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Die Baikalrobbe Pusa sibirica Syn Phoca sibirica russisch Bajka lskaya ne rpa Baikalskaja Nerpa ist eine endemische Robbe des Baikalsees in Sibirien Als einzige Robbenart lebt sie ausschliesslich im Susswasser BaikalrobbeBaikalrobbe Pusa sibirica SystematikOrdnung Raubtiere Carnivora Unterordnung Hundeartige Caniformia ohne Rang Robben Pinnipedia Familie Hundsrobben Phocidae Gattung PusaArt BaikalrobbeWissenschaftlicher NamePusa sibirica Gmelin 1788 Baikalrobbe im Baikal Museum in ListwjankaBaikalrobben Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 2 Fortpflanzung und Lebenszyklus 3 Lebensweise 4 Verbreitung 5 Gefahrdung und Schutz 5 1 Massensterben 6 Evolution Systematik Taxonomie 7 Sonstiges 8 Literatur 9 Einzelnachweise 10 WeblinksMerkmale BearbeitenDie Baikalrobbe ist eine kleine Robbenart Angegeben werden etwa 140 cm Korperlange und ein Gewicht von 80 bis 90 Kilogramm 1 Extremwerte liegen zwischen 110 und 165 Zentimeter Lange bzw zwischen 50 und 130 Kilogramm 2 Das dichte Fell ist einfarbig dunkel silbergrau auf der Oberseite und hellgrau auf der Unterseite gefarbt das ungefleckte nur selten undeutlich gefleckte Fell ist ein wesentliches Merkmal der Art Die Einzelhaare sind an der Basis schwarz gefarbt mit grauer Spitze die Tiere wirken deshalb im nassen Zustand dunkel Der Korper der Tiere wirkt relativ breit er ist im Verhaltnis kurzer als bei den verwandten Arten Der im Verhaltnis grosse Kopf tragt ungewohnlich grosse Augen die die Proportionen des Kopfes dominieren 3 Dies wird als Anpassung an die optische Jagd im sehr klaren Wasser des Sees gedeutet Die Zahnform mit spitzen meist dreikronigen Molaren und Pramolaren wird als Anpassung an die Ernahrung als Fischfresser interpretiert Die Zahnformel ist I 3 2 C 1 1 P 2 2 M 3 3 34 Zahne Die Tasthaare Vibrissen sind prominent und zahlreich 45 bis 55 zusatzlich sitzen 5 grosse Vibrissen uber jedem Auge Die Vorderextremitaten sind kraftiger als bei den verwandten Arten mit kraftigen Klauen mit dreieckigem Querschnitt dies steht vermutlich mit dem Graben von Atemlochern im Eis in Verbindung 2 Fortpflanzung und Lebenszyklus BearbeitenBaikalrobben bringen ihre Jungen in selbst gegrabenen Gruben und in Rissen auf dem Eisschild des im Winter zugefrorenen Sees zur Welt Die Fortpflanzungsgebiete liegen im Nordteil des Sees der im Gegensatz zu den sudlicheren Teilen flach ist Wassertiefe etwa 2 bis 10 Meter Die Jungen werden auf dem zu diesem Zeitpunkt noch wachsenden Eisschild etwa von Ende Januar bis Anfang Februar an geboren mit einem Maximum Mitte Marz Die Muttertiere bevorzugen Eis von 30 bis 40 Zentimeter Dicke mit Rissen die Zugang zum Wasser ermoglichen Nur sehr selten weniger als 1 Prozent werden Junge auf Inseln geboren 4 Der Anteil der jahrlich reproduzierenden Weibchen wird mit 88 Prozent angegeben Baikalrobben haben wie ihre Verwandten zwei Brustwarzen mit Milchdrusen konnen also ein oder zwei Jungtiere aufziehen Der Anteil von Zwillingsgeburten zwei Jungtiere ist bei dieser Art fur Robben mit 4 Prozent hoch 2 Die Jungtiere werden anderthalb bis zwei Monate auf dem Eis gesaugt altere Jungtiere werden von der Mutter auch langer allein gelassen wahrend sie jagt Wahrend die Muttertiere auf dem Eis territorial sind schliessen sich altere Jungtiere zu grossen Schulen zusammen Spatestens nach drei Monaten sind die Jungtiere selbststandig Die Jungrobben sind bei der Geburt etwa 65 Zentimeter lang und zwischen 1 5 und 4 5 Kilogramm schwer die niedrigeren Zahlen bei Zwillingsgeburten sie nehmen sehr rasch an Gewicht zu etwa ein Kilogramm pro Tag Die Jungrobben tragen einen dichten weissen Pelz dies wird als kryptische Farbung auf der Eisoberflache gedeutet Der Fellwechsel zum Adultfell erfolgt nach vier bis sechs Wochen Bis zur Geschlechtsreife benotigen die Weibchen zwischen vier und sechs Jahre die Mannchen sieben Jahre Nach gemessenen Zuwachsstreifen in Zahnen und Klauen erreichen nur etwa zehn Prozent der Population ein Lebensalter von mehr als 20 Jahren das alteste im Freiland gefundene Individuum erreichte ein Lebensalter von 56 Jahren Die Befruchtung erfolgt im Marz oder April im freien Wasser 2 Mannliche Robben und nicht reproduzierende Tiere gehen nicht auf den Eisschild sondern bleiben im Wasser Sie legen zum Luftholen Atemlocher an die sie eisfrei halten Einzelne Tiere konnen ein Hauptloch und bis zu zehn Nebenlocher anlegen und unterhalten Adulte Tiere nutzen den gesamten See Sie schliessen sich zum Fellwechsel zur Zeit der Eisschmelze zu grosseren Gruppen von bis zu 1 300 Tieren auf dem Resteis zusammen Die ubrige Zeit des Jahres leben und jagen sie einzeln Lebensweise BearbeitenDie Nahrung der Baikalrobben besteht ausschliesslich aus Fischen unter den 29 bekanntermassen genutzten Arten vor allem aus Baikal Olfischen und Baikalgroppen Um diese zu erbeuten tauchen die Robben meist 10 bis 50 im Extremfall bis zu 300 m tief Die Tauchgange dauern meist 2 bis 4 Minuten im Extremfall bis 40 Minuten 5 Verbreitung BearbeitenDie Baikalrobbe ist Endemit des Baikalsees Nur manchmal wandern Einzeltiere in die zum See hinfliessenden Wasserlaufe bleiben aber niemals lange dort Sehr alte Angaben fur den nordostlich liegenden Oronsee die vermutlich auf den Naturforscher Georg Wilhelm Steller zuruckgehen sind heute nicht mehr deutbar Entweder ist die Art dort ausgestorben oder es liegt eine Fehlangabe vor 6 Obwohl auch andere Robben im Susswasser vorkommen wie manche Unterarten der Ringelrobbe und des Seehunds ist die Baikalrobbe die einzige Art die ausschliesslich im Susswasser lebt Gefahrdung und Schutz BearbeitenDie Baikalrobbe soll noch Ende des 19 Jahrhunderts angeblich Populationsgrossen in der Grossenordnung von einer Million Tiere erreicht haben Durch exzessive Bejagung soll ihr Bestand in den spaten 1980er Jahren auf 46 800 reproduzierende Weibchen nur diese lassen sich auf dem Eis zahlen abgesunken sein 4 Eine Zahlung vom Flugzeug und Eisbrecher aus in den Jahren 2005 2006 4 ergab eine jahrliche Produktion von Jungtieren in der Grossenordnung von etwa 20 000 Tieren und damit etwas niedriger als fruhere Schatzungen Die Populationsschatzungen sind allerdings unsicher und von der Untersuchungsintensitat und Zahlmethode abhangig Fruhere Schatzungen betrugen etwa 35 000 bis 40 000 Tiere 1967 68 000 bis 70 000 1978 2 Im Jahr 2008 wurde der Bestand von der Weltnaturschutzunion IUCN auf etwa 80 000 bis 100 000 Tiere 5 dabei zwar als fluktuierend aber langfristig stabil eingeschatzt Die IUCN fuhrt die Baikalrobbe in der Roten Liste gefahrdeter Arten deshalb als nicht gefahrdet Least Concern Wichtigster Pradator von Jungrobben sind Adlerarten insbesondere Seeadler Haliaeetus albicilla 2005 2006 wurden 2 200 Adler im Umkreis der Jungrobbenkolonien gezahlt die uberschlagig moglicherweise zehn Prozent der Jungrobben erbeuten konnen Der Wolf als weiterer Beutegreifer ist vermutlich weniger bedeutsam 4 Die Baikalrobbe ist anfallig fur die Staupe eine Viruserkrankung die von infizierten Hunden auf den Bestand ubertragen wird 1987 1988 wurden zwischen 5 000 und 10 000 Baikalrobben von dem Erreger getotet 7 Baikalrobben sind bekanntermassen als Spitzenpradatoren in hohem Masse durch Umweltgifte wie Polychlorierte Biphenyle PCB oder Dichlordiphenyltrichlorethan DDT belastet dadurch werden chronische Gesundheitsschaden wie eine Schadigung des Immunsystems angenommen In jungerer Zeit wird eine Bedrohung der Art durch veranderte Eisdynamik im Zuge des Klimawandels befurchtet 8 Allerdings hat die Art es auch vermocht fruhere Warmeperioden zu uberstehen 5 Die Baikalrobbe wird bis heute bejagt Die offizielle Jagdquote 2004 bis 2006 betrug etwa 2 000 Tiere weitere Verluste durch Wilderei oder Beifang der Fischerei in der Grossenordnung von 1 500 bis 4 000 Tieren werden angenommen Es werden demnach weitaus weniger Tiere gejagt als Ende der 1970er etwa 10 000 oder der 1980er Jahre etwa 4 000 bis 8 000 5 Massensterben Bearbeiten Seit Anfang November 2017 sind im Gebiet Irkutsk im Suden des Baikalsees sowie in der benachbarten Republik Burjatien am Ostufer uber 140 tote Baikalrobben angeschwemmt worden Um dem Phanomen auf den Grund zu gehen grundeten mehrere Behorden eine gemeinsame Kommission Bisher hatten Laboruntersuchungen keine Klarheit uber die Grunde gebracht Bekannt sei nur dass Krankheitserreger wie etwa Viren nicht gefunden worden seien Laut ersten Analysen starben die Robben durch Herzstillstand Auffallig war dass der Magen Darm Trakt vieler untersuchter Exemplare leer war 9 Evolution Systematik Taxonomie BearbeitenDer Status der Gattung Pusa wird nach wie vor kontrovers gesehen entweder als eigenstandige Gattung oder nur als Untergattung von Phoca Dementsprechend wird die Art auch von zahlreichen modernen Autoren Phoca sibirica genannt Seit der Entdeckung der Baikalrobbe ist es ratselhaft wie diese Art den Baikalsee kolonisiert haben kann Die Entfernung vom Baikalsee zum Weltmeer Laptewsee betragt in Luftlinie etwa 2 000 Kilometer uber die Flusse Angara und Jenissei sogar 3 800 Kilometer Der Baikalsee ist der alteste See der Erde die Region wurde direkt seit dem Jura nicht mehr vom Meer erreicht Auch das heute ahnlich isolierte Kaspische Meer ist Heimat einer nahe verwandten endemischen Robbenart der Kaspischen Robbe Nach der ersten Hypothese sind diese Robben des Binnenlands Reliktarten eines heute verschwundenen fruheren Randmeeres der Paratethys sie konnten demnach miozanes Alter besitzen Die andere Hypothese nimmt eine wesentlich spatere Neukolonisierung von Norden her wahrend des mittleren Pleistozan an als im Eiszeitalter in Sibirien riesige flache Seenplatten existierten die durch Eisdamme gestaut waren Molekulare Stammbaume anhand des Vergleichs homologer DNA Sequenzen der Baikalrobbe Kaspischen Robbe und verwandter Arten der Phocidae wie Ringelrobbe Pusa hispida und Kegelrobbe Halichoerus grypus erbrachten lange keine eindeutigen Resultate Nach ersten Resultaten erschien sogar die Monophylie der Gattung Pusa eher zweifelhaft 10 11 Nach neueren Erkenntnissen 12 sind diese Resultate vermutlich auf die enge Verwandtschaft und die noch unvollkommene genetische Aufspaltung lineage sorting der Arten zuruckzufuhren wie sich zeigte nachdem mehrere Individuen jeder Art in die Analyse einbezogen wurden Die wahrscheinlichste Hypothese ist demnach eine Abkunft der Arten des Binnenlands von der arktischen Ringelrobbe erst wahrend der Eiszeit Das Alter der Art ware demnach nur etwa 400 000 Jahre Die fossil nachgewiesenen Robbenarten der Paratethys wie Desmatophoca claytoni 13 waren demnach ausgestorben ohne Nachfahren zu hinterlassen Sonstiges BearbeitenAls letzter Zoo in Europa hielt der Zoo Leipzig bis 2013 eine weibliche Baikalrobbe Weitere Haltungen sind zurzeit nur aus Russland und aus Japan bekannt In Japan ist die Haltung der Baikalrobben recht verbreitet Im April 2006 gelang im Niigata Aquarium die weltweit erste erfolgreiche Nachzucht einer Baikalrobbe Literatur BearbeitenRonald M Nowak Walker s Mammals of the World 6th Edition Johns Hopkins University Press Baltimore 1999 ISBN 0 8018 5789 9Einzelnachweise Bearbeiten Thomas A Jefferson Marc A Webber Robert L Pitman Marine Mammals of the World A Comprehensive Guide to their Identification Elsevier 2008 ISBN 978 0 12 383853 7 a b c d e Jeanette Thomas Vladamir Pastukhov Robert Elsner Eugene Petrov Phoca sibirica Mammalian species No 188 published by the American Society of Mammalogists 1982 Hideki Endo Hiroyuki Sasaki Yoshihiro Hayashi Evageny A Petrov Masao Amano Naoki Suzuki Nobuyuki Miyazaki 1999 CT examination of the head of the Baikal seal Phoca sibirica Journal of Anatomy 194 119 126 a b c d Tero Harkonen Mart Jussi Mirgaly Baimukanov Anders Bignert Lilia Dmitrieva Yesbol Kasimbekov Mikhail Verevkin Susan Wilson Simon J Goodman 2008 Pup Production and Breeding Distribution of the Caspian Seal Phoca caspica in Relation to Human Impacts Ambio Vol 37 No 5 356 361 a b c d IUCN Red List Victor B Scheffer Seals Sea Lions and Walruses A Review of the Pinnipedia Stanford University Press 1958 Frances M D Gulland amp Ailsa J Hall 2005 The Role of Infectious Disease in Influencing Status and Trends In John E Reynolds III William F Perrin Randall R Reeves Marine Mammal Research Conservation Beyond Crisis Johns Hopkins University Press 2005 ISBN 978 0 8018 8255 5 Marianne V Moore Stephanie E Hampton Lyubov R Izmest eva Eugene A Silow Ekaterina V Peshkova Boris K Pavlov 2009 Climate Change and the World s Sacred Sea Lake Baikal Siberia Wellesley Biological Sciences Faculty Scholarship Paper 2 online Gefahrdete Baikalrobben sterben zu Dutzenden auf ratselhafte Art Neue Zurcher Zeitung 5 November 2017 abgerufen am 5 November 2017 Jukka U Palo amp Risto Vainola 2006 The enigma of the landlocked Baikal and Caspian seals addressed through phylogeny of phocine mitochondrial sequences Biological Journal of the Linnean Society 88 61 72 Ulfur Arnason Anette Gullberg Axel Janke Morgan Kullberg Niles Lehman Evgeny A Petrov Risto Vainola 2006 Pinniped phylogeny and a new hypothesis for their origin and dispersal Molecular Phylogenetics and Evolution 41 345 354 doi 10 1016 j ympev 2006 05 022 Tara Lynn Fulton amp Curtis Strobeck 2010 Multiple markers and multiple individuals refine true seal phylogeny and bring molecules and morphology back in line Proceedings of the Royal Society B 277 1065 1070 doi 10 1098 rspb 2009 1783 Tara L Fulton amp Curtis Strobeck 2010 Multiple fossil calibrations nuclear loci and mitochondrial genomes provide new insight into biogeography and divergence timing for true seals Phocidae Pinnipedia Journal of Biogeography 37 814 829 doi 10 1111 j 1365 2699 2010 02271 xWeblinks Bearbeiten nbsp Commons Baikalrobbe Album mit Bildern Videos und Audiodateien Pusa sibirica in der Roten Liste gefahrdeter Arten der IUCN 2010 Eingestellt von Burkanov V IUCN SSC Pinniped Specialist Group 2008 Abgerufen am 25 April 2010 The Face of Baikal Nerpa von Wladimir D Pastuchow Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Baikalrobbe amp oldid 229508796