhand Sikkim und Arunachal Pradesh verbreitet 6 Genetische Daten aus diesen Regionen liegen nicht vor die genetischen Analysen der indischen Wolfe stammen von Zootieren Daten aus dem Himalaya in Pakistan liegen derzeit uberhaupt keine vor Die indische Zoobehorde Central Zoo Authority selbst fuhrt die in indischen Zoos gehaltenen Hochgebirgswolfe als zur Unterart Canis lupus chanco gehorend 16 Als Lebensraum der genetisch untersuchten Tiere werden alpine Graslander und Steppen teilweise gemischt mit Hochgebirgswaldern angegeben Andere im selben Lebensraum verbreitete Grosspradatoren sind Schneeleopard Panthera uncia Rotfuchs Vulpes vulpes Tibetfuchs Vulpes ferrilata Pallaskatze Otocolobus manul Eurasischer Luchs Lynx lynx Braunbar Ursus arctos und verwilderte Haushunde Nach den Beobachtungen in Indien leben die Hochgebirgswolfe trotz der grossen Meereshohe nur auf den Hochplateaus Steilere Hange werden gemieden Prasenz von Menschen im Lebensraum wirkt nicht abschreckend 6 Bei den genetischen Untersuchungen wurde eine besondere Adaptation der Tibetischen Wolfe an das Leben im Hochgebirge nachgewiesen Demnach sind diese besonders gut an Hypoxie also mangelhafte Versorgung mit Sauerstoff aufgrund der Hochgebirgsluft angepasst Diese Anpassung die bei keiner anderen genetischen Linie des Wolfs gefunden werden konnte konnte ein Schlusselmerkmal fur den Erfolg der Unterart sein 8 Dieselbe Besonderheit fand sich beim in denselben Hohen lebenden Hutehund Tibetmastiff oder Do Khyi Es wird angenommen dass diese sie durch Einkreuzen genetische Introgression also Paarungen zwischen Haushunden und Tibetischen Wolfen in der Vergangenheit von diesen erworben haben Beziehungen zum Menschen BearbeitenDie Wolfe des Himalaya ernahren sich wenn sie Gelegenheit dazu haben auch von Haustieren Weidevieh in menschlicher Obhut wodurch es zu Konflikten mit Weidetierhaltern kommt 6 Befragungen von Weidetierhaltern in Nepal ergaben substantielle Verluste durch Wolfsangriffe auf Herden und damit eine sehr negative Einstellung der lokalen Bevolkerung den Wolfen gegenuber 17 Obwohl also Bestandsbedrohungen des Tibetischen Wolfs durchaus plausibel sind liegen keine langfristigen Untersuchungen zum Bestandestrend vor Auch der mogliche Status einer Gefahrdung oder Bedrohung ist unbekannt 15 Grund dafur sind vor allem die taxonomischen Probleme Literatur BearbeitenGeraldine Werhahn Phylogeny and Ecology of the Himalayan Wolf Dissertation PhD thesis Department of Zoology University of Oxford 2019 268 Seiten Anhange appendices Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Tibetischer Wolf Album mit Bildern Videos und Audiodateien nbsp Commons Tibetischer Wolf Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wikispecies Tibetischer Wolf ArtenverzeichnisEinzelnachweise Bearbeiten a b Jose R Castello Canids of the World Wolves Wild Dogs Foxes Jackals Coyotes and Their Relatives Princeton University Press 2018 ISBN 978 0 691 18372 5 a b c Brian Houghton Hodgson 1847 Description of the wild ass Asinus polyodon and wolf of Tibet Lupus laniger Calcutta Journal of Natural History 7 469 477 Volltext bei archive org William Thomas Blanford The Fauna of British India including Ceylon and Burma Mammalia Taylor amp Francis London etc 1888 S 136 unter Varieties Volltext bei www biodiversitylibrary org a b John Edward Gray 1863 On the Chanco or golden wolf Canis Chanco The Annals and magazine of natural history zoology botany and geology 12 475 Volltext bei www biodiversitylibrary org Dinsa Sachan 2012 Identity crisis Classification debate hurts conservation of Himalayan wolf Down to Earth Ausgabe vom 15 Dezember 2012 S 36 a b c d e Shivam Shrotriya Salvador Lyngdoh Bilal Habib 2012 Wolves in Trans Himalayas 165 years of taxonomic confusion Current Science 103 8 885 887 a b c Francisco Alvares Wieslaw Bogdanowicz Liz A D Campbell Raquel Godinho Jennifer Hatlauf Yadvendradev V Jhala Andrew C Kitchener Klaus Peter Koepfli Miha Krofel Helen Senn Claudio Sillero Zubiri Suvi Viranta Geraldine Werhahn 2019 Old World Canis spp with taxonomic ambiguity Workshop conclusions and recommendations CIBIO Vairao Portugal May 2019 PDF a b Geraldine Werhahn Helen Senn Muhammad Ghazali Dibesh Karmacharya Adarsh Man Sherchan Jyoti Joshi Naresh Kusi Jose Vincente Lopez Bao Tanya Rosen Shannon Kachel Claudio Sillero Zubiri David W Macdonald 2018 The unique genetic adaptation of the Himalayan wolf to highaltitudes and consequences for conservation Global Ecology and Conservation 16 e00455 doi 10 1016 j gecco 2018 e00455 Claudio Sillero Zubiri Family Canidae Dogs In Don E Wilson Russell A Mittermeier editors Handbook of the Mammals of the World Vol 1 Carnivores Lynx Edicions Barcelona 2009 ISBN 978 84 96553 49 1 Seite 352 446 Gray Wolf Canis lupus S 413 Ronald M Nowak Wolf evolution and taxonomy In L David Mech Luigi Boitani Hrsg Wolves Behavior Ecology and Conservation University of Chicago Press Chicago und London 2003 ISBN 978 0 226 51697 4 S 239 258 R K Aggarwal T Kivisild J Ramadevi L Singh 2007 Mitochondrial DNA coding region sequences support the phylogenetic distinction of two Indian wolf species Journal of Zoological Systematics and Evolutionary Research 45 2 163 172 doi 10 1111 j 1439 0469 2006 00400 x a b Geraldine Werhahn Helen Senn Jennifer Kaden Jyoti Joshi Susmita Bhattarai Naresh Kusi Claudio Sillero Zubiri David W Macdonald 2017 Phylogenetic evidence for the ancient Himalayan wolf towards a clarification of its taxonomic status based on genetic sampling from western Nepal Royal Society Open Science 4 170186 doi 10 1098 rsos 170186 a b Geraldine Werhahn Helen Senn David W Macdonald Claudio Sillero Zubiri 2022 The Diversity in the Genus Canis Challenges Conservation Biology A Review of Available Data on Asian Wolves Frontiers in Ecology and Evolution 10 782528 doi 10 3389 fevo 2022 782528 a b c Geraldine Werhahn Yanjiang Liu Yao Meng Chen Cheng Zhi Lu Luciano Atzeni Zhixiong Deng Shi Kun Xinning Shao Qi Lu Jyoti Joshi Adarsh Man Sherchan Dibesh Karmacharya Hemanta Kumari Chaudhary Naresh Kusi Byron Weckworth Shannon Kachel Tatjana Rosen Zairbek Kubanychbekov Khalil Karimov Jennifer Kaden Muhammad Ghazali David W Macdonald Claudio Sillero Zubiri 2020 Himalayan wolf distribution and admixture based on multiple genetic markers Journal of Biogeography 47 1272 1285 doi 10 1111 jbi 13824 a b M Krofel J Hatlauf W Bogdanowicz L A D Campbell R Godinho Y V Jhala A C Kitchener K P Koepfli P Moehlman H Senn C Sillero Zubiri S Viranta G Werhahn F Alvares 2021 Towards resolving taxonomic uncertainties in wolf dog and jackal lineages of Africa Eurasia and Australasia Journal of Zoology 316 3 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