www.wikidata.de-de.nina.az
Meine Kinderjahre ist der Titel eines autobiographischen Romans von Theodor Fontane der erstmals 1893 erschien Erste Buchausgabe Verlagseinband und Titelblatt Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Handlung 3 Kommentar 4 Handschrift 5 Briefe 6 Editionen 7 Forschung 8 Einzelnachweise 9 WeblinksEntstehung BearbeitenFontane litt an phasisch auftretenden Depressionen Im April 1892 wahrend der Arbeit an Effi Briest war er erneut erkrankt Die Krankheit zog sich bis Ende September hin Der Rat seines Hausarztes sich mit einer leichteren Arbeit zu beschaftigen etwa mit seinen Lebenserinnerungen soll die Wende zur Besserung eingeleitet haben Ich wahlte meine Kinderjahre bis 1832 und darf sagen dass ich mich an diesem Buch wieder gesund geschrieben habe notierte er ruckblickend im Tagebuch Der Beginn der Arbeiten durfte im Oktober 1892 liegen Am 1 November 1892 teilte er seinem langjahrigen Freund und Briefpartner Georg Friedlander mit dass ich seit 8 oder 10 Tagen ins Schreiben gekommen bin etwas das ich von mir total gebrochenen Mann nicht mehr erwartet hatte Und zwar habe ich schon vier Kapitel meiner Biographie Abschnitt Kinderjahre geschrieben Da mich dies Unterfangen sehr glucklich macht ist alle Korrespondenz ins Stocken geraten Mit meiner im November oder schon im Oktober begonnen Arbeit fuhr ich fort etwa im April war ich damit fertig auch mit der Korrektur und die Abschrift die Emilie seine Frau und Martha seine Tochter gemeinschaftlich machten konnte beginnen im Tagebuch festgehaltene Erinnerung Am 22 Juni 1893 wurde das Manuskript an die literarische Zeitschrift Deutsche Rundschau abgeschickt Der Herausgeber Julius Rodenberg forderte aber umfangreiche Kurzungen Als Vorabdruck erschienen nur die Kapitel 13 und 16 Die Buchausgabe kam im Verlag seines Sohnes Friedrich zu Weihnachten 1893 heraus vordatiert auf 1894 Theodor Fontane Meine Kinderjahre Autobiographischer Roman Berlin F Fontane amp Co 1894 321 S Handlung BearbeitenDie Erinnerungen beginnen mit der Beschreibung der Eltern Gegensatzlicher konnten sie kaum sein Der Vater ein stattlicher Mann voll Bonhomie dabei Phantast und Humorist Plauderer und Geschichtenerzahler die Mutter schlank zierlich von schwarzem Haar und Augen wie Kohlen energisch von trockener Sachlichkeit aber mit einer Neigung zu heftigen Temperamentsausbruchen In Erziehungsfragen war sie sehr unnachsichtig Bei dem kleinsten Fehler zeigte sie die rasche Hand Die Eltern selbst lebten mehr oder weniger ernsthaft in einer Art Dauerfehde Der Vater war Apotheker damals noch ein Lehrberuf mit abschliessendem Staatsexamen und besass eine eigene Apotheke anfangs in Neuruppin spater in Swinemunde Spielschulden des Vaters hatten den Verkauf der Neuruppiner Apotheke notwendig gemacht In Swinemunde konnte zu gunstigen Bedingungen wieder eine Apotheke gekauft werden Fontane war 8 Jahre alt als die Familie nach Swinemunde zog einem Stadtchen mit ungepflasterten Strassen Humorvoll beschreibt Fontane das groteske Haus Im Erdgeschoss trennte ein gepflasterter Flur zwischen Apotheke samt Laboratorium und den Wohnraumen Unmittelbar daruber stieg ein funfmal so hohes Dach auf in dem ubereinander funf Boden lagen voll mit Krauterkisten und Gerumpel darunter auch ein Rad auf dem aber das war nun schon lange her das Jahr vorher ehe die Franzosen ins Land kamen also 1805 der Scharfrichter einen Morder vom Leben zum Tode gebracht hatte Einige Kapitel spater wird Fontane in seinen Kindheitserinnerungen die Hinrichtung eines anderen Swinemunder Morders beschreiben bei der die Prozedur des Raderns noch angewandt wurde wenn auch verkurzt durch Erdrosseln Der grosse Hof hinter dem Haus und der daran anschliessende verwilderte Garten waren die schonsten Spiel und Abenteuerplatze Die kleine Stadt mit ihren etwa 3500 Einwohnern Fontane spricht von 4000 wirkte durftig war aber als Handels und Schifffahrtsplatz sehr reizvoll An der Uferbefestigung der Swine dem Hauptmundungsarm der Oder lagen im Winter Schiffe in drei und vier Reihen nebeneinander Ab Fruhjahr wenn der Strom wieder eisfrei geworden war legten uber die Ostsee kommende Handelsschiffe an Etwas ausserhalb der Stadt lag das Gesellschaftshaus Hier verkehrten Badegaste die Honoratioren der Stadt wurden Konzerte gegeben Theaterauffuhrungen veranstaltet und fanden Balle statt In dem kleinen Pavillon daneben war ein Spielcasino eingerichtet Diese s war nur allzu oft das Wanderziel meines Vaters Die Oberschicht Swinemundes eigentlich nur zwanzig Familien war nach Art der Seestadte aufgeschlossener als in den kleinen Stadten des Binnenlandes vor allem im Vergleich mit der Mark Brandenburg Die hier ansassig gewordenen Nordeuropaer Schweden Danen Hollander und Schotten gaben der Stadt einen internationale n Charakter An Herrenabenden kam es vor dass auf die Times Bezug genommen wurde Von Pfahlburgertum von Engem und Kleinem uberhaupt existierte keine Spur Die prominenten Familien werden beschrieben Daran schliessen sich die Schilderungen von jahreszeitlich wiederkehrenden Ereignissen an wie die Badesaison im Sommer und im Winter das Ganseschlachten Schlachten eines Schweins und die Backwoche vor Weihnachten In der kalten Jahreszeit fanden reihum Herrendiners statt auch im Hause Fontane Es gab Suppe Fisch danach regelmassig Teltower Rubchen und Spickgans gefolgt von einem ungeheueren Braten und zum Schluss eine susse Speise samt Fruchten Pfefferkuchen und Konigsberger Marzipan Nichts weiter Einfach sei die Kost gewesen und dabei stabil Nach der Suppe wurde Sherry gereicht spater trank man Rotwein von massigem Preise und gegen Ende Kaffee Bei Tisch glanzte Fontanes Vater mit seinem Plaudertalent und mit historischen Anekdoten Sein Steckenpferd waren Napoleon und seine Marschalle Als Unterhalter richtete er sich in der Wahl der Themen mehr nach seinen Bedurfnissen als nach denen seiner Gaste was man ihm aber gern durchgehen liess Das vorletzte Kapitel beschreibt Unternehmungen und Raufereien des zwolfjahrigen Fontane unter den Swinemunder Strassenjungen Das Schlusskapitel widmet sich dem letzten Halbjahr in Swinemunde Es wird als freudlos und bedruckend geschildert wegen vielerlei kleiner Argernisse Anfang 1832 reisen Theodor Fontane und seine Mutter mit der Postkutsche nach Neuruppin Die Fahrt zieht sich uber drei Tage hin Er wird Pensionsgast in einem Predigerhause und tritt in das Ruppiner Gymnasium ein Hier enden Fontanes Aufzeichnungen uber seine Kinderjahre Kommentar BearbeitenVermittelt wird ein Zeit und Kulturbild der kleinen Ostseestadt Swinemunde im ersten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts Zugleich beschreibt Fontane das alltagliche Leben eines norddeutschen Jungen in dieser Zeit Der Gattungsbegriff Roman im Untertitel hat ihm dichterische Freiheit gegeben In Swinemunde hatte das Buch sofort Erfolg FormDas Eigentumliche dieser Kindheitserinnerungen ist ihr Anekdotenreichtum In Fontanes Epoche war das fur eine Autobiographie ungewohnlich Ich weiche ganz vom Ublichen ab und erzahle nur Kleinkram Meine Uberzeugung dass das das Richtige sei ist unerschutterlich am 26 Dezember 1892 an Georg Friedlander Fontane spricht in seinen Selbstkommentaren von Kleinmalerei und Zeitbildliche m Sehr volkstumlich waren damals die Neuruppiner Bilderbogen des Lithographen und Verlegers Gustav Kuhn in Neuruppin In Jahrmarkts Schaubuden als Guckkastenbilder zurechtgeschnitten und ausgeleuchtet informierten sie uber jungste Ereignisse und ersetzten so Kindern und Leseunkundigen die Zeitung Im zwolften Kapitel erwahnt Fontane diese Schaubuden Ihr Nachklang durfte ihn in seinem Kunstinstinkt bestarkt haben seine Kindheitserinnerungen als Episoden und literarische Bilderfolge abzufassen Das VaterbildViel Raum nimmt die Schilderung des Vaters ein in dem sich der alt gewordene Fontane wiedererkennt Die Neigung in scherzhaftem Ton Diffiziles zu debattieren habe er von ihm geerbt ja diese Neigung sogar in meine Schreibweise mit herubergenommen und wenn ich entsprechende Szenen in meinen Romanen und kleinen Erzahlungen lese so ist es mir mitunter als horte ich meinen Vater sprechen Auch das kunstlerische Selbstbewusstsein stammt vom Vater Dessen Franzosischkenntnisse waren nicht gefestigt Als er eine Napoleon Anekdote in der Originalfassung brachte und hinsichtlich Grammatik und Satzbau kritisiert wurde soll er mit Bestimmtheit geantwortet haben Mein franzosisches Gefuhl lehrt mich dass es so heissen muss so und nicht anders Eine Rechtfertigung die den Vorwurf in Heiterkeit aufloste Die Wahl seiner Gesprachsthemen hatte der Vater vor seiner Ehefrau gerechtfertigt mit Ich kultiviere Historisches Fur Fontanes Gesamtwerk trifft das ebenso zu Bis ein Hauslehrer gefunden war ubte der kleine Fontane taglich eine Stunde Lesen mit der Mutter der Vater unterrichtete eine Stunde Geographie und Geschichte Sein Unterricht lief auf ein launiges Erzahlen und Abfragen von Anekdoten hinaus Nachdem ein Hauslehrer gefunden war wurde dieser gesprachsweise Unterricht Fontane bringt einige Beispiele dieser kuriosen Dialoge beibehalten Ich verdanke diesem Unterricht wie den daran anknupfenden gleichartigen Gesprachen eigentlich alles Beste jedenfalls alles Brauchbarste was ich weiss Nicht bloss gesellschaftlich sind mir in einem langen Leben diese Geschichten hundertfach zugute gekommen auch bei meinen Schreibereien waren sie mir immer wie ein Schatzkastlein zur Hand und wenn ich gefragt wurde welchem Lehrer ich mich so recht eigentlich zu Dank verpflichtet fuhle so musste ich antworten meinem Vater meinem Vater der sozusagen gar nichts wusste mich aber mit dem aus Zeitungen und Journalen Aufgepicktem und uber alle moglichen Themata sich verbreitenden Anekdotenreichtum unendlich viel mehr unterstutzt hat als alle meine Gymnasial und Realschullehrer zusammengenommen Handschrift BearbeitenDie Handschrift befindet sich im Stadtmuseum Berlin und im Theodor Fontane Archiv Potsdam Briefe Bearbeiten Selbstkommentare Theodor Fontanes zu Meine Kinderjahre In Richard Brinkmann Waltraud Wietholter Hrsg Theodor Fontane Dichter uber ihre Dichtungen Band 2 Heimeran Munchen 1973 auch dtv Munchen 1977 ISBN 3 7765 3038 3 S 117 129Editionen BearbeitenErstausgabe Theodor Fontane Meine Kinderjahre Autobiographischer Roman Berlin Friedrich Fontane amp Co 1893 Der Text liegt in zahlreichen Ausgaben vor Eine umfangreich kommentierte Neuausgabe die den Text erstmals wieder in seiner historischen Gestalt prasentiert wird im Rahmen der Grossen Brandenburger Ausgabe an der Gottinger Theodor Fontane Arbeitsstelle von Heinrich Detering und Gabriele Radecke vorbereitet 2019 erschien eine Horbuch Ausgabe die auch Meine Kinderjahre enthalt 1 Forschung BearbeitenHelmuth Nurnberger Fontanes Welt Siedler Berlin 1997 ISBN 3 88680 582 4 S 371 376 Michael Masanetz Vom Ur Sprung des Pegasus Meine Kinderjahre oder die schwere Geburt des Genies In Fontane Blatter 65 66 1998 S 87 124 Helmuth Nurnberger Meine Kinderjahre In Christian Grawe Helmuth Nurnberger Hrsg Fontane Handbuch Kroner Stuttgart 2000 ISBN 3 520 83201 1 S 753 755 ebd S 761 763 Literaturnachweise fur den Gesamtbereich der Autobiographischen Schriften Einzelnachweise Bearbeiten Gert Westphal liest Theodor Fontane Gedichte und Balladen Meine Kinderjahre Wanderungen durch die Mark Brandenburg Der Horverlag 5 CDs und 1 Booklet Munchen 2019 ISBN 978 3 8445 2651 6 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Meine Kinderjahre Quellen und Volltexte Prosa Werke von Theodor Fontane Aus England Jenseit des Tweed Wanderungen durch die Mark Brandenburg Der Schleswig Holsteinsche Krieg im Jahre 1864 Der Deutsche Krieg von 1866 Kriegsgefangen Der Krieg gegen Frankreich 1870 71 Vor dem Sturm Grete Minde Ellernklipp L Adultera Schach von Wuthenow Graf Petofy Christian Friedrich Scherenberg und das literarische Berlin von 1840 bis 1860 Unterm Birnbaum Cecile Irrungen Wirrungen Stine Quitt Unwiederbringlich Frau Jenny Treibel Meine Kinderjahre Effi Briest Die Poggenpuhls Der Stechlin Von Zwanzig bis Dreissig Mathilde Mohring Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Meine Kinderjahre amp oldid 237177185