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Unter der Gruppenlaufzeit t g r displaystyle tau mathrm gr englisch group delay eines schmalbandigen Signals durch ein LZI System z B durch ein elektronisches Filter oder einen Ubertragungskanal versteht man die Verzogerung der Umhullenden dieses Signals Inhaltsverzeichnis 1 Veranschaulichung und Bedeutung 2 Definition 3 Mathematische Beschreibung 4 Beispiele 4 1 Tiefpass erster Ordnung 4 2 Akustik 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseVeranschaulichung und Bedeutung Bearbeiten nbsp Gruppenlaufzeit tgr beim Durchlaufen eines FiltersDie rechte Abbildung zeigt eine Wellengruppe vor bzw nach dem Durchlauf durch ein LZI System im Folgenden kurz System wie z B ein elektronisches Filter oder eine Ubertragungsstrecke Die sogenannte Einhullende ist als blau gestrichelte Linie eingezeichnet die Tragerfrequenz in violett und die Gruppenlaufzeit zwischen Eingangs und Ausgangssignal mit t g r displaystyle tau mathrm gr nbsp bezeichnet Die Gruppenlaufzeit korreliert mit dem zeitlichen Versatz der Einhullenden Die Durchlaufzeit einer Wellengruppe durch ein System hangt von den Eigenschaften des Systems und von der Tragerfrequenz der Wellengruppe ab Die Gruppenlaufzeit besitzt oft eine nicht lineare Abhangigkeit von der Frequenz Ist die Gruppenlaufzeit jedoch konstant dann ist die Durchlaufzeit verschiedener Wellengruppen zu unterschiedlichen Frequenzen gleich D h beim Passieren des Systems erfahren alle Wellengruppen die gleiche Verzogerung weshalb die relative Lage der Gruppen zueinander erhalten bleibt Aus diesem Grund zerfliesst ein Breitbandsignal beim Passieren eines solchen Systems nicht In Anlehnung an die optische Physik tritt quasi keine Dispersion auf Besitzt ein System einen linearen Phasengang dann weist es eine konstante Gruppenlaufzeit auf Eine konstante Gruppenlaufzeit ist z B bei Ubertragungsstrecken erwunscht damit der Phasenverlauf eines zu ubertragenden Nutzsignales bei der Ubertragung moglichst erhalten bleibt Die Ubertragungsfunktion eines Koaxialkabels besitzt beispielsweise in guter Naherung einen linearen Phasengang und damit eine konstante Gruppenlaufzeit Definition Bearbeiten nbsp Betrag und Phasengang eines BandpasssystemsDem System soll eine Ubertragungsfunktion H s s j w H j w displaystyle H s s j omega H j omega nbsp mit Betragsfrequenzgang H j w displaystyle H j omega nbsp und Phasengang f w displaystyle varphi omega nbsp zugrunde liegen so dass gilt H j w H j w exp j f w displaystyle H j omega H j omega cdot exp j varphi omega nbsp Bzw f w arg H j w displaystyle varphi omega arg H j omega nbsp Die Gruppenlaufzeit ergibt sich aus dem Phasengang durch t g r w d f w d w displaystyle tau mathrm gr omega frac mathrm d varphi omega mathrm d omega nbsp Bei gegebener Ubertragungsfunktion im Laplacebildbereich kann die Gruppenlaufzeit auch direkt ohne den Umweg uber die Phasendarstellung berechnet werden t g r w ℜ d H s d s H s s j w displaystyle tau mathrm gr omega Re left left frac dH s ds H s right right s j omega nbsp Mathematische Beschreibung BearbeitenZur Herleitung der Gruppenlaufzeit studiert man die Antwort eines Systems auf die Anregung mit einem Signal in der Form einer Wellengruppe Das anregende Signal soll ebenso wie die Antwort des Systems reell also nicht komplex sein Die Wellengruppe kann man als Produkt einer reellen Einhullenden mit einer reellen harmonischen Festfrequenz Tragerfrequenz be schreiben u 1 t u e t cos w 0 t displaystyle u 1 t u e t cos omega 0 t nbsp Das zugehorige Amplitudendichtespektrum lautet U 1 w 1 2 U e w w 0 U e w w 0 displaystyle U 1 omega frac 1 2 U e omega omega 0 U e omega omega 0 nbsp Der Betragsfrequenzgang der Einhullenden U e w displaystyle U e omega nbsp soll dabei auf einen hinreichend kleinen Frequenzbereich w w 1 displaystyle omega leq omega 1 nbsp beschrankt sein und ausserhalb dieses Bereiches hinreichend schnell verschwinden Hinreichend klein und schnell bedeutet in diesem Zusammenhang dass der Betragsfrequenzgang der Ubertragungsfunktion H i w displaystyle H i omega nbsp bzw der Phasenverlauf f w displaystyle varphi omega nbsp in den Bereichen w w 0 w 1 displaystyle omega omega 0 pm omega 1 nbsp und w w 0 w 1 displaystyle omega omega 0 pm omega 1 nbsp hinreichend gut durch lineare Funktionen angenahert werden kann Fur Systeme mit reeller Impulsantwort h t displaystyle h t nbsp ist der Betragsfrequenzgang eine gerade Funktion in w displaystyle omega nbsp In den Bereichen um w w 0 displaystyle omega pm omega 0 nbsp gilt daher naherungsweise H j w const displaystyle H j omega text const nbsp Fur Systeme mit reeller Impulsantwort h t displaystyle h t nbsp ist die Phase eine ungerade Funktion in w displaystyle omega nbsp In den Bereichen um w w 0 displaystyle omega pm omega 0 nbsp gilt daher naherungsweise f w a b w w 0 f u r w gt 0 a b w w 0 f u r w lt 0 displaystyle varphi omega left begin array lc a b omega omega 0 amp mathrm f ddot u r quad omega gt 0 a b omega omega 0 amp mathrm f ddot u r quad omega lt 0 end array right nbsp Die Konstanten a displaystyle a nbsp und b displaystyle b nbsp erhalt man durch Taylorentwicklung des Phasenganges Konkret gilt b d f d w w w 0 displaystyle b left frac d varphi d omega right omega pm omega 0 nbsp Durch Anwenden der Ubertragungsfunktion im Frequenzbereich auf die Wellengruppe und durch Fourier Rucktransformation unter den gemachten Voraussetzungen erhalt man am Ausgang des Systems die Antwort u 2 t const u e t b cos w 0 t a displaystyle u 2 t text const cdot u e t b cos omega 0 t a nbsp Man erkennt am Argument der Einhullenden dass b displaystyle b nbsp mit der Laufzeit der Gruppe im Zusammenhang steht Mit der Definition der Gruppenlaufzeit t g r w d f w d w displaystyle tau mathrm gr omega frac d varphi omega d omega nbsp identifiziert man b t g r w 0 displaystyle b tau mathrm gr pm omega 0 nbsp Damit ist die Einhullende der Gruppe genau um eine Gruppenlaufzeit nach Passieren des Systems verzogert Die Gruppenlaufzeit ist von der Phasenlaufzeit zu unterscheiden In diesem Beispiel betragt die Phasenlaufzeit t p h w 0 f w w w w 0 a w 0 displaystyle tau mathrm ph pm omega 0 left frac varphi omega omega right omega pm omega 0 frac a omega 0 nbsp Beispiele BearbeitenTiefpass erster Ordnung Bearbeiten Es soll die Gruppenlaufzeit eines Tiefpasses lineares kontinuierliches System erster Ordnung angegeben werden Dieses System kann beispielsweise als ein RC Glied implementiert werden Aus dem Frequenzgang H j w 1 j w w 3 d B 1 displaystyle H j omega frac 1 j frac omega omega 3 mathrm dB 1 nbsp ergibt sich der Phasengang zu f w arctan w w 3 d B displaystyle varphi omega arctan left frac omega omega 3 mathrm dB right nbsp Dabei ist w 3 d B displaystyle omega 3 mathrm dB nbsp eine filterabhangige Konstante Die Gruppenlaufzeit fur diesen Tiefpassfilter ergibt sich zu t g r w d d w arctan w w 3 d B 1 w 3 d B 1 1 w w 3 d B 2 displaystyle tau mathrm gr omega frac d d omega left arctan left frac omega omega 3 mathrm dB right right frac 1 omega 3 mathrm dB frac 1 1 frac omega omega 3 mathrm dB 2 nbsp Akustik Bearbeiten Eine moglichst frequenzunabhangige Gruppenlaufzeit ist auch in der Elektroakustik insbesondere fur eine naturgetreue Tonwiedergabe von Wichtigkeit Viele Komponenten einer Audiowiedergabekette wie beispielsweise die Lautsprecher Frequenzweichen Crossover verandern die Gruppenlaufzeit des Signals Aber auch die Architektur von Horraumen hat hier erheblichen Einfluss Akustische Resonatoren konnen die Gruppenlaufzeit ebenso beeinflussen wie Komponenten von Lautsprecheranlagen Hierbei ist es wichtig die Wahrnehmungsschwelle fur die Horbarkeit von Gruppenlaufzeitanderungen als Funktion der Frequenz zu kennen speziell wenn die Audiokette fur die Hi Fi Wiedergabe vorgesehen ist Tabellen sind bei Blauert und Laws 1 zu finden Frequenz Horbarkeitsschwelle500 Hz 3 2 ms1 kHz 2 ms2 kHz 1 ms4 kHz 1 5 ms8 kHz 2 msLiteratur BearbeitenAthanasios Papoulis The Fourier Integral and Its Applications McGraw Hill New York u a 1962 ISBN 0 07 048447 3 Auch ohne ISBN erschienen Karl Dirk Kammeyer Nachrichtenubertragung 3 Auflage Teubner Verlag Leipzig Wiesbaden 2004 ISBN 3 519 26142 1 Norbert Fliege Systemtheorie Teubner Verlag Stuttgart 1982 ISBN 3 519 06140 6 Weblinks BearbeitenGrafiken zur Gruppenlaufzeitmessung bei LautsprechernEinzelnachweise Bearbeiten Blauert J und Laws P Group Delay Distortions in Electroacoustical Systems Journal of the Acoustical Society of America Volume 63 Number 5 pp 1478 1483 May 1978Wellengeschwindigkeiten Phasengeschwindigkeit Gruppengeschwindigkeit SignalgeschwindigkeitPhasenlaufzeit Gruppenlaufzeit Signallaufzeit Normdaten Sachbegriff GND 4158457 0 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gruppenlaufzeit amp oldid 180701826