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Birka und Hovgarden sind archaologische Fundstatten auf den zwei benachbarten Inseln Bjorko und Adelson im Malarsee in Schweden Birka war vom 8 bis zum 10 Jahrhundert der wichtigste Handelsplatz Skandinaviens und Hovgarden ein koniglicher Wohnsitz Beide geben Zeugnis vom Handelsnetz der Wikinger in den 200 Jahren in denen diese wirtschaftlich und politisch in Europa expandierten und wurden 1993 in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen Birka und HovgardenUNESCO WelterbeVertragsstaat en Schweden SchwedenTyp KulturKriterien iii iv Flache 437 121 haReferenz Nr 555UNESCO Region Europa und NordamerikaGeschichte der EinschreibungEinschreibung 1993 Sitzung 17 Inhaltsverzeichnis 1 Namensherkunft 2 Geschichte 3 Der Niedergang Birkas 4 Hovgarden auf Adelson 5 Archaologische Untersuchungen 6 Der Totenkult 7 Birka und Bjorko heute 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseNamensherkunft BearbeitenAnders als das schwedische Wort bjorko als Bezeichnung der heutigen Insel zunachst vermuten lasst bedeutete der Name ursprunglich nicht Birkeninsel Das altnordische Wort birk mit der Bedeutung Handelsplatz bezeichnet einen abgegrenzten Bereich fur den besondere Regeln und Rechte gelten altschwedisch bjaerkoa raetter Es geht auf westgermanisch bῑrek Bereich zuruck und ist mit friesisch birik Bereich verwandt 1 Birka wird gelegentlich als Schwedens erste Stadt bezeichnet auch wenn es zur Zeit seiner Blute noch kein Staatsgebilde namens Schweden gab sondern lediglich das Siedlungsgebiet der Svear Geschichte Bearbeiten nbsp Handelsplatze der WikingerzeitBereits vor dem 9 Jahrhundert n Chr entstanden in Nordeuropa Handelszentren der Wikinger und Warager darunter Ribe in Westjutland an der Nordsee Haithabu in Schleswig an der Ostsee und Staraja Ladoga in Russland am Ladogasee Birka wurde um 790 n Chr auf einer Insel im Malaren gegrundet damals einer Einbuchtung der Ostsee Die heutige Uferlinie des drittgrossten Sees Schwedens um Bjorko liegt infolge der postglazialen Landhebung etwa funf Meter tiefer als die damalige Kustenlinie Die Insel in geschutzter Lage war auf dem Wasserweg durch die Meerengen bei den heutigen Stadten Stockholm und Sodertalje mit der Ostsee verbunden Die Grundung des Handelsplatzes diente der Erweiterung und Kontrolle des Handels im Ostseegebiet der hauptsachlich auf Tauschgeschaften basierte und uber Schifffahrtsrouten erfolgte Gehandelt wurde in Birka neben Bernstein Pelzen und Geweihen auch Eisen aus dem heutigen Bergslagen Ausgrabungen brachten Spuren eines grosseren Siedlungsplatzes zutage rund 3000 Graber wurden gefunden Zu den Fundstucken zahlen Schmuckstucke Silbermunzen Glasperlen und Glasbecher sowie Seidetextilien Gewurze und Keramikgefasse Sie weisen auf ausgedehnte Handelsnetze beziehungsweise lange Reisen hin und wurden teils in weit entfernten Gegenden eingetauscht oder geplundert Objekte aus der Fruhzeit Birkas zeigen Kontakte mit den Herrschaftsgebieten der Araber wie etwa ein Ring mit eingravierten Kufi Schriftzeichen 2 sowie dem Khaganat der Chazaren spater auch zum Rheinland und Gebieten in West und Sudeuropa Ungefahr zwei Jahrhunderte war Birka ein bedeutender Handelsplatz fur Nordeuropa Die Siedlung hatte in ihrer Blutezeit etwa 700 Einwohner Auf der Nachbarinsel Adelson wurde spater ein Konigshof errichtet siehe Alsno hus Aus schriftlichen Quellen geht hervor dass der Monch Ansgar im Jahr 830 nach Birka kam um das Christentum zu verbreiten Er verbrachte dort anderthalb Jahre doch nur wenige Einwohner meist aus den unteren Schichten liessen sich taufen Eine zweite Missionsreise im Jahr 852 war noch weniger erfolgreich Der letzte christliche Priester auf Birka Bischof Unni verstarb laut Adam von Bremen im Jahr 936 und wurde dort begraben nbsp Rekonstruktion von Hausern nbsp Rekonstruktion von Hausern nbsp Rekonstruktion von Booten nbsp Ansgars Kreuz auf BirkaDer Niedergang Birkas BearbeitenEnde des 10 Jahrhunderts haben die Menschen Birka verlassen Die Grunde sind immer noch unklar Es sind keine Spuren einer Plunderung von Birka entdeckt worden allein die benachbarte Burg brannte ungefahr zu dieser Zeit Gleichzeitig wurde am Malaren auf dem Festland an der Fahrstrasse nach Alt Uppsala eine neue Siedlung angelegt das von Erik Segersall 970 gegrundete Sigtuna das Birkas Rolle als Handelsplatz ubernahm Sigtuna gilt heute als erste noch existierende Stadt Schwedens Hovgarden auf Adelson Bearbeiten nbsp Hovgarden Ruine Alsnohus und Adelso kyrka Marz 2008Auf der benachbarten nordlich gelegenen Insel Adelson im Hovgarden hatte der Konig seinen Wohnsitz Von hier aus regierte er das Geschehen auf Birka Es gab einen Hafen an dessen Einfahrt der Runenstein Hakanstenen errichtet war Hier gab es einen Thingplatz und in den grossen Hugelgrabern kungshogar wurden die verstorbenen Konige begraben Die weiter nordlich gelegene Wallburg Skansberget diente zum Schutz und der Verteidigung von Hovgarden Weiterhin befinden sich hier auch die Ruinen von Magnus Ladulas Palast Alsnohus aus dem 13 Jahrhundert und vermutlich eine der ersten Kirchen Schwedens aus dem 12 Jahrhundert Adelso kyrka Nach dem Ende Birkas wurde der Konigshof auf der Insel Adelson zwar weiterhin genutzt aber durch die Entvolkerung Birkas verlor er seine ursprungliche Bedeutung nbsp Die Kungshogarna Konigshugel von HovgardenArchaologische Untersuchungen Bearbeiten nbsp Karte der Insel Bjorko um 1700 nbsp Hjalmar Stolpes Aufzeichnungen von 1875 nbsp Ausgrabungen in der Schwarzen Erde 1991Die typischen Merkmale der Kulturlandschaft auf Bjorko sind die vielen Grabhugel mit ungefahr 2300 Grabern Sie umgeben die Siedlung Birka und die Burg in einem weiten Ring Es war wohl schon immer sehr verlockend diese Grabhugel zu untersuchen Die ersten dokumentierten Untersuchungen von Birka stammen aus der Zeit um 1680 und wurden von einem der ersten Reichsantiquare Schwedens Johan Hadorph 1630 1693 unternommen Er fand schwarze Kohle verbrannter Hauser auf denen die Bauern ihre fettesten Acker hatten Das waren die Ablagerungen des einstigen Siedlungsplatzes der auch heute noch Schwarze Erde svarta jorden genannt wird Hadorph war davon uberzeugt dass es sich hier um das Birka der Wikingerzeit handelte Der zu dieser Zeit beste Kartograf Carl Gripenhjelm 1655 1694 fertigte eine Karte von Bjorko und der Sudspitze von Adelso an Im Jahr 1825 begann ein schottischer Amateur Alexander Seton mit den ersten systematischen Ausgrabungen der Graberfelder Er grub drei Jahre lang eine Reihe von Grabhugeln durch und konnte zeigen wie jahrhundertelanger Ackerbau in Bjorko Dorf alle Spuren der fruheren Besiedlung zwischen der Burg und dem nordlichen Graberfeld Hemland ausgetilgt hatte Im Oktober 1871 kam Hjalmar Stolpe 1841 1905 ausgebildeter Entomologe auf die Insel um Bernstein zu suchen und um im Bernstein eingeschlossene Insekten zu studieren Er fand Bernstein naturlichen und bearbeiteten aber hauptsachlich machte er eine Reihe archaologischer Funde beispielsweise gespaltene Tierknochen die er als Speisereste deutete Stolpe grub untersuchte und dokumentierte zehn Jahre lang die Graberfelder und die Schwarze Erde Er legte den Grundstein fur alle kommenden Forschungen uber Birka Sein bedeutendster Fund war ein Silberschatz mit 450 islamischen Munzen die er 1872 fand Die Munzen lagen auf einem eisernen Teller zusammen mit einer grossen Anzahl silberner Schmuckstucke Die Funde Stolpes sind heute die Basis des schwedischen Dokumentarmaterials aus der Wikingerzeit Viele seiner magazinierten Funde sind bis heute noch nicht wissenschaftlich ausgewertet Weitere Untersuchungen folgten im 20 Jahrhundert Zwischen 1932 und 1934 suchte der schwedische Archaologe Holger Arbman vergeblich nach der Kirche Ansgars Von 1969 bis 1971 untersuchten Bjorn Ambrosiani und Birgit Arrhenius das Hafenbecken und wiederum die Schwarze Erde sowie Grabhugel Arrhenius konnte nachweisen dass schon zu Christi Geburt also wahrend der skandinavischen Bronzezeit der grosste Grabhugel angelegt wurde In den Jahren 1990 bis 1995 grub wiederum Bjorn Ambrosiani und sein Team in der Schwarzen Erde es waren die ersten professionellen und wissenschaftlichen Ausgrabungen die im eigentlichen Siedlungsgebiet stattfanden Seit 1996 hat Lena Holmquist Olausson Untersuchungen im Burgwall durchgefuhrt sowie in der Nahe des heutigen Dorfs Bjorko Seit 2008 wird erneut die Unterwasserpalisade im Hafenbecken von Marinearchaologen untersucht Standig wird das Bild von Birka und seinen Bewohnern vervollstandigt und berichtigt Der Totenkult BearbeitenSiehe auch Nordgermanische Religion nbsp Silberkreuze aus Frauengrabern in Birka aus dem 10 JahrhundertEnde des 19 Jahrhunderts liess Hjalmar Stolpe rund 1200 der etwa 3000 Graber untersuchen die als kleine Buckel in einem lichten Laubwald ostlich der Siedlung liegen Man fand Bronzegeschirr kostbares Glas Seide Schmuck Topferwaren und Waffen aber auch Speisen Getranke Kleidung und Tiere Die Bestatteten konnte man nach heutigen Begriffen durchweg als recht wohlhabend bezeichnen Zum typischen Frauenschmuck der Epoche wie er auch in den Frauengrabern von Birka gefunden wurde gehorten neben Armreifen Ringen und Spangen vor allem zwei grosse Fibeln mit denen ein Ubergewand zusammengehalten wurde sowie eine meist runde Fibel die den Mantel hielt Besonders reich war das Grab 854 ausgestattet Die Tote war mit ihrem Schmuck Ketten Spangen Fibeln und einem Eisenreif mit Thorhammern als Anhangern beerdigt worden Dazu hatte man ihr eine grosse Bronzeschussel ein Kastchen mit Kamm und glasernem Gnidelstein einen Weinkrug einen kostbaren glasernen Weinbecher aus dem Rheinland sowie zwei Eimer mit ins Grab gelegt Ein besonderes Stuck war eine geschnitzte Tafel aus Walknochen und ein runder glaserner Stein Solche Platten fanden sich in den Grabern von wohlhabenden Frauen vor allem in Norwegen aber auch in Danemark auf Orkney und in Schweden Um eine aktuelle Studie uber Knochen aus Birka ist eine wissenschaftliche Debatte entflammt Darin wurde behauptet neue DNA Analysen hatten ergeben dass in dem bereits im Jahr 1878 geoffneten Grab 581 eine hochrangige Kriegerin bestattet worden sei Das Grab enthielt neben einem Langschwert einer Streitaxt Speer und Pfeilen Schilden und einem Messer zwei Pferdeskelette mit Steigbugeln Eine genetische Verwandtschaft bestehe zu den Bewohnern des heutigen sudlichen Schwedens Englands Schottlands der Orkney Inseln und Norwegens sowie in geringerem Masse zu den Bewohnern Litauens und Lettlands 3 Heftige Kritik an dieser Studie wurde von Judith Jesch Professorin fur Wikingerstudien der Universitat Nottingham geaussert die methodische Mangel anprangert So bestehen Ungewissheiten uber die tatsachliche Herkunft der Knochen aus betreffenden Grab Ausserdem soll teilweise veraltete Literatur zitiert und angefuhrte Literatur falsch interpretiert worden sein 4 Mehr als die Halfte der Toten in den Grabhugeln Birkas wurden verbrannt d h nichtchristlich bestattet Der Leichenbrand des Verstorbenen zusammen mit verbrannten Grabbeigaben wurde oft in Keramikgefassen beigesetzt Man zeigte grosse Fursorge fur die Toten und glaubte an ein Leben nach dem Tode Die Grabhugel Birkas sind in einem weiten Bogen von Norden Hemlanden nach Suden hin nahe der Siedlung angeordnet was so zu deuten ist dass man seine Toten in der Nahe haben wollte Ein Teil der nicht christlich bestatteten Toten hatte Grabbeigaben mit christlichen Symbolen wie Silberkreuze und Kruzifixe Wieder andere Verstorbene wurden in Ost West Richtung unverbrannt und ohne Grabbeigaben begraben Birka und Bjorko heute Bearbeiten nbsp Lageplan von Birka auf Bjorko nbsp Ansgar Kapelle auf BjorkoAuf dem hochsten Punkt der Insel innerhalb der ehemaligen Wikinger Burg wurde im Jahr 1834 ein altertumliches Steinkreuz das Ansgar Kreuz zur Erinnerung an Ansgars ersten Besuch auf Bjorko errichtet Im Sudosten liegt die von Lars Israel Wahlman entworfene Ansgar Kapelle 1930 eingeweiht gebaut aus rotem Sandstein der Insel und mit Skulpturen des Bildhauers Carl Eldh geschmuckt Daneben befindet sich das Dorfchen Bjorko das nunmehr aus nur zwei Anwesen besteht und das vermutlich genauso alt ist wie Birka Seit 1993 stehen Birka auf Bjorko und das benachbarte Hovgarden auf Adelso auf der UNESCO Welterbeliste Im Jahr 1996 wurde in der Nahe des Gasthafens und der Landungsbrucke ein Museum eroffnet Die Ausstellungen im Museum knupfen an die Forschungsresultate uber Birka und die Wikingerzeit an Die Dauerausstellung besteht aus drei grossen Modellen die verschiedene Szenen aus dem taglichen Leben in Birka illustrieren Vom Museum gehen wahrend der Sommersaison verschiedensprachige Fuhrungen aus Ungefahr 200 Meter sudlich vom Museum in einer kleinen Bucht demonstrieren Archaologen den Hausbau der Wikinger sowie den Bootsbau und verschiedene Handwerkskunste Die meisten und wichtigsten Fundstucke befinden sich nicht im Birka Museum sondern aus Sicherheitsgrunden im Historiska Museet und im Koniglichen Munzkabinett in Stockholm Birka beziehungsweise Bjorko ist per Bootsfahrt durch die Scharen des Malaren erreichbar Mit dem Auto kann man auch bis zu Hovgarden auf Adelso fahren und von dort ein Boot nehmen Literatur BearbeitenBente Magnus Birka Zentralamt fur Denkmalpflege Stockholm 1999 ISBN 91 7209 152 5 pdf Birgit Arrhenius Emil Schieche Birka In Heinrich Beck Herbert Jankuhn Kurt Ranke Reinhard Wenskus Hrsg Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Bd 3 de Gruyter Berlin New York 1978 ISBN 3 11 006512 6 S 23 28 Birka Untersuchungen und Studien 1 Die Graber Tafeln 1940 Birka Untersuchungen und Studien 1 Die Graber Text 1943 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Birka und Hovgarden Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Eintrag auf der Website des Welterbezentrums der UNESCO englisch und franzosisch Uber Birka beim Swedish National Heritage Board Uber Birka beim The Swedish History museumEinzelnachweise Bearbeiten Reinhard Dzingel Friesen in der fruhmittelalterlichen Ostsee Moisburg 2012 PDF 650 kB Analysis and interpretation of a unique Arabic finger ring from the Viking Age town of Birka Sweden In Scanning 37 Jahrgang 2015 S 131 137 doi 10 1002 sca 21189 wiley com Charlotte Hedenstierna Jonson u a A female Viking warrior confirmed by genomics American Journal of Physical Anthropology 8 September 2017 doi 10 1002 ajpa 23308 Judith Jesch Let s Debate Female Viking Warriors Yet Again In http norseandviking blogspot co at 9 September 2017 abgerufen am 17 September 2017 englisch 59 334722222222 17 543055555556 Koordinaten 59 20 5 N 17 32 35 O Welterbestatten in Schweden Kulturerbe Konigliches Sommerschloss Drottningholm 1991 Wikingersiedlungen Birka und Hovgarden 1993 Eisenhutte Engelberg 1993 Felszeichnungen von Tanum 1994 Skogskyrkogarden Friedhof bei Stockholm 1994 Hansestadt Visby auf Gotland 1995 Kirchenbezirk Gammelstad in Lulea 1996 Marinehafen von Karlskrona 1998 Agrarlandschaft Sudolands 2000 Historische Industrielandschaft Grosser Kupferberg in Falun 2001 Radiostation Grimeton bei Varberg 2004 Struve Bogen 2005 Holzbauernhauser in der Provinz Halsingland 2012 Naturerbe Scharenkuste Hoga Kusten 2000 Kultur Naturerbe Arktische Kulturlandschaft Lapplands 1996 Siehe auch Welterbe in Schweden Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Birka und Hovgarden amp oldid 238544115