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Der Arbeitskreis Solidarische Kirche AKSK war eine Organisation innerhalb der ostdeutschen evangelischen Kirchen Ein Grossteil seiner Mitglieder gehorte zur Burgerbewegung in der DDR und pragte die Wende und friedliche Revolution in der DDR wesentlich mit Er wurde am 7 Oktober 1986 in Berlin Karlshorst offiziell gegrundet Bei seiner Grundung hatte der Arbeitskreis 60 Mitglieder 1989 hatte er ca 300 Mitglieder Nach der Wiedervereinigung gab es einen erfolglosen Versuch den Arbeitskreis gesamtdeutsch zu organisieren Inhaltsverzeichnis 1 Grundung und Organisation 1 1 Koordinierungsausschuss 1 2 Konfliktstelle 1 3 Regionalgruppen 1 4 Mitgliederzeitschrift 1 5 Akademien des AKSK 2 In der friedlichen Revolution 3 Bei und nach der deutschen Wiedervereinigung 4 Literatur 5 EinzelnachweiseGrundung und Organisation BearbeitenDie Idee zur Bildung des AKSK wurde von Vikaren im Winter 1984 85 am Wittenberger Predigerseminar entwickelt Nach einigen uberregionalen vorbereitenden Treffen wurde ein halbjahriger Turnus fur die Vollversammlungen gefunden Jeweils um die staatlichen Feiertage 1 Mai und 7 Oktober traf sich dieses kirchliche Oppositionsnetzwerk fur zwei Tage im Wechsel zwischen Berlin und einer anderen Stadt Dieses Bundnis unter dem Stichwort Solidaritat innerhalb der evangelischen Kirche hatte zwei Quellen Einerseits faszinierten die Begrunder des AKSK die politischen Reformen die durch Solidarnosc ausgelost wurden zum anderen die Erkenntnis dass es auch so etwas wie einer Gewerkschaft fur kirchliche Mitarbeiter bedurfte 1 Dauerthema der Vollversammlungen und der Akademien waren bis 1989 zudem das Verhaltnis von kirchlichen Positionen und politischen Reformen in der DDR In der Basiserklarung von Oktober 1986 heisst es Wir leiden auf Grund personlicher Erfahrungen in Kirche und Gesellschaft an einem Defizit an Solidaritat auf verschiedenen Ebenen 2 Daraus wurde gefolgert dass innerhalb der Kirche ein Mundigwerden der Gemeinden dringend ansteht und gegenuber dem Staat die gesellschaftlichen Bezuge des Glaubens ungeschutzt zur Sprache gebracht werden mussen Ulrich Stockmann Mitglied des ersten Koordinierungsausschusses formulierte das Ziel folgendermassen Der AKSK sollte die Fahigkeit zur Selbstkritik in unserer Kirche und den Willen zu ihrem strukturellen Wandel starken er sollte mithelfen dass der gesellschaftliche Bereich und das Rechtsverstandnis in unserem Lande durch kritische Offentlichkeit rekonstruiert wird und dass eine alternative Kultur des Miteinanderumgehens unter uns entsteht 3 In der Basiserklarung hiess es u a Wir sehen die besondere Verantwortung der Christen fur ein die Versohnung forderndes Handeln Die Menschenrechte sind unteilbar Wir suchen einen offentlichen Dialog mit allen gesellschaftlichen Kraften um die Durchsetzung der Menschenrechte nah und fern zu fordern Wir rufen zu einem Prozess der gemeinsamen Meinungs und Willensbildung auf um an den genannten Aufgaben mitzuwirken Was wir fur Kirche und Gesellschaft anstreben wollen wir im AKSK modellhaft verwirklichen Dies konnte als innerkirchliche Prozesse gedacht werden wie es mit leichter Ironie in der ersten Nummer der solidarischen Kirche hiess Der AKSK hat seine Fahnen der Erneuerung der alten Mutter Kirche geweiht wobei er mit viel Fantasie gegen die hochinstitutionalisierten Windmuhlenrader der Kirche anlaufe 4 Doch der inoffizielle Mitarbeiter des MfS Ibrahim Bohme meinte wenige Tage nach der Grundung Die Organisation AKSK wird uns so schatze ich ein noch viel Sorgen bereiten 5 In einer Parteiinformation der Staatssicherheit aus dem Jahre 1988 wurde festgestellt dass die innerkirchlichen Ambitionen sehr gering ausgepragt sind faktisch richten sich die Aktionen des AKSK in massiver Form gegen die gesellschaftlichen Verhaltnisse in der DDR und ihre politischen Grundlagen 6 Viele Mitglieder verstanden den AKSK als ein soziales Projekt der Einubung und der Vernetzung solidarischen Handelns in Kirche und Gesellschaft 7 In diesem Sinne kooperierte der AKSK mit der Initiative Frieden und Menschenrechte und mit der Kirche von unten unterstutzte die Initiative Absage an Prinzip und Praxis der Abgrenzung und setzte sich fur eine positive Wurdigung der Ausreisebewegung in Kirche und Gesellschaft ein 8 Die Leitung des Arbeitskreises hatte der Koordinierungsausschuss Vor Ort arbeitete der AKSK in unterschiedlicher Intensitat in Regionalgruppen Da viele Mitglieder des AKSK zugleich in anderen Gruppierungen engagiert waren trugen die Regionalgruppen auch zu Vernetzungen in den Regionen bei Als eine selbststandige Institution entstanden neben diesen die Sommer und Winterakademien unter der Leitung von Ulrich Stockmann und Wolfram Tschiche Koordinierungsausschuss Bearbeiten Zum paritatischen Koordinierungsausschuss gehorten zehn von der Vollversammlung auf zwei Jahre gewahlte Mitglieder Aus Effizienzgrunden stammten diese meist aus Berlin Zu ihm gehorten u a Britta Albrecht Janet Berchner Marianne Birthler Dorothea Hock Joachim Goertz heute St Bartholomaus Kirche Berlin 9 Martin Konig Uwe Lehmann Peter Mansfeld Christian Sachse Heidi Schade Bettina Schirge Birgit Schuster Ulrich Stockmann Lothar Tautz Christoph Tannert und Dorte Wernick Konfliktstelle Bearbeiten Die vom AKSK aufgegriffenen innerkirchlichen Auseinandersetzungen betrafen sowohl Fragen der Lebensordnung insbesondere im Zusammenhang mit homosexuellen Partnerschaften und Partnerschaften ohne Trauschein als auch Disziplinierungen von kirchlichen Mitarbeitern die mit oppositionellen Kunstlern z B Freya Klier und Stephan Krawczyk zusammenarbeiteten Daraus entstand eine Konfliktstelle die von kirchlichen Mitarbeitern angerufen werden konnte unter der Leitung von Herbert Schneider Huy Neinstedt und Bernd Oehler Die Vollversammlung verabschiedete folgendes Eskalationsverfahren fur die Begleitung in dienstrechtlichen Auseinandersetzungen solide Dokumentation vertrauliche Konfrontation klarendes Gesprach offentliche Mitteilung unterstutzender Brief von Mitgliedern der AKSK an die verweigernde Konfliktpartei Bericht an die Vollversammlung Resolutionen Eduard Stapel der spatere Sprecher des Lesben und Schwulenverbandes in Deutschland war uber viele Jahre Mitglied des AKSK Regionalgruppen Bearbeiten Es gab folgende Regionalgruppen Greifswald Malchin Stargard Potsdam Berlin Magdeburg Halle Merseburg Zeitz Naumburg Saale Anhalt Weissenfels Hoyerswerda Spremberg Dresden und Leipzig Diese Gruppen arbeiteten teilweise wiederum regional zusammen Besonders hervorzuheben ist die Regionalgruppe Thuringen die ab 1988 89 mit Plakat Aktionen und Resolutionen in die Offentlichkeit trat 10 Mitgliederzeitschrift Bearbeiten Zwischen den Vollversammlungen gab es Rundbriefe des Koordinierungsausschusses Die Naumburger Regionalgruppe Christian Dietrich Michael Kleim Andreas Schaller gaben im Marz 1987 eine erste Samisdatausgabe heraus Zwei weitere gab die Leipziger Regionalgruppe Katrin Drohberg Bernd Oehler Nikolaus Voss Harald Wagner 1988 und 1989 heraus Akademien des AKSK Bearbeiten Es fanden drei Akademietagungen des AKSK statt 25 30 Juli 1988 in Samswegen 7 11 Januar 1989 in Darlingerode und im Juli 1989 in Stuer Winkel An ihr nahmen sowohl Begrunder des AKSK wie Ludwig Mehlhorn und Wolfgang Templin als auch Mitglieder der Initiative Frieden und Menschenrechte Barbel Bohley Werner Fischer sowie Gaste aus Wissenschaft und Burgerrechtsbewegung teil Tagungsthemen waren vor allem politische Philosophie insbesondere Hannah Arendt und die Geschichte des Kommunismus Einige der Referate wurden im Samisdat publiziert 11 Die Reihe der Sommerakademien fuhrte Wolfram Tschiche in Eigenverantwortung weiter 12 In der friedlichen Revolution Bearbeiten Im spannenden Herbst 1989 spielten viele Vertreter der Solidarischen Kirche eine hervorragende Rolle 13 Der AKSK trat jedoch wahrend der Wende und friedlichen Revolution in der DDR kaum als Subjekt auf Viele seiner Mitglieder waren zugleich in Burgerrechtsgruppierungen und den sich bildenden Parteien engagiert 14 Parteigrundungen und die Ubernahme von Regierungsverantwortung waren Themen auf den Sommer und Winterakademien Auf der Sommerakademie 1989 wurde das Projekt einer sozialdemokratischen Partei SDP thematisiert 15 und danach gefragt ob es eine DDR Identitat gibt Zur Entspannung spielten die Teilnehmer am Abend DDR Regierung nicht ahnend dass einige der Mitspieler schon wenige Wochen spater Minister Gerd Poppe Parteivorsitzender Ibrahim Bohme oder Berufspolitiker Ulrich Stockmann werden sollten 16 Ende 1988 hatte der AKSK erklart sich nicht an den DDR Kommunalwahlen zu beteiligen 17 Die Wahlbeobachtung und die Vernetzung der Ergebnisse ubernahm an vielen Orten jedoch der AKSK Im Fruhjahr 1989 organisierte der AKSK 300 mal 12 00 Mark fur ein Friedensstipendium Christian Sachse Mit diesem Stipendium konnte Ulrike Poppe ab Herbst 1989 eine finanzielle Unterstutzung fur ihre politische Arbeit bekommen Zur Vollversammlung in Magdeburg am 6 bis 8 Oktober 1989 waren viele Mitglieder nicht angereist oder fuhren schon am 7 Oktober ab da sie an der Grundung der SDP oder an politischen Veranstaltungen am Abend des 7 Oktobers beteiligt waren Eingeladen worden war zu dieser Tagung unter dem Motto Demokratie Spatlese Als Gast berichtete Adam Krzeminski von den polnischen Erfahrungen nach dem Wahlsieg der Solidarnosc Auf der Tagung wurde erstmals ein Wahlbundnis der Burgerbewegung und der zum gleichen Zeitpunkt gegrundeten SDP thematisiert Bei und nach der deutschen Wiedervereinigung BearbeitenAls beschlossen wurde fur die Wahlen im Jahre 1990 nur Parteien zuzulassen setzte sich der AKSK fur eine Zulassung der Burgerbewegungen ein 18 Die Vollversammlung im Mai 1990 in Jena forderte eine Offenlegung der Vergangenheit der Kirchen in der DDR In diesem Sinne bildete sich eine Arbeitsgruppe Verflechtungen die spater in die Initiative Recht und Versohnung aufging Der AKSK setzte sich fur eine Regeluberprufung aller kirchlichen Mandatstrager auf Stasi Mitarbeit ein Im Juni 1991 bildete sich dann unter Beteiligung von westdeutschen Christen insbesondere aus Marburg eine Initiative Solidarische Kirche in Deutschland Sie unterstutzte den Modellversuch Lebensgestaltung Ethik Religionskunde an Stelle des konfessionellen Religionsunterrichts 19 fand jedoch keine Form sich zu etablieren Die Thuringer Regionalgruppe des AKSK trat noch bis Ende der 1990er Jahre als kirchenpolitische Gruppierung auf Literatur BearbeitenJoachim Goertz Hrsg Die Solidarische Kirche in der DDR Erfahrungen Erinnerungen Erkenntnisse Berlin 1999 ISBN 3 86163 099 0 Erhard Neubert Geschichte der Opposition in der DDR 1949 1989 2000 Peter Maser Arbeitskreis Solidarische Kirche AKSK In Hans Joachim Veen Hrsg Lexikon Opposition und Widerstand in der SED Diktatur 2000 S 52 53 Henning Pietzsch Jugend zwischen Kirche und Staat Geschichte der kirchlichen Jugendarbeit in Jena 1970 1989 2005 Thomas Rudolph Oliver Kloss Rainer Muller Christoph Wonneberger Hrsg im Auftrage des IFM Archivs e V Weg in den Aufstand Chronik zu Opposition und Widerstand in der DDR vom August 1987 bis zum Dezember 1989 Leipzig Araki 2014 ISBN 978 3 941848 17 7 Vorwort als Leseprobe zum Download Einzelnachweise Bearbeiten Joachim Goertz Kirche Gruppen Staat drei Konfliktfelder der Solidarischen Kirche In Goertz Hrsg Die Solidarische Kirche in der DDR 1999 S 159 188 Basiserklarung abgedruckt in Joachim Goertz Hrsg Die Solidarische Kirche in der DDR Berlin 1999 S 190 193 Ulrich Stockmann Auf dass Solidaritat und Kirche sich kussen lernen In solidarische kirche Probenummer S 3 Nicolaus Voss Institutionalisierte Gedanken von der IV Vollversammlung In solidarische kirche Probenummer S 7 Peter Maser Arbeitskreis Solidarische Kirche AKSK In Hans Joachim Veen Hg Lexikon Opposition und Widerstand in der SED Diktatur 2000 52f S 52 Thomas A Seidel Thuringer Weg und Thuringer Initiative Eine Regionalgruppe der Solidarischen Kirche am Ende der DDR In Joachim Goertz Hrsg Die Solidarische Kirche in der DDR S 35 54 44 Dorothea Hock Gemeinsam solidarisch handeln Zusammenarbeit in der Opposition am Beispiel von AKSK und der Gruppe Absage an Praxis und Prinzip der Abgrenzung In Joachim Goertz Hrsg Die Solidarische Kirche in der DDR S 55 70 Thomas A Seidel Thuringer Weg und Thuringer Initiative Eine Regionalgruppe der Solidarischen Kirche am Ende der DDR In Joachim Goertz Hrsg Die Solidarische Kirche in der DDR S 35 54 Lothar Tautz Suchet der Stadt Bestes aber wo Die Solidarische Kirche und die Ausreiseproblematik in Weissenfels In ebenda 71 82 Brief des AKSK an den Eisenacher Landeskirchenrat gegen die Diskriminierung des ausreisewilligen Pfarrers R Weidner vom 21 Juni 1989 In ebenda S 242 DDR Geschichte Mein Lehrer der Stasi Pastor auf berliner kurier de online abgerufen am 1 April 2017 Foto in Christoph Victor Oktoberfruhling Die Wende in Weimar 2 Auflage 2009 S 168 S auch Thomas A Seidel Thuringer Weg und Thuringer Initiative Eine Regionalgruppe der Solidarischen Kirche am Ende der DDR In Joachim Goertz Hrsg Die Solidarische Kirche in der DDR S 35 54 und die Interviews mit Katrin Goring Eckardt Hartmut Fichtmuller Uta und Gotthard Lemke und anderen in dem gleichen Band Ulrich Stockmann Sommer und Winterakademie des AKSK In Joachim Goertz Hrsg Die Solidarische Kirche in der DDR S 178 180 Wolfram Tschiche Politik im Spiegel der Gegenwart Schicksale Kontroversen Perspektiven Texte der IV Sommerakademie 11 19 Juli 1991 1991 Ehrhard Neubert Die Solidarische Kirche als Teil der DDR Opposition in Joachim Goertz Hrsg Die Solidarische Kirche in der DDR S 27 33 33 Joachim Goertz Kirche Gruppen Staat drei Konfliktfelder der Solidarischen Kirche In Joachim Goertz Hrsg Die Solidarische Kirche in der DDR S 159 188 Markus Meckel Zum Wiedererstehen der Sozialdemokratie in Ostdeutschland im Netz bei der Friedrich Ebert Stiftung 1 PDF 180 kB Dorothea Hock Gemeinsam solidarisch handeln Zusammenarbeit in der Opposition am Beispiel von AKSK und der Gruppe Absage an Praxis und Prinzip der Abgrenzung In Joachim Goertz Hrsg Die Solidarische Kirche in der DDR S 55 70 Hans Michael Kloth Vom Zettelfalten zum freien Wahlen 2000 S 244 Dokument 35 vom 19 Januar 1990 In Joachim Goertz Hrsg Die Solidarische Kirche in der DDR S 250f Presseerklarung von Martin Pottner Alzey vom 12 Mai 1992 In Joachim Goertz Hrsg Die Solidarische Kirche in der DDR S 264f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Arbeitskreis Solidarische Kirche amp oldid 234348506