www.wikidata.de-de.nina.az
Echoortung bei Tieren auch Biosonar genannt ist eine von Tieren angewandte Sonderform der Echoortung Sie dient der Orientierung eines Tieres im Raum indem es aktiv Schallwellen aussendet und anschliessend das Echo aufnimmt und auswertet Diese Fahigkeit ist besonders ausgepragt bei Fledermausen die so Insekten orten ebenso bei Zahnwalen die mit der Echoortung Fischen nachstellen In primitiver Auspragung findet sich Echoortung bei einigen Insektenfressern und Vogeln Die Echoortung ermoglicht die Orientierung in lichtarmen Lebensraumen oder in der Nacht Beispielhafte Vertreter echoortender Tiergruppen Im Uhrzeigersinn Townsend Langohr Corynorhinus townsendii Grosser Tummler Tursiops truncatus Grosser Tenrek Tenrec ecaudatus Schwarznestsalangane Aerodramus maximus Inhaltsverzeichnis 1 Forschungsgeschichte 2 Allgemeines 3 Systeme zur Echoortung 3 1 Fledertiere 3 2 Zahnwale 3 3 Sonstige Tiere 4 Gegenstrategien von Beutetieren 5 BelegeForschungsgeschichte BearbeitenDer Italiener Lazzaro Spallanzani beobachtete 1793 dass Fledermause sich auch mit ausgestochenen Augen in der Dunkelheit orientieren konnen und der Schweizer Louis Jurine bewies 1794 experimentell dass Fledermause mit durch Wachs versiegelten Ohren in der Dunkelheit orientierungslos sind Beide postulierten eine Verbindung zwischen Orientierung in der Nacht und dem Horsinn doch offentlicher Zweifel von Georges Cuvier machte ihre Thesen bald vergessen Ab 1938 begannen die Wissenschaftler Donald R Griffin George W Pierce und Robert Galambos die Orientierung der Fledermause im Dunklen zu studieren Entscheidend bei ihren Untersuchungen erwiesen sich neu entwickelte piezoelektrische Kristalle mit deren Hilfe Ultraschall in fur den Menschen horbare Frequenzen gewandelt werden kann Griffin und seine Kollegen klarten den Ortungsmechanismus auf und pragten den Begriff Echoortung englisch echolocation 1 Echoortung bei Zahnwalen wurde 1947 erstmals vermutet und 1960 experimentell bestatigt 2 Allgemeines Bearbeiten nbsp Schema einer echoortenden FledermausAlle echoortenden Tiere nutzen das gleiche Prinzip Sie senden Schallwellen aus diese werden von Objekten in der Umgebung reflektiert und das Echo vom Ohr aufgenommen Das Gehirn verarbeitet die Informationen zu einem Bild der Umgebung und ermittelt die relative Position des Tieres zu umgebenden Objekten Dazu werden meist hochfrequente oft im Ultraschall liegende Laute verwendet da diese durch ihre kurze Wellenlange auch von kleinen Objekten zuruckgeworfen werden und eine hohere Auflosung ermoglichen Ein echoortendes Tier muss daher in der Lage sein hochfrequenten Schall wahrzunehmen Die relative Lage eines Objekts kann durch zwei grundlegende Parameter bestimmt werden Entfernung und Richtung Schall bewegt sich mit Schallgeschwindigkeit c S displaystyle c S nbsp fort aus der Differenz der Zeit zwischen Ausstoss des Schallsignals und Ankunft des Echos D t displaystyle Delta t nbsp kann das Tier auf die Distanz d displaystyle d nbsp zum Objekt schliessen 1 d c S D t 2 displaystyle d c S Delta t over 2 nbsp Die Lokalisation der Richtung Horereignisrichtung wird durch raumliches Horen ermittelt ohne dabei Schallwellen auszusenden Das Vorgehen hierbei unterscheidet sich von Tiergruppe zu Tiergruppe Dagegen erfordert Echoortung eine sehr schnelle Erregungsleitung im Nervensystem da ein echoortendes Tier in kurzer Zeit zahlreiche Signale verarbeiten muss und zur genauen Bestimmung von Entfernungen exakte Zeitunterscheidungen notig sind 1 Die Echoortung entstand bei mehreren Tiergruppen unabhangig voneinander konvergent Obwohl sie dazu verschiedene Organsysteme nutzen zeigt sich trotz nur entfernter Verwandtschaft eine starke Ahnlichkeit im Protein Prestin von Zahnwalen und Fledermausen Prestin ist fur die Empfindlichkeit und die Anpassung an bestimmte Frequenzen des Ohres verantwortlich 3 Systeme zur Echoortung BearbeitenFledertiere Bearbeiten nbsp Spektrogramm Rufe einer Zwergfledermaus Pipistrellus pipistrellus wahrend der Jagd Unmittelbar 150 Millisekunden vor dem Beutekontakt werden Rufabstand und dauer stark verkurzt Feeding Buzz Die Hauptfrequenz der Rufe liegt fur diese Art typisch bei ca 45 kHz Die zugehorige 20fach gedehnte Aufnahme kann als Audiodatei angehort werden source source source source Ortungsrufe einer Zwergfledermaus mit deutlich erkennbarem Echo Mit jedem der aufeinanderfolgenden Rufe verkurzt sich der Abstand zwischen Signal und Echo Die Rufe von Fledermausen liegen meist im Ultraschallbereich und sind damit fur Menschen nicht horbar Hier wurden sie mithilfe eines zeitdehnenden Fledermausdetektors in niedrigere Frequenzen umgewandelt Fledermause Microchiroptera erzeugen im Kehlkopf Ortungslaute im Frequenzbereich von je nach Art 8 160 kHz 4 Diese verlassen meist uber die Mundoffnung den Korper bei einigen Gruppen wie etwa den Hufeisennasen Rhinolophidae jedoch uber die Nase Bei solchen Fledermausen fokussieren besondere Auswuchse der Nase den Schall 1 Zum Auffangen des Echos besitzen Fledermause ein hoch entwickeltes Ohr und grosse Ohrmuscheln 4 Die vertikale Ausrichtung des Objekts zur Fledermaus bestimmen die Fledermause entweder durch vom Tragus verursachte Interferenzen oder durch das voneinander unabhangige Aufrichten und Absenken der Ohrmuscheln Die horizontale Herkunft des Echos ermitteln Fledermause durch den Unterschied von Ankunft und Signalstarke zwischen beiden Ohren Fledermause passen ihre Ortungsrufe der Entfernung ihrer Beute an Um entfernte Beute zu entdecken stossen sie schmalbandige wenige Frequenzen enthaltende lange Tone aus In der Nahe werden breitbandige viele Frequenzen enthaltende weniger als 5 ms dauernde Rufe genutzt die eine sehr exakte Lokalisation ermoglichen Auf diese Weise frequenzmodulierende Fledermause werden als FM Fledermause frequency modulated bezeichnet Einige Fledermause nutzen nur gleichbleibende Frequenzen sie werden als CF constant frequency klassifiziert Der Mittelohrmuskel der Fledermause kontrahiert beim Rufen Fledermause mussen also ihre Rufe kurz halten Sonst ware ihr Mittelohrmuskel bei Ankunft des Echos noch gespannt die Fledermaus also taub Bei vielen Arten ist die Echoortung so weit entwickelt dass die Grosse und Beschaffenheit eines Beutetieres sehr exakt bestimmt werden kann Die Entfernung konnen einige Arten durch Zeitunterscheidungen von offenbar nur 10 12 ns sehr genau ermitteln 4 1 Echoortende Fledermause entwickeln mit der Zeit durch Echoortung ein raumliches Gedachtnis Sie haben also ein dreidimensionales Bild ihres Lebensraums im Kopf und konnen sich damit orientieren auch wenn sie keine Ortungslaute ausstossen 5 Bei den nahe verwandten Flughunden Megachiroptera besitzt nur die Gattungsgruppe der Rosettenflughunde die Fahigkeit zur Echoortung Diese Flughunde produzieren ihre Laute nicht im Kehlkopf sondern erzeugen mit ihrer Zunge Klickgerausche von 0 6 1 ms Dauer und Frequenzen von 12 70 kHz 6 Zahnwale Bearbeiten nbsp Schnitt durch den Kopf eines Zahnwals hier ein Delfin Es gibt mehrere Theorien zur Schallerzeugung bei Zahnwalen Dabei hat sich bis heute noch keine vollends bestatigt Die wichtigsten Theorien uber die Erzeugung des Schalls und dessen Weiterleitung ins Wasser sind die Kehlkopftheorie und die Nasalsack Theorie wobei letztere die detailliertere und die wohl wahrscheinlichste ist Demnach sieht der Ablauf der Schallerzeugung folgendermassen aus Zahnwale Odontoceti erzeugen Laute mit einem Komplex aus Stimmlippen phonic lips und fettgefullten Sacken dorsal bursae die sich in den Nasengangen bzw deren Nahe befindet Das so erzeugte Gerausch wird in die Melone geleitet ein fettreiches Organ uber dem Oberkieferknochen das die Rundung der Stirn von Zahnwalen bedingt 7 Sie fokussiert den Schall Es gibt zwei Arten von Echoortungslauten Whistling und non whistling Whistling Zahnwale stossen schnelle Serien von klickartigen kurzen und schnell abnehmenden Lauten von 40 70 µs Dauer sehr hohen Frequenzen beim Schweinswal Phocoena phocoena z B 120 145 kHz und bis zu 225 dB aus Nur sehr wenige Arten der Zahnwale sind non whistling stossen zur Ortung also Laute von 120 200 µs Dauer und oft geringerer Frequenz als 10 kHz aus Das Echo fangt mangels Ohrmuscheln der hintere Teil des Unterkiefers auf Er ubertragt den Schall auf das anliegende Mittel und Innenohr die Frequenzen von uber 100 kHz wahrnehmen konnen Zwischen dem Auffangen des Schalls und der Erregung des Hirnstamms vergehen nur 7 10 µs wofur eine extrem schnelle Nervenleitung sorgt die trotz langerer Wege im Zahnwalkopf die Geschwindigkeit der Erregungsleitung einer Ratte ubertrifft Zahnwale haben keine Ohrmuscheln konnen aber dennoch raumlich horen da sie das Echo eines direkt vor ihnen liegenden Gegenstands am besten erreicht und der Schallstrahl nicht homogen ist aussere Schallwellen also anders beschaffen sind als die im Zentrum des Schallstrahls Auf diese Weise verfolgen Zahnwale ihre Beute meistens Fische Reichweite und Genauigkeit der Echoortung bei Zahnwalen sind nur mangelhaft erforscht In Versuchen konnten Grosse Tummler Tursiops truncatus auf 113 m Entfernung in 50 der Falle ein Objekt entdecken 2 Auch konnen Zahnwale hochstwahrscheinlich verschiedene Fischarten aus verschiedenen Richtungen richtig bestimmen 8 Wie auch Fledermause passen Zahnwale ihre Rufe der Entfernung zur Beute an im Vergleich zu Fledermausen sind ihre Ortungssignale aber generell deutlich kurzer um bei der hohen Schallgeschwindigkeit im Wasser eine hohe Auflosung beizubehalten 1 Sonstige Tiere Bearbeiten nbsp Eine amerikanische Spitzmaus Blarina brevicauda mit schlechtem Seh und Geruchssinn die sich durch Ultraschalllaute orientiert Einige weitere Tiergruppen nutzen einfache Formen der Echoortung unter anderem Spitzmause Gattungen Sorex und Blarina 9 Tenreks Ratten Schlitzrussler Solenodon der Fettschwalm Steatornis caripensis sowie einige Segler insbesondere Salanganen die oft in dunklen Hohlen ubernachten 1 Im Vergleich zu Fledermausen sind die Ultraschalltone von Spitzmausen leiser multiharmonisch und nutzen ein breiteres Spektrum Auch sind sie frequenzmoduliert Spitzmause konnen sich auf diese Weise wohl nur im Nahbereich orientieren 10 Viele Tierarten kommunizieren im Ultraschallbereich scheinen das Gehor jedoch nicht zur Echoortung zu nutzen Mause beispielsweise horen Tone im Spektrum bis zu 100 kHz Auch Menschen konnen lernen sich durch Echoortung zu orientieren Menschliche Echoortung Gegenstrategien von Beutetieren BearbeitenUm der Echoortung durch Fledermause zu entgehen entwickelte sich in mindestens sechs Ordnungen der Insekten die Fahigkeit zur Wahrnehmung von Ultraschall womit sie die Moglichkeit zur Flucht vor Fledermausen haben Dies erfolgt uber das Tympanalorgan Oft kommt es zu einer Art evolutionarem Wettrennen um Fahigkeiten zum Horen und Ausstossen von Signalen Koevolution einige Barenspinner Arctiidae konnen sogar selber Ultraschall ausstossen um Fledermause in der Echoortung zu storen 1 Nur von wenigen Fischen ist bekannt dass sie Ultraschall wahrnehmen und auf ihn mit Flucht reagieren z B der Maifisch Alosa alosa und einige weitere Heringsartige Fur mehrere Heringsartige wurde diese Fahigkeit jedoch experimentell widerlegt 11 Belege Bearbeiten a b c d e f g h G Jones Echolocation In Current Biology 15 13 2005 S 484 488 a b W W L Au Echolocation In W F Perrin B Wursig J G M Thewissen Hrsg Encyclopedia of Marine Mammals 2 Auflage Academic Press 2008 ISBN 978 0 12 373553 9 S 348 349 Y Li Z Liu P Shi J Zhang The hearing gene Prestin unites echolocating bats and whales In Current Biology 20 2 2010 S 55 56 a b c E Kulzer Chiroptera Fledertiere Flughunde und Fledermause In W Westheide R Rieger Hrsg Spezielle Zoologie Teil 2 Wirbel oder Schadeltiere Spektrum Akademischer Verlag 2004 ISBN 3 8274 0307 3 S 575 585 M Ulanovsky C F Moss What the bat s voice tells the bat s brain In PNAS 105 25 2008 S 8491 8498 R A Holland D A Waters J M V Rayner Echolocation signal structure in the Megachiropteran bat Rousettus aegyptiacus Geoffroy 1810 In The Journal of Experimental Biology 207 2004 S 4361 4369 A S Frankel Sound Production In W F Perrin B Wursig J G M Thewissen Hrsg Encyclopedia of Marine Mammals 2 Auflage Academic Press 2008 ISBN 978 0 12 373553 9 S 1057 1071 Y Yovel W W L Au How Can Dolphins Recognize Fish According to Their Echoes A Statistical Analysis of Fish Echoes In PLoS ONE 5 11 2010 S e14054 doi 10 1371 journal pone 0014054 T E Tomasi Echolocation by the Short Tailed Shrew Blarina brevicauda In Journal of Mammalogy 60 Jahrgang Nr 4 1979 S 751 9 doi 10 2307 1380190 JSTOR 1380190 B M Siemers G Schauermann H Turni S Von Merten Why do shrews twitter Communication or simple echo based orientation In Biology Letters 5 Jahrgang Nr 5 2009 S 593 596 doi 10 1098 rsbl 2009 0378 PMID 19535367 PMC 2781971 freier Volltext M Wilson H B Schack P T Madsen A Surlykke M Wahlberg Directional escape behavior in allis shad Alosa alosa exposed to ultrasonic clicks mimicking an approaching toothed whale In The Journal of Experimental Biology 214 2011 S 22 29 Normdaten Sachbegriff GND 4212407 4 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Echoortung Tiere amp oldid 235389884