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Archon griechisch ἄrxwn archōn Herrschender koptisch arkhōn Plural Archonten ist in der antiken Gnosis die Bezeichnung fur niedere boswillige Geistwesen die zwar mittelbar von Gott abstammen aber ihn nicht kennen und nicht in seinem Sinn handeln Nach der gnostischen Theologie ist die Gottheit absolut ausserweltlich Das Wesen dieses Gottes ist dem des Universums fremd Er hat die Welt nicht geschaffen und regiert sie nicht vielmehr bildet seine Natur zu der ihren einen vollkommenen Gegensatz Gott befindet sich in seinem fernen Reich des Lichts wahrend der Kosmos das Reich der Finsternis darstellt 1 Die Archonten sind als Gruppe in manchen gnostischen Systemen gemeinsam die Schopfer und Herrscher des Universums Nach abweichenden Lehren anderer Gnostiker hat nur der Anfuhrer der Archonten der Demiurg das Schopfungswerk vollbracht Alle gnostischen Weltdeutungen stimmen aber darin uberein dass der Kosmos als riesiges Gefangnis geschaffen wurde und die Menschen darin gefangen sind Die Mitte dieser schlechten Welt bildet gemass dem damaligen geozentrischen Weltbild die Erde als Schauplatz des menschlichen Lebens Die Erde ist von kosmischen Spharen umgeben die sie wie konzentrisch angeordnete Schalen umschliessen Diese Spharen werden meist mit den sieben Spharen gleichgesetzt denen nach der antiken Astronomie die funf mit blossem Auge sichtbaren Planeten sowie Sonne und Mond zugeordnet sind Sonne und Mond gelten in diesem geozentrischen Modell in dem alle Himmelskorper die Erde umkreisen als Planeten Die achte ausserste Sphare ist der Fixsternhimmel Die sieben Planetenspharen sind die Sitze von sieben Archonten die somit als Planetengotter fungieren Ihr Machtbereich ist das Reich der Siebenheit Hebdomas und umfasst auch die Erde Nach manchen Lehren die einen Demiurgen als Archontenfuhrer annehmen lebt dieser im Fixsternhimmel Einer Variante zufolge die der Gnostiker Basileides vertrat ist ein Archon der Herrscher des Fixsternhimmels wahrend ein anderer der mit dem biblischen Gott Abrahams Isaaks und Jakobs gleichgesetzt wird die Planetenspharen kontrolliert und der Schopfer der Erde ist Die Archonten tragen hebraische Gottesnamen aus dem Tanach wie Zebaot Sabaoth und Adonai Somit wurden diese Namen die ursprunglich im Judentum dem einen Gott und Weltschopfer vorbehalten waren in der Gnosis zu Eigennamen niederer damonischer Machte So erfuhren sie eine pejorative Umwertung Gemass dieser negativen Wertung des Schopfungsvorgangs und des Schopfers bzw der Schopfer wird der Anfuhrer der Archonten der Demiurg oft mit den verzerrten Zugen des Gottes JHWH dargestellt 2 Die Struktur des Kosmos die sich in den Himmelsspharen zeigt dient dem Ziel die Menschen von dem ausserweltlichen Gott zu trennen die Gotteserkenntnis zu verhindern und so die Gefangenen moglichst dauerhaft niederzuhalten Die tyrannische Weltherrschaft der Archonten wird in gnostischen Texten mit dem Ausdruck Heimarmene Schicksal bezeichnet Den Schicksalsbegriff ubernahmen die Gnostiker aus der fatalistischen griechischen Astrologie sie deuteten ihn aber in negativem Sinn um Im Gegensatz zu den philosophischen und astrologischen Fatalisten die fur Bejahung der Heimarmene und bewusste willige Einordnung in die gegebene Weltordnung eintraten bewerteten die Gnostiker das Schicksal das von den boswilligen Archonten gelenkt werde als schlimmes Verhangnis Sie forderten dazu auf den Machtbereich der Archonten zu verlassen denn ein Entkommen aus der Gefangenschaft sei moglich Nach den gnostischen Erlosungslehren kann der menschliche Geist Pneuma die Geistseele als Trager der individuellen Personlichkeit dem Gefangnis entrinnen wenn er sich das dafur benotigte Wissen die Gnosis angeeignet hat Beim Tod des Menschen lost sich seine Geistseele der innere Mensch vom Korper der ein Bestandteil der Archontenschopfung ist Dann kann die Geistseele falls sie uber gnostisches Wissen verfugt durch die Himmelsspharen aufsteigen das Universum verlassen und den Weg zu Gott finden Allerdings muss sie dabei den Archonten entkommen von denen jeder seine Planetensphare hutet und der Geistseele den Durchgang zu versperren versucht um sie im Kosmos festzuhalten 3 Eine Beschreibung der Rolle der Archonten und des Beginns und der Geschichte ihrer Weltherrschaft bietet die koptische Schrift Das Wesen der Archonten oder Die Hypostase der Archonten Sie ist nur in einer einzigen Abschrift erhalten geblieben die 1945 als Teil des Handschriftenfundes von Nag Hammadi entdeckt wurde 4 Quelle BearbeitenUrsula Ulrike Kaiser Hrsg Die Hypostase der Archonten Nag Hammadi Codex II 4 De Gruyter Berlin 2006 ISBN 3 11 019071 0 kritische Edition mit Ubersetzung und Kommentar Literatur BearbeitenIngvild Saelid Gilhus The Nature of the Archons A Study in the Soteriology of a Gnostic Treatise from Nag Hammadi CG II 4 Harrassowitz Wiesbaden 1985 ISBN 3 447 02518 2 Fritz Graf Archontes II gnostisch In Der Neue Pauly DNP Band 1 Metzler Stuttgart 1996 ISBN 3 476 01471 1 Sp 1028 1029 Anmerkungen Bearbeiten Hans Jonas Gnosis Frankfurt Leipzig 2008 S 69 Hans Jonas Gnosis Frankfurt Leipzig 2008 S 69 71 Jaan Lahe Gnosis und Judentum Leiden 2012 S 343 Hans Jonas Gnosis Frankfurt Leipzig 2008 S 70 73 204 206 Jaan Lahe Gnosis und Judentum Leiden 2012 S 343 346 Eine Zusammenfassung bietet Ursula Ulrike Kaiser Hrsg Die Hypostase der Archonten Nag Hammadi Codex II 4 Berlin 2006 S 9 13 Normdaten Sachbegriff GND 4681653 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Archon Gnosis amp oldid 189998426