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Atemantrieb ist ein Begriff aus der Physiologie und beschreibt die fur die Beluftung der Lungen notwendigen Nervenimpulse Der Atemantrieb wird im Gehirn durch Neuronen des sogenannten Atemzentrums im verlangerten Mark Medulla oblongata gesteuert und dient vorrangig der Regulierung der im Blut gelosten Gase Sauerstoff O2 und Kohlendioxid CO2 Bei einem verstarkten Atemantrieb wird das Atemminutenvolumen gesteigert indem die Atemzuge haufiger und tiefer werden also die Atemfrequenz erhoht und das Atemzugvolumen vergrossert wird Durch die starkere Lungenbeluftung wird ein besserer Gasaustausch zwischen Atemluft und Blut uber die Wand der Lungenblaschen ermoglicht und so erreicht dass mehr CO2 abgegeben und mehr O2 aufgenommen werden kann Inhaltsverzeichnis 1 Regelmechanismus 2 Chemosensoren 3 Signaltransduktion 4 Komponenten des Atemantriebs 5 Storungen 6 LiteraturRegelmechanismus BearbeitenZu einem physiologisch erhohten Atemantrieb kommt es wenn der physikalisch im Blut geloste Anteil von Sauerstoff absinkt erniedrigter O2 Partialdruck oder der geloste Anteil von Kohlendioxid ansteigt erhohter CO2 Partialdruck oder das Blut saurer wird erniedrigter pH Wert Der Sauregrad als Konzentration von Wasserstoffionen H und die Konzentrationen der Atemgase im arteriellen Blut des Korperkreislaufs werden kontinuierlich uberwacht Hierfur gibt es am Aortenbogen und an der Gabelung der beiden Halsschlagadern spezialisierte Zellen die mit kleinen Blutgefassen und Nervenendigungen eine knauelformige Struktur bilden Glomus Plural Glomera genannt Diese Rezeptorzellen registrieren Veranderungen des Partialdrucks sowohl von Sauerstoff pO2 wie auch von Kohlendioxid pCO2 sowie des Sauregrades pH Wert als chemische Reize Sie sind somit Chemorezeptoren und heissen Glomuszellen oder Hauptzellen der Glomusorgane deren Strukturen lateinisch als Glomus caroticum beziehungsweise Glomera aortica bezeichnet werden Die Glomuszellen stehen in synaptischem Kontakt mit Nervenfasern des Nervus vagus am Aortenbogen und des Nervus glossopharyngeus an den Halsschlagadern die Signale zum sogenannten Atemzentrum in der Medulla oblongata leiten Dort liegen die Neuronengruppen von Regulationszentren die zum Beispiel den Atemrhythmus und die Atemtiefe bestimmen Sie nehmen Einfluss auf die sogenannten respiratorischen Motoneurone deren Impulse uber efferente Nervenfasern zur Atemmuskulatur geleitet werden Damit konnen chemische Atemreize uber einen erhohten Atemantrieb mit einer verstarkten Atemtatigkeit beantwortet werden Fur eine stark erhohte Atemtatigkeit mussen mitunter alle fur das Einatmen inspiratorisch oder fur das Ausatmen exspiratorisch wirksamen Atemmuskeln im Wechsel aktiviert werden Neben den eigentlichen Atemmuskeln dem Zwerchfell als wichtigstem Muskel des Einatmens und den jeweils inspiratorisch oder exspiratorisch wirkenden Zwischenrippenmuskeln Interkostalmuskeln kommen dann zusatzliche den Brustkorb verandernde Muskeln als Atemhilfsmuskulatur zum Einsatz Andere lebenswichtige Ablaufe werden dem Rhythmus der Atmung angepasst und uber medullare Neuronengruppen weiterer Regulationszentren darauf abgestimmt so zum Beispiel auch die Herztatigkeit und damit Blutdruck und Blutstrom fur den Transport der Atemgase im Kreislauf Chemosensoren BearbeitenDie arteriellen Chemosensoren sind Rezeptorzellen die auf Anderungen des Sauerstoffpartialdrucks pO2 und der Wasserstoffionenkonzentration pH des umgebenden Blutes ansprechen Der Kohlendioxidgehaltes des Blutes wird in den Glomuszellen nicht direkt sondern mittelbar uber pH Wert Veranderungen erfasst Das uber die Zellmembran ins Cytosol diffundierte Kohlendioxid reagiert katalysiert durch die Carboanhydrase mit Wasser zu Hydrogencarbonat und Wasserstoffionen deren intrazellulare Konzentrationsanderung dann den Reiz darstellt Ausser den peripheren Chemosensoren in den Glomera aortica und carotica gibt es zentrale der Medulla oblongata die keinen direkten Kontakt mit Blut haben sondern mit Liquor Kohlendioxid diffundiert uber die Blut Hirn Schranke in diese Rezeptorzellen und wird ahnlich wie in den peripheren Glomuszellen zu Hydrogencarbonat und Wasserstoffionen umgesetzt Diese zentralen Chemosensoren reagieren besonders auf einen CO2 Anstieg und pH Abfall im Liquor weniger sensitiv auf den Blut pH Wert und kaum auf O2 Partialdruckanderungen Damit unterscheiden sich peripher vermittelter und zentraler Atemantrieb auch qualitativ Signaltransduktion BearbeitenDie Transduktion des Reizes in ein Signal der Chemosensoren beinhaltet eine Blockade solcher Kaliumkanale die an der Aufrechterhaltung des Ruhemembranpotentials beteiligt sind Eine Blockade dieser Ionenkanale in der Zellmembran wird durch einen erniedrigten O2 Partialdruck und durch eine erhohte Wasserstoffionenkonzentration pH Abfall bzw pCO2 Anstieg bewirkt Damit kann das zellulare Ruhemembranpotential nicht mehr aufrechterhalten werden Die Folge ist eine Anderung des Membranpotentials beziehungsweise die Depolarisation der Zelle wodurch sich spannungsabhangige Calciumkanale offnen Die durch den Einstrom erhohte Konzentration von Calciumionen fuhrt zu einer verstarkten synaptischen Aktivitat Die gebildeten Nervenimpulse des zugeordneten afferenten Neurons werden uber dessen Nervenfaser weitergeleitet an die medullaren Neuronen der Regulationszentren Komponenten des Atemantriebs BearbeitenDer Atemantrieb wird primar uber den CO2 Partialdruck reguliert Bereits geringfugige Anderungen des CO2 Partialdrucks werden mit entsprechend veranderter Atmung beantwortet Schon bei einem Partialdruck der den Normalwert im arteriellen Blut nur gering ubersteigt kommt es zu einer erheblichen Steigerung des Atemminutenvolumens sinkt der Partialdruck wieder so wird auch die Atemtatigkeit wieder verringert Eine vermehrtes Abatmen von Kohlendioxid bedeutet eine Senkung des Kohlendioxidgehalts im Blut und damit unmittelbar auch eine Anderung seines pH Wertes Daher spielt die Atmung auch eine Rolle bei der Regulation des Blut pH Wertes der physiologisch im engen Bereich von 7 36 bis 7 44 gehalten wird Durch forcierte Atmung im Sinne einer Hyperventilation kann eine respiratorische Alkalose entstehen Umgekehrt kann eine aufgetretene metabolische Azidose uber eine gesteigerte Atmung kurzfristig normalisiert werden Langfristig wird der pH Wert uber eine veranderte Ausscheidung im Urin durch die Nieren reguliert Bei einem sehr niedrigen O2 Partialdruck wird dieser Parameter zunehmend bedeutsamer fur den Atemantrieb Insbesondere bei schweren respiratorischen Storungen wie Emphysem oder Odembildung in der Lunge Das liegt daran dass chronisch erhohte CO2 Gehalte im Blut zu einer Gewohnung Adaptation der Chemosensoren an diesen Reiz fuhren Die Atemantwort fallt dann deutlich schwacher aus als im akuten Stadium Um ausreichend Sauerstoff aufnehmen zu konnen wird die Atemtatigkeit starker an den O2 Partialdruck gekoppelt Problematisch wird diese Adaptation wenn Patienten mit chronisch erhohtem CO2 Partialdruck und gleichzeitig niedrigem O2 Partialdruck beispielsweise uber eine Nasensonde zu viel Sauerstoff bekommen Dadurch kann der Atemantrieb sogar nahezu ausfallen und mit dem in Folge stark erhohten CO2 Partialdruck fallt dann der pH Wert steil ab In schweren Fallen einer respiratorischen Insuffizienz etwa bei einer COPD im Endstadium ist eine Intubation und intensivmedizinische Behandlung notig Storungen BearbeitenStorungen in der Lunge konnen bei der Beluftung Ventilation der Durchblutung Perfusion oder dem Gasaustausch Diffusion auftreten Bei Veranderungen des Lungengewebes mit erschwerter Diffusion z B Pneumonie Lungenodem tritt zunachst ein Sauerstoffmangel auf Hypoxamie Erst bei deutlich verminderter Beluftung Hypoventilation kommt es daruber hinaus zu einem Anstieg des CO2 Partialdrucks Hyperkapnie Grund dafur ist der im Vergleich zu O2 ungefahr zwanzigmal hohere Diffusionskoeffizient fur CO2 Eine Storung des CO2 Austauschs tritt daher in der Regel spater ein Wahrend Patienten mit reiner Hypoxamie von einer massigen Sauerstoff Gabe profitieren benotigen Patienten mit einer Hyperkapnie in der Regel eine ventilatorische Unterstutzung nicht invasive oder invasive mechanische Beatmung Bei Patienten die wegen Lungenerkrankungen wie z B COPD mit einem dauerhaft erhohten Kohlendioxidgehalt des Blutes leben kommt es zur Adaptation sodass die Atmung kaum mehr uber einen Anstieg des Kohlendioxidgehaltes angetrieben wird sondern wesentlich uber ein Absinken des Sauerstoffgehaltes im Blut beziehungsweise eine Hypoxamie Bei solchen Patienten kann daher bei Atemnot die unkontrollierte Zufuhr von medizinischem Sauerstoff zu einer Abnahme des Atemantriebs bis hin zum Atemstillstand fuhren Beim Schwimmbad Blackout fuhrt ein erniedrigter Kohlendioxidgehalt im Blut zur Abnahme des Atemantriebes obwohl bereits ein kritisch niedriger Sauerstoffgehalt vorliegt Literatur BearbeitenChristian Hick Physiologie 4 uberarb und aktualis Auflage Urban amp Fischer Bei Elsevier 2002 ISBN 3 437 41891 2 Brandes Lang Schmidt Physiologie des Menschen 32 Auflage Springer Lehrbuch 2019 ISBN 978 3 662 56467 7 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Atemantrieb amp oldid 234008748