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Cecile ist ein Roman von Theodor Fontane Er behandelt das Schicksal einer Frau die immer wieder von ihrer Vergangenheit eingeholt wird und schliesslich daran zerbricht Der Roman entstand in den Jahren 1884 bis 1886 und erschien erstmals als Fortsetzungsroman von April bis September 1886 in der Zeitschrift Universum Die erste Buchausgabe erschien im folgenden Jahr bei Emil Dominik in Berlin Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Cecile eine unzeitgemasse Frau 3 Frauenschicksale bei Fontane 4 Preussen 5 Farbsymbolik 6 Katholizismus 7 Historische Hintergrunde 7 1 Geschichte 7 2 Orte und Personen 8 Ausgaben 9 Literatur 10 Weblinks 11 EinzelnachweiseInhalt Bearbeiten nbsp Hotel Zehnpfund nbsp Hotel zur RosstrappeDer Leser begegnet den Protagonisten Cecile von St Arnaud einer jungen schonen und offenbar nervenkranken Frau und ihrem Gatten Pierre einem Oberst a D der bereits weit uber 50 Jahre alt ist zum ersten Mal als sie von ihrem Wohnsitz Berlin aus eine Urlaubsreise in das Hotel Zehnpfund in Thale im Harz unternehmen Dort lernt das Paar schnell den weitgereisten Zivilingenieur Robert von Gordon kennen mit dem es verschiedene Ausfluge unternimmt Schon bei der ersten Unternehmung dieser Art die die Gesellschaft auf die Aussichtsterrasse des Hotels zur Rosstrappe fuhrt muss Gordon feststellen dass die schone Cecile merkwurdig ungebildet ist sie verrat sich in einem Gesprach mit der Malerin Rosa Hexel deren Bekanntschaft man bei dieser Partie macht Ein weiterer Ausflug diesmal nach Quedlinburg wo Schloss und Abteikirche besichtigt werden gibt ihm weitere Ratsel auf Die junge Dame hat ganz offensichtlich noch nie etwas von Klopstock dessen Geburtshaus man passiert gehort und erleidet in der Galerie des Schlosses eine Art Schwacheanfall als man uber die anstossige Entstehungsgeschichte der meisten Bildersammlungen die schone junge Damen zum Gegenstand haben plaudert Da ihn die junge Frau lebhaft interessiert schreibt er noch am gleichen Abend einen Brief an seine Schwester Klothilde die so hofft er ihn uber die Vorgeschichte der St Arnaudschen Ehe aufklaren kann nbsp Pfeildenkmal zur Zeit der RomanhandlungEin weiterer Ausflug fuhrt die Gesellschaft nach Altenbrak Wahrend der Oberst mit zwei weiteren neuen Bekannten dem Privatgelehrten Eginhard aus dem Grunde und einem pensionierten Geistlichen den Weg zu Fuss zurucklegt reiten Cecile und Gordon auf zwei Eseln Unterwegs sorgt ein Kuckuck der auf die Frage Gordons wie viele Jahre er noch zu leben hat nur ein einziges Mal ruft fur Verstimmung Wenig spater passieren die beiden das Jagdschloss Todtenrode und Gordon kann ein weiteres Mal feststellen dass Cecile auf die Erwahnung sittenwidriger Umstande in Adelskreisen empfindlich reagiert Doch kurz darauf als man in Altenbrak auch die Malerin Rosa wiedertrifft und sich dann zum Mittagessen mit den Wanderern im Gasthof zum Rodenstein vereint sind diese kritischen Momente wieder vergessen Den Ruckweg legen Cecile ihr Mann und Gordon zu Pferde zuruck Obwohl Cecile frostelt und mude ist macht St Arnaud einen Abstecher zum Denkmal des Forstwissenschaftlers Pfeil wahrend Gordon bei der jungen Frau bleibt Lockt Sie s nicht auch fragte Cecile mit einem Anfluge von Spott und bitterer Laune St Arnaud sieht mich frosteln und weiss dass ich die Minuten zahle Doch was bedeutet es ihm Und ist doch sonst voll Aufmerksamkeit und Rucksichtnahme Ja sagte sie langsam und gedehnt Und eine Welt von Verneinung lag in diesem Ja Gordon aber nahm ihre lassig herabhangende Hand und hielt und kusste sie was sie geschehen liess Anderntags muss Gordon durch ein Telegramm informiert aus beruflichen Grunden plotzlich abreisen Im Zug ratselt er daruber warum ein Wiedersehen mit Cecile untunlich sein sollte ist sich aber sicher dass es besser ware wenn er sie nicht wieder trafe Was sie von mir erwartet sind Umwerbungen Dienste Huldigungen Und Huldigungen sind wie Phosphorholzer eine zufallige Friktion und der Brand ist da Dennoch schreibt er wenig spater einen Brief an Cecile versucht sie auch da er von den Sommerplanen der St Arnauds weiss in ihrem Urlaubsquartier an der Nordsee aufzufinden was aber nicht gelingt und macht sich schliesslich nach Berlin zuruckgekehrt auf um sie in ihrer Wohnung am Hafenplatz aufzusuchen Dies gelingt erst bei einem zweiten Versuch Er lernt bei dieser Gelegenheit den Hofprediger Dorffel kennen einen Vertrauten der jungen Frau dem gegenuber sie als Gordon seine Visite beendet hat ihre Befurchtungen ausspricht Er Gordon weiss nichts von der Tragodie die den Namen St Arnauds tragt und weiss noch weniger von dem was zu dieser Tragodie gefuhrt hat Aber auf wie lange noch Er wird sich rasch hier wieder einleben alte Beziehungen anknupfen und eines Tages wird er alles wissen Und an demselben Tage Cecile hat eine dustere Vorahnung und meint Ach mein Freund suchen wir ihn nicht zu halten wir halten ihn nicht zu seinem und meinem Gluck Dorffel versucht sie zu beruhigen was ihm denn auch einigermassen gelingt Wahrend aus diesen Andeutungen fur den Leser klar hervorgeht dass wirklich eine ungewohnliche Vorgeschichte vorliegen muss beruhigt sich Gordon in einem Selbstgesprach Ich glaube jetzt klar zu sehen Sie war sehr schon und sehr verwohnt und als der Prinz auf den mit Sicherheit gerechnet wurde nicht kommen wollte nahm sie den Obersten Und ein Jahr spater war sie nervos und zwei Jahre spater war sie melancholisch Naturlich ein alter Oberst ist immer zum Melancholischwerden Aber das ist auch alles In den nachsten Wochen verkehrt Gordon regelmassig im Hause St Arnaud und lernt die dort haufiger versammelte nicht sehr angenehme Gesellschaft kennen Rosa die ebenfalls zu den regelmassigen Gasten gehort bestatigt ihn in seinem Verdacht dass Ceciles Ehe nicht allzu glucklich ist Auch Rosa sagt indirekt eine Katastrophe voraus Gebe Gott dass es ein gutes Ende nimmt Wenig spater erhalt Gordon den lang erwarteten Brief seiner Schwester Klothilde Diese teilt ihm mit dass St Arnaud sich vor vier Jahren mit Cecile Woronesch von Zacha verlobt und daraufhin ein Duell zu bestehen gehabt hat da man ihm mitgeteilt hat diese Verlobung sei nicht gut angangig Denn Cecile hat eine Vorgeschichte Sie wurde in sehr jungen Jahren nachdem sich ihr Vater aus Geldnot erschossen hatte zur Vorleserin der Furstin von Welfen Echingen ernannt pro forma denn in Wirklichkeit wurde sie zur Geliebten des alten Fursten Nach dessen Ableben blieb sie in der gleichen Funktion bei dessen Neffen auf Schloss Cyrillenort Nachdem auch dieser Neffe ziemlich bald das Zeitliche gesegnet hatte hatte sie einen Kammerherrn heiraten sollen zog aber zuruck zu ihrer Mutter wo St Arnaud sie kennenlernte Nachdem diese Vergangenheit als Furstengeliebte offengelegt ist kann sich Gordon auch Ceciles seltsame Reaktionen bei der Erwahnung von Lustschlossern etc erklaren Schockiert wie er ist verzichtet er fur ein paar Tage auf seine Besuche am Hafenplatz dann aber spricht er doch wieder bei Cecile vor Sie bemerkt dass seine Haltung ihr gegenuber verandert ist und im Laufe ihres Gesprachs beschwort sie ihn gewisse Grenzen nicht zu uberschreiten ich will es dass diesen Huldigungen eine bestimmte Grenze gegeben werde Das habe ich geschworen fragen Sie nicht wann und bei welcher Gelegenheit und ich will diesen Schwur halten und wenn ich daruber sterben sollte Kurz darauf bittet sie ihn sogar brieflich entweder zu seinem fruheren Ton zuruckzufinden oder aber den Kontakt abzubrechen ohne zu wissen dass er inzwischen ihre Vorgeschichte erfahren hat nbsp TannhauserGemalde von John CollierWieder erreicht ihn in diesem brisanten Moment ein Telegramm und rettet die Situation vorlaufig Gordon ist mehrere Monate auf Reisen schreibt wie beim vorigen Mal einen Brief an Cecile erhalt aber ebenfalls wie beim vorigen Mal keine Antwort Im November kehrt er nach Berlin zuruck Gleich am ersten Abend geht er um sich die Zeit zu vertreiben in die Oper Doch genau diese Tannhauserauffuhrung besucht auch Cecile und zwar in Begleitung des zynischen Geheimrats Hedemeyer den Gordon schon bei seinen Besuchen am Hafenplatz als unangenehmen Zeitgenossen empfunden hat Voller Eifersucht sucht er Cecile in der ersten Pause in ihrer Loge auf und es kommt zu einem spitzen Wortgeplankel mit Hedemeyer Als Gordon wahrnimmt dass Cecile und der Geheimrat wahrend des zweiten Akts das Opernhaus verlassen bricht er ebenfalls auf um unverzuglich am Hafenplatz zu erscheinen Cecile ist emport Sie sind eifersuchtig aus Uberheblichkeit und Sittenrichterei Da liegt es Sie haben eines schonen Tages die Lebensgeschichte des armen Frauleins von Zacha gehort diese Lebensgeschiche so wenigstens glauben Sie gibt Ihnen ein Anrecht auf einen freieren Ton ein Anrecht auf Forderungen und Rucksichtslosigkeiten Ich habe nicht den Anspruch den andre haben Ich will ihn aber wieder haben Doch Gordon ist in diesem Moment nicht in der Lage Ceciles Appell nachzukommen und sturzt verwirrt aus der Wohnung Anderntags lasst sich St Arnaud der durch Hedemeyer von dem Vorfall erfahren hat von Cecile bestatigen dass sie Gordon keinen Anlass gegeben hat sich Freiheiten herauszunehmen Emport uber die Anmassung des Ingenieurs schickt er ihm einen barschen Brief dessen Folgen ihm klar sind Gordon wird ihn zum Duell fordern mussen Er hat richtig gerechnet Man einigt sich darauf die Sache im sachsischen Dresden auszutragen und Cecile ahnt schon in dem Moment in dem sie Gordons Abschiedsbrief empfangt was sich dann auch bewahrheiten soll Die Bitten um Verzeihung sind Gordons letzte Worte St Arnaud setzt sich um nach diesem zweiten Rencontre seiner Laufbahn einer weiteren Festungshaft zu entgehen nach Mentone ab wohin er Cecile nachkommen lassen will Doch wenige Tage spater muss er von Dorffel erfahren dass die junge Frau sich das Leben genommen hat In ihren letzten Verfugungen ist zu lesen Ich wunsche nach Cyrillenort ubergefuhrt und auf dem dortigen Gemeindekirchhofe zur Linken der furstlichen Grabkapelle beigesetzt zu werden Ich will der Stelle wenigstens nahe sein wo die ruhen die in reichem Masse mir das gaben was mir die Welt verweigerte Liebe und Freundschaft und um der Liebe willen auch Achtung Vornehmheit und Herzensgute sind nicht alles aber sie sind viel Cecile eine unzeitgemasse Frau Bearbeiten die grossen Fragen interessieren mich nicht und ich nehme das Leben auch jetzt noch am liebsten als ein Bilderbuch um darin zu blattern Uber Land fahren und an einer Waldecke sitzen zusehen wie das Korn geschnitten wird und die Kinder die Mohnblumen pflucken oder wohl auch selber hingehen und einen Kranz flechten und dabei mit kleinen Leuten von kleinen Dingen reden einer Geis die verlorenging oder von einem Sohn der wiederkam das ist meine Welt So charakterisiert sich Cecile selbst einmal und passend zu dieser Selbsteinschatzung verhalt sie sich in verschiedenen Situationen Wird von Themen gesprochen die uber ihren Horizont hinausgehen und nicht unmittelbar sie selbst betreffen sieht sie gleich abgespannt und desinteressiert aus und reagiert mitunter sogar recht ungehalten indem sie sich etwa mehr oder weniger demonstrativ mit dem Hund Boncœur beschaftigt oder auch direkt in das Gesprach eingreift Sie verkorpert damit ein Frauenbild das der Zeit in der sie lebt nicht mehr entspricht die schone Dame die von ihren Rittern verwohnt wird und Huldigungen entgegennimmt Sowohl St Arnaud als auch Gordon sehen dies einerseits ein handeln aber andererseits nicht immer danach Bedingungslose Huldigungen bringt Cecile nur einerseits die Natur entgegen indem sie ihr nicht nur den Neufundlander Boncœur als Ritter an die Seite stellt sondern sie auch mit Rosenblattern oder Schmetterlingsschwarmen verwohnt andererseits ihre Geschlechtsgenossin Rosa die nicht von ungefahr beim Schmerlenessen in Altenbrak als letzte an die Reihe kommt einen Reim zu finden und Cecile mit einem huldigenden Kuss als Perle apostrophiert Rosa Hexel verkorpert wie auch die Baronin von Snatterlow die im Hause St Arnaud verkehrt oder Marietta Trippelli in Effi Briest ein neues Frauenbild Sie ist emanzipiert und selbststandig kann bei allen Themen mitreden schert sich nicht allzu sehr um gesellschaftliche Konventionen und hat damit fur die Mannerwelt keinerlei erotischen Reiz mehr Gordon sagt einmal sinngemass man konne mit ihr um die ganze Welt reisen und es werde doch zu keiner Annaherung kommen Sind aber Damen des alten Stils wie Cecile nicht mehr en vogue und Frauen vom Kaliber Rosa Hexels fur die Herrenwelt uninteressant ist die logische Folge dass die Manner des Romans andere Interessen in den Vordergrund ihres Alltagslebens stellen St Arnaud verbringt die meiste Zeit im Kasino beim Spiel Gordon verplaudert viele Abende bei einem befreundeten Industriellen und die beiden Berliner Touristen die die Gesellschaft immer wieder beobachten und kommentieren lassen statt der Stricknadel oder dem Stopsel lieber Berlin leben Frauenschicksale bei Fontane BearbeitenCecile gehort zu den tragischen Frauengestalten Fontanes die an den gesellschaftlichen Gegebenheiten ihrer Zeit zugrunde gehen Wie Effi Briest hat sie einen Gatten der auf die seelische Verletzung die ihm durch den Rivalen angetan wird nicht anders als mit einer Duellforderung reagieren kann Bei beiden steht dabei aber nicht in erster Linie der Eingriff in ihre ehelichen Rechte im Vordergrund sondern sie folgen der gesellschaftlich fur solche Falle vorgesehenen Schablone Innstetten weil er sich in seinem Vertrauten Wullersdorf unbedachterweise einen Mitwisser geschaffen hat und nun glaubt nicht mehr anders reagieren zu konnen ohne sich vor diesem lacherlich zu machen St Arnaud weil er emport ist dass Gordon die Anmassung besessen hat ihn zu provozieren Fur beide Frauen fuhrt diese Reaktion ihrer Gatten in die Katastrophe und auch bei Effi letztlich in den Tod Wie uber Effi wie uber Melanie van der Straaten so ist auch uber Ceciles Karriere in ihrer fruhen Jugend entschieden worden ohne dass sie die Folgen absehen und irgendwie eingreifen konnte Erst nach dem ersten Duell St Arnauds als sie sich schuldig am Tode des Duellgegners fuhlen musste hat sie einen festen Entschluss gefasst Nie wieder etwas gesellschaftlich Anfechtbares zu unternehmen und in ihrer Ehe mit St Arnaud obwohl diese sich nicht glucklich entwickelt stets an ihre Pflichten zu denken Doch obwohl sie sich anders als etwa Effi in der Ehe keiner Verfehlung schuldig macht holt ihre Vergangenheit sie ein und sie ist ihrer Lage hilflos ausgeliefert Auch Effi hat allerdings erst nach ihrer Affare mit Crampas einen solchen Entschluss gefasst auch dieser Entschluss ist zu spat gekommen Melanies Entscheidung hingegen fuhrt zwar zu einem offenen Bruch mit ihrem Mann und mit der Gesellschaft dafur aber zu ihrem freilich den Leser aus manchen Grunden nicht unbedingt uberzeugenden personlichen Lebensgluck Beides privates Gluck und Freiheit von Konflikten mit gesellschaftlichen Vorgaben finden Fontanes Frauengestalten hochst selten Korinna und Lene mussen in ihrer gesellschaftlichen Klasse verbleiben und Vernunftehen schliessen Stine muss es erleben dass ihr adliger Verehrer der sich mit den Gegebenheiten nicht abfinden kann aus dem Leben scheidet und wird daran vermutlich auch selber sterben Mathilde Mohring und die Poggenpuhls verbringen ihr Leben ohne Partner und in durftigen Verhaltnissen In Fontanes Frauenromanen wird nirgends eine direkte Anklage gegen diese Schicksale laut dennoch ist die Kritik an den Zustanden die diese Frauen das Lebensgluck kosten nicht zu uberlesen Preussen Bearbeiten nbsp SiegessauleNicht nur in der Darstellung der Person Ceciles die in ihre Zeit nicht mehr passt sondern in nahezu allen Gestalten des Romans zeigt sich ein Konflikt mit den preussischen Lebensbedingungen gegen Ende des 19 Jahrhunderts Gleich zu Beginn des Romans weist Cecile kopfschuttelnd mit dem Sonnenschirm auf die Berliner Siegessaule beim ersten Halt des Zuges in Potsdam wo zahlreiche Militars sich auf dem Bahnsteig aufhalten werden die St Arnauds mehr oder weniger geschnitten und nicht nur St Arnaud und Gordon haben den Abschied genommen und sich ins zivile Leben zuruckgezogen sondern z B auch der Prazeptor von Altenbrak der seine Dienste nicht als genugend anerkannt empfunden hat wohingegen der Emeritus um Mummelns willen vom Dienst suspendiert wurde der Privatgelehrte offenbar uberhaupt nie eine offizielle Anstellung erhalten hat und der unsympathische Hedemeyer langst kaltgestellt wurde und diesen Zustand auch durch Schmeicheleien nicht mehr verandern kann Die Hauptpersonen des Buches heben sich damit von den Menschen ihrer Zeit ab die immer en masse und meist mit militarischem Drill auftreten so etwa die Turner in Altenbrak Ein weiteres Merkmal der Zeit ist die Jagd nach dem Geld mit dem sowohl der Spieler St Arnaud als auch der schuldenhalber aus der Armee ausgeschiedene Gordon offenbar nicht umgehen konnen Infolgedessen ist der heilklimatische Kurort Thale durch den Rauch einer Fabrik verpestet und als Sehenswurdigkeit wird eine Emaillefabrik angefuhrt in der wertloses Metall zum Glanzen gebracht wird Auch die riesigen Blumenfelder der Umgebung dienen kommerziellen Zwecken Hinter diesen Neuerungen steckt hauptsachlich der Geschaftsgeist des emporkommenden Burgertums der einen Kontrast zum verblassenden Glanz des Adels darstellt Auch dieser Gegensatz durchzieht als immer wiederkehrendes Motiv das Buch etwa beim Gesprach uber den in Quedlinburg unter menschenunwurdigen Bedingungen gefangengehaltenen Regensteiner Die Bourgeoisie die nie tief aus dem Becher der Humanitat trank war gerade damals von einer besonderen Abstinenz Auch die Schilderung der Besichtigung der Stadt selbst ist aufschlussreich Die Busten der durch eigene Leistungen emporgekommenen Burgerlichen wie Klopstock im einst furstlichen Bruhl werden links liegen gelassen und zum Klopstockhaus fallt Cecile nur die Kritik an seiner grunen Farbe ein die einen symboltrachtigen Kontrast zu der hauptsachlich roten Ausstattung des Schlosses bildet Dieses Schloss ist fur die Gesellschaft enttauschend weil ausser den vornehmen roten Tapeten nichts von dem alten adeligen Glanz mehr vorhanden ist und der Kastellan also standig nur auf die Vergangenheit verweisen kann Ein schlagendes Symbol des damaligen Preussens ist auch dass ein weltbefahrener und moderner Ingenieur nicht umhin kann sich einem hergebrachten Ritual einem Duell zu stellen in dem er fallt Farbsymbolik Bearbeiten nbsp Brennende Liebe Muss ich Ihnen sagen meine Gnadigste wie stark der Konsum ist Gordon Rot ist nicht nur die Farbe des untergehenden Adels sondern nicht nur bei Fontane die Farbe der Liebe In dieser Eigenschaft erscheint sie im Roman z B wenn von Blumen die Rede ist indirekt aber auch im Namen der Malerin Rosa Hexel Wie erwahnt strahlt diese Dame keinen erotischen Reiz aus infolgedessen ist es sicher kein Zufall wenn Fontane ihr einen Vornamen gibt der nicht nur an die Malerin Rosa Bonheur erinnert ihr Spitzname ist Rosa Malheur wie sie bei der ersten Begegnung auf der Rosstrappe sagt sondern auch eine Bezeichnung fur ein verblasstes verwassertes abgeschwachtes Rot ist Eine weitere naheliegende Assoziation zur Farbe Rot ist das Thema Blut und Tod und tatsachlich sieht Cecile Gordon einmal im roten Schein der Abendsonne und deutet dies als boses Omen Katholizismus BearbeitenCecile ist auch insofern der preussischen Gesellschaft in der sie sich bewegt ohne wirklich anerkannt zu sein fremd als sie als Katholikin aufgewachsen und offenbar erst spater konvertiert ist Im Tode wendet sie sich jedoch wieder ihrer ursprunglichen Konfession zu wie sie in ihrem Abschiedsbrief an Hofprediger Dorffel schreibt Jede Kirche hat reiche Gaben und auch der Ihrigen verdank ich viel die aber darin ich geboren und grossgezogen wurde macht uns das Sterben leichter und bettet uns sanfter Eine Hinwendung zum Katholizismus findet sich auch in Graf Petofy wo die Heldin Franziska ursprunglich protestantisch voller Reue uber ihre Verfehlung und den Selbstmord ihres Gatten Trost in der katholischen Kirche sucht Ebenfalls trostlich und sogar ausschlaggebend fur die Einstellung der Dienstbotin ist auch fur Effi Briest der katholische Glaube Roswithas sie sieht darin eine Gegenkraft zu dem gefurchteten Chinesenspuk im landratlichen Haus Wer in Fontanes Romanen nicht trostbedurftig ist und nicht der Dienstbotensphare entstammt der ist und wird in aller Regel auch nicht katholisch St Arnaud schreibt seiner Frau taktloser Weise in dem Brief nach dem Duell Im ubrigen wird es gut sein wenn Dich Marie begleitet die hier was ihr den Abschied von Fritz vielleicht erleichtert das Katholische naher und bequemer hat als in Berlin Und Frau Dorr erklart die Einsamkeit in der Gartnerei fur so schlimm dass es gar zum kattolsch werden sei woran deutlich zu erkennen ist dass im Berlin der Zeit Ceciles der Katholizismus als etwas uberaus Fernliegendes und geradezu Exotisches gesehen wird Historische Hintergrunde BearbeitenGeschichte Bearbeiten nbsp Der Blick vom Hotelbalkon in Thale1882 hatte Fontane von einem Beinahe Duell zwischen dem jungen Offizier Graf Friedrich zu Eulenburg und dessen Vorgesetzten Graf Alten erfahren 1 Eulenburg wollte Clara die Tochter des Zeitschriftenverlegers Ludwig von Schaeffer Voit heiraten der als Burgerlicher in den preussischen Adelsstand erhoben worden war 2 Diese Verbindung galt aber in den adligen Offizierskreisen offenbar nicht als standesgemass die Gluckwunsche an den jungen Brautigam blieben aus Daraufhin beschwerte sich dieser bei seinem Vorgesetzten Der soll darauf geantwortet haben Lieber Eulenburg solche Damen liebt man aber heiratet man nicht Daraufhin forderte der Geschmahte ein Duell Dieses wurde letztendlich abgewendet aber der Vater Ludwig von Schaeffer Voit wandte sich deswegen noch an den Kaiser mit der Bitte sein geschadigtes Ansehen wieder herzustellen Die Ehe konnte stattfinden sie wurde aber nach einigen Jahren wieder geschieden Orte und Personen Bearbeiten Die detailgenau beschriebenen Schauplatze des Romans kannte Fontane sehr genau aus eigener Anschauung Im Hotel Zehnpfund das ubrigens heute noch wenn auch als Sanierungsobjekt existiert hat er mehrfach gewohnt 1884 hielt er sich drei Wochen lang diesmal allerdings in einem anderen Quartier in Thale auf Aus seinen Briefen an seine Familie geht hervor dass er verschiedene Personen und Situationen die ihm in dieser Zeit ins Auge fielen nahezu unverandert in sein Werk ubernommen hat so zum Beispiel den alten Rodensteiner und dessen Tochter die die Schmerlen auftischten die im Buch Anlass zu einem Leberreimwettkampf geben Auch diese Fische hat Fontane im Dienste des Romans gekostet am 22 Juni 1884 Weniger ausfuhrlich beschrieben aber ebenfalls historisch belegt sind die Hotels in denen Gordon aus beruflichen Grunden Station macht In Bremen ist dies das 1847 erbaute Hotel Hillmann das zur Zeit der Romanhandlung als vornehmstes Hotel in der Bremer Bahnhofsvorstadt galt und sich an der Stelle befand an der heute ein Mariott Hotel steht 3 In Berlin wohnt Gordon im ebenfalls luxuriosen Hotel du Parc Ausgaben BearbeitenTheodor Fontane Cecile Hrsg von Hans Joachim Funke und Christine Hehle Berlin 2000 Grosse Brandenburger Ausgabe Das erzahlerische Werk Bd 9 ISBN 3 351 03121 1 Literatur BearbeitenPeter James Bowman Theodor Fontane s Cecile An Allegory of Reading In German Life and Letters 53 1 2000 ISSN 0016 8777 S 17 36 Daragh Downes Cecile In Christian Grawe Helmuth Nurnberger Hrsg Fontane Handbuch Kroner Stuttgart 2000 ISBN 3 520 83201 1 S 563 575 Michael Ewert Der Harz als Geschichts und Erinnerungsraum Historische Raumerfahrung in Theodor Fontanes Cecile In Cord Friedrich Berghahn Herbert Blume Gabriele Henkel Eberhard Rohse Hrsg Literarische Harzreisen Bilder und Realitat einer Region zwischen Romantik und Moderne Verlag fur Regionalgeschichte Bielefeld 2008 Braunschweiger Beitrage zur deutschen Sprache und Literatur Bd 10 ISBN 3 89534 680 2 S 233 256 Gerhard Friedrich Die Schuldfrage in Fontanes Cecile In Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft 14 1970 ISSN 0070 4318 S 520 545 Henry Garland The Berlin Novels of Theodor Fontane Oxford 1980 ISBN 0 19 815765 7 S 73 98 Magdalene Heuser Fontanes Cecile Zum Problem des ausgesparten Anfangs In Zeitschrift fur deutsche Philologie ZfdPh 92 1973 ISSN 0044 2496 S 36 58 Peter Uwe Hohendahl Theodor Fontane Cecile Zum Problem der Mehrdeutigkeit In Germanisch Romanische Monatsschrift GRM N F 18 1968 ISSN 0016 8904 S 381 405 Paul Holz das war der Furst von Werle Nachforschungen und Anmerkungen zu einem Leberreim in Fontanes Cecile In Fontane Blatter 3 1976 H 7 ISSN 0015 6175 S 524 527 Charlotte Jolles Theodor Fontane J B Metzler Stuttgart Weimar 1993 4 Aufl ISBN 3 476 14114 4 darin besonders das Cecile Kapitel S 58 61 Winfried Jung Bilder und immer wieder Bilder Bilder als Merkmale kritischen Erzahlens in Theodor Fontanes Cecile In Wirkendes Wort 40 1990 ISSN 0935 879X S 197 208 Helmuth Nurnberger Du hast den Sanger Rizzio begluckt Schillers Mortimer und Fontanes Gordon Leslie Ein Motiv in Cecile In Helmuth Nurnberger Das Schloss der Kinderfrau Kleine Beitrage zur Literatur des 19 und 20 Jahrhunderts Baltica Verlag 2000 ISBN 3 934097 07 3 S 19 29 Eberhard Rohse Harztouristen als literarische Figuren in Werken Theodor Fontanes und Wilhelm Raabes Cecile Frau Salome Unruhige Gaste In Cord Friedrich Berghahn Herbert Blume Gabriele Henkel Eberhard Rohse Hrsg Literarische Harzreisen Bilder und Realitat einer Region zwischen Romantik und Moderne Verlag fur Regionalgeschichte Bielefeld 2008 Braunschweiger Beitrage zur deutschen Sprache und Literatur Bd 10 S 175 231 bes S 190 210 ISBN 978 3 89534 680 4 Eda Sagarra Vorurteil im Fontaneschen Erzahlwerk Zur Frage der falschen Optik in Cecile In Roland Berbig Hrsg Theodorus victor Theodor Fontane der Schriftsteller des 19 am Ende des 20 Jahrhunderts Eine Sammlung von Beitragen Frankfurt am Main 1999 ISBN 3 631 35227 1 S 121 136 Ursula Schmalbruch Zum Melusine Motiv in Fontanes Cecile In Text und Kontext 8 1980 H 1 ISSN 0105 7014 S 127 144 Inge Stephan Das Naturliche hat es mir seit langem angetan Zum Verhaltnis von Frau und Natur in Fontanes Cecile In R Grimm J Hermand Hrsg Natur und Naturlichkeit Stationen des Grunen in der deutschen Literatur Konigstein 1981 ISBN 3 7610 8147 2 S 118 149 Cornelie Ueding Utopie auf Abwegen Zwei Szenen in Fontanes Roman Cecile In Gert Ueding Hrsg Literatur ist Utopie Frankfurt 1978 ISBN 3 518 10935 9 S 220 253 Weblinks BearbeitenCecile bei Zeno org Cecile im Projekt Gutenberg DEEinzelnachweise Bearbeiten Christine Hehle Hanna Delf von Wolzogen Hrsg Theodor Fontane Fragmente Teil I Texte De Gruyter Berlin Boston 2016 S 148 f zu den Hintergrunden Barbara Krautwald Burgerliche Frauenbilder im 19 Jahrhundert Die Zeitschrift Der Bazar als Verhandlungsforum weiblichen Selbstverstandnisses Transcript Verlag Bielefeld 2021 S 35 zu den Hintergrunden des Jahres 1875 Archivierte Kopie Memento des Originals vom 17 November 2009 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www netzhandwerk chProsa Werke von Theodor Fontane Aus England Jenseit des Tweed Wanderungen durch die Mark Brandenburg Der Schleswig Holsteinsche Krieg im Jahre 1864 Der Deutsche Krieg von 1866 Kriegsgefangen Der Krieg gegen Frankreich 1870 71 Vor dem Sturm Grete Minde Ellernklipp L Adultera Schach von Wuthenow Graf Petofy Christian Friedrich Scherenberg und das literarische Berlin von 1840 bis 1860 Unterm Birnbaum Cecile Irrungen Wirrungen Stine Quitt Unwiederbringlich Frau Jenny Treibel Meine Kinderjahre Effi Briest Die Poggenpuhls Der Stechlin Von Zwanzig bis Dreissig Mathilde Mohring Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Cecile Roman amp oldid 235974091