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Die Bremer Burgerkompanien waren die Miliz der Stadt Bremen von 1605 bis 1814 Zunachst als militarische Einheiten aufgestellt ubernahmen die Burgerkompanien im 18 Jahrhundert immer mehr zivile Aufgaben Inhaltsverzeichnis 1 Ursprung 2 Neugliederung 1605 2 1 Vor und Neustadter Kompanien 3 Aufgaben der Burgerkompanien 3 1 Verteidigung 3 2 Wachtdienst 3 3 Weitere Aufgaben 4 Auflosung 5 Siehe auch 6 Literatur 7 EinzelnachweiseUrsprung BearbeitenSeit dem Mittelalter musste jeder wehrfahige Bremer Burger im Kriegsfall zur Verteidigung der Stadt zur Verfugung stehen und hierfur eigene Waffen und Ausrustung bereithalten Im 13 und 14 Jahrhundert bestand diese sogenannte Burgerrustung aus einem eisernen Helm einem mit Eisen beschlagenen Waffenrock oder Brustharnisch Arm und Beinschienen eisernen Handschuhen einem Schlachtschwert einem Spiess sowie einem Schild In regelmassig stattfindenden Waffenschauen und Ubungen wurde die Einsatzfahigkeit der Burger uberpruft Auf Grund des besonderen Wertes der Rustung und Waffen wurden diese in einem Sondererbrecht der Heergewette vollstandig dem altesten mannlichen Erben weitergegeben und nicht aufgeteilt 1 Im Laufe der Zeit etablierte sich die Organisation der wehrfahigen Burgerschaft in vier Mannschaften die den vier Kirchspielen oder Verendeels der Altstadt entsprachen Unser Lieben Frauen St Ansgarii St Martini und St Stephani Jede dieser Kirchspielmannschaften unterstanden dabei einem Hauptmann aus dem Bremer Rat und einem Fahnrich aus einer der ratsfahigen Familien der burgerlichen Oberschicht Die Einheiten waren nach Nachbarschaften in Rotten unterteilt die von je einem Rottmeister gefuhrt wurden dessen Eid aus der Zeit nach dem Aufstand der 104 Manner um 1532 uberliefert ist 2 Die militarische Ausbildung und die Kontrolle der Wachdienste oblang den Wachtmeister Aufgabe der Burgertruppen war neben der Verteidigung der Stadt im Kriegsfall die Bewachung der Stadtmauern und tore Fur Einsatze ausserhalb der Stadtgrenzen wurden vorwiegend Freiwillige und angeworbenen Truppen eingesetzt Uber den Wacht und Verteidigungsdienst hinaus waren die Burgertruppen auch fur die Brandbekampfung zustandig 1 Neugliederung 1605 BearbeitenDie Aufteilung der Truppen nach Kirchspielen und Rotten ohne weitere Untergliederung erwies sich im Laufe der Zeit auf Grund der unterschiedlichen Grossen der vier Quartiere als mangelhaft So hatte der Hauptmann des Martini Quartiers 17 Rotten zu befehligen der des St Stephani Quartiers hingegen 94 Auch wiesen Ausbildung und Disziplin der Einheiten Ende des 16 Jahrhunderts erhebliche Mangel auf so dass zu befurchten war dass die Burgertruppen einem Angriff durch eine erfahrene Soldnertruppe keinen nennenswerten Widerstand wurden entgegensetzten konnen Im Zuge des Achtzigjahrigen Krieges 1568 bis 1648 zwischen den Niederlanden und Spanien und der Eroberung des reformierten Lingen durch spanische Truppe im Jahr 1605 erlangte die Verbesserung der Verteidigungsbereitschaft der Stadt fur den Rat grosse Bedeutung So wurden die Befestigungen Bremens durch moderne Bastionen gestarkt und eine neue Wachtordnung verfasst die eine Neuorganisation der Kirchspielmannschaften beinhaltete Auch in den hanseatischen Schwesterstadten Hamburg und Lubeck wurde Anfang des 17 Jahrhunderts die als unzureichend erkannte Stadtverteidigung reformiert und ein Kompaniesystem eingefuhrt 1619 wurden die Hamburger Burgerkompanien aufgestellt und 1628 die Lubecker Burgerkompanien Die Neugliederung der bremischen Miliz die bis 1607 andauerte umfasste eine Unterteilung in 20 etwa gleich grosse Kompanien gefuhrt von je einem Leutnant bisweilen wurden die Kompaniekommandanten auch Kapitan genannt 3 Als weitere Offiziere fungierten pro Kompanie ein Fahnrich ein Wachtmeister ein Fuhrer ein Sergeant maior oder Sergeant senior und ein Sergeant minor oder Sergeant junior Jede Kompanie bestand wiederum aus 9 oder 10 Rotten mit einem Rottmeister oder Korporal als Anfuhrer Den Oberbefehl uber die Gesamtheit der Kompanien fuhrten die vier Wachtherren im Range von Hauptleuten aus dem Rat Sie ernannten auch die Offiziere und Unteroffiziere der Kompanien und waren fur Streit und Disziplinarfragen zustandig 4 Die Kompanien waren auf die vier Kirchspiele der Altstadt verteilt die gleichzeitig ihre Wachtquartiere bildeten d h die Tore und Abschnitte der Stadtbefestigung enthielten die sie zu bewachen hatten Die Einteilung der vier Wachtquartiere orientierten sich dabei an den Grenzen der Kirchspiele Viertel war jedoch nicht immer identisch mit diesen Zur Identifizierung wurden die 20 Kompanien mit Kennbuchstaben versehen jeweils zwei Kompanien mit aufeinanderfolgenden Buchstaben waren dabei zur selben Zeit zu einem Wachtturnus von zehn Tagen eingeteilt nbsp Zeitgenossische Darstellung der Offiziere einer Burgerkompanie aus Amsterdam Thomas de Keyser 1632 Verteilung der Kompanien und Rotten auf die vier Kirchspiele 4 Kirchspiel Kompanien Rotten KennungUnser Lieben Frauen 4 36 A C E GSt Ansgari 4 36 N P R TSt Martini 2 18 I LSt Stephani 10 95 B D F H K M O Q S UNeben der formalen Bezeichnungen mit Kennbuchstaben wurde eine Benennung der Kompanien nach markanten Orten und Platzen gebrauchlich z B Kompanie A als Kompanie am Markt Die Rotten hingegen wurden ublicherweise nach ihren Fuhrern benannt z B Berent Oelrichs Rotte Jede Kompanie verfugte ausserdem uber eine eigene Fahne und einen eigenen Wahlspruch wie etwa Noli me tangere lat Ruhr mich nicht an Concordia servat lat Einigkeit schutzt Der Schlussel zeigt die Freiheit an des Lowen Schwert den tapferen Mann Unter diesen Beschutzern sind wir sicher Freiheit ist s wonach wir streben bis wir unseren Geist aufgeben 5 Vor und Neustadter Kompanien Bearbeiten Auch in den Vorstadten Bremens wurden Anfang des 17 Jahrhunderts eigene Kompanien aufgestellt 1637 wurde die erste Vorstadter Kompanie gebildet und 1664 waren es bereits vier Eine funfte Kompanie wurde 1683 von den Burgern gebildet die vor dem Steinturm wohnten also ausserhalb der Landwehr die am Dobben entlanglief Sie war vom Wachtdienst befreit und wurde daher auch als Freikompanie bezeichnet Einen ahnlichen Sonderstatus hatten die Bewohner der Stephaniweide sowie die Bauernschaft in Utbremen und Pagentorn die auf Grund ihrer geringen Zahl jedoch keine eigene Kompanie bildeten Die Vorstadter Kompanien unterstanden nicht den vier Wachtherren der Altstadt sondern den Vorstadtherren Parallel zur Besiedelung des Gebietes der Neustadt auf dem linken Weserufer infolge des Ausbaus der Stadtbefestigungen wurde 1638 auch eine erste Neustadter Kompanie aufgestellt Ab 1654 waren es hier vier und ab 1691 dann funf Auch diese Einheiten unterstanden nicht direkt den Wachtherren sondern den Neustadtherren Neben den Burgerkompanien bestand in der Altstadt als Sonderformation seit alters her die Schutzenkompanie die aus den Jungmeistern der Handwerkszunfte gebildet wurde Sie galt als Eliteeinheit der Burgermiliz hatte jedoch nur 1664 Bestand Aufgaben der Burgerkompanien BearbeitenVerteidigung Bearbeiten Fur den Schutz der Stadt im Kriegsfall aufgestellt mussten die Burgertruppen im 16 und 17 Jahrhundert bei gleich drei Verteidigungsfallen zur Unterstutzung des aus angeworbenen Berufssoldaten bestehenden Bremer Stadtmilitars und der Schutzenkompanie eingesetzt werden der Belagerung Bremens im Schmalkaldischen Krieg 1547 sowie nach der Umstrukturierung im Ersten Bremisch Schwedischen Krieg 1654 und Zweiten Bremisch Schwedischen Krieg 1666 Wachtdienst Bearbeiten nbsp Bremer Befestigungen im 18 JahrhundertIn Friedenszeiten waren den Kompanien Wacht und Instandhaltungsaufgaben fur bestimmte Abschnitte und Tore der Stadtbefestigung zugeordnet so waren die Kompanien des Martini Quartiers fur das Tor an der Grossen Weserbrucke zustandig die des Liebfrauen Quartiers fur das Ostertor die des Ansgari Quartiers fur das Herdentor und die des Stephani Quartiers fur das Doventor In der sogenannten Wachtrolle wurden alle Burger verzeichnet die Wachtdienst zu leisten und Wachtgeld zu zahlen hatten Handwerker zahlten pro Jahr durchschnittlich ein bis drei Reichstaler vermogende Burger vier bis zehn Das Geld verblieb in die Wachtkassen der einzelnen Kompanien nur ein geringer Prozentsatz ging an die Wachtkammer des Rates Durch die unterschiedliche Finanzkraft der Kompaniebezirke und das Fehlen einer zentralen Abrechnungsstelle ergab sich eine ungleichmassige finanzielle Ausstattung der Kompanien wahrend einige Kompanien grosse Uberschusse erzielten mussten sich andere verschulden um ihre Aufgaben erfullen zu konnen Auch begunstigte dieses System Betrug und Streitigkeiten zwischen benachbarten Kompanien die regelmassig von den Wachtherren geschlichtete werden mussten Nur Einwohner der Stadt die den Burgereid abgelegt hatten durften den Wachtdienst an den Toren und auf den Wallen ubernehmen die fremden Berufssoldaten die zeitweise von der Stadt angeworben wurden waren davon ausgeschlossen 1 Um sich den Aufgaben der Wacht zu entziehen heuerten die wohlhabenden Mitglieder der Burgerkompanien nicht selten hauptberufliche Wachtganger an die an ihrer Stelle den Dienst antraten Der Ruf dieser Wachen war allerdings schlecht und ihre mangelhafte Tuchtigkeit wurde von der Stadt haufig kritisiert so urteilte etwa der Burgerkonvent 1665 dass sie besser mit der Bierkanne als dem Gewehr umgehen konnten 6 Weitere Aufgaben Bearbeiten Neben dem Verteidigungs und Wachtdienst wurden die Burgerkompanien auch zu reprasentativen Zwecken herangezogen insbesondere als Ehrengarde bei Staatsbesuchen und anderen besonderen Anlassen 7 Bereits seit dem Mittelalter gehorte daruber hinaus die Brandbekampfung zu den wichtigsten Aufgaben der Burgerwachen So halfen sie z B bei der Bekampfung des grossen Dom Brandes von 1656 8 Jede Kompanien besass hierzu eine Spritze und jede Rotte seit dem 16 Jahrhundert einen eigenen Brandmeister Die Kosten fur die Anschaffung und Instandhaltung der Spritze mussten aus der Kompaniekasse gezahlt werden Hatten die Burgerkompanien im 17 Jahrhundert noch hauptsachlich militarischen Aufgaben so dienten sie und die Verwaltungseinheit der Kompaniebezirke im 18 Jahrhundert mehr und mehr zivilen Aufgaben wie dem Einzug von verschiedenen Abgaben der Organisation des Armenwesens und der Gassenreinigung sowie dem Unterhalt der Brunnen der Brunnen des Kleinen Rolands wurde z B im Jahr 1737 von der 1 Neustadter Burgerkompanie gestiftet 9 Auflosung BearbeitenMit der franzosischen Besetzung Bremens im Jahr 1811 wurden die Burgerkompanien in ihrer bisherigen Form aufgelost und 12 neue Kompanien gebildet die im Wesentlichen nur noch fur die Brandbekampfung zustandig waren Nach Ende der franzosischen Zeit wurden die ursprunglichen Kompanien wiederhergestellt und fur Wachtaufgaben sowie bei der Entfestigung der Stadt gesetzt 1814 wurden sie jedoch endgultig aufgelost und durch eine Burgergarde ersetzt die allerdings keine militarischen Aufgaben mehr hatte Siehe auch BearbeitenBremer Stadtmilitar Bremer SchutzenkompanieLiteratur BearbeitenAndree Brumshagen Das Bremer Stadtmilitar im 17 und 18 Jahrhundert Staatsarchiv Bremen Bremen 2010 Johann Hermann Duntze Geschichte der freien Stadt Bremen Dritter Band Heyse Verlag Bremen 1848 S 401 ff Johann Focke Vom bremischen Stadtmilitar In Bremisches Jahrbuch Band 19 Bremen 1900 S 3 ff Klaus Schwarz Kompanien Kirchspiele und Konvent in Bremen 1606 1814 In Veroffentlichungen aus dem Staatsarchiv der Freien Hansestadt Bremen Band 37 Hrsg Karl H Schwebel Carl Schunemann Verlag Bremen 1969 Einzelnachweise Bearbeiten a b c Johann Georg Kohl Alte und neue Zeiten Episoden aus der Geschichte der Stadt Bremen C Ed Muller Bremen 1871 S 83 84 Klaus Schwarz Kompanien Kirchspiele und Konvent in Bremen 1606 1814 In Karl H Schwebel Hrsg Veroffentlichungen aus dem Staatsarchiv der Freien Hansestadt Bremen Band 37 Carl Schunemann Bremen 1871 ISBN 978 3 11 000041 2 S 10 Herbert Schwarzwalder Das Grosse Bremen Lexikon Edition Temmen Bremen 2003 ISBN 3 86108 693 X S 581 a b Klaus Schwarz Kompanien Kirchspiele und Konvent in Bremen 1606 1814 In Karl H Schwebel Hrsg Veroffentlichungen aus dem Staatsarchiv der Freien Hansestadt Bremen Band 37 Carl Schunemann Bremen 1871 ISBN 978 3 11 000041 2 S 13 Werner Koos Das Focke Museum in Bremen In Kulturgeschichtliche Museen in Deutschland Band 3 Walter de Gruyter Berlin 1969 ISBN 978 3 11 000041 2 S 25 Klaus Schwarz Kompanien Kirchspiele und Konvent in Bremen 1606 1814 In Karl H Schwebel Hrsg Veroffentlichungen aus dem Staatsarchiv der Freien Hansestadt Bremen Band 37 Carl Schunemann Bremen 1871 ISBN 978 3 11 000041 2 S 61 Peter Koster Chronik der Kaiserlichen Freien Reichs und Hansestadt Bremen 1600 1700 Temmen Bremen 2004 ISBN 3 86108 687 5 S 282 284 287 290 Peter Koster Chronik der Kaiserlichen Freien Reichs und Hansestadt Bremen 1600 1700 Temmen Bremen 2004 ISBN 3 86108 687 5 S 236 Herbert Schwarzwalder Das Grosse Bremen Lexikon Edition Temmen Bremen 2003 ISBN 3 86108 693 X S 736 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bremer Burgerkompanien amp oldid 227280560