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Birgit Dressel 4 Mai 1960 in Bremen 10 April 1987 in Mainz war eine deutsche Leichtathletin im Siebenkampf Sie starb im Alter von 26 Jahren an einem durch Doping ausgelosten Multiorganversagen Ihr fruher Tod fuhrte in der Bundesrepublik zu einer medialen Debatte uber die Gefahrlichkeit der im Leistungssport ublichen Dopingpraxis wodurch erstmals auch grossere Teile der Offentlichkeit davon Kenntnis bekamen Die Umstande von Dressels Tod gelten als eine der grossten Tragodien des deutschen Sports und als herausragendes Beispiel fur die Vertuschung und Verdrangung von Doping Die schleppende Aufarbeitung und die Tatsache dass keiner der Verantwortlichen dafur zur Rechenschaft gezogen wurde sind bis heute wiederholt Gegenstand der Kritik Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Todesumstande 3 Aufarbeitung des Todesfalles 3 1 Unmittelbare Reaktionen zum Tod 3 2 Zusammenfassung und Kritik 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Verfilmung 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseLeben BearbeitenBirgit Dressel war die Tochter von Hermann Dressel 2010 einem Bremer Reedereikaufmann und ehemaligen Handballspieler der zu seiner aktiven Zeit dem B Kader der Nationalmannschaft angehort hatte und sich im Bremer Leichtathletik Verband ehrenamtlich engagierte Ihre Mutter Lisa Dressel 1997 war eine Korbballspielerin 1 2 Birgit Dressel betrieb zunachst in der LG Bremen Ost Leichtathletik wo sie noch heute im Jugend und Frauenbereich in verschiedenen Einzeldisziplinen mehrere Landesrekorde halt Stand 08 21 3 Im Junioren Landerwettkampf Polen Grossbritannien Bundesrepublik Deutschland 1976 mit je drei Athleten startete Dressel erstmals im Nationaltrikot 1977 war sie neben Holger Marten und Andre Cords eine von drei Kadern des Deutschen Leichtathletik Verbandes und wurde im folgenden Jahr Deutsche Jugend Hallenmeisterin im Hochsprung in Sindelfingen und im Juli des Jahres in Gottingen mit 1 84 m Deutsche Jugendmeisterin 1979 wurde Birgit Dressel Deutsche Juniorenmeisterin im Hochsprung Anfang der 1980er Jahre ging Dressel nach Mainz um an der dortigen Universitat ein Sportstudium aufzunehmen Fortan startete sie fur den USC Mainz 4 Bei den Deutschen Leichtathletik Meisterschaften 1982 belegte sie im Mehrkampf der Damen den dritten Platz bei den Hallen Meisterschaften 1983 im Hochsprung den zweiten Platz Wahrend der vom Ostblockboykott betroffenen 23 Olympischen Sommerspiele 1984 in Los Angeles erreichte sie als drittbeste Deutsche den neunten Platz im Siebenkampf Bei den Europameisterschaften 1986 in Stuttgart belegte sie im Siebenkampf mit 6487 Punkten den vierten Platz wobei sie im Hochsprung 1 92 m absolvierte Beim Deutschlandpokal 1986 startete sie fur den USC Mainz und loschte im Dreikampf 100 Meter Lauf Weitsprung und Kugelstossen mit 2627 Punkten den deutschen Rekord der bis dahin von Heide Ecker Rosendahl gehalten worden war Mit 6201 Punkten hielt sie 1987 die DLV Jahresbestleistung im Siebenkampf In ihrer zehnjahrigen Sportlerkarriere erreichte Dressel funf ADH Titel und wurde vier Mal Deutsche Meisterin Sie startete bei den Olympischen Sommerspielen 1984 und den Europameisterschaften 1986 und war Universiade Teilnehmerin 1981 1983 und 1985 Im Fruhjahr 1987 starb Birgit Dressel 26 jahrig nach plotzlich einsetzendem Multiorganversagen als Folge eines Kreislaufschocks Ursache war eine Schmerzmittel Uberdosierung mit der eine schmerzhafte Muskelverhartung als vermutliche Nebenwirkungen von Anabolika Doping behandelt werden sollte 1 5 Der Doping Experte Werner Franke sagte spater dazu dass Dressels Tod vermutlich zu verhindern gewesen ware wenn die behandelnden Arzte gewusst hatten dass sie Anabolika Praparate eingenommen hatte 4 DOSB Prasident Alfons Hormann bezeichnete Dressels Tod im Jahr 2017 als eine der grossten Tragodien des deutschen Sports 6 Birgit Dressel fand ihre letzte Ruhestatte auf dem Hauptfriedhof Mainz 7 Todesumstande BearbeitenAm 8 April 1987 fuhlte Birgit Dressel beim Kugelstoss Training Schmerzen in der linken Hufte und im Gesass Der erstbehandelnde Arzt ein Orthopade spritzte ihr das Lokalanasthetikum Xylonest und das Schmerzmittel Voltaren Am nachsten Nachmittag nahmen die Schmerzen zu und der Arzt gab ihr zwei Injektionen hoherdosiertes Voltaren sowie das Metamizol Praparat Baralgin Fur zu Hause erhielt sie den Thrombozytenaggregationshemmer Godamed ASS Tranquase 5 Diazepam und Optipyrin Zapfchen Paracetamol Codein Wegen starker Schmerzen nahm sie 10 bis 15 Godamed Tabletten ein Sie konsultierte zwei weitere Arzte die ihr ASS Heparin Creme und Eiswurfel verordneten Am Morgen des 10 April suchte sie der Orthopade auf diagnostizierte eine Nierenkolik und spritzte ihr Attritin Sie wurde in das Mainzer Uni Klinikum eingeliefert und zwei weitere Arzte verabreichten ihr intravenos Buscopan Am Nachmittag wurde Dressel in die Unfallchirurgie verlegt und vier weitere Arzte legten ihr einen Venentropf Buscopan gelost in Sterofundin Sie vermuteten einen Wirbelsaulenschaden Drei weitere Arzte erschienen wahrend Dressel uber grossen Durst klagte und sich ihre Lippen und Fingernagel blau verfarbten Zwei Nervenspezialisten wurden hinzugezogen als ihr Herz raste und sich die Atmung beschleunigte Ein siebenkopfiges Unfall Arzteteam erschien Dressel bewegte die Arme und offnete letztmals die Augen Sie erhielt eine Sauerstoffmaske wurde am Abend auf die Intensivstation verlegt und es wurde erstmals richtig eine toxische Reaktion diagnostiziert Die beiden letzten Arzte verabreichten ihr vier Bluttransfusionen hohe Dosen endogener Hormone und zuletzt Bicarbonat um ihren azidotischen Stoffwechsel auszubalancieren Drei Stunden nach Aufnahme in die Intensivstation starb Birgit Dressel 8 Zur Todesursache wurde ermittelt dass Dressel seit 1981 Patientin des Freiburger Sportmediziners Armin Klumper war 9 und zuletzt in 16 Monaten etwa 400 Spritzen erhalten hatte Sie erhielt das Anabolikum Stromba und nahm am Schluss die Hochstdosis von sechs Tabletten wochentlich ein 10 Ausserdem erhielt sie das Dopingmittel Megagrisevit 1 Im Februar 1987 hatte ihr Klumper 15 verschiedene Arzneimittel gespritzt darunter tierische Zellpraparate die zu Dauerimmunreaktionen des Korpers fuhrten 10 Dressel nahm 20 verschiedene Praparate von drei Arzten ein 11 Dressel hinterliess ihren Lebensgefahrten Thomas Kohlbacher der auch ihr Trainer war 1 Kohlbacher wollte 1995 keine Auskunft daruber geben ob er vom Doping Dressels gewusst habe weil er sich nicht selbst belasten wollte 12 Aufarbeitung des Todesfalles BearbeitenUnmittelbare Reaktionen zum Tod Bearbeiten Zwei Wochen nach dem Tod der Sportlerin zog das Bundesgesundheitsamt die Zulassung von 26 Schmerzmitteln zuruck und veranlasste spater die Zulassung aller injizierbaren Arzneimittel der Zellulartherapie ruhen zu lassen 13 Aufkommende Dopinggeruchte erwiderte Dressels betreuender Sportmediziner Armin Klumper mit Schuldzuweisungen in Richtung der behandelnden Arzte der Uniklinik Mainz die von den Medien bereitwillig kolportiert wurden Offentlich abgegebene Ehrenerklarungen zu Gunsten Birgit Dressels seitens ihrer Eltern der Athleten und fuhrender Sportfunktionare entsprachen der zunachst vorherrschenden Meinung eines bedauerlichen Einzelfalls in Form eines Allergieschocks der nicht auf den Einsatz verbotener Mittel im Leistungssport zuruckzufuhren war Drei Monate spater wurden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Mainz eingestellt ohne den Arzten ein schuldhaftes oder fahrlassiges Verhalten nachweisen zu konnen Die Todesursache wurde laut eines gerichtsmedizinischen Gutachtens auf einen toxisch allergischen Schock aufgrund einer Uberdosis Metamizol zuruckgefuhrt 14 Funf Monate nach Dressels Tod anderte sich das offentliche Klima als Der Spiegel aus dem bis dahin unter Verschluss gehaltenen Gutachten zitierte das von Birgit Dressel das Bild einer chronisch kranken und mit Hunderten von Arzneimitteln vollgepumpten jungen Sportlerin zeichnete Obwohl die Presse nun den Leistungssport und dessen sportmedizinische Betreuung zunehmend kritischer bewertete entzundeten sich die Debatten vorrangig an der Person Klumper der von bundesdeutschen Athleten als Guru verehrt und dessen verordnete Dauermedikation im Gutachten als zusammenhangend mit Dressels toxischem Schock dargestellt wurde Um der zunehmenden Verunsicherung zahlreicher Hochleistungssportler zu begegnen und einen generellen Reputationsverlust fur ihre Branche zu vermeiden beharrten fuhrende Sportmediziner auf der Einzelfallthese im Fall Dressels und stellten Klumper als Opfer einer Kampagne dar Im Gegensatz zu Kritikern von Klumpers Behandlungsmethoden fanden die Befurworter breite Unterstutzung von allerhochster Stelle der bundesdeutschen Sportfuhrung um NOK Prasident Willi Daume BAL Vorsitzenden Helmut Meyer und Emil Beck Chef der Trainerkommission des DSB Bereits zum Zeitpunkt des Falls Dressel war im bundesdeutschen Spitzensport die von internationaler Seite geforderte Einfuhrung von Dopingkontrollen im Training kontrovers diskutiert worden Indem die sportarztliche Verantwortung fur Dressels Tod geleugnet wurde konnte er nun zum Anlass genommen werden anstatt der Trainingskontrollen im Namen der Doping Pravention eine Intensivierung der sportmedizinischen Betreuung fur die Athleten zu fordern auch um ahnlich gelagerte Unglucksfalle in Zukunft auszuschliessen Getreu der Doktrin von der Autonomie des Sports ubernahm die Bundesregierung die Positionen der Sportverbande Interventionen seitens der Bundespolitik blieben aus 14 Zusammenfassung und Kritik Bearbeiten Der Todesfall Birgit Dressel wurde unzureichend aufgearbeitet es kam zu einem multiinstitutionellen Versagen 15 Zwei Strafanzeigen wegen fahrlassiger Totung und fahrlassiger Korperverletzung wurden ergebnislos eingestellt Die Staatsanwaltschaft Mainz kooperierte offenbar nicht mit der Staatsanwaltschaft Freiburg die zur selben Zeit eine Klage gegen Klumper in Freiburg u a wegen Rezeptbetrugs im grossen Stil vorbereitete Die zustandige Krankenkasse machte trotz Nachfragen des Juristen Joachim Linck und des Sportphysiologen Hans Volkhart Ulmer keine Anstalten die Rezeptierungspraktiken Klumpers oder auch anderer Arzte kritisch zu uberprufen 16 2012 endeten die letzten Untersuchungen ohne einen Prozess 6 2017 sprach Die Welt anlasslich von Dressels 30 Todestags davon dass Birgit Dressel fur eine Ara stehe in der die Bundesrepublik der DDR an Skrupellosigkeit in nichts nachstand Clemens Prokop seinerzeit Prasident des Deutschen Leichtathletik Verbandes sagte dass Dressel Opfer unverantwortlicher medizinischer Praktiken geworden sei Doping Experte Fritz Sorgel bezeichnete Dressels Tod als eine Folge des massiven Gebrauchs und Missbrauchs aller moglichen Stoffe Von harmlosen Nahrungserganzungsmitteln bis zu Dopingmitteln in Hochstdosen Dass niemand jemals fur Dressels Tod zur Verantwortung gezogen wurde nannte DOSB Prasident Alfons Hormann eine bittere und typische Erkenntnis aus dieser Zeit 6 Die Anti Doping Aktivistin Brigitte Berendonk schrieb dazu dass die deutschen Leichtathleten und der DLV Birgit Dressels Tod sowie das dabei amtlich dokumentierte und bekanntgewordene Anabolikadoping erstaunlich schnell verdrangt und gewissermassen als personlich peinlichen Einzelfall zu den Akten gelegt habe Die detaillierte Dokumentation von Dressels Dopingkonsum nannte Berendonk die Folge einer bedauerlichen Zufallskontrolle durch den Tod Fur den Doping Experten Gerhard Treutlein ist Dressels Tod ohne langanhaltende und abschreckende Wirkung geblieben Anstatt zu einem Mahnmal gegen Doping wurde ihr Tod zu einem Mahnmal fur die Scheinheiligkeit des Systems und der relevanten Handelnden 17 Siehe auch BearbeitenDoping in der Bundesrepublik DeutschlandLiteratur BearbeitenBrigitte Berendonk Doping Von der Forschung zum Betrug Rowohlt Reinbek 1992 ISBN 3 499 18677 2 S 255 258 Andreas Singler Gerhard Treutlein Doping im Spitzensport Sportwissenschaftliche Analysen zur nationalen und internationalen Leistungsentwicklung Teil 1 Meyer amp Meyer Aachen 2000 S 275 286 Andreas Singler Der Tod ist irreversibel Vor 20 Jahren starb die deutsche Siebenkampferin Birgit Dressel hat der Spitzensport daraus gelernt In Neue Zurcher Zeitung 7 8 April 2007 S 62 online Andreas Singler Lisa Heitner Armin Klumper und das bundesdeutsche Dopingproblem 8 3 7 Der Todesfall Birgit Dressel 1987 und das sich anschliessende multiinstitutionelle Versagen S 281 310 uni freiburg de PDF Verfilmung BearbeitenDernier stade deutsch Zielgerade Frankreich Belgien Schweiz Deutschland 1994 Regie Christian Zerbib 18 Weblinks BearbeitenZwei Frauen 100 Substanzen 1000 Wirkungen Chronik eines unangekundigten Doping Todes Von Alexa HenningsEinzelnachweise Bearbeiten a b c d Rutschbahn in den legalen Drogensumpf In Der Spiegel 7 September 1987 abgerufen am 29 August 2021 Hermann Dressel verstorben In leichtathletik de 4 Februar 2010 abgerufen am 5 September 2021 Rekorde und Bestleistungen PDF 80 kByte Bremer Leichtathletik Verband e V In Bremer LV S 23 abgerufen am 5 September 2021 a b Todliche Medizin In Der Tagesspiegel 10 April 2007 abgerufen am 29 August 2021 Doping in Westdeutschland Umsonst gestorben In Deutschlandfunk 9 April 2017 abgerufen am 29 August 2021 a b c Birgit Dressel Die Doping Schande des westdeutschen Sports In Die Welt 7 April 2017 abgerufen am 29 August 2021 30 Jahre nach dem Todesdrama Birgit Dressel nahm der BRD die Unschuld n tv 10 April 2017 abgerufen am 29 August 2021 Steve Buffery Why pro style hypocrisy no solution to doping 1 2 Vorlage Toter Link www canoe ca Seite nicht mehr abrufbar Suche in Webarchiven Toronto Sun 24 Juli 2000 Doping Eberhard Gienger Habe Anabolika genommen In FAZ 12 Mai 2006 abgerufen am 29 August 2021 a b Jens Steinigen Zivilrechtliche Aspekte des Dopings aus der Sicht des Spitzensportlers Weissensee Verlag Berlin 2003 PDF 305 kByte An Athlete Dying Young Time 10 Oktober 1988 Birgit Dressels Tod Schmerzliches Schweigen In FAZ 9 April 2012 abgerufen am 29 August 2021 Tod der Sportlerin Birgit Dressel durch mogliche Nebenwirkungen metamizolhaltiger Arzneimittel PDF 787 kByte Schriftliche Fragen mit den in der Woche vom 25 Mai 1987 eingegangenen Antworten der Bundesregierung In Deutscher Bundestag S 32 abgerufen am 5 September 2021 a b Dopingskandale in der alten Bundesrepublik Offentlicher Diskurs und sportpolitische Reaktionen In Bundeszentrale fur politische Bildung 30 Mai 2012 abgerufen am 4 September 2021 Andreas Singler Lisa Heitner Armin Klumper und das bundesdeutsche Dopingproblem PDF 9 0 MB 8 3 7 Der Todesfall Birgit Dressel 1987 und das sich anschliessende multiinstitutionelle Versagen In uni freiburg de S 281 abgerufen am 29 Juni 2019 vgl Singler Treutlein 2000 S 275 286 Singler 2007 Birgit Dressel Eine der grossten Tragodien des westdeutschen Sports In Die Welt 2 Mai 2020 abgerufen am 29 August 2021 Dernier stade in der Internet Movie Database englisch Normdaten Person VIAF 283644537 Wikipedia Personensuche Kein GND Personendatensatz Letzte Uberprufung 29 Mai 2022 PersonendatenNAME Dressel BirgitKURZBESCHREIBUNG deutsche Leichtathletin im SiebenkampfGEBURTSDATUM 4 Mai 1960GEBURTSORT Bremen DeutschlandSTERBEDATUM 10 April 1987STERBEORT Mainz Deutschland Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Birgit Dressel amp oldid 238908997