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Graf Petofy ist einer der fruhen Gesellschaftsromane Theodor Fontanes Er handelt von der Ehe zwischen einer jungen protestantischen burgerlichen Schauspielerin aus Norddeutschland und einem alten katholischen ungarischen Grafen Erste Notizen zu dem Roman legte Fontane 1880 an 1883 war der Roman beendet 1884 erschien er als Vorabdruck in der Deutschen Roman Bibliothek zu Uber Land und Meer 1 Noch im selben Jahr folgte der Erstdruck als Buch im Verlag F W Steffens 2 Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Kritische Stimmen 3 Verwandte Motive in anderen Romanen Fontanes 4 Reale Urbilder 5 Leitmotive und Symbolisches 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Ausgaben 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseInhalt BearbeitenDas Geschlecht der Grafen von Petofy hat nur noch drei lebende Vertreter Den alten Grafen einen etwa siebzigjahrigen Junggesellen und Theaterhabitue seine verwitwete Schwester Judith von Gundolskirchen die ihre Zeit im Gegensatz zu ihrem Bruder mit Gesprachen mit ihrem Vertrauten Pater Fessler und Beschaftigung mit der katholischen Kirche ausfullt und den Neffen der beiden Egon Graf Asperg den Sohn einer bereits verstorbenen Schwester der beiden alten Herrschaften Petofy und Judith von Gundolskirchen teilen sich im Winter ein Palais in Wien Hier lernt denn auch Judith von Gundolskirchen die junge Schauspielerin Franziska Franz kennen fur die Petofy eine Zuneigung gefasst hat und gewinnt den besten Eindruck von der jungen Dame Auch als man sich Monate spater in einem Urlaubs und Kurort wiedertrifft Franziska kuriert dort ein Nervenfieber aus das sie befallen hat nachdem der alte Graf sich vorerst wieder deutlich von ihr zuruckgezogen hat halt der freundschaftliche Verkehr an Dennoch ist Judith nicht glucklich als ihr Bruder ihr seine spaten Heiratsplane anvertraut Er mochte Franziska als eine Art Scheherazade fur sich gewinnen und auf sein ungarisches Schloss Arpa seine Sommerresidenz verpflanzen Den Konfessions und Standesunterschied sieht sie zwar genau wie Franziskas Vertraute Hannah als zweitrangig und nicht allzu problematisch an nicht aber den Unterschied der Jahre zwischen den beiden Partnern Franziska so furchtet sie wird vereinsamen und sich langweilen das Opfer das sie freilich im Tausch gegen gesellschaftlichen und finanziellen Aufstieg zu bringen gedenkt scheint ihr zu hoch Franziska ihrerseits spricht gegenuber ihrer vertrauten Dienerin Hannah ihre Befurchtung aus dass sie sich mehr nach den Wunschen ihres zukunftigen Gatten richten wird als sie wirklich kann eine deutliche Vorausdeutung Doch es kommt zu der Eheschliessung und Franziska nimmt ihr Leben als Plaudertasche des alten Grafen auf Zunachst unterhalt sie sich damit ungarische Sprachkenntnisse zu erwerben und mit den Kindern der Bediensteten zu spielen als aber Graf Egon zu einem Besuch auf Schloss Arpa erscheint vertauscht sie die Lehrbucher freudig mit Lektionen im Sattel und begleitet den jungen Grafen auf langen Ausritten Einmal im Zuge einer etwas dramatischen Rettungsaktion fur ein angeblich von Zigeunern geraubtes Kind gerat sie gar zusammen mit Egon auf dem sturmischen See an dem das Schloss liegt in Lebensgefahr wird aber gerettet Als der Herbst mit ausgiebigen Regenfallen einsetzt zeigt sich jedoch dass Judiths Befurchtungen nicht unbegrundet waren Franziska empfindet die Leere ihres Daseins in der Ehe mit dem alten Grafen starker denn je Judith empfiehlt ihrem Bruder noch dringend doch schleunigst wieder nach Wien umzusiedeln um seiner Frau die Unterhaltungen der Wintersaison zugutekommen zu lassen doch es ist zu spat Eines Tages bemerkt der alte Petofy dass sein Neffe einen Ring aus Franziskas Besitz tragt Er sieht ein dass seine Zumutung an die junge Frau zu hoch war will dem jungen Paar nicht im Wege stehen und beschliesst nicht etwa Graf Egon zur Rede zu stellen oder sich gar mit ihm zu duellieren sondern selbst aus dem Leben zu scheiden Franziska von Reue erfasst entschliesst sich nach dem Tod ihres Mannes die Beziehung zu Egon abzubrechen Trost in der katholischen Kirche zu suchen und ihr Erbe allein zu verwalten Kritische Stimmen BearbeitenDie erste Kritik an dieser Erzahlung stammt von Fontanes Frau Emilie die mit dem Abschreiben der Manuskripte betraut war Sie hielt ihrem Mann vor die Liebesgeschichte zwischen Franziska und Egon sei nicht genugend vorbereitet sondern uberrasche den Leser und wirke unmotiviert ein sehr berechtigter Einwand den Fontane allerdings nicht ernst nahm Auch die plotzlichen Gesinnungswandel Franziskas gehoren hierher Ist sie zunachst beinahe berechnend und heiratet offenbar nur aus Ehrgeiz und ohne tiefere Neigung zu dem alten Mann soll sie dann auf einmal eine heftige Zuneigung zu Egon gefasst haben der eine ziemlich blasse Gestalt in dem Roman bleibt und dann eine weitere Kehrtwendung vollziehen Spatere Kritiker merkten vor allem an dass Fontane hier im Gegensatz zu seinen anderen Gesellschaftsromanen das Terrain das er schilderte kaum aus eigener Anschauung kannte In Wien hatte er sich nur einmal drei Tage lang aufgehalten in Ungarn nie und schon der Name Petofy ist als Adelsname vollkommen unglaubwurdig Nur im Heimatort der Franziska kann man seine eigene Vaterstadt Swinemunde in etwas lebendigerer Schilderung erkennen Dieses Problem wird jedoch von der neueren Forschung nicht mehr als so gravierend angesehen wie in fruheren Jahren da sich das Interesse inzwischen mehr der Komposition des Gesprachsromans als den Schauplatzen zugewandt hat Verwandte Motive in anderen Romanen Fontanes BearbeitenDen Altersunterschied zwischen zwei Partnern als mitunter gravierendes Problem schildert Fontane mehrfach Cecile versucht dieses Manko wie manches andere tapfer zu uberwinden ebenso vermutlich Lene Nimptsch nachdem sie Gideon Franke geheiratet hat wohingegen sowohl Melanie van der Straaten als auch Effi Briest genau wie Franziska ihren Gatten betrugen Melanie findet mit ihrem neuen Partner ihr Lebensgluck Effi geht letzten Endes an der aufgelosten Ehe zugrunde Wie Graf Petofy findet auch Schach von Wuthenow keine andere Losung als sich umzubringen in seinem Fall noch vor der Eheschliessung mit einer deutlich jungeren Frau Auch mit den Schwierigkeiten der Standesunterschiede beschaftigt sich Fontane in seinen Gesellschaftsromanen haufig Die Kombination burgerliches Madchen adliger Mann findet sich sowohl in Irrungen Wirrungen als auch in Stine wieder in beiden Fallen kommt es aber zu keiner dauerhaften Verbindung Allerdings stammen sowohl Lene die Heldin des erstgenannten Romans als auch Stine aus einer anderen Schicht als Franziska Franz Sie sind Naherinnen und als solche nicht in der Lage und vielleicht auch nicht gewillt sich wenigstens ausserlich der adligen Gesellschaftssphare anzugleichen Lenes Aufmachung etwa wird in Hankes Ablage von den bezahlten Freundinnen der Regimentskameraden Bothos kritisiert wahrend Franziska Franz selbstbewusst sagen kann Im allgemeinen gehort zu einem Grafen eine Grafin wer wollte das bestreiten Aber wenn es keine Grafin sein kann so kommt nach der Grafin gleich die Schauspielerin weil sie dir darf ich das sagen der Grafin am nachsten steht Denn worauf kommt es in der sogenannten Oberschicht an Doch immer nur darauf dass man eine Schleppe tragen und einen Handschuh mit einigem Chik aus und anziehen kann Und sieh das gerade lernen wir aus dem Grunde So vieles im Leben ist ohnehin nur Komodienspiel und wer dies Spiel mit all seinen grossen und kleinen Kunsten schon von Metier wegen kennt der hat einen Pas vor den anderen voraus und ubertragt es leicht von der Buhne her ins Leben Diesen Vorzug geniesst ubrigens wenn auch in geringerem Masse auch Wanda Grutzmacher in Stine Dennoch muss Franziska es entweder aus Konfessions oder aus Standesgrunden erleben wie Graf Petofy in aller Selbstverstandlichkeit davon ausgeht dass ihre Leiche einstmals keinen Platz in der Gruft der adligen Familie finden wird Kritisch ins Lacherliche gezogen erscheinen die Standesunterschiede in Frau Jenny Treibel Diese Bourgeoise kleinburgerlicher Herkunft verhindert erfolgreich die Heirat ihres Sohnes Leopold mit der Tochter des Gymnasialprofessors Schmidt die ihr eigentlich in allen Bereichen ausser dem der Finanzen weit uberlegen und uberdies die Tochter ihres alten Jugendfreundes ist Eher tragisch erscheinen die Schicksale der adligen aber armen Damen die bei Fontane aus Mitgiftgrunden keinen standesgemassen Partner finden und deshalb unverehelicht bleiben mussen Dies geschieht etwa den drei Poggenpuhls oder dem Fraulein von Schmargendorf in Der Stechlin Der Unterschied der Konfessionen dagegen wird kein weiteres Mal von Fontane in den Vordergrund gestellt Katholisch sind in seinen in Berlin und Norddeutschland angesiedelten realistischen Romanen meist nur Nebenfiguren wie etwa die Roswitha in Effi Briest Eine Ausnahme bildet die aus Polen stammende Cecile die aber konvertiert ist und erst im Tode wieder Trost bei ihrer angestammten Kirche sucht Mit Cecile hat Franziska ein Schicksal gemein das erstere allerdings harter trifft Das polnische junge Fraulein ist vorgeblich als Vorleserin und Unterhalterin in ein furstliches Haus gekommen wie auch Petofys Ehewunsch dem Verlangen nach einer Gesellschafterin und Geschichtenerzahlerin entspringt Doch wahrend Graf Petofy als Ehrenmann seine Plaudertasche immerhin heiratet und die Ehe wohl nie vollzieht wird Cecile zur Furstengeliebten und von ihrem ersten Dienstherren in der gleichen Funktion an einen zweiten weitergereicht Damit ist ihre Ehre befleckt und eine Ruckkehr in den Schoss der Gesellschaft trotz ihrer spateren Heirat mit Pierre von St Arnaud nicht mehr moglich Fur Franziska dagegen ergeben sich aus ihrer Eheschliessung mit Graf Petofy keine gesellschaftlichen Nachteile und ob ihr die Liaison mit Egon zum Schlechten angerechnet bzw in der Offentlichkeit uberhaupt bekannt wird wird in Fontanes Erzahlung nicht deutlich Mit Mathilde Mohring schliesslich ist Franziska insofern vergleichbar als sie nach dem Ende ihrer Ehe die ihr aber ein gewisses Startkapital vermittelt zu sich selbst findet und ein eigenstandiges mehr oder weniger emanzipiertes Leben beginnt Freilich muss man feststellen dass Mathilde zwar ihren ursprunglichen Berufsplan wieder aufnimmt und Lehrerin wird dabei aber in recht beschrankten und eher armlichen Verhaltnissen verharrt Franziska trifft es zwar materiell besser doch ihre Zukunftsaussichten erscheinen dennoch recht duster Ruckzug vom weltlichen Leben zugunsten der Beschaftigung mit der Kirche ist ein Los das der Natur der jungen Frau wie sie zunachst geschildert wurde nicht zu entsprechen scheint Auch hier machen sich die Sprunge in der Komposition wieder bemerkbar Reale Urbilder BearbeitenIm gleichen Jahr in dem Fontane den Roman zu skizzieren begann erfolgte die Eheschliessung der Schauspielerin Johanna Buska mit dem Grafen Nikolaus Casimir Torok von Szendro Die junge Frau die Fontane durch seine Tatigkeit als Theaterkritiker bekannt war war Anfang Dreissig der Graf nahezu siebzig Jahre alt Er starb vier Jahre spater eines naturlichen Todes und Fontane kommentierte Torok ist Petofy und die Buska ist Franziska sie wird aber wohl weniger geistreich sein und gewiss irgendeinen Egon heirathen Brief vom 11 Juni 1884 an seine Frau Emilie In der Tat heiratete die ehemalige Schauspielerin wenig spater erneut diesmal Angelo Neumann den Direktor des Deutschen Theaters in Prag Auch sonst bestehen einige Unterschiede zwischen den realen und den Romanfiguren Johanna Buska heiratete den alten Grafen wohl nicht aus freien Stucken sondern auf Befehl des Kaisers Franz Joseph der dadurch eine Liaison des Kronprinzen Rudolf zu beenden und wohl auch das in der Ehe mit Torok geborene Kind dem Grafen unterzuschieben versuchte Diese Hintergrunde durften Fontane allerdings unbekannt gewesen sein interessant war fur ihn offenbar die Ausgangssituation einer Ehe zwischen junger Schauspielerin und altem Adligem und auch die umstrittene Ansiedlung der Romanhandlung in Osterreich und Ungarn geht eindeutig auf diese realen Vorbilder zuruck Pater Fessler der im Hause der Judith von Gundolskirchen verkehrt und bei Franziskas Konversion eine wichtige Rolle spielt hat sein reales Urbild in dem Hofprediger Dr Karl Adam Windel Dieser verkehrte im Haus des Ehepaars Karl Hermann und Marie von Wangenheim bei dem ebenfalls beide Konfessionen vertreten waren 3 Leitmotive und Symbolisches BearbeitenMehrfach und schon sehr fruh wird in dem Roman auf Nikolaus Lenaus Lyrik angespielt Neben dem Scheherazademotiv das seinerseits wiederum mit der Figur der heiligen Elisabeth verknupft ist bilden Verse Lenaus den Hintergrund des Romans insbesondere das Regenmotiv das mit des Madchens Einsamkeit verbunden ist taucht immer wieder in der Erzahlung auf Symboltrachtigerweise geht eine der Glocken die gelautet werden als Franziska in ihr neues Heim eingefuhrt werden soll zu Bruch und ertont erst wieder als die junge Frau nun verwitwet in das Schloss zuruckkehrt um ihr Erbe anzutreten Und den Ring der seinerseits ja wiederum ein Zeichen fur Verbundenheit darstellt und schliesslich Egons Liebschaft verrat kennt Graf Petofy ausgerechnet vom Tag seiner Werbung um Franziska her Ausdrucklich wird in dieser Szene die in der Wohnung der jungen Schauspielerin angesiedelt ist betont dass dem Ambiente alles russisch Patschulihafte fehlt das dem Klischee nach eigentlich zu einer jungen Schauspielerin gehort Vielmehr deutet Franziskas Wohnstatt auf den nuchternen Charakter der Bewohnerin hin Dagegen bewegt sich das Denken und Interesse des alten Grafen immer in der Buhnensphare und noch als er den Entschluss zum Selbstmord fasst stellt er fest dass er kein Storenfried sein will der Titel eines Stucks von Roderich Benedix Siehe auch BearbeitenEhebruch in der LiteraturLiteratur BearbeitenConrad Wandrey Theodor Fontane Beck Munchen 1919 Walter Muller Seidel Theodor Fontane Soziale Romankunst in Deutschland 2 durchgesehene Auflage Metzler Stuttgart 1980 ISBN 3 476 00454 6 Helmuth Nurnberger Zur Stoffgeschichte von Theodor Fontanes Roman Graf Petofy In Fontane Blatter Band 4 Heft 8 1981 ISSN 0015 6175 S 728 732 Lieselotte Voss Literarische Prafiguration dargestellter Wirklichkeit bei Fontane Zur Zitatstruktur seines Romanwerks Fink Munchen 1985 ISBN 3 7705 2228 1 Christian Grawe Graf Petofy In Christian Grawe Helmuth Nurnberger Hrsg Fontane Handbuch Kroner Stuttgart 2000 ISBN 3 520 83201 1 S 546 554 Ausgaben BearbeitenTheodor Fontane Graf Petofy In Deutsche Roman Bibliothek zu Uber Land und Meer 7 1884 S 649 654 673 684 697 707 721 732 S 745 755 769 779 798 805 Theodor Fontane Graf Petofy Roman 2 Bde Dresden F W Steffens 1884 Theodor Fontane Graf Petofy Hrsg Lieselotte Voss Stuttgart 1989 ISBN 3 15 008606 X Theodor Fontane Graf Petofy Roman Hrsg Petra Kabus Berlin 1999 ISBN 3 351 03119 X Grosse Brandenburger Ausgabe Das erzahlerische Werk Band 7 Weblinks BearbeitenGraf Petofy bei Zeno org Der Text von Graf Petofy online Figurenlexikon zu Graf Petofy von Anke Marie Lohmeier im Portal Literaturlexikon online Lenaus Gedicht Nach SudenEinzelnachweise Bearbeiten Theodor Fontane Graf Petofy Roman Abgerufen am 12 Juli 2022 Theodor Fontane Graf Petofy Roman Bd 1 2 Abgerufen am 12 Juli 2022 Regina Dieterle Hrsg Theodor Fontane und Martha Fontane Ein Familienbriefnetz De Gruyter Berlin New York 2002 ISBN 3 11 015881 7 S 658 Prosa Werke von Theodor Fontane Aus England Jenseit des Tweed Wanderungen durch die Mark Brandenburg Der Schleswig Holsteinsche Krieg im Jahre 1864 Der Deutsche Krieg von 1866 Kriegsgefangen Der Krieg gegen Frankreich 1870 71 Vor dem Sturm Grete Minde Ellernklipp L Adultera Schach von Wuthenow Graf Petofy Christian Friedrich Scherenberg und das literarische Berlin von 1840 bis 1860 Unterm Birnbaum Cecile Irrungen Wirrungen Stine Quitt Unwiederbringlich Frau Jenny Treibel Meine Kinderjahre Effi Briest Die Poggenpuhls Der Stechlin Von Zwanzig bis Dreissig Mathilde Mohring Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Graf Petofy amp oldid 224662734