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Unter Lokalisation versteht man das Erkennen von Richtung und Entfernung einer Schallquelle als Richtungshoren und Entfernungshoren also die Richtungslokalisation und die Entfernungslokalisation Damit ist die Lokalisation ein passiver Vorgang im Gegensatz zur Ortung die einen aktiven Vorgang beschreibt bei dem das Verhalten eines ausgesendeten Signals zur Lokalisation eingesetzt wird z B Sonar oder die Echoortung bei Tieren Benennung der drei Ebenenoben 1 Horizontalebene Transversalebene mitte 2 Medianebene Sagittalebene unten 3 FrontalebeneDie Lokalisation von Schallquellen ist ein Ergebnis sowohl des beidohrigen binauralen Horens in der Horizontalebene als auch des einohrigen monauralen Horens in der Medianebene Dieser Artikel beschreibt die Lokalisation von Schallquellen beim Menschen Bei Tieren spielen zum Teil noch andere Effekte eine Rolle zum Beispiel Einfluss von Ohrbewegungen Inhaltsverzeichnis 1 Prinzip der Lokalisation im Raum 2 Bestimmung der seitlichen Einfallsrichtung links geradeaus rechts 2 1 Auswertung bei tiefen Frequenzen 2 2 Auswertung bei hohen Frequenzen 3 Bestimmung der Einfallsrichtung in der Medianebene vorn hinten und oben unten 4 Bestimmung der Entfernung der Schallquelle 5 Psychoakustische Selektion 6 Lokalisation in geschlossenen Raumen 7 Technische Anwendungen 7 1 Stereofonie 7 2 Weitere Anwendungen 8 Literatur 9 Siehe auch 10 WeblinksPrinzip der Lokalisation im Raum BearbeitenIm Bild sind die moglichen Ebenen dargestellt die zur Lokalisation einer Schallquelle im Raum genutzt werden konnen Fur eine eindeutige Lokalisation sind aber nur folgende Angaben erforderlich ein Einfallswinkel in einer Halbebene ein Einfallswinkel in einer vollen Ebene eine EntfernungMit den ersten beiden Angaben kann man winkelmassig den gesamten Raum aufspannen Drehen der Halbebene um den Winkel der Vollebene Dieses entspricht auch dem Zusammenspiel der Mechanismen die das Gehor zur Lokalisation von Schallquellen benutzt Je nach den Mechanismen die das Gehor zur Lokalisation benutzt sind folgende Kategorien zu unterscheiden Halbebene Vollebene und Entfernung Bestimmung der seitlichen Einfallsrichtung des Schalls Hierzu wertet das Gehor Laufzeitdifferenzen und Pegeldifferenzen zwischen beiden Ohren aus Unterschieden werden hierdurch die Richtungen links geradeaus rechts Diese Mechanismen des Gehors konnen nicht zwischen vorne und hinten unterscheiden mit geradeaus ist hier nicht vorne gemeint Ein Einfallswinkel fur die gesamte Horizontalebene kann vom Gehor mit diesen Mechanismen nicht bestimmt werden Bestimmung der medianen Einfallsrichtung des Schalls in der Medianebene Hierzu wertet das Gehor Resonanzen des Aussenohrs aus Unterschieden werden hierdurch die Richtungen vorn oben hinten und unten aber nicht rechts und links Entfernung der Schallquelle Hierzu wertet das Gehor Reflexionsmuster und Klangfarben auch aus der Erinnerung aus Mit Hilfe der ersten beiden Mechanismen lasst sich der Raumwinkel bestimmen unter dem der Schall einfallt und mit Hilfe des letzten Mechanismus die Entfernung Fur die Auswertung einer Einfallsrichtung in der Frontalebene besitzt das Gehor keine direkten Mechanismen Schallquellen in der Frontalebene werden uber die Kombination der Mechanismen fur horizontalen Einfallswinkel und Medianebene lokalisiert Bestimmung der seitlichen Einfallsrichtung links geradeaus rechts BearbeitenZur Bestimmung der seitlichen Einfallsrichtung Schall links geradeaus rechts wertet das Gehor folgende Informationen als Ohrsignale aus Laufzeitdifferenz zwischen beiden Ohren als interaurale Laufzeitdifferenzen engl Interaural Time Difference ITD Schall von rechts erreicht das rechte Ohr eher als das linke Ohr ITDmax 0 63 ms Hierbei unterscheidet man zwischen der Auswertung von Phasenlaufzeiten bei niedrigen Frequenzen Auswertung von Gruppenlaufzeiten bei hohen Frequenzen Auswertung von frequenzabhangigen Pegeldifferenzen Pegelunterschieden zwischen beiden Ohren Interaural Level Difference ILD Schall von rechts besitzt am rechten Ohr einen hoheren Pegel als am linken da der Kopf das Signal am linken Ohr abschattet Diese Pegelunterschiede sind stark frequenzabhangig und nehmen mit steigender Frequenz zu Bei tiefen Frequenzen unterhalb von ca 800 Hz werden vor allem Laufzeitunterschiede ausgewertet Phasenlaufzeiten bei hohen Frequenzen oberhalb von ca 1600 Hz vor allem Pegelunterschiede Dazwischen liegt ein Uberlappungsbereich in dem beide Mechanismen eine Rolle spielen Die Qualitat der Richtungsbestimmung wird hiervon aber nicht beeintrachtigt Auswertung bei tiefen Frequenzen Bearbeiten Bei tiefen Frequenzen unterhalb 800 Hz sind die Abmessungen des Kopfes mit einer Wegstrecke d 21 5 cm von Ohr zu Ohr entsprechend einer Laufzeitdifferenz von 632 µs kleiner als die halbe Wellenlange des Schalls Die Pegelunterschiede sind hierbei so gering dass sie keine genaue Auswertung gestatten Frequenzen unterhalb von 80 Hz sind nicht mehr in ihrer Richtung zu lokalisieren Auswertung bei hohen Frequenzen Bearbeiten Bei hohen Frequenzen oberhalb von 1600 Hz sind die Abmessungen des Kopfes grosser als die Wellenlange des Schalls Hier kann das Gehor aus Phasenlaufzeiten die Richtung nicht mehr eindeutig bestimmen Dafur werden Pegelunterschiede grosser die dann auch vom Gehor ausgewertet werden Zusatzlich werden auch bei hoheren Frequenzen Gruppenlaufzeiten zwischen beiden Ohren ausgewertet Das heisst setzt ein Schall neu ein lasst sich aus der Verzogerung des Schalleinsatzes zwischen beiden Ohren die Richtung bestimmen Dieser Mechanismus ist in einer hallenden Umgebung besonders wichtig Bei Einsatz des Schalls gibt es einen kurzen Zeitraum in dem schon der Direktschall den Horer erreicht aber noch kein reflektierter Schall Das Gehor nutzt diesen Zeitraum der Anfangszeitlucke englisch initial time delay gap ITDG zur Richtungsbestimmung und behalt die erkannte Richtung bei solange aufgrund der Reflexionen keine eindeutige Richtungsbestimmung mehr moglich ist Diese Mechanismen konnen nicht zwischen vorne und hinten unterscheiden Entsprechend kann durch diese Mechanismen auch nicht die gesamte Horizontalebene aufgespannt werden Bestimmung der Einfallsrichtung in der Medianebene vorn hinten und oben unten BearbeitenDas Aussenohr des Menschen das heisst die Ohrmuschel und der Anfang des Gehorgangs wirken als richtungsselektive Filter In der Struktur der Ohrmuschel werden je nach Schalleinfallsrichtung in der Medianebene unterschiedliche Resonanzen angeregt Dieses fuhrt dazu dass jede dieser Richtungen vorne oben hinten unten ein unterschiedliches Resonanzmuster besitzt Der Frequenzgang der Ohren bekommt so richtungsspezifische Muster eingepragt die vom Gehor Gehirn System ausgewertet werden richtungsbestimmende Bander Diese Muster im Frequenzgang sind individuell je nach Form und Grosse der eigenen Ohrmuschel Bekommt man Schall uber Kopfhorer dargeboten der von einem anderen Kopf mit anderen Ohrmuscheln aufgenommen wurde wird die Erkennung der Richtung in der Medianebene nicht mehr problemlos moglich Beispiel Das uberwiegende Hinten Lokalisieren von Kunstkopfaufnahmen und die Im Kopf Lokalisation IKL Bestimmung der Entfernung der Schallquelle BearbeitenDie Bestimmung der Entfernung der Schallquelle ist beim Menschen nur eingeschrankt moglich Als Indizien fur die Entfernungsbestimmung im Nahbereich dienen zum Beispiel extreme Pegelunterschiede zum Beispiel beim Flustern in ein Ohr spezielle Resonanzmuster der Ohrmuschel im Nahbereich Zur Entfernungswahrnehmung konnen folgende Informationen genutzt werden Frequenzspektrum In Luft werden hohe Frequenzen starker gedampft als tiefe Daher wird eine Schallquelle je weiter sie entfernt ist umso dumpfer wahrgenommen die hohen Frequenzanteile fehlen Fur Schall mit bekanntem Spektrum zum Beispiel Sprache ist hieruber eine Einschatzung der Entfernung moglich Lautstarke Entferntere Schallquellen haben eine geringere Lautstarke als nahere Dieser Aspekt kommt insbesondere bei vertrauten Schallquellen wie sprechenden Menschen zum Tragen Bewegung Ahnlich wie beim visuellen System gibt es das Phanomen der Bewegungsparallaxe auch bei Schall Bewegt sich der Horer ziehen nahere stationare Schallquellen schneller an ihm vorbei als entferntere Schallreflexionen In Raumen erreichen zwei Arten von Schall unser Ohr Der Primarschall stammt direkt von der Schallquelle Der sekundare beziehungsweise reflektierte Schall stammt von Reflexionen des Schalls der Schallquelle an Wanden Aus dem Verhaltnis Primar zu reflektiertem Schall kann die Entfernung der Schallquelle abgeschatzt werden Anfangszeitlucke Die Anfangszeitlucke ist die Zeit die zwischen dem Eintreffen des Direktschalls und dem Eintreffen der ersten starken Reflexion liegt Schallquellen machen im Raum dann einen nahen Eindruck wenn die Anfangszeitlucke lang ist und der Raumschall im Verhaltnis zum Direktsignal geringen Pegel hat Sie machen einen entfernten Eindruck wenn die Anfangszeitlucke kurz oder nicht vorhanden ist und der Raumschallpegel im Verhaltnis zum Direktsignal hoch ist Psychoakustische Selektion BearbeitenDie Lokalisation von Schallquellen durch das menschliche Ohr erfolgt in sogenannten Frequenzgruppen Der Horbereich ist in etwa 24 Frequenzgruppen eingeteilt mit jeweils einer Breite von 1 Bark oder 100 Mel Zur Richtungsbestimmung werden die Signalanteile innerhalb einer Frequenzgruppe gemeinsam ausgewertet Das Gehor kann die Schallsignale einer lokalisierten Schallquelle aus Umgebungsgerauschen extrahieren Zum Beispiel kann sich das Gehor auf einen Sprecher konzentrieren wenn gleichzeitig andere Sprecher dazwischenreden Durch diese auch als Cocktail Party Effekt bezeichnete Fahigkeit werden Gerausche aus anderen Richtungen die die Wahrnehmung der gewunschten Schallquelle storen konnten stark abgeschwacht wahrgenommen Die Signalverarbeitung des Gehors erzielt hierbei Verbesserungen des Storabstands von etwa zu 9 bis 15 dB Storgerausche aus anderen Richtungen werden hierdurch nur noch halb bis ein Drittel so laut wahrgenommen wie sie in Wirklichkeit sind Lokalisation in geschlossenen Raumen BearbeitenIn geschlossenen Raumen wirkt nicht nur der Schall aus der Richtung der Schallquelle auf das Gehor ein sondern auch von den Wanden reflektierter Schall Zur Richtungsbestimmung wird aber nur der zuerst eintreffende Direktschall nicht aber der spater eintreffende reflektierte Schall vom Gehor ausgewertet Gesetz der ersten Wellenfront Hierdurch bleibt eine korrekte Richtungsbestimmung der Schallquelle moglich Hierzu wertet das Gehor starke zeitliche Anderungen der Lautstarke in verschiedenen Frequenzgruppen aus Kommt es zu einem starken Anstieg der Lautstarke in einer oder mehreren Frequenzgruppen handelt es sich mit grosser Wahrscheinlichkeit um den Direktschall einer Schallquelle die neu einsetzt oder deren Signal die Eigenschaften verandert Dieser kurze Zeitraum wird vom Gehor zur Richtungsbestimmung und auch Lautheitsbestimmung genutzt Spater eintreffende Reflexionen erhohen die Lautstarke in den betroffenen Frequenzgruppen nicht mehr so stark so dass hier keine neue Richtungsbestimmung erfolgt Die einmal erkannte Richtung wird dann so lange als Richtung der Schallquelle benutzt bis aufgrund von starkeren Lautstarkeanstiegen wieder eine neue Richtungsbestimmung moglich ist siehe Franssen Effekt Technische Anwendungen BearbeitenStereofonie Bearbeiten Die Stereofonie macht sich die Prinzipien der Lokalisation zunutze indem Schallereignisse aus mehreren Schallquellen so erzeugt werden dass sie beim Horer den Eindruck vermitteln die Schallquelle befande sich an einem anderen Ort Phantomschallquelle Bei der Lautsprecherstereofonie im Stereodreieck werden die Orte der Phantomschallquellen auf der Lautsprecherbasis durch die Horereignisrichtung als Auslenkung in Prozent aus der Mitte Center lokalisiert und angegeben Frequenzneutrale Interchannel Pegeldifferenzen und Interchannel Laufzeitdifferenzen fuhren durch Summenlokalisation zu verschiebbaren Phantomschallquellen Bei der Lautsprecherstereofonie sind Spektraldifferenzen das sind frequenzabhangige Pegeldifferenzen zu vermeiden weil diese zu Klangverfarbungen bei seitlichen Schalleinfallsrichtungen fuhren Bei der Stereo Lautsprecherwiedergabe werden fur eine Horereignisrichtung 100 entsprechend 30 Auslenkung aus der Richtung eines Lautsprechers eine Pegeldifferenz von etwa D L 18 dB 16 bis 20 dB und eine Laufzeitdifferenz von etwa D t 1 5 ms 1 ms bei hohen Frequenzen 2 ms bei Bassen benotigt Die Pegeldifferenzstereofonie erzeugt die grosste Lokalisationsscharfe Beim Horen mittels Kopfhorer werden fur die Erzeugung von Phantomschallquellen binaurale Tonaufnahmen verwendet Weitere Anwendungen Bearbeiten Die Prinzipien der Lokalisation werden im Militar beim Richtungshorer angewendet Auch bei Horgeraten kommen Selektionsmechanismen zur Anwendung Literatur BearbeitenDieter Stotz Computergestutzte Audio und Videotechnik 2 Auflage Springer 2011 ISBN 978 3 642 23252 7 Siehe auch BearbeitenBinaurale Tonaufnahme Tragus Tiere Weblinks BearbeitenLokalisation Echolot und seine Ortung PDF 59 kB Lokalisation und Ortung gibt es einen Unterschied PDF 42 kB Dissertation zum Thema Schalllokalisation PDF 11 MB Schallortung Auszuge aus VDI Zeitschrift Bd 80 Nr 33 V 158 1936 S 995 1000 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Lokalisation Akustik amp oldid 223651641